Kampagne diskutierte kostenlosen Nahverkehr
Kostenlos mit Bussen und Bahnen im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) unterwegs sein – dieses ehrgeizige Ziel hat sich die Kampagne »Berlin fährt frei« gestellt. Mit Buttons, Aktionen in der U-Bahn und der Webseite http://berlin-faehrt-frei.de/ für ihr Anliegen geworben. Am Mittwoch stellten sich die Aktivisten der Diskussion mit Vertretern von sozialen Initiativen, Gewerkschaften, Erwerbslosen- und Umweltverbänden.
So unterstützte der ver.di Betriebsgruppenvorstand der Vertrauensleute der BVG Rainer Döring die Bemühungen, den öffentlichen Nahverkehr so günstig für möglich zu gestalten. Allerdings müsse man sich dann um Finanzierungsquellen bemühen. Schließlich darf es keine Lohneinbussen für die Beschäftigten geben, betonte der Gewerkschafter. Ein Vertreter der Gruppe „für eine linke Strömung“ sieht das Grundrecht auf Mobilität durch einen kostenlosen ÖPNV umgesetzt. Auch Uwe Hiksch von den Naturfreunden betonte, sein Verband vertrete das Recht auf Mobilität seit seiner Gründung. Einwände gegen einen kostenlosen ÖPNV kamen hingegen von einem Vertreter des Verkehrsclubs Deutschland (VCD).
Wenn Radfahrer und Fußgänger in die kostenlosen Bahnen und Busse umstiegen, aber nicht die Autofahrer, könnte die Luftverschmutzung sogar noch steigen, befürchtete er, erntete aber Widerspruch. Rainer Wahls von der AG Soziales Berlin, der auch in einem Friedrichshainer Stadtteilladen mitarbeitet, erklärte, dass viele Autofahrer umsteigen würden, wenn der ÖPNV kostenlos wäre. Jutta von einer Erwerbslosengruppe aus Neukölln erinnerte daran, dass viele Menschen mit geringen Einkommen gezwungen sind, zu Fuß zu gehen oder Fahrrad zu fahren, weil sie sich kein Ticket leisten können. Sie erinnerte auch an den hohen Anteil von Strafgefangenen wegen mehrmaligen Schwarzfahrens.
Eine Teilnehmerin der letzten öffentlichen Kampagne „Berlin fährt frei“ musste die Erfahrung machen, dass das Tragen des Buttons mit dem Motto reichte, um von Kontrolleuren als vermeintlicher Schwarzfahrer festgehalten und erkennungsdienstlich behandelt zu werden. Dabei besaß die Aktivistin einen Fahrschein. Die Buttons sollen jetzt stärker verbreitet werden, um deutlich zu machen, dass hier um eine politische Forderung vertreten wird. Im nächsten Jahr soll eine Veranstaltungsreihe, die auf dem Hearing angesprochenen Punkte vertiefen. Zudem will die Kampagne mit ihrer Forderung auch in den Wahlkampf zum Berliner Abgeordnetenhaus intervenieren.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/185047.unterwegs-zum-nulltarif.html?sstr=Berlin|fährt|frei
Peter Nowak