„Die Hütte brennt„, titelt die FAZ über einem Kommentar zu einer Personalie in der CDU, der viel über die aktuellen Probleme der Partei aussagt. Parteichef Friedrich Merz tauscht seinen Generalsekretär aus: Auf Mario Czaja folgt Carsten Linnemann. Beide stehen für unterschiedliche Facetten des deutschen Konservatismus. Czaja gibt sich als Konservativer, dem auch soziale Themen nicht fremd sind. Er galt als jemand, der den Merkel-Kurs in der Union fortsetzen, also auch im linksliberalen Terrain weiter Stimmen für die CDU holen wollte. Dass Merz ihn überhaupt zum Generalsekretär machte, lag aber vor allem daran, …
„Christlich Demokratische Alternative für Deutschland“ weiterlesenSchlagwort: Mario Czaja
Nazis im Flüchtlingsheim
Ein veröffentlichter Mailverkehr offenbart die Vernichtungsphantasien von Mitarbeitern einer Betreibergesellschaft für Flüchtlingsunterkünfte. Von Peter Nowak
„Hallo zusammen, also die Guillotine finde ich jetzt persönlich einen total guten Vorschlag – bringt uns aber wieder in die Presse und das wollen wir ja nicht“. Die Verfasserin Birgit konnte nicht ahnen, dass der Mailverkehr, zu dem dieses offenherzige Bekenntnis gehört, in der „BZ“ veröffentlicht wurde. Dort konnte man nachlesen, wie die Mitarbeiter der Professionellen Wohn- und Betreuungsgesellschaft (PeWoBe), die in Berlin zahlreiche Flüchtlingsunterkünfte betrieben hat, mit den Geflüchteten umzugehen gedächten, wenn sie nur könnten, wie sie wollen. Da finden sich die Vernichtungsphantasien der deutschen Hausfrau, deren größte Sorge sich in der Frage, wer hinterher das ganze Blut wegmacht, ausdrückt. So lesen wir bei Birgits Kollegin Peggy: “Der Darkroom ist zum spielen da und Enthauptungen machen Dreck weil es immer ein bissschen spritzt (ähnlich wie bei Kaffeeautomaten). Dann müsste ich wieder putzen und dass obwohl mir doch nachgesagt wird, dass ich pingelig bin“. Die eigenwillige Rechtschreibung der Verfasserinnen wurde beibehalten. In anderen Mails phantasieren Peggy, Birgit und ihre Kollegen über „ein großvolumiges Krematorium“, das ihnen auch ein Umweltzertifikat bescheren könnte, weil sie „die Abwärme sinnvoll und zielführend“ einsetzen könnten. Die “maximal Pigmentierten“ sollten als erste die optimale „Funktionsfähigkeit“ der Krematorien testen.
Rassisten wollen die Verfasser solcher Texte natürlich nicht sein. Die Anwälte der Wohnraum-Koordinatorin Peggy M. erklärten: „Unsere Mandantin steht für eine freie, demokratische und multikulturelle Gesellschaft und lebt auch angesichts ihrer beruflichen Tätigkeit die Willkommenskultur“. Dass Peggy M. vor einigen Jahren für die neonazistische Deutsche Volksunion (DVU) in Brandenburg kandidiert hat, war erst vor einigen Wochen bekannt geworden. Die PeWoBe wiederum erklärte, die Aussagen der Mitarbeiter seien aus dem Zusammenhang gerissen und zudem nicht ernst gemeint gewesen. Noch origineller war allerdings die Erklärung eines Anwaltsbüros: Die Mailkorrespondenz sei ein „durch das Rechtschreibprogramm T9 verursachter Korrekturfehler“.
Dabei hatten Birgit, Peggy und ihre Kollegen doch nur formuliert, was an vielen deutschen Stammtischen tagtäglich geraunt wird. „Eine „riesige Schweinerei“ ist denn auch für eine PeWoBe-Mitarbeiterin nicht der Inhalt der bekannt gewordenen Mails ihrer Kollegen, sondern die kritische Reaktion der Medien. Nachdem Berlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU) die Verträge mit der PeWoBe gekündigt hat, zweifelt Canan Bayram, die für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, daran, dass der Schritt juristisch Bestand haben wird. Die Senatsverwaltung wäre gut beraten, die Kündigung auf weitere Umstände, wie fehlerhafte Abrechnungen zu stützen.
Peter Nowak
„Massiver staatlicher Rechtsbruch am LAGeSo“
Klage gegen Berliner Sozialsenator wegen Menschenrechtsverletzungen von Geflüchteten
Mehr als vierzig Rechtsanwälte haben am Montag bei der Berliner Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige [1] gegen den Senator für Gesundheit und Soziales Mario Czaja und den Präsidenten des Landesamtes für Gesundheit und Soziales des Landes Berlin [2] Franz Allert gestellt. Das teilte der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein [3]und die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen [4] mit.
Die Juristen bezichtigen die beiden der Körperverletzung sowie der Nötigung im Amt und begründen die Anzeige mit der chaotischen Situation im Lageso, wo Flüchtlinge registriert werden. Die Juristen monieren, dass zivilgesellschaftliche Gruppen und Politiker die Zustände immer wieder angeprangert haben und sich nichts verändert hat. Selbst ein Bericht [5]im Magazin Kontraste vom 19. November unter dem Titel „Frieren, hungern, warten: Wie Politiker und eine unfähige Verwaltung in Berlin das Flüchtlingselend fördern“ führte zu keinen Veränderungen.
Vor einigen Tagen hat ein Offener Brief [6] der grünen Politikerin Claudia Roth für Aufmerksamkeit gesorgt. Dort beklagt sie einen tausendfachen Rechtsbruch und eine Entwürdigung von Menschen mitten in Berlin. „Sozialsenator Czaja nimmt schwere Verletzungen und Erkrankungen von Geflüchteten bewusst in Kauf. Unvorstellbar, was geschehen würde, wenn es das einzigartige Engagement der Initiative ‚Moabit hilft‘ nicht gäbe„, sagt RAV-Vorstandsmitglied und Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff.
Welche Alternativen gibt es?
„Es stehe jedem frei, Anzeige zu erstatten, allerdings hilft sie nicht, die Situation der Flüchtlinge zu verbessern“, erklärte [7] Czaja in der Berliner Presse. Er wies Vorwürfe zurück, die Politik lasse die Situation an der LaGeSo bewusst eskalieren, um die Flüchtlinge abzuschrecken. Solche Vermutungen sind auch deshalb aufgetaucht, weil die Situation bei der Erstaufnahme für Geflüchtete in Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern besonders desaströs ist.
Natürlich ist die personelle Unterbesetzung der Einrichtungen ein wichtiger Grund für die Zustände. In der Diskussion wird der Fokus dann vor allem auf die Mitarbeiter gelegt. So wird die Forderung [8]erhoben, dass diese auch am Wochenende arbeiten sollen. Auf diese Weise sollen die Mitarbeiter wieder mehr Opfer bringen und die Rechte der Beschäftigten beschnitten werden.
Dabei gäbe es Wege, die Zustände zu verändern, ohne die Arbeitnehmerrechte abzubauen. So fordern RAV und VDJ, dass die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten nicht von der vorherigen Registrierung abhängig gemacht werden darf, wenn diese nicht reibungslos durchgeführt wird.
Eine grundsätzlichere Kritik müsste das ganze Prozedere in Frage stellen. Wenn die Forderungen nach einem sicheren Transit nach Europa umgesetzt würden, müssten die Geflüchteten die Reise über das Meer oder andere gefährliche Wege nicht antreten und dann auch nicht das langwierige Anmeldeprozedere durchlaufen. Eine solche Handhabung würde also tatsächlich eine Verbesserung der Situation bringen. Aber eine solche menschenfreundliche Lösung ist politisch nicht gewollt.
Druck der Öffentlichkeit kann etwas verändern
Antirassistische und zivilgesellschaftliche Gruppen haben schon länger Vorschläge gemacht, wie die Situation an der LaGeSo verbessert werden kann. Es gab bereits zwei Versuche, leerstehende Gebäude in Berlin zu besetzen, um darauf Zentren für Geflüchtete zu errichten. Beide Besetzungsversuche sind sehr schnell von der Polizei beendet werden.
Der grüne Bundestagsabgeordnete Hans Christian Ströbele regt [9] an, leerstehende Gebäude in staatlichen Besitz als Flüchtlingsunterkünfte herzurichten. In einem Interview [10] fordert Ströbele, den Druck der Öffentlichkeit zu erhöhen. Doch es gäbe durchaus noch weitere unkonventionelle Vorschläge, die Zustände am LaGeSo zu verbessern. Dazu würde auch die Frage gehören, ob nicht ein Teil der Geflüchteten gerade aus Ländern wie Syriendaran interessiert sein könnte, die demokratische Entwicklung ihrer Heimatländer zu fördern. Warum werden nicht solche Initiativen gezielt gefördert? Warum gibt es darüber nicht mehr Diskussionen unter Flüchtlingsunterstützern?
Es wird weitgehend unhinterfragt davon ausgegangen, dass die meisten Geflüchteten in Deutschland bleiben und keineswegs wieder in ihre Heimatländer zurückkehren wollen. Zumindest für einen Großteil der politisch aktiven Geflüchteten gilt dies aber nicht. Eine solche Förderung demokratischer Bestrebungen in ihren Heimatländern könnte für viele Geflüchtete durchaus eine Option sein, wenn sie hierzulande auch Unterstützung findet.
Peter Nowak
http://www.heise.de/tp/news/Massiver-staatlicher-Rechtsbruch-am-LAGeSo-3034751.html
Links:
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