Tag des journalistischen Schweigens in Italien

Journalisten und ihren Verbände protestieren gegen ein von der Berlusconi-Regierung geplantes Abhör- und Mediengesetz, das als Knebelgesetz bezeichnet wird
Am 9. Juli sind in Italien viele Zeitungen, darunter der Corriere della Sera, L’espresso und La Stampa, nicht erschienen. Der Grund ist ein Protesttag von Journalisten und ihren Verbänden gegen ein von der Berlusconi-Regierung geplantes Abhör- und Mediengesetz. Das Gesetz wurde im italienischen Senat schon mit der Mehrheit der Regierungskoalition verabschiedet und soll Ende Juli im Abgeordnetenhaus beraten werden.

 
Webseite des L’espresso am heutigen Freitag 

Der Protest scheint zunächst zu überraschen. Schließlich soll mit dem Gesetz das in Italien weitverbreitete Abhören von Telefonaten unterbunden und die Strafen für das Veröffentlichen von illegal abgehörten Gesprächen erhöht werden. Das umstrittene Gesetz sieht auch Haftstrafen für Journalisten und Geldbußen für Verleger vor, die bei Ermittlungen abgehörte Telefonate unerlaubt veröffentlichen. Strafen drohen zudem, wenn Dokumente von Strafverfahren publiziert werden, bevor die Untersuchungen abgeschlossen sind und der Gerichtsprozess beginnt. Journalisten, die keine Mitglieder eingetragener Journalistenvereinigungen sind, drohen Haftstrafen, wenn sie bei ihren Recherchen versteckte Kameras oder Audio-Aufnahmegeräte verwenden.

 
Online-Protest der Leser auf der Website von la Repubblica 

Hier setzt die Kritik der Pressevertreter an. Sie befürchten stärkere Restriktionen, wenn sie über Affären und Skandale berichten, in die Regierungsmitglieder verwickelt sind. Die Furcht ist nicht grundlos. Schließlich hat die italienische Regierung ihre auf den ersten Blick datenschutzfreundliche Gesetzesinitiative erst vorgelegt, nachdem mehrere Minister durch die Veröffentlichung von teilweise illegal aufgenommenen Telefonaten kompromittiert worden sind. Deshalb sprechen die Journalisten von einem Maulkorbgesetz, mit dem sich die Regierung eine rechtliche Handhabe gegen ihre Kritiker schafft.

Dieser Einschätzung schließt sich auch die Organisation Reporter ohne Grenzen an, die den Journalistenprotest [www.reporter-ohne-grenzen.de/presse/pressemitteilungen/news-nachrichten-single/article/1/rog-unterstuetzt-streik-italienischer-journalisten-gegen-abhoergesetz.html unterstützt], weil durch das Abhörgesetz „die journalistische Berufspraxis in Frage gestellt wird und die italienischen Medien daran gehindert werden, in angemessener Weise zu recherchieren“.

Hoffnung auf Fini

Trotz komfortabler Mehrheiten der Rechtskoalition ist ein Erfolg der Kritiker des Abhörgesetzes nicht ausgeschlossen. Sie könnten vom Dauerzwist zwischen Berlusconi und dem ehemaligen Vorsitzenden der italienischen Neofaschisten Fini profitieren. Im Machtkampf der beiden Rechtspolitiker hat sich Fini mehrmals kritisch über das Abhörgesetz geäußert. Als Vorsitzender der italienischen Abgeordnetenkammer kann er die Verabschiedung zumindest erheblich verzögern.

http://www.heise.de/tp/blogs/6/147990

Peter Nowak

EU-Behörde nennt italienische Flüchtlingspolitik inhuman

Die Deportationen von Flüchtlingen auf hoher See verstoßen gegen grundlegende Rechte, zudem würde unverhältnismäßig Gewalt angewendet und die Flüchtlinge nicht mit den nötigen Lebensmitteln versorgt
Die italienische Flüchtlingspolitik verstößt gegen humanitäre Grundsätze. Diese von Flüchtlingsgruppen schon lange vertretene Meinung wurde nun vom Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) bekräftigt. In seinem gerade veröffentlichten Landesbericht zu Italien befasste sich die Delegation mit der italienischen Praxis, illegale Migranten, die sich der italienischen südlichen Mittelmeerküste nähern, bereits auf See abzufangen und nach Libyen zurückzuschicken. Mehrere dieser Deportationen auf hoher See sind in dem Bericht dokumentiert.

Der Delegationsleiter des Antifolterkomitees Jean-Pierre Restellini fand bei der Vorstellung des Berichts deutliche Worte gegen diese Praxis: „Halbverhungerte Bootsflüchtlinge in dieses Land zu schicken, wo ihnen Folter und schwere Misshandlungen drohen, ist eine Missachtung aller internationalen Regeln.“

Zumal bekannt ist, dass in den lybischen Abschiebezentren katastrophale Zustände herrschen, was ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nachgewiesen hat. Das Antifolterkomitee forderte die italienische Regierung zum Überdenken ihrer Flüchtlingspolitik, besonders der Abschiebungen nach Lybien, auf. Es wies darauf hin, dass Italien selber lange ein Auswandererland war und es daher besonders unverständlich ist, dass sich die Regierung so inhuman gegen Migranten verhält.

Die italienische Flüchtlingspolitik wird die europäischen Gremien weiter beschäftigten. 24 Flüchtlinge aus Eritrea und Somalia, die von Italien nach Lybien abgeschoben wurden, haben eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Italien ist allerdings nicht das einzige EU-Land, das wegen der Flüchtlingspolitik kritisiert wird. So monieren Menschenrechtsgruppen die Behandlung von Flüchtlingen in Griechenland und auch Deutschland steht vor allem wegen der Residenzpflicht für Flüchtlinge und ihrer Abschiebepolitik immer wieder in der Kritik.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/147524

Peter Nowak