Tempelhofer Mieter/innen organisieren sich gegen Deutsche Wohnen

Alles begann mit einem Mitglied der Berliner MieterGemeinschaft, der in Berlin-Tempelhof Flyer für eine Protestkundgebung gegen die Immobilienfirma Deutsche Wohnen verteilte. Barbara Jencik war sofort daran interessiert. Denn auch sie wohnte in einem Haus, das der Deutsche Wohnen gehört. Durch den Flyer hatte sie nun erfahren, dass sich in zahlreichen Berliner Stadtteilen Deutsche-Wohnen Mieter/innen organisieren und vernetzen. Zudem koordinieren sie berlinweit Proteste. Barbara Jencik beteiligt sich nicht nur regelmäßig daran. Sie wollte auch in ihrem Wohnumfeld Mitstreiter/innen gewinnen. „Am Anfang war es sehr mühselig“, berichtet sie MieterEcho online. Viele der Mieter/innen im Block wollten nicht glauben, dass die Deutsche Wohnen die Mieten erhöhen würde. Es waren zunächst nur 9 Personen, die sich in der Wohnung von Frau Jencik trafen und die Mieterinitiative „Bofugeri“ gründete. Die Abkürzung steht für die Straßennamen, in denen sich der Häuserblock befindet, der der Deutschen Wohnen gehört. Es handelt sich um Borussia-, Fuhrmann-, Germania- und Ringbahnstraße. Ein Haus steht in der Straße „Am Tempelhof“, die im Kürzel nicht berücksichtigt wurde.

Der Andrang war so groß, dass nicht alle in den Raum passten

Die kleine Mieter/inneninitiative lud im November mit Unterstützung der LINKEN des Bezirks zu einer Versammlung aller Bewohner/innen des Häuserblocks ins Rudolf-Wissel-Haus und hatte mit dem Termin Glück. Kurz vorher hatten alle Mieter/innen des Blocks ein Schreiben des Bezirksamts im Briefkasten, das sie informierte, dass die Deutsche Wohnen die nötigen Unterlagen für eine Modernisierung der Häuser eingereicht hat. Nun hatten die Mieter/innen Schwarz auf Weiß, dass die Warnungen von Frau Jencik und ihrer Mitstreiter/innen keineswegs aus der Luft gegriffen waren. „Es kamen über 100 Anwohner/innen. Fast passten nicht alle in dem Raum“, berichtet Frau Jencik über die erfolgreiche Versammlung. Dort wurde den Mieter/innen geraten, in die Mietergemeinschaft einzutreten. „Wir wollen vorbereitet sein, wenn es in den nächsten Monaten konkret wird, mit den Plänen der Deutsche Wohnen“, sagt Jencik. Jetzt können sie die nächsten Schritte abwarten. Dass die Deutsche Wohnen druckempfindlich ist, zeigt sich an den Plänen für den Tempelhofer Häuserblock. So kann ein Großteil der geplanten Instandsetzungsmaßnahmen nicht auf die Miete umgelegt werden. Das sieht Jencik als einen Erfolg der berlinweiten Organisierung gegen die Deutsche Wohnen. Seit das Unternehmen im Fokus der Kritik steht, agiert es vorsichtiger. Doch für die Tempelhofer Initiative ist das kein Grund sich zurückzulehnen. Auf den grünen Stadtrat für Bauen und Stadtentwicklung in Schöneberg-Tempelhof Jörn Oltmann ist Jencik nicht gut zu sprechen. Auf die Bitte um Unterstützung kam nur die Antwort, darum müssten sich die Mieter/innen selber kümmern. Das haben Jencik und ihre Mitstreiter/innen nun getan und sind jetzt gut vorbereitet auf die Pläne der Deutschen Wohnen. Auch in Tempelhof muss das Unternehmen mit Widerstand durch die Mieter/innen rechnen.

aus: MieterEcho 04.12.2018

https://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/tempelhofer-mieterinnen-gg-deutsche-wohnen.html
Peter Nowak

Ein Wohnungsbau gegen eine Kiezoase

Das Kurhaus Ponte Rosa in der Kreuzbergstraße soll hochpreisigen Wohnungen weichen. Dagegen gibt es Protest

»Kulturhaus Ponte Rosa. Wir freuen uns auf einen tollen Sommer mit Euch«, steht auf einem Schild am Eingang zur Kreuzbergstraße 24b. Ein steiler Weg führt hinab auf eine idyllische Grünfläche. Gäste essen Pizza, trinken Rotwein. Doch es wird wohl der letzte Sommer im Ponte Rosa sein.
Als Matthias Bauer Mitte Juni für die LINKE als Bürgerdeputierter an der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg teilnahm, erfuhr er, dass Garten und Kurhaus einem vierstöckigen Wohnhaus weichen sollen. Nachdem Becker darüber auf seinem Gleisdreieck-Blog informierte, ist die Aufregung unter den Anwohnern groß.

Am Montagabend trafen sich über 50 Menschen im Kurhaus zum Kiezpalaver. Gekommen war auch der Grundstückeigentümer Jörg Weißenborn, der den Hausbau plant. In einer knappen Stunde gab es viele kritische Fragen zum Neubau. Eine Frau sagte ihm offen: »Wir danken Ihnen, dass Sie den Mut gefunden haben, mit uns zu reden, aber Ihr geplantes Haus geht am Bedarf vorbei.«

Weißenborn sagte, dass er sich mit einigen Freunden zu einer Baugruppe zusammengeschlossen habe, die das Haus gemeinsam bewohnen wollen. Ein ehemaliger Pächter des Kurhauses unterstützte ihn und betonte, dass das Kurhaus nicht rentabel betrieben werden könne. Nach einer Stunde verabschiedete sich Weißenborn.

Wenn einige auch applaudierten, weil er sich den Fragen stellte, konnten die Differenzen doch nicht ausgeräumt werden. Mitglieder der Schöneberger Bürgerinitiative »Stoppt den Kiezverkauf« sahen sich in ihrer Kritik bestätigt, dass hier ein Garten einer hochpreisigen Wohnbebauung weichen muss. Kritisiert wurden vor allem die zuständigen Behörden im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg. Ihnen wurde mangelnde Transparenz vorgeworfen. Für großen Unmut sorgte auch, dass hier der Paragraf 34 des Baugesetzbuches angewandt werden sollte, mit dem Baulücken ohne langwierige Planungen geschlossen werden können.

Voraussetzung dafür ist, dass sich das Bauvorhaben nach Art und Maß an der Nachbarschaft orientiert. Dem widersprechen viele Anwohner, die in der Anwendung des Paragrafen 34 in erster Linie eine Möglichkeit sehen, die Bürgerbeteiligung auszubremsen.

Seine Behörde habe hier gar keinen Entscheidungsspielraum gehabt. Es sei eindeutig eine Baulücke, erklärte hingegen Siegmund Kroll, Leiter der Abteilung Stadtentwicklung im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, dem »nd«. Am heutigen Mittwoch tagt der Ausschuss für Stadtentwicklung um 17 Uhr im Rathaus Schöneberg.

Die Initiative »Stoppt den Kiezverkauf« ruft dazu auf, dass Menschen, die sich für den Erhalt von Garten und Kulturhaus einsetzen, die Sitzung besuchen sollen. Auch der Investor Weißenborn hat angekündigt, sich dort weiteren Fragen zu stellen.

Manche Anwohner hoffen zudem darauf, dass sich auch der Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne) zu Wort meldet. »Er müsste sich doch für den Erhalt der Grünflächen und der alten Bäume auf dem Areal einsetzen«, hofft eine Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1057115.ein-wohnungsbau-gegen-eine-kiezoase.html

Peter Nowak

50 Prozent Mietsteigerung durch Modernisierung

In der Fritz-Bräuning-Siedlung in Neu-Tempelhof soll energetisch saniert werden / Anwohner protestieren

Der 1. Februar war für die knapp 500 Mieter der Fritz-Bräuning-Siedlung in Neu-Tempelhof kein guter Tag. Denn vor knapp zwei Monaten erhielten sie einen Brief ihres Vermieters. Die BUWOG AG schrieb ihnen, dass die Mieten in der Siedlung nach einer energetischen Sanierung in diesem Jahr steigen sollen. Und zwar um fast 50 Prozent.

Für eine Wohnung von 65 Quadratmetern würde die Erhöhung monatlich 185 Euro betragen«, sagt Franziska Schulte von der Mieterinitiative Gontermannstraße. »Für die meisten Bewohner sind diese Mietsteigerungen nicht tragbar.«

Viele Menschen wohnen bereits seit mehreren Jahrzehnten in der Siedlung, die vor 90 Jahren errichtet wurde. Doch auch jüngere Mieter fürchten die Verdrängung. Hier wohnen beispielsweise auch alleinerziehende Mütter und Väter. Doch mit dem bescheidenen Glück für Menschen mit niedrigen Einkommen wäre es vorbei, wenn die BUWOG die angekündigten Mieterhöhungen nicht zurücknähme.

Deshalb gründeten Bewohner der Siedlung kurz nach dem 1. Februar die Mieterinitiative Gontermannstraße. »Wir haben sofort eine Mieterversammlung einberufen, uns mit der Berliner Mietergemeinschaft beraten und Politiker kontaktiert«, sagt Schulte. Zunächst hatte man noch gehofft, dass die Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg die Eigentümer zu Kompromissen bewegen könne. Erst als diese Strategie scheiterte, ging die Initiative Mitte März an die Öffentlichkeit.

Die Beziehung zwischen den Mietern und der in Wien ansässigen BUWOG hat sich in den vergangenen Wochen verschlechtert. Einem Mieter, der ein Plakat mit der Aufschrift »Wir lassen uns nicht verdrängen« aus seinem Fenster hängte, habe der Anwalt des Unternehmens mit Abmahnung gedroht. Die Bewohner wiederum ärgerten sich über ein Interview mit BUWOG-Vorstandsmitglied Herwig Teufelsdorfer zu Renditeerwartungen in Städten mit Mietpreisbremse, das im aktuellen Geschäftsbericht erschienen war. »Durch Maßnahmen wie gezielte Modernisierungen … gelingt es, die Auswirkungen der Mietpreisbremse zu dämpfen«, sagte Teufelsdorfer.

Für kommenden Sonntag lädt die Mieterinitiative ab 15 Uhr zum Protest-Picknick in den Hof der Gontermannstraße 12 ein. Im Anschluss ist ein Kiezspaziergang durch das historische Alt-Tempelhof geplant. Angekündigt haben sich auch Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei. Jörn Oltmann (Grüne), Stadtrat für Stadtentwicklung und Bauen in Tempelhof-Schöneberg, will für den 20. April einen Runden Tisch mit Mietern und Vertretern des Unternehmens einberufen.

Barbara Lipka von der BUWOG-Marketingabteilung sagte dem »nd«, der Termin sei ihr bisher nicht bekannt gewesen. »An uns ist bislang nur der Wunsch nach einem Gespräch zwischen dem Bezirksstadtrat Herrn Oltmann und der Geschäftsführung der BUWOG herangetragen worden, wobei wir bislang lediglich wissen, dass es dabei um geplante Modernisierungsmaßnahmen in der Gontermannstraße gehen soll«, sagte sie. Weitere Auskünfte wollte sie nicht geben, »weil es sich dabei zum einen um ein relativ komplexes Thema handelt und wir zum anderen bevorstehenden Gesprächen mit anderen Beteiligten nicht vorgreifen wollen und können.«

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1046015.prozent-mietsteigerung-durch-modernisierung.html

Peter Nowak

Rendite machen in Neu-Tempelhof

uswi

VERDRÄNGUNG MieterInnen in der Gontermannstraße wehren sich gegen drastische Mieterhöhungen

„Vor 81 Jahren bin ich hier in meiner Wohnung zur Welt gekommen. Ich möchte auch hier sterben“, sagte Erika Seibert (Name
geändert). Doch jetzt fürchtet die Seniorin, ihre Wohnung nicht mehr bezahlen zu können. Seibert ist die älteste der ca. 500 MieterInnen in der Gontermannstraße in Neu-Tempelhof, die am 1. Februar ein Mieterhöhungsverlangen im Briefkasten fanden. Nach einer energetischen Sanierung soll sie für ihre 65-Quadratmeter- Wohnung monatlich 185 Euro mehr zahlen. „Für die meisten BewohnerInnen sind diese Mietsteigerungen nicht tragbar“, meint Franziska Schulte von der MieterInneninitiative
Gontermannstraße gegenüber der taz. Schon wenige Tage nach dieser Ankündigung gab es erste Treffen der BewohnerInnen. Sie informierten sich bei der Berliner MieterGemeinschaft und kontaktierten PolitikerInnen. Ein Mieter hängte ein selbst gemaltes
Plakat mit der Aufschrift „Wir lassen uns nicht verdrängen“ aus dem Fenster – nach einem Schreiben des Eigentümeranwalts
musste er es wieder entfernen, um einer Abmahnung zu entgehen. Das hat nicht gerade zur Entspannung zwischen den MieterInnen und der österreichischen Buwog AG beigetragen, der die Häuser gehören. In deren Geschäftsbericht 2015/2016
erklärt Buwog-Vorstandsmitglied Herwig Teufelsdorfer, wie das Unternehmen seine Rendite erhöhen will: „Durch Maßnahmen
wie gezielte Modernisierungen […] gelingt es, die Auswirkungen der Mietpreisbremse zu dämpfen.“ Mittlerweile haben sich PolitikerInnen von SPD, Grünen und Linken mit den MieterInnen solidarisiert. Für den 20. April hat Bezirksstadtrat Jörn Oltmann
(Grüne) einen Runden Tisch einberufen. Für Sonntag ab 15 Uhr lädt die MieterInneninitiative zum Protestpicknick in den Hof der Gontermannstraße 12. Die MieterInnen erhoffen sich auch einen Austausch mit Initiativen aus anderen Stadtteilen.
TAZ.AM WOCHENENDE, SONNABEND/SONNTAG, 25./26. MÄRZ 2017 52 das war‘s TAZ.

Peter Nowak