Angelo Lucifero im Fadenkreuz von VS-Nazis

Am 14. Mai 2001 fand anlässlich zahlreicher Skandale, in die der Verfassungsschutz (VS) Thüringen verwickelt war, eine kleine Kundgebung mit Straßentheater vor dem VS-Gebäude in der Haarbergstraße statt. Initiator war Angelo Lucifero, hauptamtlicher Gewerkschafter, Antifaschist und damals Zielscheibe einer mit VS-Geldern finanzierten Nazi-Kampagne. Sein Fall verdient verstärkte Beachtung, nachdem die zweifelhafte Rolle des thüringischen Verfassungsschutzes unter Helmut Roewer im Zusammenhang mit dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) in der Öffentlichkeit Thema geworden ist.
Der Spiegel schrieb am 11.9.2000: „Angelo Lucifero, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) in Thüringen, soll Opfer einer gemeinsamen Intrige von Neonazi Thomas Dienel und dem Landesverfassungsschutz geworden sein. Im Herbst 1997, behauptet Dienel, habe das Landesamt eine Flugblattkampagne der rechten Szene gegen Lucifero finanziell unterstützt. Auf den Blättern war ein fingierter Aufruf aus der Antifa-Szene zu lesen, der den Anti-Nazi-Aktivisten Lucifero der Zusammenarbeit mit dem Rechtsradikalen bezichtigte.“ Auf einem zweiten gefälschten Flugblatt beschwerten sich anonyme HBV-Mitglieder über den Missbrauch ihrer Beiträge durch Lucifero. Daraufhin erstattete dieser Anzeige gegen „Dienel und unbekannt“.
Für seine Dienste für die Behörde hat der Neonazi Dienel bis 1998 vom thüringischen Verfassungsschutz rund 2205000 Mark kassiert. Seine Spitzeltätigkeit wurde im Juni 2000 bekannt. Daraufhin wurde Helmut Roewer in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Stellt sich doch die Frage: Nutzte der VS die von ihm finanzierten Neonazistrukturen, um den engagierten Gewerkschafter und Antifaschisten Lucifero zu diskreditieren, der Rechten aller Couleur, aber auch der Kapitalseite ein Dorn im Auge war?
Die Kampagne gegen Lucifero wurde jahrelang fortgesetzt. 2007 hatten seine Feinde ihr Ziel erreicht. Als Lucifero sich auf einer Erwerbslosendemonstration gegen eine Gruppe von angreifenden Neonazis mit einer Pistole verteidigte, ließ ihn auch Ver.di fallen. Seitdem hat er sich zurückgezogen. „Heute soll man ihn möglichst in Ruhe lassen“, hieß es kürzlich im ND. Das Agieren der thüringischen VS-Nazis gegen einen linken Gewerkschafter dürfte kein Einzelfall sein. Das durch die NSU-Affäre entstandene Interesse sollte genutzt werden, um den Fall öffentlich bekannter zu machen.
http://www.sozonline.de/
Peter Nowak
aus Sozialistische Zeitung (SoZ) März 2012

Antifaschist Hans Coppi vor Gericht

Berliner VVN-BdA-Chef soll bei Blockade von Nazi-Marsch versucht haben, Polizisten zu schlagen
Blockaden sind ein wirksames Mittel, um Nazi-Aufmärsche zu verhindern. Die Blockierer jedoch werden oft kriminalisiert. In diesem Fall steht der Antifaschist Hans Coppi vor Gericht.
 

Am Montag wird vor dem Amtsgericht Königs Wusterhausen gegen den Landesvorsitzenden der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), Hans Coppi, verhandelt. »Der Vorwurf lautet, ich hätte versucht, Einsatzkräfte der Polizei am 5. Dezember 2009 bei der Blockade des NPD-Aufmarsches in Königs Wusterhausen mit einer mitgeführten Fahnenstange zu schlagen und zu stechen«, erklärt Coppi. Er bestreitet den Vorwurf.

Rund 600 Menschen hatten am 5. Dezember gegen den Neonaziaufmarsch in Königs Wusterhausen protestiert. Aufgerufen zu der Protestdemonstration hatte ein Bündnis gegen Rechts, dem zivilgesellschaftliche Initiativen und politische Parteien angehören. Allerdings wurde die Blockade von der Polizei nach kurzer Zeit geräumt.

In einem auf der linken Internetplattform Inforiot veröffentlichten Augenzeugenbericht heißt es: »Die Neonazis starteten etwas über eine Stunde zeitversetzt vom Bahnhof aus. Eine Blockade auf halber Strecke der Naziroute wurde von der Polizei gewaltsam geräumt. Dennoch verzögerte sich durch diesen Protest der Ablauf der rechten Aktion erheblich. An mehreren weiteren Punkten der Route konnten Antifas lautstark stören. Das ›Nazis raus!‹ übertönte oftmals die Hetzparolen der Rechten.«

Bei der Auflösung der Blockade durch die Polizei wurde auch eine Fahne der VVN-BdA beschlagnahmt. Unter den Blockierern befand sich Hans Coppi, dessen Eltern Hans und Hilde 1942 beziehungsweise 1943 als Mitglieder der Widerstandsgruppe »Rote Kapelle« von den Faschisten hingerichtet worden sind. Seine Personalien wurden aufgenommen, was die Grundlage des Verfahrens ist. Dass im Zusammenhang mit den antifaschistischen Protesten in Königs Wusterhausen nur gegen ihn ein Strafverfahren eröffnet wurde, begründet Coppi mit der Vermutung, dass ein Sündenbock gesucht werden musste, weil die Polizei von der Blockade genervt war.

Markus Tervooren vom Vorstand der Berliner VVN-BdA sagt, die Blockade von Königs Wusterhausen habe danach in vielen Städten in Brandenburg Schule gemacht. »Ob in Eberswalde, Bernau, oder Strausberg – in den vergangenen Wochen blockierten Antifaschistinnen und Antifaschisten immer wieder die Aufmarschversuche von Brandenburger und Berliner Neonazis.«

Das soll auch in den nächsten Wochen weitergehen. Für den Sonnabend der kommenden Woche kündigte die NPD kurzfristig einen Aufmarsch in Finsterwalde an. Antifaschistische Gegenaktionen werden vorbereitet. Schon seit Monaten geplant ist ein Aufmarsch der rechtsextremen Kameradschaft Märkisch Oder Barnim in Manschnow im Oderbruch am 10. Juli. Auch in diesem Fall mobilisieren Antifagruppen zu Gegenaktionen.

»Naziaufmärsche blockieren ist unser Recht«, betont Tervooren selbstbewusst. Die VVN-BdA ruft dazu auf, Hans Coppi bei seinem Prozess zu unterstützen.

Verfahren gegen Hans Coppi am 28. Juni, 11.45 Uhr, Amtsgericht Königs Wusterhausen, Schlossplatz 4, Saal 2003 (Schöffensaal)

http://www.neues-deutschland.de/artikel/173945.antifaschist-hans-coppi-vor-gericht.html

Peter Nowak