Lebenswichtiger Sieg für Mumia Abu Jamal

Der seit mehr als 35 Jahren inhaftierte US-Journalist Mumia Abu Jamal hat einen für ihn lebenswichtigen juristischen Erfolg errungen: Seine schwere Hepatitis-Erkrankung muss behandelt werden und er erhält ein neues Medikament. Menschenrechtsgruppen fordern eine Verstärkung der internationalen Solidarität.

Menschenrechtsaktivisten in den USA sprechen von einem bahnbrechenden juristischen Urteil, das der seit 1981 inhaftierte US-Journalist Mumia Abu Jamal kürzlich errungen hat. Der Bundesrichter Robert Mariani hat per Einstweiliger Verfügung angeordnet, dass Jamal mit einem neuen Medikament gegen seine lebensbedrohliche Hepatitis-Erkrankung behandelt werden muss. In dass Präparat setzen Hepatitis-Patient_innen große Hoffnungen, es verspricht eine Heilungschance von über 95 Prozent. Das wäre ein großer medizinischer Durchbruch, führten doch Hepatitis-Erkrankungen in der Vergangenheit oft zum Tode. Darüber hinaus gibt die aktuelle Gerichtsentscheidung auch Hoffnung für viele unbekannten Patient_innen in US-Gefängnissen.

Seit fast zwei Jahren ist bekannt, dass Mumia Abu Jamal an Hepatitis erkrankt ist. Erst als sich der Journalist bereits in lebensbedrohlichen Zustand befand, wurde er überhaupt behandelt. Doch weigerte sich die Gefängnisleitung, das neue Medikament in die Therapie einzubeziehen, weil es sehr teuer ist. Die Anwälte Robert Boyle und Bret Grote gingen vor Gericht und wurden dabei erneut von einer internationalen Solidaritätsbewegung unterstützt, die dazu beigetragen hat, dass der Gefangene noch am Leben ist. Dass der kritische Journalist zum Ehrenbürger von Paris ernannt wurde und Ehrenmitglied der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist, sind Zeichen dieser weltweiten Solidarität.

Der Afroamerikaner war 1982 in einem Indizienprozess von einer nur mit Weißen besetzen Jury des Mordes  an den Polizisten Daniel Faulkner schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden. Intensive Recherchen von Jurist_innen und  Solidaritätsgruppen sorgten dafür, dass das Todesurteil aufgehoben werden musste. Doch die Forderung nach einem erneuten Gerichtsprozess, bei dem später gefundene Entlastungsbeweise vorgelegt werden könnten, wird von den US-Behörden bis heute abgelehnt. Mumia blieb in Haft.

Das jüngste Urteil wird von Menschenrechtsgruppen auch deshalb gefeiert, da es bisher zur gängigen Praxis gehörte, dass Gefangene in den USA sterben, weil ihnen aus Kostengründen lebensrettende Medikamente verweigert werden. In einem Interview mit dem Medienprojekt Prison-Radio sagte Mumia Abu Jamal selbst: „Ich denke an all die Gefangenen, die an Hepatitis C erkrankt sind und nun Hoffnung haben. Ich denke an diejenigen, die an Hepatitis C starben, weil ihnen nicht geholfen wurde“. Menschenrechtler_innen weisen darauf hin, dass die Law-and-Order-Fraktion unter einer Trump-Administration noch erstarken werde. Internationale Solidarität dürfte also noch wichtiger werden.

Lebenswichtiger Sieg für Mumia Abu Jamal

12. Januar 2017 von Peter Nowak

Wichtiger Film zur rechten Zeit

»MUMIA: Long Distance Revolutionary«
Über Mumia Abu Jamal ist auch im Sprachrohr schon öfter berichtet worden. Eine weltweite Solidaritätsbewegung verhinderte, dass der schwarze US-Radiojournalist auf dem elektrischen Stuhl landete. Er war von einer weißen Jury wegen eines Polizistenmordes zum Tode verurteilt worden. Er hat die Tat immer bestritten, und es gibt zahlreiche Beweise, die die Version der Anklage erschüttern. Trotzdem soll Mumia bis zu seinem Lebensende im Gefängnis bleiben, denn das Todesurteil wurde in eine lebenslängliche Haftstrafe umgewandelt. Er kämpft mit seinen Anwälten und Unterstützern für eine Neuauflage des Verfahrens und seine Freilassung. Sein Fall darf auch
nach Aufhebung des Todesurteils nicht in Vergessenheit geraten. Daher
kommt ein Dokumentarfilm zur rechten Zeit, der deutlich macht, warum
Mumia seit fast drei Jahrzehnten im Gefängnis sitzt. Der ungeklärte Kriminalfall wird nur am Rande erwähnt. Vielmehr interviewt Filmemacher
Stephen Vittoria Freunde und Kollegen, die über Mumias früh einsetzende

Politisierung berichten. Inspiriert vom Kampf der Black Panther und anderer linker Bewegungen, wurde er bereits mit 14 Jahren zum Aktivisten. Er protestierte mit Gleichgesinnten gegen rassistische Politiker und wurde von weißen Polizisten verprügelt. Hier liegen die Anfänge  des Films »Long Distance Revolutionary «. Darin wird deutlich, wie Mumia bereits als Jugendlicher Journalismus und politisches Engagement verband. Seine ersten journalistischen Erfahrungen machte er bei einer Black Panther-Zeitung, später arbeitete  er für ein Communitiy-Radio. In der schwarzen Community wurde  er bewundert, weil er die wirtschaftliche Ausbeutung und Polizeibrutalität, denen schwarze Menschen in den USA ausgesetzt sind, öffentlich machte. Gehasst wurde er von den Politikern und der Polizei. Die versuchte ihn auszuschalten, weil er die Armen, die Obdachlosen, die Hungernden zu Wort kommen ließ. Damals bekam er den Beinamen »Stimme
der Unterdrückten«. Der Film vermittelt einen Einblick in Mumias Biographie und die sozialen Kämpfe, die ihn prägten. Zudem trägt er dazu bei, dass Mumia und sein Kampf nicht vergessen werden. Es bedarf weiterhin einer weltweiten Solidaritätsbewegung, um seine Freiheit zu erkämpfen. In den USA sorgte der Film für ein großes Presseecho. In Deutschland, wo er am 4. Oktober 2013 im Berliner Kino Babylon Premiere hatte, ist die Resonanz noch verhalten.

Stephen Vittoria, »MUMIA – Long Distance
Revolutionary«, 120 Minuten. Der Film kann
unter https://vimeo.com/monoduo/freemumia
kostenpflichtig heruntergeladen werden.
Ab Frühjahr kann er als DVD beim
Jump Up Versand http://www.jump-up.de/
bestellt werden.

aus: Sprachrohr 1/2014

http://medien-kunst-industrie-bb.verdi.de/service/sprachrohr

Peter Nowak

Keine Entwarnung für Mumia

 

Onlinepetition an Präsident Obama soll Leben retten

Die Entscheidung ist eine
Atempause für Mumia. Aber
damit ist sein Leben noch keineswegs
gerettet«. So kommentiert
Anton Mestin von der Berliner
Mumia-Solidarität die Entscheidung
des US-Supreme-Court vom
19. Januar 2010. Das höchste USGericht
hatte zu entscheiden, ob
der seit 1982 in der Todeszelle sitzende
schwarze Journalist hingerichtet
oder ob das Todesurteil
aufgehoben wird.
Unterstützer des Journalisten
befürchten das Schlimmste und
haben sich in den letzten Monaten
besonders intensiv um Solidarität
bemüht. Dass das Gericht
am 19. Januar kein grünes Licht
für Mumias Hinrichtung gegeben
hat, ist ein Erfolg der weltweiten
Solidaritätsbewegung. Doch gerettet
ist Mumia nach der Entscheidung
keineswegs. Im Gegenteil.
Anwalt Robert R. Bryan
sieht seinen Mandanten sogar in
einer größeren Gefahr als zuvor.
Der US Supreme Court hat eine
Entscheidung des 3. Bundesberufungsgerichtes
von 2008 aufgehoben,
die die Todesstrafe gegen
Mumia ausschloss. Der US Supreme
Court wies das Gericht an,
seine Entscheidung unter Würdigung
des Falles Smith v. Spisak
neu zu fassen. Gegen den Angeklagten
Smith war die Todesstrafe
vor dem US Supreme Court bestätigt
worden. Allerdings weist
Rechtsanwalt Robert R. Bryan darauf
hin, dass etliche juristische
Details in diesem Fall anders liegen.
Mumia, der engagierte Radiojournalist
der Black Community
war angeklagt worden, einen
weißen Polizisten getötet zu haben.
Die Solidaritätsbewegung
hat in vielen Jahren Stück für
Stück das Verfahren demontiert.
Mumia Abu Jamal hatte keinen
fairen Prozess, der zuständige
Richter war voreingenommen
und die Jury war ausschließlich
mit Weißen besetzt. Hier gäbe es
genügend Gründe für eine Neuaufnahme
des Verfahrens.
Das fordern Solidaritätsgruppen
in aller Welt. Sie sind überzeugt,
dass ein faires neuerliches
Verfahren einen Freispruch und
die Freilassung von Mumia zur
Folge hätte. Doch gegen Mumia
agieren in den USA mächtige Interessengruppen
wie die Gewerkschaft
der Polizei, die ihn noch
immer für den Polizistenmord
verantwortlich macht. Die Solidaritätsbewegung
bleibt auch nach
der neuesten Entscheidung nicht
untätig. Mit einer Onlinepetition
an US-Präsident Obama wendet
sie sich per Mausklick gegen jede
Todesstrafe. »Abu-Jamal ist weltweit
zu einem Symbol, zur ‚Stimme
der Unterdrückten’ im Kampf
gegen die Todesstrafe und andere
Menschenrechtsverletzungen
geworden. Über 20.000 Menschen
auf der Welt erwarten ihre
Hinrichtung, davon allein in den
Todestrakten der Vereinigten
Staaten über 3.000«, heißt es
dort.

aus Sprachrohr: 1/2010

http://dju-berlinbb.verdi.de/publikationen/data/spr01_2010.pdf
Peter Nowak