Emmely ist tot

Barbara Emme starb an Herzversagen. Bekannt wurde sie durch ihren Kampf gegen eine unberechtigte Kündigung. Es ging um einen 1,30 Euro Pfandbon.

Am Dienstag ist Barbara Emme im Alter von 57 Jahren in Berlin an Herzversagen gestorben. Unter diesem Namen kennen die Frau wenige. Doch als aufmüpfige Kassiererin Emmely wurde sie bundesweit bekannt.

Grund war der lange Atem, mit dem sich die Frau gegen ihre Kündigung wehrte. Sie wollte nicht akzeptieren, dass im Februar 2008 die Supermarktkette Kaiser’s sie fristlos hinauswarf, weil sie angeblich zwei Leergutbons im Wert von 1,30 Euro eingelöst hatte, die in einer Filiale von KundInnen liegen gelassen wurden. Emme hatte diese Vorwürfe jedoch immer wieder bestritten.

Sie fand Unterstützung bei linken AktivistInnen, die 2008 als kritische KundInnen die VerkäuferInnen beim Arbeitskampf im Einzelhandel unterstützten. Der Aliasname wurde im Solidaritätskreis gemeinsam mit der Kassiererin kreiert und wurde bald bundesweit bekannt.

In den nächsten zwei Jahren gelang es der kleinen Gruppe nicht nur, die Kündigung bundesweit zu skandalisieren. In Talkshows diskutierten PolitikerInnen und JuristInnen über die Verdachtskündigungen als Instrument, missliebige ArbeitnehmerInnen loszuwerden. Nachdem Emmely in mehreren juristischen Instanzen verloren hatte, erklärte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt im Juni 2010 die Kündigung für unwirksam. Zwölf Tage später bekam sie wie gewünscht eine Stelle in einem Kaiser’s in ihrem Wohnviertel in Berlin-Hohenschönhausen.

Emme stammte aus einer Arbeiterfamilie aus Mecklenburg, wurde in der DDR groß, machte dort eine Ausbildung als „Fachverkäuferin für Waren des täglichen Bedarfs“. Auch nach ihren juristischen Sieg blieb Emmely politisch aktiv, beteiligte sich an einem Film und zwei Büchern über ihren Fall. Sie wurde auch zu politischen und sozialen Meetings nach Paris, Spanien und Venezuela eingeladen.

Sie sei in einer Zeit der Entsolidarisierung im Neoliberalismus zum Symbol dafür geworden, dass man sich auch heute noch wehren und sogar gewinnen kann, erklärten AktivistInnen ihres Solidaritätskomitees in einer Nachbetrachtung, warum die Kündigung der Berliner Kassiererin so viele Menschen bewegte und ihr Tod nun Menschen in aller Welt traurig macht.

http://www.taz.de/Gekuendigte-Supermarktkassiererin/!157087/

Peter Nowak

Hinweis auf den Artikel :

Spiegel: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/kaiser-s-kassiererin-emmely-ist-tot-a-1025602.html

Deutschlands wohl bekannteste Supermarkt-Kassiererin ist tot. Barbara Emme, bekannt unter dem Namen Emmely, starb am Dienstag an Herzversagen, wie „taz.de“ berichtet.

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BZ: http://www.bz-berlin.de/berlin/herzversagen-kassiererin-emmely-ist-tot

Am Dienstag ist Barbara E. nach Angaben der Zeitung “taz” im Alter von 57 Jahren in Berlin an Herzversagen gestorben.

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Leser_innenbriefe in der Taz zu dem Artikel:

Sie wollte ihren Job zurück

EMMELY Im März verstarb Barbara Emme, der wegen zweier liegen gebliebener Pfandbons über 1,30 Euro fristlos gekündigt wurde und die dagegen klagte. In der letzten Instanz bekam sie vom Bundesarbeitsgericht recht und wurde wieder eingestellt

LESERINNENBRIEFE

Mutige Frau

betr.: „Emmely ist tot“, taz.de vom 25. 3. 15

Eine mutige, fest an eine gerechte Rechtsprechung glaubende Frau! Die urteilenden Bundesarbeitsrichter haben dazu beigetragen und ihr Würde zurückgegeben.

Viel zu früh und zu jung verstorben. Schade. Ein noch langes Leben wäre ihr vergönnt gewesen. Schade.

Die Gewerkschaften, die Gewerkschaftsbewegung sollte dieser mutigen Frau und Kämpferin um Recht und Würde ein ehrenvolles Andenken geben und in Erinnerung behalten – schlicht als „Emmely“.

GERDA FÜRCH, taz.de

Ein Vorbild

betr.: „Emmely ist tot“, taz.de vom 25. 3. 15

Ein Vorbild im täglichen Kampf und Arbeitsleben für uns!

REINHOLD SCHRAMM, taz.de

Selbstbewusst

betr.: „Emmely ist tot“, taz.de vom 25. 3. 15

57, reichlich jung und das ist immer traurig. Ansonsten war das Lebensmotto dieser selbstbewussten Arbeitnehmerin „Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt!“ – und das war gut so! WAAGE 69

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/printressortsheute/?year=2015&month=04&day=04&letters=1

Eine aufmüpfige Frau

Ihr Kampf machte Schlagzeilen. Jetzt ist die Kaiser’s-Kassiererin Emmely gestorben

Zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro machten Barbara Emme – alias Emmely – bekannt. Weil die Kassierin die Bons unerlaubt eingelöst haben soll, wurde ihr gekündigt. Dagegen wehrte sie sich.

Unter ihrem bürgerlichen Namen war Barbara Emme nur wenigen bekannt. Als Emmely wurde die aufmüpfige Kassiererin zwischen 2008 und 2010 zu einem Symbol für den Widerstand gegen Verdachtskündigungen und Willkür am Arbeitsplatz. Sie wurde nicht nur bundesweit von linken Gruppen und Gewerkschaftern zu Solidaritätsveranstaltungen eingeladen. Auch in Talkshows diskutierte sie selbstbewusst mit Politikern. Boulevardblätter erklärten sie daraufhin zu »Deutschlands aufmüpfigster Kassiererin«.

Dabei war sie im Februar 2008 ziemlich allein, als ihr die Supermarktkette Kaiser’s nach 31 Dienstjahren fristlos kündigte: Angeblich hatte sie zwei Leergutbons im Wert von 1,30 Euro eingelöst, die Kunden in der Filiale in Berlin-Hohenschönhausen vergessen hatten. Emmely hat diese Vorwürfe immer wieder bestritten.

Von den meisten Kolleginnen in der Kaiser’s-Filiale kam keine Unterstützung. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, bei der die Kassiererin Mitglied war, riet ihr zu einem Vergleich. Den lehnte sie jedoch ab. Unterstützung bekam sie dagegen von linken Aktivisten, die 2008 als kritische Kunden Arbeitskämpfe im Einzelhandel aktiv unterstützten. Dabei erfuhren sie von der Kündigung der aktiven Gewerkschafterin, die bei Streiks immer dabei war, und setzten sich mit der Betroffenen zusammen.

Bald darauf erregte ihr Arbeitskampf großes Aufsehen. »Wir konnten gar nicht allen Anfragen nach Plakaten und Flyern nachkommen«, erinnert sich einer der Aktivisten des »Solidaritätskomitees mit Emmely«. In vielen Städten gab es Informationsveranstaltungen zu Emmely und zum Thema Verdachtskündigungen. Auf Demonstrationen wurden Transparente mit der Parole »Solidarität mit den Emmelys dieser Welt« getragen. Als das Bundesarbeitsgericht in Erfurt im Juni 2010 die Kündigung für unwirksam erklärte, war der Jubel bei den vielen Unterstützern groß. Die Vorinstanzen hatten noch gegen sie entschieden.

Auch nachdem Emmely unter großem medialen Interesse wieder an einer Berliner Kaiser’s-Kasse Platz genommen hatte, blieb sie politisch aktiv. »Der Kampf hat die Frau verändert«, beschreiben Freunde ihre Aktivitäten. Sie beteiligte sich nicht nur an einem Film und zwei Büchern, die ihren erfolgreichen Kampf aufarbeiteten. Sie reiste auch um die Welt, um auf Veranstaltung für Solidarität mit anderen Menschen zu werben, die wegen ihrer politischen und gewerkschaftlichen Aktivitäten Repressalien ausgesetzt sind.
In einer Zeit der Entsolidarisierung wurde Emmely zu einem Symbol. »Sie zeigte, dass man sich wehren und siegen kann«, erklärten Mitglieder des Solidaritätskomitees das mediale Interesse und die Sympathiebekundungen, die sie erfuhr.

Am Montag dieser Woche ist Emmely überraschend im Alter von 57 Jahren in Berlin an Herzversagen gestorben, wie Aktivisten des Solidaritätskomitees mitteilten.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/965980.eine-aufmuepfige-frau.html

Peter Nowak

Hinweise auf Artikel:

Focus:

http://www.focus.de/politik/deutschland/deutschland-ticker-beim-spielen-angeschossen-jetzt-spricht-der-junge_id_4570310.html

Die wegen zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro bekannt gewordene Kassiererin „Emmely“ ist tot. Das bestätigte ein Mitglied des ehemaligen Solidaritätskomitees für die Kassiererin der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Berlin. Zuerst hatte die Zeitung „Neues Deutschland“ darüber berichtet.

Bild: http://www.bild.de/regional/berlin/tod/kassiererin-emmely-ist-gestorben-40304874.bild.html

Nach „Emmelys“ Tod sagten Mitglieder des Solidaritätskomitees der Zeitung „Neues Deutschland“: „Sie zeigte, dass man sich wehren und siegen kann.“

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Welt:

http://www.welt.de/vermischtes/article138788898/Kassiererin-Emmely-mit-nur-57-Jahren-gestorben.html

Die unter dem Namen „Emmely“ bekannt gewordene Gewerkschaftsaktivistin Barbara Emme ist gestorben. Das bestätigte ein Mitglied des ehemaligen Solidaritätskomitees für die Kassiererin der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Berlin. Zuerst hatte die Zeitung „Neues Deutschland“ darüber berichtet, laut deren Informationen die 57-Jährige an einem Herzversagen gestorben war.

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NTV: http://www.n-tv.de/panorama/Kassiererin-stirbt-an-Herzversagen-article14781041.html

Ihren Tod bestätigte ein Mitglied des ehemaligen Solidaritätskomitees für die Kassiererin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Zuerst hatte die Zeitung „Neues Deutschland“ darüber berichtet. Die 57-Jährige soll am Montag überraschend an Herzversagen gestorben sein.

Vertrag ohne Vertrauen

Jurist sieht in Urteilsbegründung zu »Emmely« Stärkung von Beschäftigtenrechten

Die jetzt veröffentlichte Urteilsbegründung im Fall »Emmely« könnte Rechte von Beschäftigten stärken, meint ihr Anwalt – und fordert gleichzeitig eine Reform des Kündigungsrechts.
Die Kündigung der Berliner »Kaiser’s«-Kassiererin Emmely wegen zweier Pfandbons im Wert von 1,30 Euro sorgte in der ganzen Republik für Empörung. Nach einem Verfahren von insgesamt zweieinhalb Jahren gewann Emmely ihre Kündigungsschutzklage in der dritten Instanz vor dem Bundesarbeitsgericht im Juni 2010. Sie arbeitet seit Monaten wieder als Kassiererin.

Betriebszugehörigkeit zählt
Jetzt wurde die Urteilsbegründung veröffentlicht. »Dort finden sich einige Punkte, die die Rechte von Arbeitnehmern auch in der Zukunft stärken könnten«, meint Emmelys Rechtsanwalt Benedikt Hopmann. Ein wichtiger Punkt ist eine Neubestimmung des Begriffs des Vertrauens. Bei einer Verdachtskündigung genügte die Feststellung eines gestörten Vertrauensverhältnisses zwischen einem Beschäftigten und dem Chef. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest: »Eine für lange Zeit ungestörte Vertrauensbeziehung zweier Vertragspartner wird nicht notwendig schon durch eine erstmalige Vertrauensenttäuschung vollständig und unwiederbringlich zerstört.

Da Emmely mehr als 30 Jahre ohne Beschwerden als Kassiererin gearbeitet hat, rechtfertigt ein Verdacht auf Unterschlagung von zwei Bons keine Kündigung. Hopmann sieht in dieser gerichtlichen Argumentation einen ersten Schritt, um den Begriff des Vertrauens aus dem Arbeitsrecht zu entfernen. »Schließlich handle es sich um ein Vertrags- und nicht um ein Vertrauensverhältnis«, betont der Jurist. Hopmann nannte einen weiteren Grund, um den Begriff des Vertrauens zu hinterfragen: »Im Nationalsozialismus wurde mit dem Verweis auf fehlendes Vertrauen massenhaft unliebsamen Arbeitern gekündigt«.

Emmelys Rehabilitation
In der Urteilsbegründung wurde ausdrücklich hervorgehoben, dass Emmelys Verhalten vor Gericht und ihren Kollegen gegenüber nicht zu beanstanden ist. Damit wurde die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts korrigiert, das die Kassiererin beschuldigt hatte, im Prozess falsche Angaben gemacht und Kollegen der Unterschlagung der Flaschenbons beschuldigt zu haben. Diese Beschuldigungen seien in konservativen Medien und von Untenehmerverbänden aufgegriffen worden, um Emmely zu diskreditieren, so Hopmann. Höhepunkt war ein juristischer Aufsatz des Burschenschaftlers und Direktor des Zentrums für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht (ZAAR), Volker Rieble, in der Neuen Juristischen Wochenzeitschrift. Dort bezeichnete er Emmely als notorische Lügnerin.

Der Erfolg vor Gericht mache eine Reform des Kündigungsrechts nicht überflüssig, so Hopmann. Es müsse ausgeschlossen werden, dass in erstmaligen Bagatellfällen überhaupt gekündigt wird. Er lobte den Gesetzentwurf der Linksfraktion. Damit würden Verdachtskündigungen generell ausgeschlossen. Die von SPD und Grünen eingebrachten Entwürfe gingen da nicht weit genug, meint der Anwalt.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/182323.vertrag-ohne-vertrauen.html

Peter Nowak

Gerichte stärken Arbeitnehmerrechte

Siege für Emmely und FAU
In den Medien hatte die Kassiererin Emmely schon lange gewonnen, am 10.Juni hat sie nun auch vom Bundesarbeitsgericht Recht bekommen. Es hat die Kündigung aufgehoben, die der Discounter Kaiser’s gegen sie nach über 30jähriger Betriebszugehörigkeit aussprach. Emmely war beschuldigt worden, fremde Flaschenbons im Wert von 1 Euro 30 eingelöst zu haben, was sie bestreitet. Das Bundesarbeitsgericht hat nun geurteilt, dass die Kündigung unrechtmäßig war. Das Gericht ging aber wie die Vorinstanz davon aus, dass Emmely die Bons tatsächlich eingelöst hat. Trotzdem hat es die Entlassung aufgehoben. In der Begründung heißt es:

„Letztlich überwiegen angesichts der mit einer Kündigung verbundenen schwerwiegenden Einbußen die zu Gunsten der Klägerin in die Abwägung einzustellenden Gesichtspunkte. Dazu gehört insbesondere die über drei Jahrzehnte ohne rechtlich relevante Störungen verlaufene Beschäftigung, durch die sich die Klägerin ein hohes Maß an Vertrauen erwarb.“

Neben Emmely feierte auch das Solidaritätskomitee, das den Fall in den letzten Monaten populär gemacht hat. Selbst in den Bundestagswahlkampf war Emmely ohne ihr Zutun geraten, weil SPD-Politiker ihren Fall als Sinnbild für Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft aufgegriffen hatten. Mit dem Richterspruch wurde nun ein Urteil korrigiert, dass von großen Teilen der Medien und Bevölkerung vehement abgelehnt wurde.

FAU darf sich Gewerkschaft nennen

Auch die anarchosyndikalistische Freie Arbeiter-Union konnte am 10. Juni einen juristischen Erfolg verbuchen. Das Berliner Kammergericht hat eine einstweilige Verfügung der Vorinstanz aufgehoben, die der FAU unter Androhung hoher Ordnungsstrafen und sogar Haft für Sekretäre verboten hatte, sich Gewerkschaft zu nennen. Den Antrag auf die einstweilige Verfügung hatte die Geschäftsführung des Kinos Babylon Mitte im Dezember 2009 gestellt. In dem Kino hatte eine FAU-Betriebsgruppe einen Haustarifvertrag ausgearbeitet.

Die Geschäftsführung lehnte Verhandlungen mit der Begründung ab, dass die FAU keine Gewerkschaft sei. Das Kammergericht betonte jetzt, dass es zur Meinungsfreiheit gehört, sich Gewerkschaft zu nennen. Das Kriterium der Vorinstanz, die Tariffähigkeit, wertete es dagegen als nicht so entscheidend.

„Jetzt können wir im Kino Babylon wieder unsere Gewerkschaftsrechte wahrnehmen“, kommentierte eine zufriedene FAU-Sprecherin Milena Führte gegenüber Telepolis das Urteil. Dazu gehört vor allem die Beteiligung an Betriebsversammlungen.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/147798

Peter Nowak