Druck machen: Bezirk soll kaufen

MieterInnen der Elbestraße 19 in Neukölln demonstrieren für Wahrnehmung des Vorverkaufsrechts

„Müsste ich ausziehen, wüsste ich nicht, wohin. Das würde ich physisch und psychisch nicht schaffen“, sagt die Rentnerin, die nun schon seit 20 Jahren in der Elbestraße 19 in Neukölln wohnt. Insgesamt haben rund 100 Menschen in dem Eckhaus ihr Zuhause. Nachdem sie Anfang August erfahren haben, dass ihr Haus an die „JFT Grundbesitz Nr. 28 GmbH“ verkauft wurde, begannen die BewohnerInnen aktiv zu werden. „Wir beriefen Hausversammlungen ein und trafen uns mit MieterInnen, deren Häuser bereits verkauft waren“, erklärte Mieterin Antje Sänger. Am vergangenen Samstag organisierten die BewohnerInnen eine Demonstration gegen Verdrängung, die vor dem Haus in der Ebestraße begann und am Rathaus Neukölln endete. Unter den etwa 250 TeilnehmerInnen waren auch Betroffene aus anderen Stadtteilen. Eine Vertreterin der Padowatch-Initiative hielt einen Redebeitrag. Darin haben sich BewohnerInnen von Häusern zusammengeschlossen, die dem umtriebigen Berliner Investor Gijora Padovicz gehören. Die neuen Eigentümer der Elbestraße gehören zum Firmengeflecht von Padovicz. Das Haus liegt im Milieuschutzgebiet. Deshalb kann der Bezirk noch bis zum 7. Oktober vom Vorverkaufsrecht Gebrauch machen. Mit der Demonstration wollen die BewohnerInnen den Druck auf den Bezirk erhöhen, in diesem Sinn aktiv zu werden.


Solidarität von Grünen und Linken

Einen ernüchternden Redebeitrag hielt eine Mieterin der Sanderstraße 11 aus Neukölln. Nachdem das Haus verkauft wurde, setzten sich die MieterInnen für ein Genossenschaftsmodell ein. Doch das scheiterte an einer feh- lenden finanziellen Förderung. „So war unser dreimonatiges Engagement vergebens“, lautet das Fazit der Mieterin.
Auf der Abschlusskundgebung richtete eine Bewohnerin der Elbestraße diese Forderung an Bezirk und Senat: „MieterInnenschutz muss eine Sache der Politik werden.“ Immerhin: Neuköllner BezirkspolitikerInnen von Grünen und Linken haben auf der Demo ihre Solidarität bekundet.

aus: taz: montag, 17. september 2018

Peter Nowak