Nazis raus oder doch nicht

Am gestrigen Jahrestag der Bombardierung Dresdens wurde mit unterschiedlichen Motivationen demonstriert

„Am Hauptbahnhof stehen noch rund zwanzig Neonazis und warten auf ihren Zug. Zwanzig Neonazis am Dresdner Hauptbahnhof – das ist hier kein ungewöhnliches Bild. Die taz beendet den Live-Ticker und sagt: Gute Nacht. Dresden ist wieder so nazifrei wie vorher“, mit diesem ironischen Statement beendete die Tageszeitung ihren Liveticker zum rechten Aufmarsch und den Gegenaktionen am 13. Februar 2012 in Dresden. Seit Jahrzehnten haben rechte Gruppen aus Deutschland und aus benachbarten Ländern versucht, den Jahrestag der Bombardierung der Stadt zu ihrem zentralen Aktionstag zu machen. Anfangs mit Erfolg, doch in den letzten Jahren wurden sie durch antifaschistische Gegenaktionen immer mehr gestört. Dabei hatte das Bündnis „Dresden-Nazifrei“, das sich auf Blockaden des rechten Aufmarsches konzentrierte, neue Bündnispartner gewonnen.

In diesem Jahr war der rechte Aufmarsch mit nach Polizeiangaben 1600 Teilnehmern wesentlich kleiner als in den vergangenen Jahren. Als die Route wegen der Protestaktionen und Blockaden von der Polizei verkürzt wurde, lehnte sich ein Teil der nationalistischen Kameradschaften dagegen auf. Es dauerte einige Zeit, bis der Aufmarsch schließlich zum Ausgangspunkt zurückkehrte. Nach Angaben eines Sprechers des Bündnisses Dresden-Nazifrei haben sich ca. 5000 Menschen an den Protesten gegen Rechts beteiligt.

Menschenkette für oder gegen was?

Daneben hatte ein Bürgerbündnis am Nachmittag eine Menschenkette organisiert, an der sich ca. 13.000 Einwohner aus Dresden beteiligten. In diesem Jahr stand anders als in den Vorjahren die Menschenkette und nicht die Blockaden des antifaschistischen Bündnisses im Mittelpunkt des Medieninteresses. Dabei blieb die Motivation der Teilnehmer diffus. Einige wollten damit gegen den rechten Aufmarsch, andere gegen Gewalt und für Toleranz und wieder andere gegen die Bombardierung Dresdens ein Zeichen setzen.

Der Deutschlandfunk meldete in der Überschrift, dass es den Teilnehmern der Menschenkette vorrangig um die Ehrung der Bombenopfer ginge. Aber wahrscheinlich war bei vielen die Motivation für die Beteiligung an den Demonstrationen der Schutz der Stadt, wobei unter dem Unheil von außen Unterschiedlichstes verstanden wurde, alliierte Bombenangriffe, Nazis oder Antifaschisten. „Wir wollen die Stadt in Schutz nehmen“, erklärte Falk Richter, einer der Organisatoren der Menschenkette. Irgendwie gehören die Rechten, ganz als Menschen versteht sich, auch mit zur großen Schutzgemeinschaft, meint Richter:

„All diejenigen, die rufen, Nazis raus, die bitte ich, doch mal kurz inne zu halten und zu überlegen, ob es nicht besser heißen müsste – Sie entschuldigen, wenn ich es so deutlich sage: Nazis rein. Ein Nazi als Nazi ist in unserer Gesellschaft natürlich unerwünscht, aber insofern er unser Mitmensch und unser Mitbürger ist, müssen wir alles tun, um ihn in die Gesellschaft zu integrieren.“

„Wat solln die Nazis raus aus Deutschland, wat hät denn des für a Sinn – die Nazis könne doch net nau, denn hier gehöre se hin“, haben die Goldenen Zitronen schon vor Jahren getextet.

Linke Gruppen aus Dresden haben auch in diesem Jahr gegen eine Haltung protestiert, die am 13.Februar in erster Line die Stadt Dresden vor dem „Bösen, das von außen kommt“, schützen will. Dass sie damit nicht mehr ganz so isoliert sind, zeigte sich an den 1.500 Menschen, die am gestrigen Nachmittag am „Mahngang Täterspuren“ teilnahmen, der zu den Stätten von NS-Terror und Verfolgung in Dresden führte, unter anderem zur Villa des Dresdner NS-Gauleiters Martin Mutschmann, die als Gestapohauptquartier diente.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/151426
Peter Nowak

Ein rechter Aufmarsch weniger?

Während sich bei den alljährlichen rechten Aufmärschen zum Jahrestag der Dresden-Bombardierung Mobilisierungsprobleme abzeichnen, gibt es in Dessau rechtsoffene Bürgerdemonstrationen gegen „Ausländergewalt“

Wie in den letzten Jahren mobilisieren auch in diesem Jahr zivilgesellschaftliche und antifaschistische Bündnisse gegen eine Demonstration ultrarechter Kräfte, die in Dresden am Jahrestag der alliierten Bombardierungen am 13. Februar 1945 aufmarschieren wollen. Jahrelang war es ein zentrales Aktionsziel der Rechten, nicht nur am Jahrestag, sondern auch am Wochenende davor oder danach auf die Straße zu gehen. In den letzten Jahren hatten sich daran zunehmend auch Teilnehmer vor allem aus dem osteuropäischen Ausland beteiligt.

In diesem Jahr mehren sich die Hinweise, dass die rechte Demonstration am 18. Februar ausfällt. In rechten Kreisen wird nur noch für den Gedenkmarsch am 13. Februar geworben. Auch auf der Homepage des sächsischen Landesverbandes der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland , deren Vorsitzender in den letzten Jahren für die Anmeldung der Großdemonstration zuständig war, findet sich kein Hinweis mehr auf den 18. Februar.

Keine verfrühten Siegesmeldungen

Während Dresdner Antifagruppen von der baldigen offiziellenAbsage der rechten Demonstration am 18.Februar ausgehen und Mobilisierungsschwierigkeiten nach den erfolgreichen Blockaden der letzten beiden Jahre und interne Zerwürfnisse als Grund nennen, äußert sich das Bündnis Dresden Nazifrei vorsichtiger: „Wir erwarten, dass am 18. Februar deutlich weniger Nazis nach Dresden kommen als in den letzten Jahren. Damit erhöhen sich unsere Chancen, den Naziaufmarsch ein drittes Mal zu blockieren und endgültig Schach-Matt zu setzen. Allerdings beobachten wir auch, dass sich ihrerseits mehr Aktivitäten auf den 13. Februar konzentrieren. Klar ist, mit ihrer Doppelstrategie wollen die Nazis erreichen, wenigstens an einem Tag relativ ungestört marschieren zu können.“

Auch Aktivisten aus Berlin warnen vor einer Demobilisierung bei den Antifaaktivitäten. Bisher wurde die Demonstrationsanmeldung für den 18. Februar nicht zurückgezogen. Sollten sich die Informationen bestätigten, dass die Anmeldung nur noch pro forma aufrechterhalten wird, um die Gegenaktionen ins Leere laufen zu lassen, wird der 13.Februar für die Rechten in diesem Jahr wieder den zentralen Stellenwert bekommen. Zudem haben sie Ausweichorte gefunden, seit der Aufmarsch in Dresden durch die Blockaden behindert wurde. So mobilisieren sie seit einigen Jahren zum Jahrestag der alliierten Bombardierung nach Magdeburg.

Dessauer Verhältnisse

Dass die Rechten auch jenseits der Gedenktage mobilisierungsfähig sind, zeigte sich erst in den letzten Tagen in Dessau. Nachdem ein aus Afrika stammender Mann bei einem Streit einen in der Dessauer Region bekannten Fußballspieler mit dem Messer verletzt hatte, kam es vor einigen Tagen zu einer Spontandemonstration von bekannten Rechten und aufgepeitschten Bürgern.

Obwohl der verletzte Spieler und sein Fußballverein gegen eine Instrumentalisierung des Vorfalls für rassistische Propaganda Stellung nahm, kam es am 21. Januar erneut zu einer nach rechts offenen Bürgerdemonstration. Die schwachen antifaschistischen Gruppen haben sich mit einen eher pessimistischen Statement zu Wort gemeldet.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/151276
Peter Nowak

In Dresden wurde der Naziaufmarsch verhindert

Nach erfolgreicher Blockade Razzia beim Bündnis Dresden Nazifrei
Seit dem frühen Morgen waren Tausende Menschen aus ganz Deutschland auf den Beinen, um zu verhindern, dass Neonazis durch die Stadt demonstrieren. Am späten Nachmittag vermeldete das Protestbündnis – auf Facebook – einen Erfolg. Wegen der Blockaden fiel der rechte Aufmarsch im Dresdener Innenstadtbezirk aus.

Ein Teil der Neonazis versuchte mit Spontandemonstrationen in Pirna und Leipzig die Niederlage in Dresden auszugleichen. Doch mit Verweis auf einen polizeilichen Notstand wurde ihnen auch in Leipzig ein Aufmarsch verwehrt.

Damit ist zum zweiten Mal hintereinander der Versuch der Rechten gescheitert, mit einer Großdemonstration anlässlich des Jubiläums der Bombardierung Dresdens Stärke zu zeigen. Diese zweimalige Niederlage dürfte für künftige Planungen demobilisierend auswirken. Für die Rechten war Dresden der letzte Ort, wo sie jahrelang unangefochten demonstrieren konnten. Nach der Verhinderung im letzten Jahr mobilisierten die Nazigegner in diesem Jahr besonders intensiv.

Dabei hatte sich die Situation gegenüber dem Vorjahr für die Antifaschisten erschwert. Die Rechten wollten mit der Anmeldung eines Sternmarsches erfolgreiche Blockaden erschweren, scheiterten damit aber letztlich juristisch. Zudem hatte das Dresdner Verwaltungsgericht Ende Januar 2011 mit dem Verweis auf das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erklärt, die Polizei hätte im vergangenen Jahr „geeignete polizeiliche Mittel“ einsetzen müssen, um den Aufmarsch der Rechten zu ermöglichen. Deshalb stellten sich die Nazigegner in diesem Jahr auf ein robusteres Vorgehen der Polizei ein. Tatsächlich kam es bei Räumungsversuchen zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Teilen der Antifaschisten.

Aber auch unter den Nazigegnern gab es Debatten über die geeigneten Aktionsformen. Nachdem die Rechten und ihre Gegner schon größtenteils aus Dresden abgezogen waren, durchsuchte die Polizei das Büro des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ und einer im gleichen Gebäude befindlichen Jugendinitiative. Nach Informationen der taz beschlagnahmten die Beamten mehrere Computer. Die Website des Bündnisses ist gerade nicht erreichbar. 
 
http://www.heise.de/tp/blogs/8/149302

Peter Nowak

Anzeige gegen Polizei in Wuppertal nach Naziaufmarsch

Wuppertal. Der Polizeieinsatz beim Neonaziaufmarsch am 29. Januar in Wuppertal wird ein juristisches Nachspiel haben. Das Wuppertaler »Bündnis gegen Nazis« hat nach der Auswertung von Ton- und Bildmaterial einen Strafantrag wegen Strafvereitelung im Amt gegen die Polizei gestellt. Sie sei bei zahlreichen von den Neonazis verübten Straftaten nicht eingeschritten, lautet der Vorwurf.

»Aufrufe zu Straftaten, Gewalt- und Morddrohungen gegen demokratisch gesinnte Bürgerinnen und Bürger sowie antisemitische Hetze wurden sowohl über den Demolautsprecher als auch durch Sprechchöre der Nazis verbreitet«, heißt es in einer Pressemitteilung des Antifabündnis. Statt den Aufmarsch zu beenden, habe die Polizei alles getan, um antifaschistischen Protest zu unterbinden. Mehrere Gegendemonstranten seien durch Reizgas und Schlagstockeinsatz verletzt worden. »Menschenverachtende Straftaten von Nazis dürfen nicht unter dem Vorwand billigend in Kauf genommen werden, die Versammlungsfreiheit schützen zu wollen«, betonen die Nazigegner.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/191079.bewegungsmelder.html

Peter Nowak