Ärger im Anflug

Der monatelange Streit zwischen EU und den USA über die Einbeziehung der Flüge von und nach Europa in den EU-CO2-Emissionshandel hat sich in den letzten Tagen zugespitzt. Der Handelsausschuss des US-Senats hatte entschieden, dass sich US-Fluggesellschaften nicht an die EU-Richtlinie halten dürfen. Nun hat sich auch das US-Abgeordnetenhaus hinter diesen Beschluss gestellt.
Melderecht

Seit Jahresbeginn müssen alle Flugzeuge, die einen Flughafen im EU-Raum ansteuern, für den CO2-Ausstoß auf der gesamten Flugstrecke Emissionsrechte erwerben. Nicht nur die USA laufen dagegen Sturm. Regierungsvertreter von 16 Ländern, darunter China und Indien, trafen sich vor einigen Tagen in Washington, um ein Bündnis gegen die EU-Richtlinie zu schließen. Kämpft also die EU hier eine Schlacht für den Umweltschutz gegen den Rest der Welt? Diesen Eindruck suggeriert die grünennahe »tageszeitung«, die die Front gegen die EU-Richtlinie mit der Gegenfrage kommentierte: »Handelskrieg? Warum nicht!«. Mag es seitens der EU durchaus um die Umwelt gehen, so ist die aktuelle Zuspitzung kaum zu verstehen, wenn man die sich verschärfende Konkurrenz zwischen den USA, China, Indien und der EU aus dem Blickfeld verliert. Ginge es einzig um das Klima, dann gäbe die Dumpingklage mehrerer EU-Staaten und der USA gegen die chinesische Konkurrenz bei Solarzellen kaum einen Sinn.

Umgekehrt passt einer breiten Front auch deutscher Unternehmen die CO2-Richtlinie der EU überhaupt nicht ins Konzept. Und da können sich auch sonst verfeindete Partner zur großen Anti-EU-Koalition zusammenfinden. Das gilt offenbar auch für die USA. Denn die jüngste Zuspitzung des Konflikts ist ganz offensichtlich dem Wahlkampf geschuldet. In einem Land, wo »Klimawandel« ein Unwort ist, sind sich Republikaner und Demokraten schnell einig.

Für Umweltaktivisten sollte das kein Grund sein, sich am Klimakrieg im Luftraum zu beteiligen, sondern das von linken Ökologen schon lange kritisierte Konzept des Emissionshandels infrage zu stellen.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/234632.aerger-im-anflug.html
Peter Nowak

Rückschlag in Kalifornien

Zu Zeiten von George W. Bush galt Kalifornien als ökologischer Hoffnungsträger. Denn dort setzte man zahlreiche umweltpolitische Maßnahmen um, die von der Zentralregierung in Washington blockiert wurden. Das Gesetz, welches den Schadstoffausstoß bei Pkw begrenzte, wurde zum Vorbild für ähnliche Regelungen in anderen US-Bundesstaaten.

Ein Kernstück der kalifornischen Umweltgesetzgebung wurde jetzt gerichtlich außer Kraft gesetzt: der zwei Jahren eingeführte »Low-Carbon-Fuel-Standard«, der den CO2-Ausstoß bis 2020 um zehn Prozent senken sollte. Die US-Ölkonzerne und Ethanolhersteller aus mehreren Bundesstaaten hatten eine Klage wegen Benachteiligung eingereicht und damit Erfolg.

Der juristische Hebel war ein Detail in dem Umweltgesetz. Weil die Berechnung des CO2-Ausstoßes der Kraftstoffe auch die Transportkosten beinhalte, hätten Firmen in Kalifornien einen Heimvorteil gegenüber der Konkurrenz aus anderen Bundesstaaten, wurde moniert. Damit verstoße Kalifornien gegen eine Klausel, die es US-Bundesstaaten verbietet, Unternehmen außerhalb ihrer Grenzen gegenüber solchen aus dem eigenen Bundesstaat zu diskriminieren.

Energieexperten zufolge hat das Gesetz aus ökologischer Sicht gewirkt, weil es Firmen in anderen Bundesstaaten beeinflusste. Sie hätten ebenfalls ökologische Kriterien anwenden können, um der Benachteiligung zu entgehen. Das hätte aber unter Umständen zu einer vorübergehenden Schmä᠆lerung der Profite geführt. Daher beschritten die Konzerne den Rechtsweg und hatten vorerst Erfolg. Die kalifornische Regierung will demnächst aber die Umweltverordnung gerichtsfest verändern. Allerdings dürfte es auch dagegen wieder Klagen der Konzerne geben. Denn das Torpedieren dieser Gesetze hat für sie einen wichtigen Effekt. Wenn Kalifornien nämlich seine umweltpolitische Vorreiterrolle nicht mehr ausfüllen kann, kommen andere Bundesländer gar nicht erst in Versuchung, ähnliche Gesetze zu erlassen. Nur wenn die Profitmarge stimmt, ist für diese Kapitalfraktionen die Welt in Ordnung.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/215026.rueckschlag-in-kalifornien.html
Peter Nowak