Fettnäpfchen-Peer…

…oder womit haben Clowns verdient, mit diesen Politikern verglichen zu werden?

Eigentlich müsste die Berufsgruppe der Clowns beleidigt sein. Doch der launige Kommentar zum Ausgang der italienischen Parlamentswahlen, die der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück auf einer Wahlkampfveranstaltung in Potsdam, die den Namen Klartext trug, von sich gegeben hat, löste eine kleine deutsch-italienische Verstimmung aus. „Bis zu einem gewissen Grad bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben“, sagte Steinbrück. Er spielte damit auf die Ergebnisse an von Ex-Premier Silvio Berlusconi und der Protestbewegung von Komiker Beppe Grillo, der als Komiker sogar einen Beruf hat, der einem Clown nicht so fern ist.

Ob Steinbrück wusste, dass gerade der italienische Staatspräsident Giorgi Napolitano eine seiner routinemäßigen Deutschlandvisiten abstattete? Die wäre in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden, hätte der italienische Staatspräsident nicht kurzfristig ein länger geplantes Treffen mit Steinbrück abgesagt. Offiziell wurden dafür keine Gründe genannt. Aber schnell wurde klar, dass Napolitano damit seine Kritik an Steinbrücks Wahlkommentar ausdrücken wollte. Dabei handelt es sich um eine der Politpossen, die so abgeschmackt und lächerlich statt lustig sind, dass es eigentlich eine Beleidigung der Clowns ist, wenn sie mit Politikern wie Grillo, Berlusconi, aber auch Steinbrück und seine aktuellen bigotten Kritikern verglichen werden.

Eigentlich hätte das Lüftchen im Wasserglas schon vorbei sein müssen. Schließlich hat Steinbrück dem italienischen Präsidenten bereits telefonisch versichert, er habe niemand beleidigen wollen. Das sind die üblichen Floskeln, die ein Politiker so verwendet, wenn er wieder mal für Schlagzeilen gesorgt hat, die ihm statt Rücken- Gegenwind bescherten. Der SPD-Kandidat hat ja in seiner kurzen Amtszeit als SPD-Kandidat schon einige Erfahrungen gesammelt beim Geraderücken solcher Äußerungen. Meistens wird die nachgeschobene Entschuldigung dann akzeptiert und niemand redet mehr von dem Vorfall bis zum nächsten Mal.

Doch Napolitano legte nach. Er bestätigte Steinbrücks Anruf, sah sich aber nicht mehr in der Lage, ihn bei der Visite noch zu treffen. An den Terminen wird es wohl nicht gelegen haben. Eher wollte der italienische Präsident vermeiden, in Italien in den Ruf der Deutschfreundlichkeit zu geraten. Schließlich ist nicht nur bei den Anhängern von Berlusconi und Grillo die Regierung Merkel mit Spardiktaten und Krisenprogrammen verbunden. Diese Einschätzung ist trotz anderer Wirklichkeiten sehr verbreitet.

Monti-Regierung von EU-Gnaden

Nun haben selbst Berlusconi-Gegner nicht vergessen, wie dessen Regierung nicht durch Wahlen oder Proteste in Italien, sondern durch die EU-Politik gestürzt und durch die Technokratenregierung Monti ersetzt wurde, deren Unbeliebtheit bei den letzten Wahlen deutlich wurde. In diesem Kontext werden dann selbst Steinbrücks launige Bemerkungen zu einer Einmischung in italienische Angelegenheiten hochgespielt. Wenn man sich schon gegen die Ab- oder Einsetzung von Regierungen durch die EU nicht wehren kann oder will, dann will man sich wenigstens nicht auch noch verbal vorführen lassen.

Den Schaden hat nun Steinbrück, den die Regierung jetzt als einen Kandidaten vorführen kann, der nicht einmal vom italienischen Präsidenten empfangen wird. Dabei hat der Steinbrück-Schutzpatron Helmut Schmidt in seiner Amtszeit wesentlich unverfrorener in die italienische Innenpolitik eingegriffen. Er erklärte Mitte der 1970er Jahre, nachdem die Kommunistische Partei Italiens zweitstärkste Partei wurde und mit den Christdemokraten über eine Koalitionsregierung verhandelte, ihre Regierungsbeteiligung sei unerwünscht und könnte dazu führen, dass Kredite, die die BRD Italien gewährte, vorzeitig zurückgefordert werden. Der heutige Staatspräsident war übrigens damals Mitglied dieser Kommunistischen Partei gewesen, die schon in den 1970ern ihre sozialdemokratische Wende vorbereitete.

Störtebecker nach Zypern

Übrigens hat Steinbrück fast zeitgleich mit seinem Clowns-Vergleich auch einige Bemerkungen zu Zypern losgelassen. Gegenüber einem Nachrichtenmagazin bezeichnete er das Land als Geldwaschanlage, dem er schon mal mit dem Seeräuber Störtebecker drohte. Diese Schelte taugt natürlich nicht zum Aufreger, sondern bringt Wählerstimmen und ist in Deutschland populär.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/153827
Peter Nowak