Die «Aktion Arbeitsunrecht» ruft für den 13. Mai zu Aktionen gegen den Discounter

Aldi Süd kriegt wegen Union-Busting Besuch

Mit den für den 13. Mai geplanten Aktionen soll den Beschäftigten von Aldi Süd nun der Rücken gestärkt werden. Damit setzt die »Aktion Arbeitsunrecht« eine sieben Jahre alte Tradition fort. Am 13. März 2015 hatte der »Schwarze Freitag« Premiere.

Im nächsten Monat fällt wieder einmal ein Freitag auf den 13. des Monats. Daher ruft die Initiative «Aktion Arbeitsunrecht» am 13. Mai zu bundesweiten Protesten gegen Union-Busting auf, wie die Behinderung von Betriebsratsarbeit mittlerweile genannt wird. Bei jeder Aktion steht ein Betrieb im Fokus der Kritik, weil er durch Maßnahmen gegen engagierte Betriebsrät*innen und Gewerkschaftler*innen bekannt wurde. Für dieses Mal hat sich der Discounter Aldi Süd diese zweifelhafte Auszeichnung redlich verdient. Am Gründonnerstag trafen sich Beschäftigte des Discounters in Köln, um dort eine Betriebsratswahl vorzubereiten. Sie wollten – wie dafür gesetzlich vorgeschrieben – einen Wahlvorstand küren. 526 Teilnehmer*innen waren zusammengekommen. Doch es waren nicht nur Unterstützer*innen der Organisationsversuche anwesend. «Unter den Anwesenden waren geschätzt deutlich über 100 Filialleiter*innen, stellvertretende Filialleiter*innen und Nachwuchs-Filialleiter*innen, die – ganz nach dem Drehbuch des klassischen Union-Busting – als antidemokratische Stänkerer und Chaoten fungierten. Erkennbar an ihren schwarzen Aldi-Hemden, berichtet Jessica Reisner. Die Mitarbeiterin von »Aktion Arbeitsunrecht« war Augenzeugin der gezielten Verhinderung einer Betriebsratswahl. Reisner konnte beobachten, wie die Filialleiter*innen die Versammlung von Beginn an durch ununterbrochene Zwischenrufe störten. Zudem versuchten sie, die Versammlung zu filmen, was jedoch unterbunden werden konnte. So konnten die Beschäftigten zunächst ihre Tagesordnung abarbeiten. Doch nach knapp einer Stunde kam es zum Eklat. »Ein Filialleiter wollte sich …

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Die »Aktion Arbeitsunrecht« protestiert gegen gewerkschaftsfeindliche Aktivitäten des Kaffeekonzerns

Starbucks schmecken Betriebsräte nicht

Elmar Wigand von der "Aktion Arbeitgeberunrecht" schwebt ein Konsument*innenstreik vor. Dabei sollen sich die Kund*innen bewusst dafür entscheiden, keine Läden zu unterstützen, die die Rechte der Beschäftigten missachten. Unterstützt werden soll die Kampagne durch Aufkleber und Adbusting-Aktionen, bei denen Starbucks-Werbung kreativ verändert wird, um über die Schattenseiten der Kaffeekette zu informieren.

»Union Busting stinks« – »Gewerkschaften bekämpfen stinkt«, steht auf einem grünen Aufkleber. Die Frauenfigur in der Mitte erinnert nicht zufällig an das Logo des Starbucks-Konzerns. In Deutschland gibt es über 1650 dieser Filialen des Kaffeebrühers, vor allem in Bahnhöfen. Sie präsentieren sich als Orte des gehobenen Konsums. Viele Tourist*innen besuchen Starbucks wegen der guten Internetverbindungen. Ein sozialpolitisches Bündnis will jedoch auf die schlechten Arbeitsbedingungen in den Starbucks-Filialen hinweisen. Unter dem Motto ….

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„Aufstehen“ plus „Unteilbar“: Wegbereiter besserer Verhältnisse?

Können die beiden Reform-Bündnisse zusammen demonstrieren? Der beste Schutz gegen rechts findet nicht auf Großdemonstrationen statt

„Solidarität statt Ausgrenzung – für eine offene und freie Gesellschaft“, lautet das Motto einer für den 13. Oktober geplanten Großdemonstration [1]. Dass die Pressemitteilung dazu kurz nach den Ereignissen von Chemnitz veröffentlicht wurde, ist einerseits Zufall.

Andererseits ist Chemnitz nur Ausdruck eines gesellschaftlichen Rechtsrucks, der in dem Aufruf des Bündnisses „Unteilbar“ so benannt wird:

Es findet eine dramatische politische Verschiebung statt: Rassismus und Menschenverachtung werden gesellschaftsfähig. Was gestern noch undenkbar war und als unsagbar galt, ist kurz darauf Realität. Humanität und Menschenrechte, Religionsfreiheit und Rechtsstaat werden offen angegriffen. Es ist ein Angriff, der uns allen gilt. Wir lassen nicht zu, dass Sozialstaat, Flucht und Migration gegeneinander ausgespielt werden. Wir halten dagegen, wenn Grund- und Freiheitsrechte weiter eingeschränkt werden sollen.

Bündnis Unteilbar [2]

Das ist ein richtiger Befund. Doch die Frage ist, ob sich hier vor allem die letzten Verteidiger des Liberalen treffen, die Carole Ehmke zur Erbauung und Jan Böhmermann zum Spaß hören? Die beiden prominenten Liberalen gehören zu den Erstunterzeichnern [3] des Aufrufs des Bündnisses „Unteilbar“.

Wo bleiben die sozialen Rechte?

Am 13. Oktober will man nicht nur gegen Rassismus auf die Straße gehen, sondern auch andere Ausbeutungsverhältnisse thematisieren.

Wir treten für eine offene und solidarische Gesellschaft ein, in der Menschenrechte unteilbar, in der vielfältige und selbstbestimmte Lebensentwürfe selbstverständlich sind. Wir stellen uns gegen jegliche Form von Diskriminierung und Hetze. Gemeinsam treten wir antimuslimischem Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Antifeminismus und LGBTIQ*- Feindlichkeit entschieden entgegen.

Bündnis Unteilbar [4]

In der Tat ist es wichtig, dass in Zeiten, in denen eine rechte Hegemonie in Teilen Deutschlands Realität zu werden droht, diejenigen, die darunter als erstes zu leiden haben, auf die Straße gehen. Nur darf man aber nicht die Widersprüche bei der Addition der von den Rechten verfolgten Minderheiten ausblenden. So hat die Journalistin Birgit Gärtner in mehreren Telepolis-Beiträgen [5] aus feministischer Perspektive auf die Gewalt aufmerksam gemacht, die von moslemischen Männergruppen ausgeht [6].

Was in dem Aufruf weitgehend ausgeblendet wird, ist die soziale Unterdrückung. Schließlich muss man sich die im Aufruf erwähnten „vielfältigen und selbstbestimmten Lebensentwürfe“ auch leisten können.Viele Niedrigverdiener und Hartz IV-Empfänger mit und ohne Lohnarbeit haben damit Schwierigkeiten.

Daher wäre es sinnvoll, den Kampf gegen Rassismus, den Antifaschismus und den Antifeminismus mit dem Kampf gegen soziale Ausgrenzung und Unterdrückung zu verbinden. Es ist völlig verfehlt, hier einen Gegensatz aufzumachen, wie es in manchen linken Kreisen getan wird.

In dem Unteilbar-Aufruf wird die soziale Frage nur am Rande angeschnitten: „Man will den Sozialstaat verteidigen und für Grund- und Freiheitsrechte auf die Straße gehen“, heißt es dort knapp. Auch der Pflegenotstand und die Wohnungsnot werden erwähnt. Wie die Verteidigung des Sozialstaats aussehen soll, wird allerdings nicht weiter aufgeführt.

Hartz-IV wird nicht angesprochen und natürlich wird man dort keine Kapitalismuskritik finden, was aber bei einer solcher Bündnisbreite auch nicht zu erwarten ist. Positiv ist allerdings, dass auch sozialpolitische Gruppen wie die Tafel e.V. [7], das Erwerbslosenforum und der Deutsche Mieterbund wie auch andere, sozialpolitisch engagierte Organisationen [8]Teil des Bündnisses sind. Sinnvoll wäre es gewesen, wenn auch ein Teil ihrer Forderungen mit aufgenommen worden wären.

„Aufstehen“ und „Unteilbar“ verbinden?

Auch der Publizist Matthias Greffrath kritisierte in einem Taz-Kommentar [9], dass das Unteilbar-Bündnis sozialpolitisch nicht besonders akzentuiert ist. Er fragt sich, ob er sich entscheiden muss zwischen zwei Bündnissen – #unteilbar und #Aufstehen.

„Aufstehen“ [10] , dem Projekt von Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine, kann nachgesagt werden, dass es die soziale Frage in den Mittelpunkt stellt und dabei Unterdrückungsformen wie Rassismus und Antifeminismus so kurz abzuhandelt, wie es im Unteilbar-Bündnis mit den sozialen Themen geschieht.

Zurück zur SPD der 1960er Jahre?

Greffrath will sich nicht zwischen beiden Bündnissen entscheiden. Er sieht beide für notwendig an und wünscht sich am Ende eine SPD der 1960er Jahre zurück.

Ein Aufbruch für eine „ökumenische Linke“ tut not oder, warum nicht gleich: für eine Neugeburt der Sozialdemokratie. Jener Partei, die – nach Godesberg – auf die Teilhabe an der Wachstumsmaschine Kapitalismus setzte und deren Niedergang begann, als das Wachstum ausblieb, sich beschleunigte, als Kanzler Schmidt die ökologische Krise nicht wahrhaben wollte, und noch einmal, als sie unter dem Autokanzler Schröder – unter konstant erfolglosem Murren des linken Flügels – der neoliberalen Illusion erlag.

Matthias Greffrath, Taz

Der Taz-Kommentator vergaß nur zu erwähnen, dass die SPD schon vor 100 Jahren die Rolle als Arzt am Krankenbett des Kapitalismus eingenommen und mit Godesberg die letzten sozialistischen Wurzeln gekappt hat, was auch konsequenterweise zum Rauswurf der letzten Sozialisten führte. Sich eine solche SPD zurückzuwünschen, ist nicht nur illusionär, sondern auch politisch falsch.

Wenn man schon auf Traditionen setzt, dann bitte auf jene der Räte, die vor 100 Jahren tatsächlich eine Revolution machten, die von der SPD mit Hilfe der Freikorps niedergeschlagen wurde. Seitdem kann es keine positiven Bezüge mehr zur SPD geben. Deshalb bringt es auch wenig, die einzelnen Bündnisse wie Schachfiguren hin- und her zu schieben.

Es ist gut möglich, dass es in irgendeiner Form eine Kooperation zwischen „Unteilbar“ und „Aufstehen“ geben wird. Schließlich verstehen sich beide als Reformbündnisse. Nur sollte man sehen, welche begrenzten Wirkungen solche Großdemonstrationen haben.

Der beste Schutz gegen rechts

Einflussversuche verschiedener Parteien sorgen eher für mehr Streit. Wichtiger aber für Veränderungen im Land sind Kämpfe im Alltag, in den Tagen im Jahr, an denen es keine Großdemonstrationen gibt. In den Alltagskämpfen an Arbeitsplätzen, Universitäten, Schulen, Jobcenter entscheidet sich wahrscheinlich mehr als an den Großdemonstrationen, in welche Richtung die Gesellschaft geht.

Der beste Schutz gegen rechts ist eine konsequente Interessenvertretung. Da hat der Sozialaktivist Elmar Wigand recht, wenn er den Pilotenstreik bei Ryan-Air als Meilenstein in der transnationalen Gewerkschaftsbewegung [11] versteht.

Das heißt nicht, dass Großdemonstrationen wie am 13.10. überflüssig sind. Sie können aber nur dann gesellschaftlich etwas bewirken, wenn sie nicht ein solitäres Ereignis sind, sondern Inspirationen für diese Alltagskämpfe geben.

Peter Nowak

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[1] https://www.unteilbar.org/
[2] https://www.unteilbar.org/
[3] https://www.unteilbar.org/wir/erstunterzeichnende/
[4] https://www.unteilbar.org/
[5] https://www.heise.de/tp/features/Die-oeffentliche-Hinrichtung-der-ermordeten-Irina-A-4048667.html
[6] https://www.heise.de/tp/features/Klappmesser-gibt-es-schon-fuer-2-50-Euro-4024448.html
[7] http://www.tafel.de/ueber-uns/aktuelle-meldungen/aktuelle-meldungen-2018/grossdemo-des-buendnisses-unteilbar-am-1310-in-berlin/
[8] https://www.unteilbar.org/wir/erstunterzeichnende/
[9] http://www.taz.de/!5528251/
[10] https://www.aufstehen.de/
[11] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1096996.streik-bei-ryanair-internationalismus-als-selbstverteidigung.html

Vor Gericht für den »wahren Martin«

Wegen einer Satireaktion mit einem Schulz-Double verklagte die SPD die »Aktion Arbeitsunrecht«

Ungewöhnliche Töne kamen am 16.12.2017 vom ehemaligen SPD-Bundestagskanzlerkandidaten Martin Schulz auf einer Kundgebung in seiner Heimatstadt Würselen in Nordrhein-Westfalen. »Hartz IV – das waren wir. Aber ich verspreche Euch, wir haben uns geändert«, rief er. 15 Minuten versuchte er das Publikum von der neuen, sozialen SPD zu überzeugen. Es gab viel Gelächter. Denn schnell war klar, dass hinter dem »wahren Martin« der Kölner Mietrebell und Kandidat der LINKEN bei der NRW-Landtagswahl, Karl Gerigk, steckte, der wegen seines Widerstands gegen seine Zwangsräumung bundesweite Bekanntheit erlangte. 

Der Sketch könnte jetzt juristische Folgen für das Bündnis »Aktion Arbeitsunrecht« haben, das die Veranstaltung organisierte. Es setzt sich für Gewerkschafter*innen und Beschäftigte ein, die gemobbt werden. Dazu gehörte Mona E, Betriebsrätin bei der Spielwarenkette Toys R US. Am dritten Advent letzten Jahres organisierte die »Aktion Arbeitsunrecht« vor der Würselener Filiale des Einzelhändlers eine Solidaritätskundgebung für die Betriebsrätin mit dem »Wahren Martin« als Überraschungsgast. 

Zuvor hatte Werner Rügemer vom Bündnis »Aktion Arbeitsunrecht« den SPD-Mann persönlich zu der Kundgebung eingeladen. Dessen Referent antwortete, dass Schulz die Einladung aus Termingründen nicht annehmen könne. Daraufhin verschickte die Initiative eine satirische Pressemitteilung mit einem angeblichen Brief von Schulz, in dem er ankündigte, er werde auf der Veranstaltung eine Würseler Erklärung verlesen, die einen Kurswechsel der SPD und eine Abschaffung der Hartz-IV-Gesetze beinhalte. Der WDR hatte diese Pressemeldung damals ernst genommen und mit einem Großaufgebot zum Schulz-Auftritt nach Würselen fahren wollen. Das wurde erst abgeblasen, nachdem auf telefonische Nachfrage auf den Charakter der Veranstaltung hingewiesen wurde.
Wegen des satirischen Schreibens hat der SPD-Bundesvorstand bereits am 17. Dezember 2017 eine Anzeige wegen Urkundenfälschung gegen Rügemer erstattet. Seitdem ermitteln das LKA Berlin und die Kölner Kripo. Der Pressesprecher der Initiative, Elmar Wigand, beklagt nicht nur die Humorlosigkeit der SPD-Führung. »Es geht um die Freiheit der Kunst und der Meinungsäußerung – hier der Satire. Es geht auch um den Schutz vor Schnüffeleien und Überwachung«, erklärte Wigand gegenüber dem »nd«. Das LKA hatte sich im Rahmen der Ermittlungen Zugang zum E-Mail-Konto von Werner Rügemer verschafft. Für Wigand ist die Anzeige ein weiteres Beispiel für eine »SPD im Selbstzerstörungsmodus«. 

Die Kundgebung vor der Filiale zeigte auch bei Toys R US Wirkung. Ein Vorgesetzter, der von den Aktivisten als hauptsächlich verantwortlich für das Mobbing von Mona E. benannt wurde, soll inzwischen in eine andere Filiale versetzt worden sein. Doch die juristischen Auseinandersetzungen gehen weiter. Am 5. Juli findet vor dem Aachener Arbeitsgericht der nächste Prozess statt. Dann kehrt auch der »wahre Martin« zurück. Karl Gerigk hat angekündigt, dass er dort seine Schulz-Satire ebenso aufführen wird wie am 13. Juli vor einer Real-Filiale in Düsseldorf. Dort protestieren die Aktivisten erneut gegen das Mobbing von Betriebsrät*innen.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1093024.vor-gericht-fuer-den-wahren-martin.html

Peter Nowak

»Der klassische McKinsey-Kurs«

Die »Aktion Arbeitsunrecht« veranstaltet an jedem Freitag, dem 13., Proteste gegen Unternehmen, die durch einen besonders ausbeuterischen Umgang mit ihren Beschäftigten auffallen. Am 13. Januar traf es Median, eine Firma für medizinische Rehabilitation. Elmar Wigand gehört zu den Gründern der »Aktion Arbeitsunrecht« und hat sich zum vierten Mal am »Schwarzen Freitag« beteiligt.

Small Talk mit Elmar Wigand von der »Aktion Arbeitsunrecht« von Peter Nowak

Am 13, Januar gab es bundesweit Proteste gegen Lohndumping und union busting vor den Kliniken des Konzerns Median. Warum wurde das Unternehmen ausgewählt?

Wir brandmarken immer an einem Freitag, dem 13., Betriebe, die durch ihr besonders krasses Vorgehen gegen Beschäftigte, Betriebsräte und Gewerkschafter aufgefallen sind. Bei Median ist jede Menge Dampf im Kessel, seit die Kette 2014 von dem niederländischen Hedgefonds Waterland gekauft und durch Zukäufe erheblich erweitert wurde. Das Reha-Unternehmen beschäftigt inzwischen 15 000 Leute in 121 Einrichtungen. Waterland wird in Deutschland von einem McKinsey-Zögling gemanagt, Carsten Rahlfs. Ein weiterer McKinsey-Zögling, André Schmidt, wurde als CEO bei Median installiert. Hier wird der klassische McKinsey-Kurs zur »Optimierung der Wertschöpfungskette« verfolgt: Lohndumping, Gewerkschaftsbehinderung, Tarifflucht, Auslagerungen an Subunternehmer. Trauriger Höhepunkt war die Schließung einer ganzen Klinik, um eine Streikhochburg von Verdi zu schleifen. Die Weserklinik in Bad Oeynhausen war wohlgemerkt profitabel.

Wie war bundesweit die Resonanz an diesem »Schwarzen Freitag«?

Gut. Es gab Kundgebungen an etwa 20 Orten. Unsere Spezialität ist, das union busting anzugreifen, also nicht nur die Geschäftsführung zu kritisieren – worauf sich ML-Gruppen, Trotzkisten, aber auch konventionelle Gewerkschafter zumeist beschränken. Neben Aktionen vor und in diversen Median-Einrichtungen gab es einen Protest vor der Waterland-Zentrale in Düsseldorf, 50 Leute kamen in Frankfurt vor dem Büro einer Rechtsanwaltskanzlei zusammen, die im Auftrag von Median Leute mit Klagen fertigmacht. Andere protestierten beispielsweise in Berlin vor Büros der Deutschen Rentenversicherung. Wir haben zudem eine Online-Petition an die zuständige DRV-Referatsleiterin Nicole Wenderoth begonnen. Denn aus den Rentenkassen werden die Profite für Median bezahlt.

Ist es Ihnen gelungen, union busting in Deutschland zum Thema zu machen?

Immerhin haben wir den Begriff so weit etabliert, dass der DGB ihn offiziell verwendet. Der »Schwarze Freitag« ist nur ein Teil des Ganzen, aber ein wichtiger.

Die Aktionstage werden von wenigen Engagierten vorbereitet. Wie steht es mit der Ausweitung der Organisation?

Unser Ziel ist es, ein Netzwerk zu knüpfen, dabei aber Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von Gewerkschaften, Parteien und staatlichen Geldern zu bewahren. Das ist im Entstehen, geht aber doch langsamer voran, als wir dachten. Ein Grund ist, dass die toxische ML-Sektenkultur der siebziger Jahre zum Teil noch spürbar ist: Intrigen spinnen, Macht ausbauen, spalten. Ein weiterer Grund: Das Thema ist riesig, darauf könnte man Karrieren begründen, damit kann man leider auch EU-Fördertöpfe anzapfen und Gewerkschaftspöstchen ergattern.

Wie ist die Resonanz bei den Gewerkschaften?

Mal so, mal so. Es hängt von einzelnen Sekretären an der Basis ab, im Fall der Syndikalisten von der Struktur der Ortsgruppen. Die Resonanz der DGB-Leitungsebene ist nicht unsolidarisch, aber auch nicht enthusiastisch. Es kommt auch darauf an, wie stark die Apparate noch mit der SPD verfilzt sind. Oder bei der FAU: wie stark man einer orthodoxen Auslegung der Lehren Rudolf Rockers folgt.

http://jungle-world.com/artikel/2017/03/55588.html

Interview: Peter Nowak

Aktionstag bei Median

Dem Klinikbetreiber wird Unionbusting vorgeworfen

Abergläubige Menschen meiden die Öffentlichkeit, wenn der Freitag auf einen 13. fällt. Seit zwei Jahren nutzt die Aktion Arbeitsunrecht diesen Termin, um Unternehmen und Anwaltskanzleien anzuprangern, die engagierte Betriebsräte mobben oder dabei helfen. Am 13. Januar hat der Verein den größten privaten Betreiber von Rehakliniken in Deutschland im Visier: Median. Unter anderem Tarifflucht, willkürliche Betriebsschließung und Behinderung von Betriebsratsarbeit werden dem Berliner Unternehmen vorgeworfen. Proteste soll es auch beim Eigentümer, dem niederländischen Investmentfonds Waterland, und vor Büros der Anwaltskanzlei Breiten Burkhardt geben. Ihr werfen Kritiker vor, juristische Unterstützung beim Unionbusting zu geben, wie das Mobben von Betriebsräten genannt wird. Aktionen sind in Berlin, Köln, Düsseldorf, Frankfurt am Main und Dresden geplant.

Am 13. März 2015 fand der erste bundesweite Aktionstag vor dem Firmensitz des Verpackungskonzerns Neupack statt. Am 13. November 2015 standen der Textildiscounter kik und die Rechtsanwaltskanzlei Schreiner und Partner im Blickpunkt. Letztere sei durch Seminare bekannt geworden, in denen Unternehmensvertretern Ratschläge vermittelt werden, wie sie engagierten Betriebsräten juristisch Grenzen setzen können. Am 13. März 2016 wiederum standen die Spielzeugkette Toys ‚R‘ Us und MCS, eine Tochter des Malteser Hilfsdienstes, im Fokus der Proteste.

Neben den vier Aktionstagen wurden mehrere Konferenzen organisiert, in denen betroffene Betriebsräte aus unterschiedlichen Branchen über Mobbing berichteten. »Wir rechnen es zu unseren Erfolgen, dass es uns gelungen ist, Unionbusting auch in Deutschland zum Thema zu machen«, erklärt Elmar Wigand von der Aktion Arbeitsunrecht gegenüber »nd«. In den USA ist der Begriff Unionbusting bei kritischen Gewerkschaftern schon lange bekannt. Der Publizist gehört zu dem kleinen Kreis von Leuten, die viel Arbeit in die Vorbereitung der Aktionstage stecken. »Wir müssen sie noch immer anschieben. Ein Selbstläufer sind sie nicht«, kritisiert Wigand. Das Engagement der Gewerkschaften könnte größer sein. Oft sei dort die Angst vor unkonventionellen Aktionen noch zu groß.

Was Wigand optimistisch macht, ist das Engagement vieler gemobbter Betriebsräte und von Belegschaften, die hinter ihnen stehen. Nur Unternehmen, für die dies zutrifft und die von dort Beschäftigen vorgeschlagen werden, stehen zur Auswahl als Kandidaten für die Aktionstage. Am Ende entscheiden Online-Nutzer: Für Median stimmten 710 von knapp 1200 Teilnehmern, nur eine Minderheit für OBI und Rossmann.

In diesem Jahr wird es am 13. Oktober einen weiteren Aktionstag geben. Danach will die Aktion Arbeitsunrecht ein Resümee ziehen und überlegen, ob und wie man weiter macht. Wiegand ist sich sicher, dass der Widerstand gegen Unionbusting stärker wird.

Peter Nowak

Feindbild Betriebsrat