Großes Ego, kleine Bühne

»Mein Name ist Jürgen Elsässer und meine Zielgruppe ist das Volk«. Mit diesen Worten begann der Herausgeber des rechtskonservativen Magazins Compact am Samstag vor dem Roten Rathaus seine Rede bei der Auftaktkundgebung einer bundesweiten Demonstration, die unter dem Motto »Für die Rettung des Friedens und der Mahnwachen« durch Berlins Mitte zum Potsdamer Platz zog. In den vergangenen Wochen war die Teilnehmerzahl der »Montagsmahnwachen«, die immer auch für Neonazis, Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker offen waren, geschrumpft. Als dann auch noch einige Linke wie der ehemalige Attac-Funktionär Pedram Shahyar und der Politbarde Dieter Dehm dort eine Bühne für ihr Ego sahen, brach unter den Organisatoren endgültig Streit aus. Elsässer und seine Anhänger witterten eine linke Unterwanderung. Nach seinem nationalen Coming-out avancierte Elsässer immer mehr zum Star einer Szene, die Israel in die Nähe des Faschismus rückt, die Terroranschläge vom 11. September 2001 als Inside-Job der USA ansieht, Political Correctness als Zensurmaßnahme der Eliten begreift und die Souveränität Deutschlands einfordert. Am Samstag schaffte er es, alle diese Themen in seiner knapp 17minütigen Rede unterzubringen. Nach Polizeiangaben nahmen 2 500 Personen teil. Besonders laut war der Applaus, als er darüber lamentierte, dass U-Boote für Israel mit deutschen Steuergeldern finanziert würden. Nur die Chemtrails fehlten in Elsässers Rede. Dafür wurde vor der Wettermanipulation durch die Eliten gleich auf mehreren großen Transparenten gewarnt. Einige Reichsbürger forderten auf Plakaten: »Menschenrechte und Friedensverträge auch für uns Deutsche.« Mit dem Transparent »Querfront stoppen« protestierten einige Antifaschisten gegen den Aufzug. Ein weiteres Motiv der Kritiker dürfte Elsässers Ego geschmeichelt haben. Dort war sein Konterfei unter dem Slogan »Ihr macht alles nur noch schlimmer« zu sehen.

http://jungle-world.com/artikel/2014/30/50278.html

Peter Nowak