Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Cilip widmet sich einem Staatsapparat, der bisher wenig Beachtung fand.

Werden unsere Grundrechte verzollt?

Zum Repertoire des Zolls gehören wie bei den übrigen Polizeibehörden auch verdeckte Maßnahmen, Observationen und der Einsatz von V-Leuten. Der Zoll ist auch berechtigt, bei Telekommunikationsbehörden Daten abzufragen. Wie andere Polizeibehörden organisiert sich der Zoll grenzüberschreitend, wie der Artikel von Matthias Monroy detailliert darlegt.

Der 30. März 2019 wird für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des linken Clubs Mensch Meier in Berlin noch lange in Erinnerung bleiben. In den frühen Abendstunden tauchten einige….

„Werden unsere Grundrechte verzollt?“ weiterlesen
Kommentar: Zum zweiten Jahrestag des Verbots der Plattform Indymedia.linksunten wurden Gründe diskutiert, warum die Opposition dagegen nicht größer ist

Indymedia-Verbot: Wenn die „Sturmgeschütze der Demokratie“ schweigen

Mittlerweile wird zu einem Tag (((i))) aufgerufen. Am Samstag vor dem Prozess vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig soll es in der Stadt eine bundesweite Demonstration geben.

Am 14. August jährte sich zum zweiten Mal das Verbot einer linken Online-Plattform. Es handelt sich um die Plattform Indymedia.linksunten, deren Inhalt nur noch auszugsweise in einem in den USA gehosteten Webarchive zugänglich ist. Der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hat das Verbot aufgrund des….

„Indymedia-Verbot: Wenn die „Sturmgeschütze der Demokratie“ schweigen“ weiterlesen

Die Mär von der liberalen Merkel-CDU und von Merkels Willkommenskultur

Union schließt sich rechter Kampagne gegen die Amadeu-Antonio-Stiftung an, unter Merkels Willkommenskultur wurde das Asylrecht drastisch verschärft

„Wir Bayern müssen, wenn die Geschichte es erfordert, notfalls die letzten Preußen werden.“ Dieses wenig bekannte Bekenntnis von Franz Josef Strauß findet sich auf der Homepage der CSU-Bundesabgeordneten Iris Eberl[1]. Sie könnte dort auch an das Bonmot ihres politischen Lehrmeisters erinnern, dass rechts von der CSU nur die Wand sein soll.

Eberl praktiziert diesen Grundsatz sehr genau, wenn sie sich im CSU-Organ Bayernkurier unter der Überschrift: „Meinungsfreiheit – Wir können nicht den Bock zum Gärtner machen“[2] gegen eine Unterstützung der Amadeu-Antonio-Stiftung[3] ausspricht. Die hat sich mit ihrer Förderung einer demokratischen Gesellschaft den Hass aller Rechten auf sich gezogen[4]. Eberl ist da nur eine besonders eifrige Kämpferin gegen eine angeblich linke Meinungsdiktatur.

„Wie kann es sein, dass in unserem demokratischen Rechtsstaat die Definitionshoheit darüber, was im politischen Diskurs erlaubt ist und was daraus verschwinden muss, einer linken Aktivistengruppe überlassen wird?“ Schon die Fragestellung zeigt, dass Eberl wenig Berührungsängste mit dem rechten Rand hat. Daher lässt sie sich auch von der rechtskonservativen Wochenzeitung Junge Freiheit mit der Forderung an Bundesinnenminister Heiko Maas zitieren[5], die Kooperation mit der Amadeu-Stiftung zu beenden und die finanzielle Förderung zu überprüfen.

Nun ist Eberl damit weder in der CSU noch in deren Schwesternpartei CDU isoliert. So wird im Bayernkurier beklagt, dass durch die Förderung der Amadeu Stiftung „Staatsknete an Linksextremisten“ fließe. Da brauchen die zahlreichen Pegida-Redner, die derlei in den letzten Monaten immer wieder behauptet haben, also nur aus einer den Regierungsparteien nahe stehenden Zeitung zitieren. Neben Eberl haben auch zahlreiche weitere Politiker von CSU und CDU in den letzten Monaten Stimmung gegen die Stiftung verschärft.

Aktueller Stichwortgeber ist der selbsternannte Anti-Stasi-Kämpfer aus Hamm, Hubertus Knabe, der sich wohl nicht zufällig Kahanes Stasi-Akte noch einmal angesehen hat. Sie hat allerdings ihre Tätigkeit für die Stasi nie verschwiegen, aber auch ihren Bruch mit der DDR deutlich gemacht. Wenn Knabe nun titelt „Stasi-IM als Netzspionin?“[6] erweist er sich als Stichwortgeber einer rechten Kampagne[7], die bereits seit Monaten im Gange ist und das Fragezeichen einfach weglässt.

Der Politologe Samuel Salzborn hat in einem wissenschaftlichen Gutachten[8] die rechte Kampagne gegen die Stiftung und dabei auch die Rolle der Union gut beschrieben. Dass nun auch die Junge Union auf dem CDU-Bundesparteigtag den Antrag „Staatliche Förderung der Amadeu-Antonio-Stiftung stoppen!“[9] einbrachte und dieser beschlossen[10] wurde, ist also nur konsequent. Es zeigt, dass die rechte Kampagne in der sogenannten Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Gefordert wird eine Überwachung durch den Verfassungsschutz und eine Wiedereinführung der Extremismusklausel.

Erstaunlich sind hingegen die Reaktionen aus Medien und Politik, die den Eindruck erwecken, da hätten einige Rechte den Parteitag gekapert. Größere Aufmerksamkeit bekam der Beschluss zur Ablehnung der Doppelten Staatsbürgerschaft, der schließlich auch eine knappe Mehrheit bekam. Auch hier zeugt die Reaktion zumindest von einem Kurzzeitgedächtnis. Ist schon vergessen, dass der hessische Ministerpräsident Roland Koch vor knapp 15 Jahren mit seiner Ablehnung gegen die damals von rot-grün geplante doppelte Staatsbürgerschaft Wahlkampf machte und gewann? Er initiierte eine rechtlich unverbindliche, aber politisch sehr wirksame Unterschriftenaktion, an der sich vom ersten Tag an auch die extreme Rechte beteiligte.

Dass der Beschluss auf dem CDU-Parteitag ein überraschender Rechtsruck ist, der die Union politisch isoliert, hat wenig mit der Realität zu tun. Es wird sich zeigen, ob sie mit solchen Beschlüssen nicht nach dem Vorbild von Koch Wahlen gewinnen kann. Dann würden auch die Stimmen der Vertreter von SPD und Grünen, die sich jetzt empört geben, ganz anders klingen. Wenn die dann überhaupt noch gebraucht werden zur Regierungsbildung.


Manche halten sogar eine absolute Mehrheit der Union bei den nächsten Bundestagswahlen für nicht unwahrscheinlich. Da könnte eine Arbeitsteilung gute Hilfestellung ergeben. Weil sich Merkel verbal von dem Beschluss zur Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft distanziert, bleibt sie weiterhin ein Bezugspunkt für manche Liberale und Linke. Um die Basis vor der Wahl der AfD abzuhalten, wird der Beschluss auch gegen Merkels Bekundungen im Wahlkampf eine Rolle spielen.

Doch wie die linksliberalen Merkel-Unterstützer beharrlich darüber hinweggesehen haben, dass die Kampagne gegen die Amadeu Stiftung von Unionspolitikern munitioniert wird, wollen sie sich auch eine andere Fama nicht ausreden lassen: Dass Deutschland unter Bundeskanzlerin Merkel das Land der Willkommenskultur für Geflüchtete ist. Diese Überzeugung haben nicht nur Rechte aller Couleur, die dagegen Sturm laufen und Merkel zum Feindbild erklären. Auch bis weit ins linke Milieu gilt Merkel als das freundliche Gesicht Deutschlands, die sich für die Rechte der Migranten einsetzt.

Ein ganz anderes Bild zeichnet die aktuelle Ausgabe der Publikation „Cilip – Bürgerrechte und Polizei“ mit dem Schwerpunktthema „Überwachung, Verdatung und Sanktionen. Die neuen Maßnahmen gegen Geflüchtete“[11]. Das Heft widmet sich in 10 Kapiteln den massiven Verschärfungen des Asylrechts, die die Regierungskoalition seit Herbst 2015 im Windschatten der Debatten über die Willkommenskultur durchgesetzt hat.

Der Cilip-Mitherausgeber Heiner Busch sieht in den Bedrohungsszenarien, die nicht nur von ultrarechten Kreisen verbreitet wurden, einen wichtigen Grund, dass diese Gesetzesverschärfungen ohne relevanten Widerstand möglich wurden. Busch zitierte den Staatsrechtler Udo Di Fabio, der in seinem im Januar 2016 für die bayerische Landesregierung erstellten Gutachten[12] schrieb: „Kann ein Staat die massenhafte Einreise von Menschen in sein Territorium nicht mehr kontrollieren, ist ebenfalls seine Staatlichkeit in Gefahr.“ Solche Sätze lieferten nicht nur der bayerischen Staatsregierung[13], sondern allen rechten Gegnern der Flüchtlinge die passenden Stichworte. Sie liefern auch die Rechtfertigung, für die verschärfte staatliche Gewalt gegen Geflüchtete und Migranten.

„Eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen mag verfassungswidrig sein, aber eine Obergrenze für symbolische Gesetzgebung mit habhaften, gar gewaltsamen Folgen für die davon Betroffenen ist vorerst nicht in Sicht“, lautet das ernüchternde Fazit[14] von Heiner Busch über die von vielen so hochgelobte Flüchtlingspolitik von Merkel.

Im aktuellen Cilip-Heft gibt es für diesen Befund zahlreiche Beispiele im Detail. So beschreibt das Vorstandsmitglied des Komitees für Grundrechte und Demokratie[15], Christoph Schröder, wie seit Sommer 2015 die Polizei zahlreiche Aufgaben der Asyl- und Sozialbehörden übernommen hat. Was als Ausnahmesituation angesichts des Andrangs der Geflüchteten gerechtfertigt wurde, ist längst zum Normalzustand geworden Die Folge der Verpolizeilichung der Flüchtlingsarbeit bedeutet auch eine Einschränkung der Rechte für die Menschen: „Die zahlreichen Polizisten übertrugen die Arbeitsstrukturen und Organisationsformen aus dem Polizeialltag auf das Flüchtlingsmanagement“, so Schröder.

Der Mitarbeiter des Bayerischen Flüchtlingsrats[16], Stefan Dünnwald, bezeichnet die in dem Bundesland eingerichteten Ankunfts- und Rückführungszentren[17] für Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten als Orte der Ausgrenzung und der Rechtlosigkeit.

Der Referent für Innenpolitik bei der Linksfraktion Dieter Burczyk zeigte am Beispiel von zwei neuen Gesetzen, wie die Geflüchteten zum riesigen Datenpool für viele Behörden werden. Der ebenfalls als Referent für die Linkspartei arbeitende Matthias Monroy beschreibt, wie mit Verweis auf angebliche Schleusertätigkeiten die Befugnisse von Polizei und V-Leuten in den letzten Monaten massiv ausgeweitet wurden. Dabei wird auf die Ermittlungen im Ausland besonderer Wert gelegt. Ein wichtiger Kooperationspartner für die verdeckten Ermittler ist nach wie vor die Türkei, wo der V-Leute Einsatz für Festnahmen sorge

Die Berliner Rechtsanwältin Anja Lederer ging in ihren Beitrag[18] auf die 2016 beschlossenen Verschärfungen im Ausweisungsrecht ein. Es diene der Disziplinierung der Menschen ohne deutschen Pass und sanktioniere Handlungen, die nach dem Strafrecht nicht verfolgt würden“, so ihr Fazit.

https://www.heise.de/tp/features/Die-Maer-von-der-liberalen-Merkel-CDU-und-von-Merkels-Willkommenskultur-3568067.html


URL dieses Artikels:
http://www.heise.de/-3568067

Links in diesem Artikel:
[1] http://iriseberl.de/
[2] http://www.bayernkurier.de/inland/18978-der-bock-als-gaertner
[3] http://www.amadeu-antonio-stiftung.de
[4] https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/aktuelles/2016/salzborn-gutachten
[5] https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2016/kahanes-stasi-vergangenheit-sorgt-weiter-fuer-kritik/)
[6] https://twitter.com/hubertus_knabe/status/805083398884757504
[7] http://www.tagesspiegel.de/politik/trotz-rechter-kampagne-weiter-staatsgeld-fuer-amadeu-antonio-stiftung/14940904.html
[8] https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/salzborn-gutachten-aas-als-meinungsfreiheit-getarnter-hass.pdf
[9] https://data.junge-union.de/pdf/2016/10/26/4722-58107cbed18c4.pdf
[10] https://www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/cdupt16_ueberwiesene_antraege_0.pdf?file=1
[11] https://www.cilip.de/2016/10/04/111-oktober-2016-die-neue-fremdenpolizei/
[12] http://www.bayern.de/wp-content/uploads/2016/01/Gutachten_Bay_DiFabio_formatiert.pdf
[13] http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/gutachten-udo-di-fabios-zur-grenzsicherung-14010809.html
[14] https://www.cilip.de/2016/11/02/neu-alte-fremdenpolizei-mit-staatlicher-gewalt-gegen-gefluechtete-und-migrantinnen/
[15] http://www.grundrechtekomitee.de/
[16] http://www.fluechtlingsrat-bayern.de/
[17] http://mediendienst-integration.de/artikel/studie-hildegard-lagrenne-stiftung-kinderrechte-von-roma-asylbewerbern-in-aufnahme-und-rueckfuehrung.html
[18] http://www.cilip.de/2016/11/07/ausweisung-reloaded-gesetzgebung-unter-dem-vorwand-von-koeln/

Kampagne gegen Sammelwut

Initiative will Daten in der EU »zurückholen«
Die Zahl der Menschen, deren Daten europaweit in Informationssystemen gespeichert sind, geht in die Millionen. Die Informationen können von Geheimdiensten und Polizeibehörden abgerufen werden. Flüchtlinge sind davon ebenso betroffen wie Fußballfans oder politische Aktivisten, die bei Fahrten zu Protestaktionen kontrolliert worden sind.
Datenschützer aus verschiedenen europäischen Ländern wehren sich dagegen und haben die Kampagne »Holt euch eure Daten zurück« gestartet. »Wir rufen dazu auf, von unseren Rechten Gebrauch zu machen«, meint der Journalist Matthias Monroy. Er lebt in Berlin und hat in den letzten Jahren viele Gipfelproteste von Globalisierungs- und Kapitalismuskritikern besucht und dabei die Überwachungsmaßnahmen analysiert. Mittlerweile hat er sich zu einem Experten auf dem Gebiet der europaweiten Polizei- und Geheimdienstarbeit entwickelt.

 Monroy sieht im Datensammeln einen wichtigen Schritt der Repression. Denn die erfassten Informationen werden von den Polizeibehörden der verschiedenen europäischen Länder untereinander ausgetauscht und dienen als Grundlage für Aus- und Einreiseverweigerungen bei Großprotesten. Auch Monroys Daten waren gespeichert. Doch er konnte auf juristischem Wege die Löschung erreichen.

Als ersten Schritt rufen die Aktivisten der Kampagne, zu der u. a. in Deutschland das Komitee für Grundrechte gehört, dazu auf, sich über gespeicherte Daten bei den nationalen Polizeibehörden zu informieren. In Deutschland ist das Bundeskriminalamt die zuständige Stelle. Es ist gesetzlich verpflichtet, Auskunft über gespeicherte Daten zu geben. Hinweise zu deren »Rückholung« finden sich auf der Web-Seite www.datenschmutz.de/moin/AuskunftErsuchen.

Während die Kampagne zur »Datenrückholung« in Deutschland schon angelaufen ist, steckt sie in den europäischen Nachbarländern noch in den Anfängen. »In der nächsten Zeit wird es darum geben, die Materialien in die verschiedenen Sprachen zu übersetzen und sie an die jeweiligen juristischen Gegebenheiten der einzelnen Länder anzupassen«, skizzierte Monroy gegenüber ND die nächsten Aufgaben der Kampagne, die neben dem individuellen Datenschutz auch eine politische Stoßrichtung hat: Sie richtet sich gegen das Stockholmer Programm, mit dem die europäischen Regierungen ihre Sicherheitsagenda für die Jahre 2010 – 2015 festgelegt haben. Der länderübergreifende Datenausgleich ist darin ein zentrales Element.

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/176843.kampagne-gegen-sammelwut.html

Peter Nowak