Immer wieder werden Mieter wegen Eigenbedarf gekündigt, obwohl dieser vorgeschoben ist

Protest gegen Kündigungen

Die Zunahme der Eigenbedarfskündigungen stellt auch die Initiativen vor neue Probleme. Daher lädt das Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn am kommenden Samstag von 14 bis 18 Uhr zu einen öffentlichen Ratschlag in den Kiezraum am Dragonerareal in der Obentrautstraße 19–21. Der Schwerpunkt steht dabei auf einer besseren Vernetzung sowie auf Dezentralisierung der Solidaritätsarbeit.

Eigenbedarfskündigung – schon das Wort ist bei vielen Mieter*innen angstbesetzt. Schließlich gehört zu den wenigen Kündigungsgründen eines Mietvertrags die Ankündigung des Eigentümers, dass er oder Familienangehörige die Wohnung beziehen wollen. „Doch Daten zur Zahl des selbstgenutzten Eigenbedarfs deuten darauf hin, dass viele Eigenbedarfskündigungen gar nicht …

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Eine Veranstaltungsreihe erinnert an vergessene Utopien des Wohnens

Hohe Mieten sind kein Naturgesetz

„Wir wollen dort konkrete Beispiele zeigen, wo die Durchsetzung von bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen eine gesellschaftliche Aufgabe war“, erklärt der Soziologe Matthias Coers gegenüber der taz. Er hat gemeinsam mit dem Stadtforscher Andrej Holm und Joachim Oellerich, dem Redakteur der BMG Publikation Mieterecho, die Veranstaltungsreihe konzipiert.

Heute fallen den meisten Menschen beim Thema Wohnen vor allem hohe Mieten und drohende Verdrängung ein. Die Angst, sich überhaupt noch eine bezahlbare Wohnung in der Umgebung von Berlin leisten zu können, ist groß. Das war mal anders. Daran will eine Veranstaltungsreihe der Berliner Mieter*innengemeinschaft (BMG) erinnern, die den Titel „Vergessene Utopien des Wohnens trägt“. „Wir wollen dort konkrete Beispiele zeigen, wo die Durchsetzung von bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen eine gesellschaftliche Aufgabe war“, erklärt der Soziologe …

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In einem regelmäßigen Podcast werden viele Aspekte der Wohnungs- und Mietenpolitik erklärt

„Schöner wohnen“ aus linker Perspektive

Im Grundsatz gehe es um Instrumente wie ein „Schöner Wohnen“ jenseits des Marktes organisiert werden kann. Auf dieser Grundlage  könnten sich in Zukunft auch Kooperationsmöglichkeiten mit der Berliner MieterGemeinschaft ergeben.  

Im Dezember 2022 ist unter dem Titel „Schöner Wohnen“ erstmals eine regelmäßige Audio-Sendung online gegangen, die sich mit sehr unterschiedlichen Aspekten rund um das Thema Wohnen befasst.  Verantwortlich für den „Podcast zur Wohnungsfrage“ sind …

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Linke Initiativen diskutieren über die Vorteile und Herausforderungen von Stadtteilarbeit

Widerstand im Wedding

"Wedding zwischen Gentrifizierung und Widerstand“ lautet das Thema einer Diskussion, zu der die Berliner Mietergemeinschaft eingeladen haben. Im Vordergrund stand vor allem die Organisation von Widerstand an Treffpunkten im Kiez.

Nicht nur an den Imbissen rund um die Badstraße herrscht an diesem Freitagabend großer Andrang, sondern auch in dem linken Stadtteiladen in der Buttmannstraße 2. „Wedding zwischen Gentrifizierung und Widerstand“ lautet das Thema einer Diskussion, zu der die Berliner Mietergemeinschaft eingeladen haben. Im Vordergrund stand vor allem die Organisation von Widerstand an Treffpunkten im Kiez. Der Laden in der Buttmannstraße wurde …

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Warum der viel kritisierte Begriff auch von Politikerinnen und Politikern verwendet wird, die sich gleichzeitig als Kämpfer gegen Rechts profilieren.

Auch eine Klassenfrage: Mythos Clankriminalität

Die Kampagne gegen die Clankriminalität ist nicht zuletzt eine Fortsetzung des Kampfes gegen die gefährlichen Klassen. Umgekehrt werden von den Politikern nicht nur Sicherheitsbedürfnisse von einer weißen Bevölkerungsschicht bedient, wie es in manchen Beiträgen heißt. Auch viele Menschen mit migrantischen Hintergrund haben dieses Sicherheitsbedürfnis, wie sich beispielsweise in der Auseinandersetzung um die Polizeiwache am Kottbuser Tor in Kreuzberg zeigt. Darauf müssen Linke eine emanzipatorische Antwort finden.

„Vormittags warnen sie öffentlichkeitswirksam vor den Gefahren, die der ‚freiheitlichen demokratischen Grundordnung‘ und einer liberalen Gesellschaft durch Extremismen und „Fremdenfeindlichkeit“ drohen. Und am Nachmittag haben sie kein Problem damit, mit dem Kampf gegen die ‚Clankriminalität‘ einen rassistischen Diskurs mit quasi staatsoffiziellen Würden zu versehen.“ Diese harte Kritik äußert die Redaktion der polizeikritischen Zeitschrift Cilip in ihrer aktuellen Ausgabe mit dem Schwerpunktthema „Mythos Clankriminalität“. Wenige Tage nach dem Erscheinen der aktuellen Ausgabe war dieses kritisierte Verhalten gut zu beobachten: Die SPD-Politikerin …

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Zahlreiche Nachbarn solidarisieren sich mit den MieterInnen der Karl-Junger-Straße 7 in Treptow

Protest im Kunger-Kiez

Ein Kiezwalk beginnt am 19. Juli um 19.30 Uhr vor dem Haus und soll zur nahen Krüllstraße 12 ziehen. Zum Abschluss des Kiezspaziergangs soll der Film „Verdrängung hat viele Gesichter“ gezeigt werden, der schon 2014 dokumentierte, wie sich im Kunger-Kiez die Stadtteilinitiative Karla Pappel gegen Gentrifizierung und Verdrängung wehrte. 

„Zwangsversteigerungen stoppen“ – unter diesem Motto rufen MieterInnen der Karl-Kunger-Straße 7 (KK7) in Treptow am Dienstag ab 19.30 Uhr zum Kiez-Walk auf. „Vor etwa fünf Wochen haben wir erfahren, dass unser Haus versteigert werden soll. Seitdem treffen wir uns jeden Montag zur Hausversammlung“, sagte eine MieterIn zur taz über das Engagement eines Teils der BewohnerInnen. 38 Mietparteien wohnen in dem Gebäude, urlaubsbedingt seien aktuell derzeit nur 12 Personen aktiv. Sie wollen die Zwangsversteigerung des Hauses verhindern, die für den 23. August im Amtsgericht Köpenick anberaumt ist. Das 1907 errichtete Gebäude war 1990 saniert worden. Nach einer Versteigerung befürchten die BewohnerInnen Mieterhöhung und Verdrängung. Ihre Furcht wird verstärkt, weil sich …

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Auf die Polizei verzichten wollen die meisten Anwohner am Kottbusser Tor nicht. Aber muss sie buchstäblich von oben auf sie blicken?

Streit um Polizeiwache an Berliner Brennpunkt

"Die Wache im NKZ über den Köpfen der Menschen wäre ein Symbol für den überwachenden Law-and-Order-Staat. Die Brücke am NKZ ist selber ein städtebauliches Symbol. Es steht heute für bezahlbares, kommunales Wohnen und ein lebendig geprägtes, nachbarschaftliches, migrantisches Milieu, in dem sich viele – ob Gewerbetreibende, Kulturschaffende, Hausverwaltung oder Sozialarbeitende – engagieren", so der Filmemacher Matthias Coers, der Mitglied des Mieterrats des NKZ ist.

Im Vorfeld des 1. Mai wird in den Berliner Boulevardmedien immer viel spekuliert, ob die obligatorischen Feste und Demonstrationen an diesen Tag unfriedlich verlaufen könnten. In diesem Jahr will die BZ sogar in geheime Polizeiakten Einsicht genommen haben, was erst mal nur zeigt, wie eng das Verhältnis zwischen …

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Protest gegen Zwangsräumungen in Berlin

Früh auf die Straße

Ein Bündnis mobilisiert zur Protesten in Kreuzberg am Montag und Dienstag. Insgesamt finden jedes Jahr wohl mehr als 3.000 Zwangsräumungen statt.

Für MietaktivistInnen beginnen heißt es am Montag und Dienstag: früh aufstehen. Für beide Tage ruft das Bündnis „Zwangsräumungen verhindern“ zu Protesten in Kreuzberg auf. Die Kundgebungen sollen jeweils um 8 Uhr beginnen. Am Montag morgen soll vor dem Haus Mehringdamm 67 protestiert werden. Dort soll laut den Angaben der Initiative …

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Das Wohnungsprogramm der Rechtspartei ist marktradikal. Gewählt wird sie eher nicht in der Hoffnung auf bessere Zeiten, sondern damit es anderen schlechter geht

„Die AfD ist Teil des Eigentümerblocks“

AfD und FPÖ werden von den Einkommensschwachen nicht gewählt, weil sie hoffen, dass es ihnen dadurch besser, sondern damit es anderen schlechter geht", so Michael Bonvalot. Dieses Versprechen hat die FPÖ, wo sie Verantwortung trug, eingehalten - die AfD hatte noch keine Gelegenheit dazu.

Beim AfD-Bundesparteitag an diesem Wochenende in Dresden dürfte es über ein Politikfeld wenig Streit geben – die Wohnungs- und Mietenpolitik. Da ist die AfD Teil des Eigentümerblocks, wie es kürzlich Gerd Wiegel in einer Online-Diskussionsveranstaltung des Bildungsvereins Helle Panke zusammenfasste. Wiegel, der Herausgeber des Buches „Rechtspopulisten im Parlament. Polemik, Agitation und Propaganda der AfD“ erklärte, dass bei der AfD, so zerstritten sie auch sonst ist,in der Ablehnung jeglicher …

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Das K-Fetisch startet eine Kampagne, weil Verhandlungen mit neuem Vermieter gescheitert sind

Szenekneipe in Neukölln bedroht

Ein Betrieb mit einem Dutzend Angestellten braucht Planungssicherheit, gerade jetzt in Zeiten der Coronakrise“, begründet Fuchs den Start der Kampagne "Für eine Zukunft mit K-Fetisch" bereits 18 Monate vor dem Auslaufen des Vertrags.

Eine weitere linke Lokalität in Neukölln ist bedroht: Der Mietvertrag des kollektiv geführten K-Fetisch läuft Ende Oktober 2021 aus. Nachdem die bisherigen Bemühungen der BetreiberInnen, Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung aufzunehmen, gescheitert sind, gehen sie mit NachbarInnen und BesucherInnen an die Öffentlichkeit. Die Kampagne unter dem Motto …..

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Ausbleibende Neubauten

Die Berliner Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Links­partei) wird von rechts und auch von links kritisiert, weil nicht genug Wohnungen gebaut werden. Wer aber soll Wohnraum für wen schaffen?
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Nun hat sich auch eine Politikerin der Berliner Grünen der Kritik an der Baupolitik der Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) angeschlossen. »Wir brauchen ein Berliner Bündnis mit den privaten Investoren«, forderte Antje Kapek, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus, Ende Juli. Grüne und Linkspartei regieren Berlin gemeinsam mit der SPD. Der SPD-Politiker Volker Härtig hatte Anfang Juli in einem partei­internen Schreiben den Rücktritt Lompschers gefordert. Er wirft der »Stillstandssenatorin« vor, mit einem »leichtfertigen Laissez-faire gegenüber den Bezirken« sowie »einseitiger Akzentuierung der Partizipation« von Altmietern den Wohnungsbau in Berlin zu behindern.

Der Vorwurf, Lompscher lasse zu, dass Altmieter sich mit allen Mitteln gegen den Neubau vor ihrem Schlafzimmerfenster wehren, ist in den vergangenen Monaten in der SPD nicht nur von Härtig geäußert worden; Ülker Radziwill, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus und dezidierte Parteilinke, zeigte dagegen Verständnis für Härtigs Kurs. Dass die ­Berliner CDU und die FDP sich schon lange auf Lompscher als »Neubaubremse« eingeschossen haben, ist nicht überraschend.

Dass die Berliner CDU und die FDP sich schon lange auf Lompscher als »Neubaubremse« eingeschossen haben, ist nicht überraschend, doch auch Basisinitiativen teilen die Kritik an der Bausenatorin.

Doch auch Journalisten und Initiativen, die auf Distanz zum parlamentarischen Betrieb stehen, teilen die Kritik an der Senatorin. So befasste sich der Journalist Rainer Balcerowiak in einen Kommentar in der Taz kritisch mit der Wohnungspolitik in Deutschland und beklagte die mangelnde Bereitschaft zum Neubau. »Ausgerechnet die ›rot-rot-grüne‹ Landesregierung in Berlin tritt dabei aber kräftig auf die Bremse – aus Angst vor Konflikten mit ihrer ›neubaukri­tischen‹ Klientel. Viele Neubauvorhaben werden faktisch unter Zustimmungsvorbehalt durch die ›Stadtgesellschaft‹ gestellt. Mit dem Ergebnis, dass die angepeilten Neubauquoten trotz starken Zuzugs und explodierenden Mieten bei Weitem nicht erreicht werden«, monierte Balcerowiak, der seit Jahren für Mieterecho schreibt, die Mitgliederzeitung der parteiunabhängigen Berliner Mietergemeinschaft. Diese kritisierte bereits nach Veröffentlichung der Koa­litionsvereinbarungen der rot-rot-grünen Landesregierung, dass die Senatsverwaltung unter Lompscher den Neubau von Wohnungen allenfalls als ­lästige Pflichtübung behandele. Vor einigen Wochen hat die Berliner Mieter­gemeinschaft eine Tagung unter dem programmatischen Titel »Bauen, bauen, bauen – sozial und kommunal« im Berliner IG-Metall-Haus organisiert.

»Die Bevölkerung Berlins wächst um mehr als 40 000 Einwohnerinnen und Einwohner jährlich, dementsprechend muss sich der Wohnungsbestand um mehr als 20 000 Wohnungen im Jahr erhöhen«, begründete Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft diese Forderung. »Die Wohnungen müssen aber nicht nur gebaut werden, sondern auch bezahlbar sein, das bedeutet ›sozial‹. Mit der erfor­derlichen Nachhaltigkeit kann das nur durch einen ›kommunalen‹ Wohnungsbau geschehen, Private wären dazu nur mit verschwenderischer Förderung in der Lage«, betonte Oellerich. Die Mietergemeinschaft sei sehr für demokratische Beteiligung, entgegnet er dem Vorwurf, seine Organisation hebele mit ihrer Kritik an Mitbestimmungsrechten Mieterrechte aus. »Doch werden gerade diejenigen, für die Wohnungen von existentieller Bedeutung sind, von der Beteiligung ausgeschlossen. Die Wohnungssuchenden finden kein Gehör. Sie können sich nicht organisieren und auch nicht artikulieren. Ihre ­Bedürfnisse werden von der Senatsverwaltung allzu leicht ignoriert.«

Auf der Tagung beschrieben verschiedene Referentinnen und Referenten, welche existentiellen Auswirkungen die Wohnungsnot hat. Stefania Animento von den »Berlin Migrants ­Strikers« berichtete, wie schwierig es für ihre Klientel sei, in Berlin eine Wohnung zu finden. Das führe dazu, dass sie in viel zu teuren, kleinen Wohnungen leben müssten. Nora Brezger vom Berliner Flüchtlingsrat kritisierte, dass der Berliner Senat noch immer spezielle Unterkünfte für Geflüchtete bevorzuge, statt in Wohnungen zu investieren.

Dora Zimmermann vom Verein Wildwasser befasste sich mit den Folgen der Wohnungsnot für Mädchen und Frauen. So seien junge Frauen gezwungen, mit Brüdern unter einen Dach zu leben, die deren Leben überwachen und reglementieren wollen. Frauen falle es auch wegen der Wohnungsnot viel schwerer, sich von gewalttätigen Männern zu trennen.

Hier wurden viele gute Argumente für einen verstärkten Wohnungsbau ­genannt. Allerdings blieb letztlich die Frage offen, die ein Moderator zu ­Beginn des zweiten Panels der Tagung stellte: Wie realistisch ist es, in einem kapitalistischen Staat zu fordern, dass mit Wohnungen kein Profit gemacht wird? Wäre der auf der Tagung propagierte neue kommunale Wohnungsbau eine Art Insel im Kapitalismus?

Doch auch wenn hier viele Fragen offenblieben, haben sich verschiedene von der Wohnungsnot betroffene Gruppen und Einzelpersonen zusammengeschlossen. In den vergangenen Monaten hat ein solches Bündnis dafür gesorgt, dass die Berliner Mietendemonstration im April 2018 viel größer wurde, als es selbst Optimisten erhofft hatten. Auch danach waren es solche temporären Bündnisse, die ­gegen Zwangsräumungen protestierten oder Mieter etwa bei Eigenbedarfs­kündigungen solidarisch zum Gerichtstermin begleiteten.

https://jungle.world/artikel/2018/32/ausbleibende-neubauten

Peter Nowak

P.S.: Die Tagung der Berliner Mietergemeinschaft ist auf Video dokumentiert und kann hier abgerufen werden:

http://zweischritte.berlin/post/175450818498/bauen-bauen-bauen

Mietergemeinschaft kritisiert Wohnungspolitik

Rot-Rot-Grün setze sich nur rhetorisch, nicht inhaltlich von den Vorgängerregierungen ab, so das Resümee

Die Berliner Mietergemeinschaft hat die Schonfrist für den rot-rot-grünen Senat mit der Veröffentlichung eines vierseitigen Papiers für beendet erklärt. «Positionierung zur Wohnungspolitik von »R2G« ist es überschrieben, verfasst wurde es von aktiven Mitgliedern mehrerer Bezirksgruppen der Mietergemeinschaft. »Gegen die Mietenpolitik des rot-rot-grünen Senats gibt es im Abgeordnetenhaus keine linke Opposition«, sagt Philipp Mattern, einer der Autoren des Positionspapiers.

Mattern engagiert sich in der Friedrichshainer Bezirksgruppe und ist Redaktionsmitglied der hauseigenen Publikation »Mieterecho«. Er findet, dass auch die außerparlamentarischen Initiativen bisher kaum fundierte Kritik an der Mietenpolitik des neuen Senats üben.

Das Papier soll die Diskussion über eine neue mietenpolitische Opposition anstoßen. Gleich zu Anfang steht die These, dass es unter Rot-Rot-Grün keinen Bruch mit der Wohnungspolitik der Vorgängerregierungen gibt. Die Koalitionsvereinbarungen setzten sich vor allem in der Rhetorik, nicht aber im Inhalt von Rot-Schwarz ab.

Die zentrale Kritik der mietenpolitischen Aktivisten lautet, dass die drängenden Probleme des Wohnungsmarkts nicht benannt werden. »Begriffe wie ›Wohnungsnot‹ und ›Wohnungsmangel‹ tauchen schlichtweg nicht auf«, monieren die Kritiker. »Das Wohnungsproblem wird vom Senat nicht als Mehrheitsproblem anerkannt, sondern wie ein Randgruppenphänomen behandelt«, kritisiert Mattern. Das Papier verweist darauf, dass rund 60 Prozent der Haushalte aufgrund ihrer Einkommenssituation einen Wohnberechtigungsschein beanspruchen können.

Vor allem beim Bau landeseigener Wohnungen enttäusche das Koalitionspapier maßlos, heißt es im Papier. Die geplanten 30 000 Wohnungen in fünf Jahren seien nicht geeignet, den bestehenden Wohnungsmangel zu beheben. Die Verfasser verweisen auf eine Studie von Andrej Holm, die der inzwischen geschasste Wohn-Staatssekretär im Mai 2016 für die LINKE verfasste: Demnach fehlen in Berlin 125 000 Wohnungen. »Auch diese selbst produzierten Erkenntnisse werden in der Koalitionsvereinbarung negiert«, so das Resümee der Mietergemeinschaft.

Auch auf dem Gebiet der energetischen Sanierung, die mittlerweile zum Instrument der Verdrängung geworden sei, seien die Aussagen des Koalitionsvertrages enttäuschend. »Die Modernisierungsmieterhöhung nach Paragraf 559 des Bürgerlichen Gesetzbuchs muss abgeschafft werden«, sagt Mattern. »Es fehlt ein Ansatz, der in diese Richtung geht.«

Die Kritiker schreiben weiter: »Der neue Senat setzt sich rhetorisch von seinem Vorgänger ab, tatsächlich bedient er alte Rezepte und zeigt kein wirklich neues Problembewusstsein.« Sie verweisen darauf, dass die angekündigte Aufstockung der Bestände der landeseigenen Wohnungsbauunternehmen auf 400 000 Wohnungen durch Zukauf und Neubau schon in der im April 2016 veröffentlichten Roadmap der SPD und CDU aufgeführt wurde – allerdings mit einem Fahrplan von zehn Jahren statt wie jetzt von fünf. Mattern resümiert: »Es ist ein Zeugnis erschreckende Hilflosigkeit, die den realen Problemen auf dem Berliner Wohnungsmarkt in keiner Weise gerecht wird.«

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1043970.mietergemeinschaft-kritisiert-wohnungspolitik.html

Peter Nowak

Die Mietbremsrebellen

Das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft wiegelt ab: Es gebe keine Probleme auf dem Wohnungsmarkt, die Mietsteigerungen seien nicht zu hoch. Die Mieterbewegung teilt den Optimismus nicht.

»Deutsche können sich größere Wohnungen leisten«, titelte die FAZ in der vergangenen Woche. Die Konkurrenz von der Süddeutschen Zeitung lieferte einen Artikel mit beinahe gleicher Überschrift und fast identischen Passagen. Das ist nicht verwunderlich: Die Zeitungen schrieben fast wörtlich die Einleitung einer Pressemeldung ab, in der das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) die frohe Botschaft verkündete, dass es in Deutschland doch keine Mietprobleme gebe. Demnach seien die Mieten seit 2010 um 10,2 Prozent gestiegen, die durchschnittlichen Einkommen aber um 11,5 Prozent.

»Trotz steigender Mieten gibt es in der Breite keinen allgemeinen Mangel an bezahlbarem Wohnraum«, folgert der IW-Immobilienexperte Ralph Henger. Er machte auch gleich deutlich, welchen Zweck die Meldung über den in Deutschland angeblich so entspannten Wohnungsmarkt hat: »Die Politik sollte daher nicht mit flächendeckenden Programmen eingreifen, sondern gezielt handeln. Dazu gehört zum Beispiel, die soziale Wohnraumförderung nur an bestimmten Standorten einzusetzen und dafür zu sorgen, dass die infrastrukturelle Versorgung der ländlichen Räume verbessert wird.«

Zu den verpönten flächendeckenden Programmen gehört beispielsweise die sogenannte Mietpreisbremse, die die Immobilienwirtschaft sowie ihr nahestehende Wirtschaftsinstitute und Medien vehement ablehnen. Dabei wurde die Regelung bereits im Gesetzgebungsverfahren so abgeschwächt, dass sie die Renditen der Hauseigentümer kaum tangiert. Diese sind bisher nicht dazu verpflichtet, die Vormiete anzugeben, weshalb die Höhe der Mietsteigerung bei Neuvermietungen nach wie vor häufig undurchschaubar bleibt. Zudem befürchten viele Mieter, keine Wohnung zu finden, wenn sie auf ihrem Recht bestehen, über die Mieterhöhung informiert zu werden. Dass die Immobilienwirtschaft trotzdem so vehement gegen die Mietpreisbremse vorgeht, liegt also nicht an Renditeeinbußen.

Die Parteien wollen mit der Mietpreisbremse gegenüber einer erstarkenden Bewegung von renitenten Mietern vor allem in größeren Städten den Eindruck erwecken, auf die Lage am Wohnungsmarkt entschlossen einzuwirken. Engagierte Mieter bezeichnen die Mietpreisbremse hingegen als Placebo, das beruhigen soll, aber nicht wirklich etwas verändert.

An den Plakaten für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im September wird deutlich, welch große Relevanz das Mietenthema zumindest bei SPD, Linkspartei und Grünen hat. Vereinnahmen lässt sich die Mieterbewegung in der Stadt jedoch nicht. Sie versteht sich als außerparlamentarisch und lehnt daher jegliche Parteiverbindungen ab. Auch auf ihrer für den 10. September geplanten Demonstration, die unter dem Motto »Gemeinsam gegen Verdrängung, Verarmung und den Ausverkauf der Stadt« stattfinden soll, wird es keine Politikerreden geben.

Im Demonstrationsaufruf wird detailliert aufgeführt, welche Bevölkerungsteile zurzeit größere Summen ihres Einkommens für die Miete verwenden müssen: Menschen mit niedrigen Einkommen, Behinderte, Migranten, Alleinerziehende, Studierende, viele Gewerbetreibende, Senioren und sogar Personen, die sich selbst noch zur Mittelschicht zählen. Die akribische Aufzählung dieser Betroffenengruppen ergibt in diesem Fall durchaus Sinn. Damit wird deutlich, wer trotz der von vielen Medien unkritisch abgeschriebenen IW-Propaganda zu denjenigen gehört, die Wohnungsprobleme haben.

Diese Menschen kommen auch in den Werbeclips der CG-Group nicht vor, in denen die Immobilienfirma skizziert, wie sie Berliner Stadtteile mit ihren Bauprojekten für das Kapital attraktiv macht. Zurzeit will sie ausgerechnet in der wegen ihrer linken Haus­projekte bekannt gewordenen Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain das »Carré Sama-Riga« errichten und stößt damit in der Nachbarschaft auf Widerstand. Im firmeneigenen CG-Magazin wird die Mietpreisbremse als »ein ebenso überflüssiges wie rechtlich bedenkliches Instrument staatlicher Regulierung« bezeichnet.

Der Soziologe und Regisseur des Films »Mietrebellen«, Matthias Coers, bestätigt im Gespräch mit der Jungle World, dass ärmere Menschen in den vergangenen Jahren mehr von ihrem knappen Geld für die Miete aufbringen mussten – wenn sie überhaupt eine Wohnung fanden. Für die von der Berliner Mietergemeinschaft herausgegebene Publikation Mieterecho machte Coers kürzlich eine Fotoreportage über Wohnungssuchende in Berlin. »Dabei konnte ich erfahren, dass sich mehr als 150 Menschen um eine Dreiraumwohnung bewarben und selbst eine gutverdienende Frau aus der Mittelschicht über ein halbes Jahr suchen musste, um dann eine Parterrewohnung zu finden«, sagt er.

Es ist der in den vergangenen Jahren größer werdenden Mieterbewegung zu verdanken, dass fehlende bezahlbare Wohnungen nicht mehr als individuelles, sondern als gesellschaftliches Problem betrachtet werden. Gegen diese Erkenntnis richtet sich das IW mit seinem dreiseitigen Papier, das von manchen Medien unkritisch sogar zur Studie geadelt wurde. »Offenkundig hat sich keine der Redaktionen die Mühe gemacht, beim IW anzurufen und nach dessen Datengrundlage zu fragen. Die rückt das Institut nicht raus«, schrieb der Taz-Kommentator Martin Reeh. Angesichts einer derart frohen Botschaft, wie das IW sie verbreitet, benötigen manche Zeitungen anscheinend keine Quellen mehr.

http://jungle-world.com/artikel/2016/34/54719.html

von Peter Nowak

Gutes Wohnen auch für Geflüchtete

Nachwuchsarchitekten präsentieren Vorschläge für bezahlbare Unterkünfte

Geflüchtete können selten auf menschenwürdige Unterkünfte hoffen, dabei gibt es preiswerte Möglichkeiten.

Es sind ja nicht nur die ewigen Wartezeiten bei verschiedenen Ämtern, sondern auch die Unterbringung der Menschen, die sie nach zum Teil monatelanger Flucht nicht zur Ruhe kommen lässt. Erstaufnahmelager, Not- und Gemeinschaftsunterkünfte prägen heute das Leben der meisten Geflüchteten.

»Die Menschen werden dort zwangsweise eingewiesen. Sie können nicht entscheiden, wo, wie und mit wem sie auf engstem Raum leben wollen. Bei all diesen Unterkünften fehlt jede Privatsphäre«, berichtet Kay Wendel vom Flüchtlingsrat Brandenburg in einem kurzen Überblicksvortrag im voll besetzten Ladenlokal der Plattform der Nachwuchsarchitekten. Es sei daher nicht verwunderlich, wenn es zu Streit zwischen den Bewohnern komme, wenn die Menschen über Monate unter solchen Bedingungen leben müssen.

»Wohnen als Grundrechte für Alle – Flüchtlingsunterbringung in Berlin und Brandenburg«, unter diesem Motto wurde die aktuelle Situation am Mittwochabend kritisch beleuchtet, aber auch Alternativen aufgezeigt, wie am Beispiel des Hauses der Statistik. »Hier sehen wir, wie Flüchtlinge untergebracht werden könnten, wenn sie als wohnungssuchende Menschen Ernst genommen werden«, sagte eine Diskussionsteilnehmerin.

Wendel bekräftigte die Forderung, dass Geflüchtete die Möglichkeit haben müssen, eigene Wohnungen zu beziehen. Die Menschen, die gesetzlich diese Möglichkeiten heute schon haben, machen die Erfahrung, die auch viele Mieter mit geringen Einkommen in den letzten Jahren machen mussten – sie finden keine Wohnungen. »Die Lösung muss daher die Ankurbelung des sozialen Wohnungsbaus heißen«, betonte Wendel. Damit unterstützte er Forderungen von Mieterverbänden. Es gebe eine Wohnraum- und keine Flüchtlingskrise in Berlin, betont die Berliner Mietergemeinschaft in der jüngsten Ausgabe ihrer Publikation Mieterecho.

Die am Mittwochabend versammelten Architekten unterbreiteten einige Vorschläge für eine Unterbringung von Geflüchteten, die nicht an Notunterkünfte und Container erinnern. So wurde auf Gebäude verwiesen, die nach der Holzständerbauweise errichtet werden. Diese kosten- und platzsparende Bauweise ist eine moderne Form des jahrhundertealten Fachwerkhauses. Eine Architektin präsentierte Vorschläge, wie in Baulücken kostengünstige Behausungen entstehen können. Zudem könnten solidarische Anwohner Patenschaften für die dort einziehenden Neumieter übernehmen.

Der Berliner Architekt Philipp Kuebart engagierte sich bereits als Student gegen Residenzpflicht und Gutscheine für Flüchtlinge. Was damals bei seinen Kommilitonen nur ein Minderheitenthema gewesen sei. Er begrüßte grundsätzlich, dass sich in den letzten Wochen auch viele Architekten mit der Situation von Geflüchteten auseinandersetzen. »Wichtig aber ist die Frage, wie wollen diese Menschen eigentlich wohnen«, betont Kuebart. Vielleicht sollten die Nachwuchsarchitekten bei ihren nächsten Diskussionen auch Geflüchtete einladen.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/994544.gutes-wohnen-auch-fuer-gefluechtete.html

Peter Nowak

Bezahlbare Wohnungen für alle, Notunterkünfte für niemand