Aktivist*innen fordern SPD, Grüne und FDP zum Handeln auf

Druck auf die neue Regierung

Unter dem Motto »Solidarisch geht anders« ist am 24. Oktober eine Demonstration des Gerechtigkeitsbündnis geplant, die um 11.30 Uhr am Platz der Republik beginnen soll. Der Forderungskatalog umfasst Punkte, die in den letzten Monaten vor allem von der Klimabewegung, aber auch von

Große Fußspuren hinterließen Konzerne wie VW, Coca-Cola, BASF und die Allianzversicherung am Donnerstagvormittag auf dem regennassen Rasen vor dem Bundestag. Die Fußabdrücke mit den Konzernlogos hatten Aktivist*innen der Transparenzinitiative Lobby Control dort platziert. Sie wollten damit im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen …

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Der SPD-Rechte wird genau für das kritisiert, was ihn bisher zum besonders geeigneten Kanzlerkandidat gemacht hat: Er erfüllt der deutschen Wirtschaft ihre Wünsche möglichst schon, bevor sie sie formuliert

Wirecard, Olaf Scholz und die große Heuchelei

Zur Mafia wird ein kapitalistisches Unternehmen dann, wenn es bei der Durchsetzung seiner kapitalistischen Methoden öffentlichen Unmut erzeugt. Wären die Wirecard-Verantwortlichen Bürger der USA hätte man vielleicht die Heuschrecken-Metapher wieder aus dem Inventar einer regressiven Kapitalismuskritik geholt, wie es Franz Müntefering, ein vor 15 Jahren bekannter SPD-Politiker, praktiziert hat.

Nach dem von Protesten begleiteten G20-Treffen in Hamburg galt Olaf Scholz 2017 als angeschlagener Bürgermeister. Das hinderte ihn nicht, in der SPD Karriere zu machen. Dass er bis heute beharrlich die vielfach dokumentierte Polizeigewalt gegen die Gipfelgegner leugnet, war für Scholz natürlich keine Karrierebremse in einer Partei, die den selbsternannten Bluthund gegen die eigene Basis, Gustav Noske, nicht einmal posthum ausgeschlossen hat. Als Scholz dann im SPD-internen Streit um den Parteivorsitz unterlag, wurde er Ende letzten Jahres in den Medien erneut als angeschlagen bezeichnet. Nur wenige Monate später wurde der gleiche Politiker zum ….

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Interview mit Nina Katzemich

»Hochproblematische Rolle»

»Konzerne haben zu viel Macht in Europa«, lautet der entscheidende Satz des EU-Lobbyreports 2019, den die Nichtregierungsorganisation Lobbycontrol im April veröffentlicht hat. In dem 43seitigen Bericht, der auf der Website des gemeinnützigen Vereins heruntergeladen werden kann, werden auch antieuropäische Ressentiments widerlegt. Die Jungle World hat mit Nina Katzemich gesprochen, die bei Lobbycontrol für die Kampagne verantwortlich ist.

Der Report stellt fest, dass die EU im Vergleich zu ihren Mitgliedsstaaten strengere Lobbykontrollgesetze hat. Können Sie ein Beispiel nennen?
EU-Kommissarinnen und -Kommissare sowie ihre höchsten Beamten veröffentlichen ihre Treffen mit Lobbyisten. Auch Abgeordnete des Europäischen Parlaments mit wichtigen Funktionen im Gesetzgebungsprozess müssen ab der nächsten Wahlperiode ihre Treffen mit Lobbyisten veröffentlichen. Außerdem gibt es auf EU-Ebene ein Lobbyregister – wenn auch nicht gesetzlich verpflichtend. Sie beschreiben, wie die Nationalstaaten innerhalb der EU Interessen der heimischen Wirtschaft durchzusetzen versuchen. Welche Rolle spielt da die deutsche Regierung?….

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Das Problem ist nicht die EU sondern der Kapitalismus

Konzerne haben zu viel Macht in der EU

LobbyControl-Bericht: Innerhalb der EU sind es weiterhin die Nationalstaaten, die ihre Wirtschaftsinteressen durchsetzen wollen

Brüssel gilt nach Washington weltweit als die Stadt mit der zweitgrößten Anzahl an Lobbyistinnen und Lobbyisten. Zahlreiche Lobbyakteure aus Unternehmen, Lobbyagenturen, Anwaltskanzleien, Branchenverbänden, Nichtregierungsorganisationen und anderen Zusammenhängen kommen aus 28 Mitgliedstaaten der EU und zahlreichen Nicht-EU-Ländern nach Brüssel – oder haben längst ihre Büros dort -, um Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen. Was wird in der EU-Hauptstadt getan, um bei diesem Lobby-Ansturm für Transparenz zu sorgen und Lobbyismus strenger zu regulieren? Und reicht dies aus, um sicherzustellen, dass demokratische Kontrolle möglich ist und Politik im Interesse der Allgemeinheit gemacht wird?….

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Ein aufgebauschter Skandal

vom 26. September 2023

Nicht dass Affen und Menschen im Labor Tests über die Schädlichkeit von Abgasen unterzogen werden, ist das Problem, sondern die alltäglichen Menschenversuche der Autoindustrie auf unseren Straßen

„Tests in keiner Weise zu rechtfertigen“: Das war am Montag der Tenor, als durch einen Artikel der New York Times bekannt wurde, dass die deutsche Automobilindustrie Untersuchungen in Auftrag gegeben habe, um die angebliche Unschädlichkeit der Dieselmotoren zu belegen.

Von Angela Merkel bis Katja Kipping gab es bald keinen Politiker und keine Politikerin mehr, der oder die nicht Empörung über diese Versuche äußerte. Doch meistens kam die Kritik nicht über eine moralische Verurteilung hinaus. „Unangemessen“ und „menschenverachtend“ waren die Vokabeln.

Dabei wäre es doch sinnvoller, erst einmal zu schauen, was da eigentlich passiert ist und wie sich die Versuche von den vielen anderen unterscheiden, die tagtäglich gemacht werden.

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Gerhard Schröder, Rosnef und seine Kritiker

Warum soll es verwerflicher sein, für Rosneft statt für VW zu arbeiten?

Gerhard Schröder und die SPD gehören zusammen wie Pech und Schwefel. Es spricht für sich, dass ein Politiker, der es als eine besondere Auszeichnung empfindet, Genosse der Bosse zu sein, der mit der Agenda 2010 den Boom im deutschen Niedriglohnsektor zu verantworten hat, und der angibt, mit „Bild und Glotze“ regiert zu haben, vom aktuellen Kanzlerkandidaten als Mutmacher und Stimmungskanone angefragt wurde. Doch aufregen darüber könnten sich eigentlich nur die unermüdlichen Protagonisten von Rosa-Rot-Grün, die noch immer von einer solchen Konstellation eine Hoffnung eines Politikwechsels erhoffen.

Dabei war nie zu erwarten, dass sich die SPD von Schröder distanziert. Schließlich gehört er zur SPD wie auch Gustav Noske, der sich selber 1918 als Bluthund gegen aufmüpfige Arbeiter von den Freikorps feiern ließ. Bei der SPD ist er trotzdem nie in Ungnade gefallen und gehört weiterhin zum Partei-Inventar. Dass ehemalige SPD-Politiker wie ihre Kollegen aus anderen bürgerlichen Parteien später in die Wirtschaft gehen und dort hochdotierte Posten einnehmen, gehört ebenfalls zum politischen Spiel im Kapitalismus.

Die Nichtregierungsorganisation LobbyControl[1] versucht seit Jahren, dort so etwas wie zivilisatorische Maßstäbe einzuziehen. Es soll eine gewisse Karenzzeit eingeführt werden, bis Politiker ihr Insiderwissen der Wirtschaft zur Verfügung stellen können. Doch solange wollen die meisten betroffenen Politiker nicht warten. Sie wissen natürlich, dass sie am meisten verdienen, wenn sie möglichst schnell von der Politik in die Wirtschaft wechseln.

Immer wenn sich die Drehtür zwischen Politik und Wirtschaft zu schnell dreht, gibt es mehr oder weniger heftige Debatten, die immer auch parteipolitisch geprägt sind. Doch sie werden schnell auch wieder beendet. Denn alle Parteien in Regierungsverantwortung sind grundsätzlich zum Wechsel in die Wirtschaft bereit und daher werden sie dann auch nur einige Details, nie aber das Prozedere als solches kritisieren.

Ideeller Gesamtkapitalist versus Interessen einzelner Kapitalfraktionen

Das ist auch nur konsequent. Schließlich ist es ja die vornehmste Aufgabe des Staates im bürgerlichen Verbund als ideeller Gesamtkapitalist dafür zu sorgen, dass das eigene Land die besten Verwertungsbedingungen für die Wirtschaft schafft. Dabei kann es schon mal zu Zerwürfnissen mit den Interessen von Einzelkapitalien kommen. Daher gibt es auch die Dauerstreitthemen über Korruption, korrektes und unkorrektes Lobbying, mit denen uns Medien und Politiker immer wieder unterhalten.

Dass es dabei nur darum geht, wie der Kapitalismus effektiver gemanagt werden kann, geht dann manchmal in der Debatte unter. So sind Organisationen wie LobbyControl für einen reibungslosen Kapitalismus genau so notwendig wie Greenpeace[2] oder der Chaos Computer Club[3].

Nun kommt bei Schröder aber hinzu, dass er nicht etwa bei Volkswagen oder einem anderen urdeutschen Konzern seine Millionen verdient, sondern bei dem russischen Ölkonzern Rosneft[4]. Deshalb ist dann die Debatte um sein Engagement dort nicht nur so redundant und langweilig wie die meisten Debatten über Korruption und Lobbying. Sie ist vielmehr noch nationalistisch aufgeladen.

Denn Schröder hat es doch tatsächlich gewagt, beim Feind anzudocken. So moniert Rudolf Hickel, der seit einiger Zeit vom keynsianischen Ökonomen zum Allzeitgesprächspartner im Deutschlandfunk mutiert ist. Es gibt kaum ein Thema, zu dem Hickel nicht seinen schwarzrotgoldenen Senf im Staatsrundfunk verbreitet und das immer mit einem Überschuss an Moral.

So nannte er Schröders Rosnef-Engagement eine „unglaubliche Provokation“[5]. Denn für Hickel ist klar, wer bei einem russischen Konzern anheuert, kollidiert mit den Interessen Deutschlands und der von ihr dominierten EU:

Hier, ist doch klar, hier ist ein strategisch wichtiges Unternehmen. Und ich zitiere mal Rosneft: Das Unternehmensmotto sagt, glaube ich, alles: Russland zum Vorteil! Das erinnert mich so ein bisschen an die Trump-Parole „America first“. Das heißt, Russland zum Vorteil, da ist er verpflichtet, auch nach dem Aktienrecht – das ist ja eine Aktiengesellschaft -, dem Wohle des Unternehmens zu dienen. Und das kann in schwersten Widerspruch und in Auseinandersetzung führen beispielsweise mit deutschen, aber auch mit EU-Interessen. Insoweit ist es schon eine sehr starke Provokation, die er sich da erlaubt.

Rudolf Hickel
Auch der grüne Spitzenpolitiker Cem Özdemir zeiht Schröder des nationalen Verrats: „Nicht die Privatwirtschaft ist das Problem der SPD, sondern die Verbindung zur russischen Staatswirtschaft“, stellt der grüne Realo klar. Dass er keine Probleme damit hat, dass viele Spitzenpolitiker seiner Partei, an vorderster Stelle Josef Fischer[6], nach ihren Abschieden aus der Politik bei Konzernen anheuerten, die von der eigenen Partei als unökologisch und umweltschädlich klassifiziert wurden, steht auf einem anderen Blatt.

Die Kritiker Schröder kritisieren genau das, was positiv an Schröders Engagement ist

Dabei kritisieren Hickel, Özdemir und Co. an dem Schröder-Engagement bei Rosneft genau das, was eigentlich als das einzig Positive gewertet werden könnte. Lange Zeit hielt sich die Vorstellung, dass die transnationale vernetzte Wirtschaft mit dem nationalbornierten Politiken in Widerspruch gerät. Schon in der Weimarer Zeit hielten politische Beobachter aus dem Bürgertum wegen der damals schon erfolgten Vernetzung der Wirtschaft einen Krieg in Europa für nicht mehr möglich.

Wir wissen heute, wie illusionär diese Vorstellungen waren. Nun, wo die Globalisierung wesentlich weiter vorangeschritten ist, wird das Argument von einer kapitalistischen Vergesellschaftung, die angeblich im Widerspruch zum Nationalismus steht, erneut vertreten. Nun müsste jemand wie Gerhard Schröder eigentlich der Prototyp eines ökonomischen Internationalisten gelten, der es sich nicht verbieten lässt, für einen Konzern zu arbeiten, der zu dem zum Feind erklärten Russland gehört.

Neue Hallstein-Doktrin an der Krim?

Dass dabei die Mantra von der „völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland“ verwendet wird, zeigt, dass den Kritikern nicht viel Neues einfällt. Denn es ist klar, dass die Krim in absehbarer Zeit zu Russland gehören wird und dass es auch die Mehrheit der dort lebenden Bevölkerung genau so will. Daher müsste eine Realpolitik, die diesen Namen verdient, genau das anerkennen und vielleicht eine erneute international anerkannte Abstimmung in die Diskussion bringen.

Darauf könnte sich die russische Seite mühelos einlassen, weil sie auch dann hohe Zustimmung erreichen würde. Wenn stattdessen weiterhin von Politikern der USA und der Deutsch-EU so getan wird, als könnte die Krim wieder zur Ukraine zurückkehren, dient es nur einen Zweck: Die Polarisierung des sogenannten Westens gegen Russland soll beibehalten und verstärkt werden.

Damit aber soll eine Militarisierung in diesen Ländern vorangetrieben werden, die durchaus nicht nur von den USA ausgeht. Diese Polarisierung soll den eigenen Standort sichern und jeglichen Widerspruch im Innern verhindern. Wer da nicht im nationalen Kollektiv mitzieht, muss notfalls auch mit Repressionen rechnen. Das bekommen auch Menschen mit, die ganz ohne politische Hintergründe in diesen Tagen die Ukraine besuchen wollen.

Das musste der gefallene Sozialdemokrat und Ex-Pirat Jörg Tauss[7] kürzlich erfahren[8] erfahren, als er nach einer Krimreise mit einer Hausdurchsuchung und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen[9] konfrontiert wurde. Selbst eine völlig unpolitische Band wie Scooter wird wegen ihres Krimauftritts angeprangert[10].

Das erinnert an die Hallstein-Doktrin der 1950 und 1960er Jahre, als in der BRD die Devise galt, wer die DDR anerkennt, sie besucht oder auch nur diese drei Buchstaben schreibt und spricht, sei schon ein Zonenagent. Tausende wurden damals kriminalisiert, weil sie in die DDR reisten oder Kinderfreizeiten in den Osten organisierten[11].

Schröder ist für fast alles, was er in seiner politischen Karriere zu verantworten hat, heftig zu kritisieren. Dass er allerdings in seiner Auszeit nicht beim von den Nazis gegründeten VW-Konzern dafür sorgt, dass dort die Abgaswerte weiterhin die Gesundheit vieler Menschen gefährden, sondern bei einen staatskapitalistischen russischen Konzern, der in seinen Machenschaften natürlich um nichts besser ist, angeheuert hat, gehört nicht zur Kritik.

https://www.heise.de/tp/features/Gerhard-Schroeder-Rosnef-und-seine-Kritiker-3807589.html

Peter Nowak
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Links in diesem Artikel:
[1] https://www.lobbycontrol.de
[2] http://www.greenpeace.de/
[3] https://www.ccc.de/
[4] https://www.rosneft.com/
[5] http://www.deutschlandfunk.de/schroeders-umstrittener-rosneft-job-eine-unglaubliche.694.de.html?dram%3Aarticle_id=393713
[6] https://lobbypedia.de/wiki/Joschka_Fischer
[7] https://www.heise.de/tp/features/Ich-bin-nicht-paedophil-3364337.html
[8] http://www.tauss-gezwitscher.de
[9] http://www.russlandbruecke.de/
[10] http://www.focus.de/politik/videos/ermittlungen-gegen-technoband-scooter-drohen-nach-krim-auftritt-bis-zu-acht-jahre-haft_id_7438990.html
[11] http://www.nrw.vvn-bda.de/bilder/geschichte_vvn_nrw_50_jahre.pdf

Alternative zur Transparenz

LobbyControl: AfD bekommt erneut Wahlkampfhilfe von millionenschwerer Tarnorganisation

»Schluss mit Bargeld« steht auf dem Band, mit dem ein Geldautomat gesperrt ist. Auf dem anderen Plakat sieht man eine weinende junge Frau, während im Hintergrund die Schatten junger Männer zu sehen sind. Darunter findet sich die Parole »Köln – Essen – Bochum – Düsseldorf – Mehr Sicherheit für unsere Frauen und Töchter«. Auf dem dritten Bild sieht man einen Betonpoller, auf dem ein Zettel »zum Festplatz« weist. »Wollen wir so leben?« lautet die Frage darunter. Und dann wird auf allen drei Postern zur Wahl der AfD aufgerufen.

Diese drei Motive stehen auf der Homepage des »Vereins zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten«, der in den letzten Wochen im Landtagswahlkampf von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen massiv Werbung für die Rechtspartei gemacht hat. »Viele Freiwillige unterstützen die Verteilung des Extrablattes in NRW und Schleswig Holstein«, heißt es auf der Vereinshomepage. In dem zehnseitigen Blättchen werden die Top-Themen der rechten Szene massenhaft in die Bevölkerung verbreitet. »Kippt auch bald ihr Viertel?« und »Die Asylindustrie – ein Milliardengeschäft«, lauten zwei der Artikelüberschriften.

Bereits bei den Landtagswahlen in Berlin, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat eine »Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten« mit Wahlplakaten und Postwurfsendungen massiv für die AfD geworben. Am 21. September 2016 transformierte sich die lose Vereinigung zu einem Verein mit Sitz in Stuttgart. Vorsitzender und Sprecher ist David Bendels, der zunächst einen »Konservativen Aufbruch« in der CSU gründete und als dessen Sprecher in die ARD-Talkshow Maischberger eingeladen wurde. Doch seine rechten Thesen sorgten selbst in der CSU für Unmut. Im Juni 2016 verließ Bendels die CSU und hat nun in dem Verein, der seine politische und konfessionelle Unabhängigkeit betont, eine neue politische Wirkungsstätte gefunden.

Für die NGO LobbyControl, die sich für mehr Transparenz in Gesellschaft und Politik einsetzt, ist die scheinbare parteipolitische Unabhängigkeit ein Trick, mit der das Transparenzgebot des Parteiengesetzes durch eine millionenschwere Tarnorganisation ausgehebelt wird. Während Direktspenden an Parteien ab 10 001 Euro offengelegt werden müssen, können die Financiers des Vereins anonym bleiben. Darauf legen gerade Spender aus der Wirtschaft Wert, die kein Interesse haben, dass ihre Unterstützung für die Rechtspartei öffentlich wird. »Die AfD kann nicht so tun, als ginge sie die intransparente Wahlwerbung nichts an. Dafür sind die Verbindungen zwischen dem Verein und der AfD zu eng«, kritisiert Ulrich Müller von LobbyControl. Er verweist auf die ausführlichen Interviews zahlreicher AfD-Politiker in den Materialen des Vereins. Zudem sei der Verein in der Anfangszeit von einem AfD-Mitglied vertreten worden.

Auch David Bendels unterhalte enge Verbindungen in die Partei, betont Müller. So sei dieser in der letzten Woche gemeinsam mit dem AfD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl Alexander Gauland bei einer AfD-Veranstaltung im hessischen Büdingen aufgetreten. Tatsächttps://www.neues-deutschland.de/artikel/1050239.alternative-zur-transparenz.htmhlich dürfte der Verein schon seinen Großeinsatz für die Bundestagwahl vorbereiten. Dann könnte die gesamte Republik mit der von Unbekannten gesponserten rechten Propaganda überschwemmt werden

Peter Nowak

Am Ohr der Kanzlerin

Das Auto ist der Deutschen liebstes Kind. Das gilt offenbar auch für ihre Regierung. Da muss es nicht verwundern, wenn der Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU), aus dem Kabinett in das Daimler-Management wechselt (sein dortiger Vorgänger kommt in die Politik zurück). Nach Kritik von Opposition und der Organisation Lobbycontrol verzichtet er auf seine Versorgungsansprüche als Politiker. Der frühere CDU-Politiker Matthias Wissmann hat den Wechsel von der Politik zur Automobilindustrie schon 2007 vollzogen. Der langjährige Bundestagsabgeordnete war zuvor unter anderem Bundesverkehrs- und -forschungsminister.

Dass Wissmann bei der Bundesregierung ein offenes Ohr für seine Anliegen findet, machte die Umweltorganisation Greenpeace jetzt deutlich. Sie veröffentlichte einen Brief, den Wissmann als Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA) an Bundeskanzlerin Merkel geschrieben hat.

Dort hat er die Kanzlerin darum gebeten, sich in Brüssel gegen langfristige CO2-Einsparziele für Autos einzusetzen und das Messverfahren beim Spritverbrauch für Neuwagen (das den realen Verbrauch kräftig untertreibt) unangetastet zu lassen. Den Vorstoß des VDA-Präsidenten kommentiert Stefan Krug von Greenpeace Deutschland mit dem Ratschlag: »Die Kanzlerin sollte sich vom Wehklagen der deutschen Autohersteller nicht beeindrucken lassen.« Mit Sprit sparenden Autos und Elektromobilität werde Deutschland als Standort der Autoindustrie sogar profitieren, ist Krug überzeugt.

Allerdings bedarf es dazu mehr als guter Ratschläge. In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass sich Politiker unterschiedlicher politischer Couleur den Interessen der Automobillobby gegenüber ausnehmend offen gezeigt haben. Auch Gerhard Schröder, der Kanzler einer rot-grünen Koalition, verstand sich als Automann.
Von außerparlamentarischen Aktionen gegen diese Symbiose hört man bisher wenig, auch von Greenpeace.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/823274.am-ohr-der-kanzlerin.html

Peter Nowak

Diese Klassenfahrt wird gesponsert von ExxonMobil

Wo sich die öffentliche Hand zurückzieht, wächst der Einfluss der Lobbyorganisationen

Lobbyismus ist heute allgegenwärtig. Deshalb überrascht es auch nicht, dass auch die Schulen ein wichtiges Testfeld für Lobbyarbeit diverser Firmen sind. Die Organisation Lobby Control will mit einem vor einigen Tagen veröffentlichten Papier über Lobbyismus in den Schulen die Diskussion anregen.

In einem offenen Brief an die Bildungsminister sämtlicher Bundesländer werden diese aufgefordert, sich der Lobbyarbeit in den Schulen entgegenzustellen. Dies dürfte allerdings kaum geschehen. Schließlich findet das Lobbying einen guten Nährboden, wenn die Gelder für Schulen gestrichen oder gekürzt werden und dann private Firmen als Lobbyisten einspringen. Dann haben sie einen großen Imagegewinn, der sich natürlich auch positiv auf die Firmenbilanzen auswirken kann, vor allen wenn jugendgemäße Waren und Dienstleistungen im Angebot sind. So dürfte sich eine von ExxonMobil gesponserte Klassenfahrt schnell amortisieren.

Aber es gibt auch noch direktere Formen von Lobbying an den Schulen, die auch mit der schlechten finanziellen Situation zu tun haben. Überarbeitete Lehrer und wenig Geld für Unterrichtsmaterialien führen dazu, dass gerne auf Broschüren zurückgegriffen wird, die von Firmen gespendet werden, die natürlich ihr Unternehmen dann in gutem Licht erscheinen lassen wollen. Schließlich wird niemand erwarten, dass in Broschüren, die von der Energiewirtschaft gesponsert werden, ein explizit AKW-kritischer Artikel veröffentlicht wird.

Wie verbreitet diese Art von Lobbying ist, zeigen einige Zahlen in der von Lobby Control verfassten Broschüre. Demnach besuchen 87,5 Prozent der 15-Jährigen in Deutschland eine Schule, an der Wirtschaft und Industrie Einfluss auf die Lehrinhalte nehmen. Ein wissenschaftliches Projekt an der Universität Augsburg hat untersucht, wie verbreitet diese Materialien tatsächlich sind, und ein Zwischenergebnis war, dass von den 20 umsatzstärksten Unternehmen 16 an der Produktion von Schulmaterialien beteiligt sind.

Lobbying mit Köpfchen

Oft ist Lobbyarbeit auf Langzeitwirkung ausgerichtet. Dazu gehört der Schülerwettbewerb des Energiekonzerns RWE mit dem Titel „Energie mit Köpfchen“. Er dient der Imagepflege bei einem Konzern, der auch im Zusammenhang mit der AKW-Energie und der Kohleförderung immer wieder in der Kritik gestanden hat.

Beispiele für die alltägliche Lobbyarbeit in den Schulen finden sich in Hülle und Fülle. Oft aber sehen die Betroffenen, seien es Lehrer oder Schüler, gar kein Problem darin, wenn die RWE einen Schülerwettbewerb sponsert und sich damit in ein gutes Licht rücken will. Damit profitieren diese Konzerne von einer weitgehend unpolitischen Jugend, die oft sehr modemarkenorientiert ist und es sogar als Auszeichnung empfinden würde, wenn die Schule eine solche Unterstützung von einer angesagten Marke wie Adidas und Nike bekäme.

Eine Kampagne dagegen, soll sie erfolgreich sein, müsste sich gerade an diese Jugendlichen wenden und an ihren Erfahrungshorizont anknüpfen. Denn, wenn staatliche Maßnahmen gegen Lobbying vorgeschlagen werden, ohne mit den Betroffenen in Kontakt zu kommen, könnten die gute Absicht schnell zum Bumerang werden. Wenn Jugendliche den Eindruck haben, dass über ihre Köpfe hinweg nach dem Staat gerufen wird, könnte das sogar zu Solidarisierungseffekten mit den Firmen führen.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/154211
Peter Nowak

Lobbyismus in der Schule

Ein Schüler steht vor einer Tafel mit schwierigen Mathematikformeln und die Überschrift lautet »Energie mit Köpfchen«. Mit diesem Bild wirbt der Schülerwettbewerb des Energiekonzerns RWE, der das Ziel hat, andere Menschen zum Energiesparen zu motivieren. Schüler sollen so zum »Greenwashing« eines Unternehmens beitragen, dessen Anteil an erneuerbarer Energie beim Strommix bei gerade mal acht Prozent liegt. Bekannt gemacht hat den Fall die Organisation Lobby-Control in ihrer 16-seitigen Broschüre »Lobbyismus in der Schule«, die sie am vergangenen Dienstag veröffentlichte. RWE ist nur eines von zahlreichen dort dokumentierten Beispielen. »Lobbyisten haben die Schule als Handlungsfeld entdeckt. In den vergangenen Jahren hat die Einflussnahme von Unternehmen und Verbänden auf den Unterricht zugenommen und wird professionell organisiert«, heißt es in einem Protestbrief, den Lobby Control an die Bildungsminister aller Länder geschickt hat. Zu den Forderungen gehören ein vollständiges Werbeverbot an den Schulen und die Offenlegung der Finanzierung externer Schulmaterialien.

Wichtiger aber als diese Forderungen sind die Punkte, die sich in der Broschüre unter dem Stichwort Handlungsanweisungen finden. Dort wird eine Behandlung des Themas in der Schule angeregt. Wie beim Thema Bundeswehr sind auch beim Lobbying kritische Schüler gefragt, die die verschiedenen Formen der Einflussnahme von Unternehmen auf die Schule öffentlich machen. Doch viele Schüler, die mit begehrten Markenartikeln aufwachsen, empfinden dazu keinen Widerspruch. Die von Lobby Control veröffentlichten Materialien müssten hier ansetzen und dazu beitragen, dass das kritische Bewusstsein wächst.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/820428.lobbyismus-in-der-schule.html

Peter Nowak

Gesponserte Demokratieforschung

Auch in die Geisteswissenschaften fließt wie im Fall des Göttinger Instituts für Demokratieforschung Geld von Unternehmen. Geprägt wurde in einer von BP geförderten Studie der „Wutbürger“

Verbindungen zwischen Wirtschaft und Hochschulen sind in der letzten Zeit transparenter geworden. Dafür sorgt die Seite Hochschulwatch, die von der taz gemeinsam mit der NGO Transparency International und Studierendenorganisationen gegründet wurde.

Dabei stellte sich schnell heraus, dass die Verflechtungen noch umfassender als vermutet sind. Nicht nur im naturwissenschaftlichen Bereich sind im Rahmen der Drittmittelforschung mittlerweile Finanziers aus der Wirtschaft an der Tagesordnung. Im geisteswissenschaftlichen Bereich scheint eine solche Kooperation vor allem deshalb für ungewöhnlich gehalten zu werden, weil sich diese Fakultäten gerne als besonders kritisch gaben und der Gegensatz zwischen Bildung und Wirtschaft gerne besonders herausgestellt wird. Daher gab es einige Schlagzeilen, als sich herausstellte, dass auch das Institut für Demokratieforschung an der Universität Göttingen vom Mineralölkonzern BP gesponsert wird.

Wie LobbyControl herausfand, gab der Konzern beim Demokratieinstitut eine Studie zu den Bürgerprotesten in Auftrag. „Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, welche Einstellungen und Motivlagen in typischen Gruppen engagierter Bürgerinnen und Bürger vorherrschen. Dazu gehörten auch die Einstellungen der Aktivisten gegenüber Unternehmen, soweit es um deren Mitwirkung an Infrastrukturprojekten geht“, erklärte ein BP-Sprecher gegen LobbyControl.

Das Institut betont seine Unabhängigkeit auch gegenüber BP: „Bei uns lag die völlige Forschungsfreiheit. BP hat zu keiner Zeit Einfluss auf das Projektdesign oder die Konzeption genommen.“ Das Institut habe darauf bestanden, dass die Studie als Grundlagenforschung angelegt worden sei. Dabei sei rechtsverbindlich festgelegt worden, dass BP als Förderer keinen Einfluss auf Inhalte und Konzeption gehabt habe.

Studienteilnehmer zu spät informiert?

Unklar blieb, wann die protestbewegten Teilnehmer der Studie über Proteste in Deutschland von dem BP-Engagement erfahren haben. Gegenüber der taz erklärte der Institutsleiter Franz Walter, die Interviewer seien angewiesen gewesen, „den Befragten und Studienteilnehmern zu keiner Zeit die Förderer der Untersuchung zu verheimlichen“. Spätestens nach dem Ende der Studie seien sie über das BP-Engagement informiert worden. Das sei zu spät, eine Information hätte am Anfang erfolgen müssen, moniert LobbyControl und dokumentiert einen Brief, mit dem das Demokratieinstitut eine Bürgerinitiative gegen die CCS-Technologie für die Teilnahme an der Studie gewinnen wollte. BP ist dort nicht erwähnt.

Dabei ist gerade das Verhältnis zwischen Umweltinitiativen und dem BP-Konzern alles andere als spannungsfrei. Schließlich gehört er zu den Unternehmen, die auch im CCS-Geschäft mitmischen wollen. Zudem hat Walter betont, dass die Kontakte zwischen BP und dem Institut über das kmw outrage Management erfolgten. Zu deren Aufgaben gehört es laut Darstellung auf der Homepage: „Ihr Unternehmen daraufhin zu überprüfen, welche Risiken es hat und welche Krisen daraus entstehen können, Ihr etabliertes Krisenmanagement daraufhin zu überprüfen, ob es einer realen Krise standhält, ein Krisenmanagement in Ihrem Unternehmen zu implementieren. Wir sind dabei auf Prävention spezialisiert, helfen aber auch beim echten Krisenmanagement“, heißt es dort.

Zu einer solchen Krise gehören aber auch Bürgerproteste, die ein vom Konzern geplantes Projekt behindern oder vielleicht sogar für längere Zeit lahmlegen, was für den Konzern mit finanziellen Verlusten verbunden ist. Aus seiner Sicht geht es darum, solche Risiken zu minimieren. Dafür gibt es verschiedene Wege. Eine Integration möglicher Protestpotentiale im Vorfeld ist eine Variante, eine Denunzierung von Protestgruppen oder diese unglaubwürdig zu machen eine andere.

Wutbürger gesponsert durch BP?

In diesem Zusammenhang kann auch von dem Inhalt der Studie nicht ganz ausgeblendet werden, die von BP in Auftrag gegeben und vom Demokratieinstitut erarbeitet wurde. Schließlich sorgte auch die Studie dafür, dass sich der Begriff Wutbürger für die Charakterisierung der neueren Proteste durchsetzte. Und es wird noch nachgelegt, dass die Protestakteure alt und egoistisch seien.

Hier zeigt sich auch, wie man mit Fakten auch unterschiedliche Stimmung machen kann. Die Tatsache, dass viele Akteure der neuen Proteste teilweise im Rentenalter und gut ausgebildet sind, kann man so interpretieren, dass heute viele Menschen im Rentenalter noch rüstig sind und sich dann politisch engagieren und damit etwas nachholen, wofür es oft im Arbeitsleben weder Raum noch Zeit gab. Welche Folgen könnte eine solche Entwicklung für eine Protestbewegung haben, die bisher immer jugendbewegt war? Doch solche Fragen stellen sich nicht. Statt dessen wird der egoistische Wutbürger als neues Protestsubjekt eingeführt. Bei der Vorstellung der Studie äußert Walter auch den Verdacht, dass direkte Demokratie nicht die Herzensangelegenheit der Aktivisten ist, weil sie diese Forderung leidenschaftslos vortragen würden. Hier wird ein Bild und eine Stimmung über die Protestbewegung erzeugt, die auch BP gefallen dürfte. Kritische Fragen in diese Richtung scheinen bei den Institutsverantwortlichen nicht besonders beliebt.

„Der Kritiker raunt, wir hätten Auftragsforschung betrieben. Natürlich ist nichts daran richtig. Implizit wie explizit meint man jedenfalls auf Seiten der selbsterklärten Anti-Lobbyisten, dass drittmittelfinanzierte Forschung grundsätzlich interessengeleitet ist. Nun wird man nicht verhehlen können, dass die Frage nach den Interessen von Finanziers in der Forschung unzweifelhaft ihre Berechtigung habe. Das Ganze überschreitet aber dann eine Grenze, wenn wider besseren Wissens auch den ausführenden Forschern unterstellt wird, sie hätten Forschungsdesign, Interpretationen, Konzeptionen und Ergebnisse den Bedürfnissen ihrer Mittelgeber angepasst.“ Genau das soll hier nicht unterstellt werden. Es besteht vielmehr der begründende Verdacht, dass das Institut seine Schlussfolgerungen ganz ohne Einflussnahme zur Zufriedenheit von BP erarbeitet hat. Eine direkte Einflussnahme ist gar nicht nötig, wenn die Macher der Studie ganz ohne Druck die passenden Stichworte liefern. Das Problem besteht also eher darin, dass die gesellschaftlichen Vorstellungen des Instituts und vo BP ganz ohne Druck und Beeinflussung fast komplementär sind.
http://www.heise.de/tp/blogs/10/153729
Peter Nowak

Wer ist verantwortlich?

Ulrich Müller ist Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der Organisation LobbyControl

nd: Der CDU-Abgeordnete Michael Fuchs sorgt seit einigen Tagen wegen seiner Nebentätigkeiten für Aufsehen. Ist er nur besonders ungeschickt vorgegangen oder ist es so, dass Nebentätigkeiten von Politikern generell kritischer gesehen in der Öffentlichkeit gesehen werden?
U.M.: Im Fall von Michael Fuchs sind es zwei Aspekte, die für eine gewisse Öffentlichkeit gesorgt haben. Zum einen hat er als Abgeordneter Reden bei der Firma Hakluyt & Company gehalten, die als Privatnachrichtendienst für Unternehmen strategische Informationen sammelt. Zum Anderen stand diese Tätigkeit vier Jahre unter einem falschen Firmennamen auf der Bundestagswebseite. Dort war die gemeinnützige Hakluyt Society aufgeführt.
2.) Ist dafür Fuchs oder die Bundestagsverwaltung verantwortlich?
U.M. :Beide Seiten haben Fehler gemacht. Der Ausgang der falschen Angaben liegt in einer unvollständigen Meldung von Fuchs 2008, der eine nichtexistierende Hakluyt London angab. Es lässt sich nicht mehr klären, wie daraus die Halkluyt Society auf der Bundestagshomepage wurde. 2009 gab Fuchs „Hakluyt & Co“ an, da hätte die Bundestagsverwaltung den Fehler bemerken und korrigieren müssen.

3.) Aber können mit beiden Firmennamen nicht nur Insider etwas anfangen?

U.M.: LobbyControl hatte schon länger den Verdacht, dass Fuchs seine Tätigkeiten bei dem Privatnachrichtendienst und nicht dem gemeinnützigen Verein hielt, konnte es aber nicht beweisen. Daher hat die falsche Zuordnung verhindert, dass schon früher kritische Fragen zu dieser Nebentätigkeit von Fuchs gestellt werden. Schließlich war Hakluyt & Company im Jahr 2000 auch in Deutschland in die Schlagzeilen geraten, nachdem bekannt geworden war, dass die Firma im Auftrag der Konzerne Shell und BP den deutschen Spitzel Manfred Schlickenrieder, der sich als linker Filmemacher ausgab, bei Umweltorganisationen einschleuste.

4.) Welchen Anteil hatte das Internet bei der Richtigstellung der Nebentätigkeiten von Fuchs?
U.M.: Die Kollegen von Abgeordnetenwatch hatten bei der Halkluyt Society angefragt und erfahren, dass Fuchs dort nie geredet hat. Dass Internet hatte dann bei der Verbreitung dieser Informationen eine wichtige Rolle gespielt.


5.) Wie bewerten Sie die Rolle der anderen Medien?

U.M.: Von den Medien im Printbereich hätten wir eine stärkere Thematisierung des Falls erwartet. Besonders ist aufgefallen, dass die Lokalmedien aus dem Wahlkreis von Fuchs sehr unkritisch berichtet haben.

5.) Wie war die Kooperation zwischen LobbyControl und Abgeordnetenwatch im Fall Fuchs
?
U.M.: Es gab schon vorher fallweise eine Zusammenarbeit. Wir haben ja unterschiedliche, aber überlappende Ziele. Während Abgeordnetenwatch sich der Transparenz im Bundestag widmet, geht es bei LobbyControl um die Recherche über Lobbyarbeit in allen Bereichen. Im Fall von Fuchs wurde die Kooperation mit Abgeordnetenwatch enger, nachdem der Abgeordnete mit juristischen Mitteln vorging.

6.) Sehen Sie als Konsequenz einen gesetzlichen Handlungsbedarf?
U.M.: Wir forderten schon im Fall von Peer Steinbrück, dass bei Vorträgen von Politikern die eigentlichen Auftraggeber mit genannt werden müssen. Darüber wird noch im Bundestag diskutiert. Außerdem brauchen wir eine bessere Kontrolle der Angaben von Abgeordneten.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/810804.wer-ist-verantwortlich.html
Interview: Peter Nowak

Stuttgart: Lobbykritik I

Die Auseinandersetzung um das Bahnprojekt Stuttgart 21 wird auch virtuell geführt. Am Sonnabend legte die Nichtregierungsorganisation LobbyControl den Grundstein für das Internetprojekt Lobbypedia. Die Namensähnlichkeit zu dem Internetlexikon Wikipedia ist nicht zufällig. Auch Lobbypedia will sich der Software Mediawiki bedienen, um über politische und wirtschaftliche Entscheidungen zu informieren, die bei der Planung von Stuttgart 21 eine Rolle spielten. In den Planungsprozess involvierte Personen, Firmen, Verbände und Interessengruppen sollen benannt werden. Ein weiterer Themenbereich für Lobbypedia ist die Frage, wie ein 2004 verfolgter Bürgerentscheid verhindert worden ist. »Lobbypedia will nicht selber pro oder contra Stuttgart 21 Partei ergreifen, sondern die Strukturen und Machtverhältnisse hinter dem Bauprojekt offenlegen«, erklärte Elmar Wiegend von LobbyControl. Ziel ist der Aufbau eines allgemeinen Portals zur Bau- und Immobilienlobby in Deutschland.

www.lobbycontrol.de/blog

http://www.neues-deutschland.de/artikel/182238.bewegungsmelder.html

Peter Nowak