Friedrichshain: Kein Ende bei Entmietungen und Luxusmodernisierungen

Bezirksamt auf Seite der Investoren

Das gesamte Eckhaus Samariterstraße 8 ist eingerüstet. Die Bauarbeiten sind im vollen Gange. Nur wenige Mieter/innen wohnen noch in dem großen Gebäude. Die meisten Wohnungen stehen leer. Das ist im Nordkiez von Friedrichshain eigentlich nichts Besonderes mehr. Spätestens seit der Investor Christoph Gröner alte Basaltbauten für einen Nobelneubau auf dem Grundstück Rigaer Straße 72–73 abreißen ließ, steigen auch in der Nachbarschaft die Mieten.

Dagegen hatten sich die Mieter/innen in der Samariterstraße 8 seit Frühjahr 2019 gewehrt. „Miete alt 707 Euro – Miete neu 1700 Euro“ stand damals auf Transparenten, die aus den Fenstern ihrer Wohnungen hingen. Die Bewohner/innen waren an die Öffentlichkeit gegangen, als sie …

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X Properties Joerg Franzbecker, Naomi Hennig, Florian Wüst Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart 
der Stadt #11 ISBN: 978 3946674108, 7 Euro, 155 Seiten

Rüstzeug für den Widerstand

Der Berliner Immobilienmarkt boomt weiter, Menschen werden aus ihren vertrauten Lebenszusammenhängen verdrängt. Wohn-, Arbeits- und Gewerberäume dienen Immobilienkonzernen, Investmentfonds und anonymen Eigentümer/innen als Anlageobjekte. „Doch wer sind die tatsächlichen Akteur/innen hinter der Ökonomisierung des städtischen Lebens? Was ermöglicht ihr Handeln – und wie lässt es sich politisch und gesellschaftlich kontrollieren und durchkreuzen?“

Diese zentralen Fragen stellen verschiedene Autor/innen in der aktuellen 11. Ausgabe der „Berliner Hefte zur Geschichte und Gegenwart der Stadt“. Die Herausgeber/innen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die sozialen, kulturellen und ökonomischen Veränderungen in Berlin und anderen Städten zu analysieren und zu kritisieren. Die Hefte bieten Informationen über die Berliner Immobilienbranche und ihre Verflechtung mit der Politik, die auch für Menschen nützlich sind, die von diesen Praktiken betroffen sind und sich dagegen wehren wollen. Denn dafür ist es notwendig und wichtig, über Eigentumsverhältnisse auf dem Berliner Immobilienmarkt informiert zu sein.  Und das leisten die Berliner Hefte in einer größtenteils allgemein verständlichen Sprache. In der 9. Ausgabe stand die Europacity am Berliner Hauptbahnhof im Zentrum (siehe MieterEcho 428). In der aktuellen Ausgabe mit dem kurzen und prägnanten Titel „X Properties“ liefern die Autor/innen anschauliche Beispiele für die …

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Immobilienboss Gröner spendete der CDU 820.000 Euro. Zu seinen Bedingungen, gab er öffentlich zu. Berlins Regierender Bürgermeister sorgt aber gerade ganz anders für Aufregung,

Schwarzer Filz: Neues aus dem Berliner Immobiliensumpf

Gröner gehört zu den Immobilienunternehmern, die sich nicht hinter dem Namen einer Briefkastenfirma verstecken, sondern immer wieder auch mit politischen Forderungen an die Öffentlichkeit treten. Vor fünf Jahren stand Gröner im Mittelpunkt des Films "Ungleichland" und spielte damals sogar mit dem Gedanken, eine eigene Partei zu gründen und in die Politik zu gehen.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat es geschafft, dass sich Schlagzeilen mit seinem Namen gerade hauptsächlich um Gendersprache drehen – statt um eine brisante Parteispende in Höhe von 820.000 Euro, die der Immobilienunternehmer Christoph Gröner an die CDU.Wegners Ankündigung, in Rahmen seiner Amtsführung nicht zu gendern und von ihm dementierte Berichte über ein mögliches Genderverbot in der Berliner Verwaltung sorgten zuletzt für mehr Aufregung als die Parteispende, die. …

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Eine Stärkung der Ukraine wurde stets als Voraussetzung für Friedensverhandlungen genannt. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede. So zeigt sich, wie richtig es ist, sich auf keine Seite zu stellen.

Nach ukrainischen Erfolgen: Bombenstimmung in Deutschland

Vor 107 Jahren haben sich Kriegsgegner aus ganz Europa im Schweizer Zimmerwald getroffen und ein Manifest verabschiedet, in dem es hieß: "Über die Grenzen, über die dampfenden Städte und Dörfer hinweg rufen wir Euch zu: Proletarier aller Länder vereinigt Euch". Die Forderung hat nichts von ihrer Aktualität eingebüßt, wenn es um den Kampf gegen den Krieg geht, auch wenn das Proletariat, das den Krieg beenden könnte, heute viel zerstreuter ist.

„Seit wir die erste Panzerabwehrrakete an die Ukraine geliefert haben, haben wir tödliche Waffen geliefert“, erklärte am Montag Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Dort sprach der erklärte Bellizist, der seit Monaten für mehr Waffen an die Ukraine trommelt, auch sonst Klartext. Schon mit den ersten Waffen sei die Eskalation eingetreten, vor der …

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Ein berüchtigter Immobilienunternehmer will die Berliner Politik aufmischen

Gegen „Nordkorea an der Spree“

Seine Kandidatur zeigt, dass manche Akteure in der Immobilienwirtschaft ganz offen für einen Turbokapitalismus ohne jegliche Beschränkungen eintreten. Da ist Alexander Skora keine Ausnahme. Auch der Chef der CG-Gruppe Christoph Gröner, der als Großspender der Berliner CDU bekannt wurde, hat in einem Fernsehinterview mit der Gründung einer eigenen politischen Bewegung der Macher und Entscheider gedroht.

„Ein Investor und Hotelier aus Prenzlauer Berg will der nächste Bürgermeister von Berlin werden – und hat große Pläne für die Hauptstadt“ . So stellt die Kiezzeitung Prenzlauer Berg Nachrichten (PBN) Alexander Skora vor, der bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus als Kandidat antritt. Unterstützt wird der Parteilose von einer Gruppe, die sich …

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Polizeiknüppel in der Uni

In mehreren Bundesländern gehen Sicherheitsbehörden verstärkt gegen Studierende vor

Die Veranstaltungen zum 50. Jubiläum der 68er-Bewegung sind in vollem Gange. In vielen Städten berichten Zeitzeug*innen über die unterschiedlichen politischen Aktionen jener Zeit, auch und besonders an den Universitäten. Doch während politischer Ungehorsam von damals heute meist gefeiert wird, wächst an deutschen Hochschulen die staatliche Repression. Darauf hat der »freie zusammenschluss von student*innenschaften« (fzs) kürzlich hingewiesen.

Der unmittelbare Anlass für die Erklärung war die Räumung des von Studierenden besetzten Audimax an der Technischen Universität Berlin während des Streiks der studentischen Hilfskräfte Mitte Juni. Lange Zeit galt an Hochschulen das ungeschriebene Gesetz, dass politische Konflikte möglichst ohne das Einschalten der Polizei gelöst werden. Doch das gehört schon längst der Vergangenheit an. Bereits Ende Mai wurde während der Ringvorlesung »REM-Lektüre« in der Architektur-Fakultät der Technischen Universität eine Kritikerin des Immobilienentwicklers Christoph Gröner von Polizist*innen des Saals verwiesen.

Das Forum »Urban Research and Intervention«, in dem sich kritische Wissenschaftler*innen und Student*innen treffen, kritisierte den Polizeieinsatz in einem offenen Brief. »Wir bedauern, dass das Publikum die Eskalation der Veranstaltung mit dem Eingreifen der Polizei nicht verhindert hat.« Man sehe sich als Studierende besonders in der Verantwortung, »den universitären Raum vor unwissenschaftlichem und diskriminierendem Verhalten sowie dem Eingreifen der Polizei zu schützen«. Es brauche andere Wege, um offene Debatten zu gewährleisten, so der Brief.

Doch Staatsrepression gegen kritische Student*innen gibt es nach Einschätzung von Nathalia Schäfer vom fzs-Vorstand nicht nur in Berlin. Man könne sie in allen Bundesländern finden – unabhängig von der Zusammensetzung der Landesregierung. So versucht beispielsweise derzeit die Polizei im schwarz-grün regierten Baden-Württemberg, zwei Datenträger der Verfassten Studierendenschaft der Uni Freiburg zu entschlüsseln. Diese waren ihr im Zuge einer Razzia gegen die linke Internetplattform »Indymedia linksunten« in die Hände gefallen und enthalten die Daten aller 25 000 Studierenden der Universität – darunter sämtliche Personalabrechnungen mit Kontakten und Kontodaten seit 2013.
Die Datei hatte man wie üblich aus Sicherheitsgründen in einer Privatwohnung gelagert. Der Freiburger Asta kämpft seit der Beschlagnahme juristisch und politisch für die Rückgabe der Daten.
Im schwarz-grün regierten Hessen sorgt derweil ein massiver Polizeieinsatz vom April auf dem Gelände der Goethe-Universität in Frankfurt am Main bei Studierenden noch immer für Empörung. Damals waren rund 150 Polizist*innen ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss in das Studierendenhaus auf dem Universitätsgelände eingedrungen und hatten Computer beschlagnahmt. Alle Personen, die sich im Gebäude aufhielten, wurden befristet festgesetzt und durften erst nach einer Personalienkontrolle wieder gehen. Während der hessische CDU-Innenminister Peter Beuth den Polizeieinsatz gegen Kritik verteidigte, erklärte das hessische Amtsgericht diesen mittlerweile für rechtswidrig. Nathalia Schäfer vom fzs-Vorstand kritisierte auch die Verschärfung des hessischen Verfassungsschutzgesetzes, das eine umfassende Überprüfung von Mitarbeiter*innen von zivilgesellschaftlichen Organisationen vorsieht. Auch davon seien studentische Aktivist*innen betroffen.

Der fzs warnt ebenfalls vor dem Agieren der AfD in verschiedenen Landesparlamenten. So stellte die AfD in Baden-Württemberg und Thüringen gezielte Anfragen über autonome Referate und über die studentische Selbstverwaltung. In Thüringen wollte die AfD zudem wissen, welche politischen Veranstaltungen in den letzten Jahren von den studentischen Gremien ideell und finanziell unterstützt worden sind.

Auch in Frankreich, wo man das Jubiläum des 1968er Aufbruchs mit zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen feiert, werden Kommiliton*innen, die sich aktuell gegen die Verschlechterung ihrer Studienbedingungen wehren, mit Repressionen überzogen. Mehrere Hochschulgebäude, die kurzzeitig besetzt waren, wurden von der Polizei geräumt. Verantwortlich dafür sind teilweise Politiker*innen, die 1968 aktiv in die Protestbewegung involviert waren.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1094582.polizeiknueppel-in-der-uni.html

Peter Nowak

Leistungsorientiertes Wohnen

CG Immobiliengruppe auf Expansionskurs

Schwarze Ballons ragen in den frühlingshaften Himmel, bedruckt mit der Aufforderung „Immobilienblasen zum Platzen bringen!“. Zwischen Hochbahn und Wilhelmstraße wird die Kreuzung am Halleschen Ufer mit Transparenten blockiert. Für einen Moment steht der Verkehr still. Im Hintergrund ragt das ehemalige Postbank-Hochhaus in die Höhe, das seit einiger Zeit als lukratives Immobilienobjekt beworben wird.

„Vom jungen Bauunternehmer zum kapitalmarktfähigen Projektentwickler”. So beschrieb der Tagesspiegel die Karriere des Bauunternehmers Christoph Gröner, dessen vor 20 Jahren in Leipzig gegründete CG Gruppe seine Initialen trägt. „Immobilien sind für uns eine Weltanschauung“, lautet die Unternehmensideologie. In welche Richtung diese Entwicklung geht, verdeutlicht das firmeneigene CG-Magazin deutlich. Die Hochglanzbroschüre vertritt eine Unternehmerideologie mit esoterischem Einschlag. Es wird eine vierte Dimension der Immobilie beschrieben, die „spürbar wird, indem sie Mehrwerte für Immobilien schafft, die heutige Bedürfnisse erfüllen, aber darüber hinaus schon morgen Nutzen schaffen“. Doch wenn es um die Zielgruppe geht, die in den Häusern wohnen soll, wird weniger kryptisch formuliert. Wer in Tokio arbeite und einen neuen Job in Berlin antreten soll, habe keine Zeit, sich vorher Wohnungen anzuschauen. „Unser Vertical-Village-Konzept richtet sich an leistungsorientierte Menschen. Also an Freiberufler, Manager oder Fachkräfte, die nur für einen begrenzten Zeitraum in einer Stadt arbeiten.“

Berliner Projekte
So war es nicht verwunderlich, dass Gröner nach seiner Zeit in Leipzig ab 2009 in Berlin gleich mehrere lukrative Bauprojekte entwickelte. Am Halleschen Ufer 40-60 soll auf dem Areal der ehemaligen Postbank das XBerg Quartier als „durchmischtes Quartier für Arbeit, Wohnen und Freizeit“ entstehen. In der Fraunhoferstraße 29 wird die „Residenz am Ernst-Reuter- Platz“ entwickelt und im ehemaligen Steglitzer Kreisel in der Schlossstraße soll ein lichtdurchfluteter „City Tower mit hochwertigen Eigentumswohnungen“ errichtet werden. Die Immobilie in Steglitz wurde für 20 Millionen Euro gekauft, nachdem das Land Berlin für die Asbestsanierung 18 Millionen Euro ausgegeben hatte. Mit den entstehenden Apartments, die für bis zu 8.000 Euro/m² verkauft oder für 17 bis 25 Euro/m² vermietet werden – einige wenige zur Autobahn gelegene Apartments werden für 9 Euro/m² angeboten –, kann er enormen Gewinn erzielen.
Deutlich wird die Aufwertungsstrategie auch beim Projekt Sama-Riga in der Rigaer Straße im Stadtteil Friedrichshain. In einem Presse-Interview bezeichnet Christoph Gröner 11 bis 13 Euro/m² als durchaus verträglich. Nach massiver Kritik an dem Projekt wurde ein Quadratmeter-Preis von 8 Euro veranschlagt. Dieser bezog sich aber nur auf das Gebäude des bisherigen Mieters, der Bildungseinrichtung für berufliche Umschulung und Fortbildung (BUF). Ob diese Vereinbarung nach der drohenden Insolvenz der BUF noch gilt, ist eine offene Frage.
In den Werbevideos des Immobilienunternehmens sind einkommensschwache Menschen nicht zu sehen. Es ist die Welt der Erfolgsmenschen, bei denen sich alles um Flexibilität, Investitionen und Rendite dreht. Selbst die völlig zahnlose Mietpreisbremse wird als „ein ebenso überflüssiges wie rechtlich bedenkliches Instrument staatlicher Regulierung“ bezeichnet. Auch wenn Gröner und Co. wenig Druck von der Politik befürchten müssen, gibt es öffentlichen Protest. In Leipzig und Dresden sind Parolen gegen die CG Gruppe aufgetaucht. Im Friedrichshainer Nordkiez hat sich aufgrund des Projekts Sama-Riga der Widerstand der Nachbarschaft entwickelt, der auch nach der Erteilung der Baugenehmigung durch Bezirk und Senat weiter anhält. Möglicherweise haben die Mieterproteste in der Stadt dazu geführt, dass beim Kreuzberger Projekt ein Anteil von 25% bezahlbarer Wohnungen entstehen soll – trotzdem gab es in den letzten Wochen öffentliche Protestaktionen gegen verschiedene CG-Pläne wie die am XB-Tower.

http://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2018/me-single/article/leistungsorientiertes-wohnen.html
aus: MieterEcho 396 / Juni 2018
Von Matthias Coers und Peter Nowak

Kritischer Einsatz


Vorlesung eines Investors in der Architekturfakultät der TU unter Polizeischutz

„Wie gelingt bezahlbares Wohnen trotz hoher Kosten?“ Diese Frage interessiert in Berlin viele MieterInnen. Doch eine Ringvorlesung mit dieser Fragestellung in der Architekturfakultät der Technischen Universität (TU) lockte am Mittwochabend neben Studierenden vor allem ProjekteentwicklerInnen an.

Schließlich war mit Christoph Gröner der Vorsitzende der CG-Gruppe als Redner eingeladen, der als Immobilienin- vestor nicht gerade als Vorkämpfer für Sozialmieten gilt. Kritische Studierende vom Forum for Urban Research and Intervention wiesen in einem Faltblatt darauf hin, dass auf der Webseite der für den Vertrieb zuständigen Tochtergesellschaft der CG-Gruppe keine Mietwohnung unter einer Nettokalt- miete von 1.000 Euro angeboten werde und sich unter den Berliner Bauprojekten des Unternehmens lediglich 180 preis- und belegungsgebundene Sozialwohnungen befinden.

Doch zu Wort kamen sie mit ihrer Kritik nicht. Christoph Gröner erklärte, er wolle gerne selbst mit bezahlbarem Wohnraum „ein Schweinegeld“ verdienen. Eine Mietpreisbremse lehnt er vehement ab. Dafür sprach er sich für die Besteuerung der Bodenspekulation aus. Doch die zentrale Botschaft von Gröner war, dass eine Senkung der Baukosten nur durch technische Innovationen zu erreichen sei. Vorbild ist für ihn die deutsche Automobilindustrie, die sich nach Zeiten der Krise neu aufgestellt habe.

Im Publikum stieß Gröner damit auf viel Zustimmung. Die Zahl der KritikerInnen war klein. Eine Frau warf Gröner in einem längeren Redebeitrag vor, das die CG Gruppe im Friedrichshainer Nordkiez mit dem Bau des Carré Sama- Riga zur Verdrängung einkommensschwacher MieterInnen beitrage. Nach wenigen Minuten wurde sie von den bereits anwesenden Polizeikräften und dem Sicherheitsdienst aus dem Saal geschleppt und bekam eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Ein Großteil des Publikums quittierte die Maßnahme mit Applaus. Nach der Veranstaltung äußerten sich einige Studierende allerdings kritisch zum Polizeieinsatz.

Ein Vertreter des Hochschulpoltischen Referats des Asta der TU sagte der taz, man wolle sich auf der nächsten Asta-Sitzung mit dem in jüngster Zeit häufigen Einsatz von Polizei und Sicherheitsdiensten auf dem Campus befassen. Man lehne das Vorgehen ab und fordere die Rücknahme der Anzeige.

taz, freitag, 1. juni 2018

Peter Nowak

Große Bühne für Investor Christoph Gröner an der Technischen Universität

„Wie gelingt bezahlbares Wohnen trotz hoher Kosten?“ Diese Frage interessiert in Berlin viele Mieter/innen. Doch eine Ringverlesung mit dieser Fragestellung in der Architekturfakultät der TU-Berlin lockte am Mittwoch Abend neben Studierenden vor allem Menschen aus dem Investorensektor an. Schließlich war Christoph Gröner der Vorsitzende der CG-Gruppe als alleiniger Redner eingeladen, der als Immobilieninvestor nicht gerade als Vorkämpfer für Sozialmieten gilt. Schließlich war Gröner Hauptfigur in dem kürzlich ausgestrahlten ARD-Film „Ungleichland“, der sich mit der Macht von Kapitalist/innen befasste. Dort erklärte Gröner unter Anderem: „Wenn Sie 215 Millionen haben und schmeißen das Geld zum Fenster raus, dann kommt es zur Tür wieder rein. Sie kriegen es nicht kaputt“. In dem Film hat Gröner auch sein Verhältnis zum Staat so definiert: „Wir, die Leute, die Gas geben, die Geld haben, müssen uns einbringen, wir sind der Staat.“ An der TU schlug Gröner andere Töne an. Seine zentrale Botschaft lautete, dass eine Senkung der Baukosten nur durch technische Innovationen zu erreichen sei. Die CG-Gruppe stellte er als Pionier des digitalen Bauens vor. Vorbild ist für ihn die deutsche Automobilindustrie, die sich nach den Zeiten der Krise weltweit neuaufgestellt habe. Im Publikum stieß Gröner damit auf viel Zustimmung. In der anschließenden Diskussion outeten sich einige als überzeugte Wirtschaftsliberale, für die jeder Eingriff des Staates in die Wirtschaft tabu ist. Daher blieb auch Gröners Verteidigung des Diesel unwidersprochen, der angeblich durch eine ideologische Politik kaputt gemacht werde. Gröner bekräftigte seine Ablehnung der Mietpreisbremse. Doch einen Staatseingriff befürwortete er aus Eigeninteresse – die Besteuerung von Boden, der zur Spekulationszwecken genutzt wird. Gröner beklagte, dass er im Mieterverfahren gegenüber Konkurrent/innen unterliege, die dann das Areal nicht sofort bebauen.

Keine Wohnungen unter 1000 Euro
Er hätte nichts dagegen, selbst „mit bezahlbaren Wohnraum ein Schweinegeld zu verdienen“, bekundete Gröner. Für wen die Wohnungen bezahlbar sein sollen, sagte er nicht. Kritische Studierende vom Forum for Urban Research and Intervention (FURI) wiesen in einem Faltblatt darauf hin, dass auf der Webseite der für den Vertrieb zuständigen Tochtergesellschaft der CG-Gruppe keine Mietwohnung unter einer Nettokaltmiete von 1000 Euro angeboten wird und sich unter den Berliner Bauobjekten des Unternehmens lediglich 18 preis- und belegungsgebundene Sozialwohnungen befinden. Doch zu Wort kamen sie mit ihrer Kritik nicht. Eine Frau von der Friedrichshainer Stadtteilinitiative „Nordkiez lebt“ warf Gröner in einem längeren Redebeitrag vor, in der Rigaer Straße mit dem Bau des Carree Sama-Riga zur Verdrängung einkommensschwacher Mieter/innen beizutragen. Nach wenigen Minuten wurde sie von Polizei und Sicherheitsdienst aus dem Saal geschleppt und bekam eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Ein Großteil der Teilnehmer/innen quittierte die Polizeimaßnahme mit Applaus. Nach der Veranstaltung äußerten sich einige Studierende allerdings kritisch zum Polizeieinsatz. Auch ein Vertreter des Hochschulpoltischen Referats des Asta der TU-Berlin erklärt gegenüber MieterEcho online, man wolle sich auf der nächsten Asta-Sitzung mit dem in jüngster Zeit häufigen problematischen Einsatz von Polizei und von Sicherheitsdiensten auf dem Campus befassen. Man lehne das Vorgehen ab und fordere die sofortige Rücknahme der Anzeige. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Ringvorlesung Real Estate Management in der Architekturfakultät der TU statt. „Die REM-Lecture ist eine für alle offene Ringvorlesung, die sich seit 2012 etabliert hat und aktuelle Themen der Stadtentwicklung und Stadtpolitik im Kontext der Immobilienwirtschaft diskutiert“, heißt es auf der Homepage. Mieter/innen und ihre Organisationen sind dort als Referent/innen nicht vorgesehen und, wenn sie nicht applaudieren, auch nicht als Zuhörer/innen.

MieterEcho online 31.5.2018

https://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/groener-an-der-tu.html
Peter Nowak

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Offener Brief von FURI zum Vortrag von Christoph Gröner im Rahmen der immobilienwirtschaftlichen Ringvorlesung „REM-Lecture“

Bereits im Vorfeld des vom Studiengang Real Estate Management organisierten Talks des Projektentwicklers Christoph Gröner zum Thema „Baupreise und Bodenpreise – wie gelingt bezahlbares Wohnen trotz hoher Kosten?“ am Institut für Architektur (IfA) der TU Berlin am vergangenen Mittwoch, den 30.05.2018, reagierte die Veranstalterin auf den Aufruf zur Teilnahme durch FURI und äußerte den Wunsch nach einem „anregenden Dialog“. Dieser solle sich durch Fairness und „einer universitär akademischen, wissenschaftlichen Grundsätzen folgenden und damit meinungsoffenen Diskussion“ auszeichnen. Die vielversprechende Ankündigung dieser offenen Diskussion an unserer Universität wurde durch Tatsachen kontrastiert, die aus unserer Sicht an einer öffentlichen Bildungseinrichtung nicht akzeptabel sind.

Dazu zählte am offenkundigsten die Anwesenheit zahlreicher Sicherheitskräfte (Security der TU Berlin, ca. 15 Polizisten einschl. Zivilpolizisten sowie vier private Personenschützer von Christoph Gröner), die der Veranstaltung einen völlig unangemessenen Rahmen setzten, der aus unserer Perspektive nicht unwesentlich zur kurzzeitigen Eskalation der Veranstaltung beigetragen hat. Diese Eskalation bestand darin, dass eine Person aus dem Publikum, die ihren Ärger über die Inhalte der Veranstaltung nicht zügeln konnte, in der Folge von der Polizei des Hauses verwiesen wurde. Unsere Kritik endet aber nicht schon hier…

Zu den einzelnen Kritikpunkten

Eingeschränkter Zugang zur Veranstaltung: Trotz schriftlich eingegangener Anmeldungen wurden angemeldete Personen zunächst nicht in den Raum gelassen. Angesichts der bereits zahlreichen Anmeldungen hätte das veranstaltende Fachgebiet davon ausgehen müssen, dass der Raum A060 mit seinen Kapazitäten nicht ausreichen würde, um allen Interessierten Zugang zur Veranstaltung zu ermöglichen. Zugleich erschienen die eigentlich obligatorischen Anmeldungen als nur bedingt bindend. So ergab sich vor Ort das Bild, dass eine Anmeldung z.T. eher zweitrangig war, sondern stattdessen zunächst Personengruppen eingelassen wurden, die in persönlicher Verbindung mit den OrganisatorInnen standen und auch nicht zwangsläufig eine Anmeldung vorzeigen mussten. Insgesamt fanden ca. 100 Personen Platz. Weitere Stehplätze für ca. zehn Personen wären vorhanden gewesen; dennoch entschieden sich die VeranstalterInnen, den Personen den Einlass zu verwehren und den Eingang zum Raum bewacht (inklusive zwei Personenschützern) zu halten.

Mangel an Moderation und Kuratorium: Da eine Moderation durch das organisierende Fachgebiet weitestgehend ausblieb, blieb eine Einordnung der inhaltlichen Positionen Gröners innerhalb eines wissenschaftlichen Diskurses oder einer öffentlichen Debatte aus. Nach Rücksprache mit FachgebietsmitarbeiterInnen im Anschluss der Veranstaltung wurde darüber hinaus deutlich, dass Herr Gröner frei über das Thema entschied, wobei die Themenwahl auch im zuständigen Fachgebiet auf einige Verwunderung stieß. Entsprechend fragen wir uns, wieso – angesichts der politischen Aktualität der Wohnungsfrage – nicht spätestens zu diesem Zeitpunkt auf eine umfassendere inhaltliche Vorbereitung bzw. Begleitung des Vortrages Wert gelegt wurde. Eine Umstrukturierung der Veranstaltung zu einem Panel mit unterschiedlichen Akteuren hätte nach unserer Meinung nicht nur das Potential gehabt, besser der politischen Brisanz dieses Themas gerecht zu werden, sondern auch, der Frustration einiger TeilnehmerInnen, wie sie im Zuge der Veranstaltung lautstark geäußert wurde, schon vorab offen und konstruktiv zu begegnen. Anders als im letztendlich realisierten Vortragsmodell hätten mit diesem Ansatz verschiedene Positionen bzgl. der Schaffung und Verwaltung bezahlbaren Wohnraums eine Stimme erhalten und ein konstruktives Streitgespräch hätte sich entwickeln können.

Eindimensionalität der Debatte: Herr Gröner machte in seinem Vortrag verschiedene Argumente, die nach unserer Meinung in einer universitären Veranstaltung nicht unkommentiert bleiben sollten. So wurde sich zeitweise für eine Entpolitisierung von Wohnen und Bauen ausgesprochen und Fragen nach der Weitergabe der von ihm angepriesenen Kosteneinsparungen an die MieterInnen ausgewichen. Andere Statements, wie die Thematisierung der Verdrängung von sozialen Gruppen mit niedrigem Einkommen von der Innenstadt an die Peripherie, wurden trotz diesbezüglicher Wortmeldungen unkommentiert gelassen. In zweierlei Hinsicht bot die Veranstaltung und ihre Einbettung keine Möglichkeit, angemessen auf diese Aussagen zu reagieren. Zum einen gab es für einen Dialog, wie er noch in einer Email des veranstaltenden Fachgebietes beworben und von Herrn Gröner nach dem Störfall eingefordert wurde, keinen Raum. Es dominierte ein Frage-Antwort-Verhältnis, das die Rednerposition Herr Gröners strukturell stärkte. Einzig hier machte sich auch die Moderation bemerkbar, die stur an der Einhaltung dieses Redemodells interessiert war. Zum anderen wird seitens des veranstaltenden Fachgebietes die Option ausgelassen, in weiteren Ringvorlesungen erschöpfend andere ExpertInnen zu Fragen des Bauens und der Verwaltung bezahlbaren Wohnraums zu Wort kommen zu lassen. So scheint die diesbezügliche Pluralität an Perspektiven und Lösungen kaum wahrgenommen zu werden. Vielmehr ergibt sich in Reflektion der Veranstaltung der Eindruck, dass im Fachgebiet für Planungs- und Bauökonomie/Immobilienwirtschaft Fragen nach bezahlbarem Wohnraum im besten Fall als entpolitisierte Nebenaspekte im Zuge einer renditegetriebenen Unternehmensführung diskutiert werden, während sie im schlechtesten Fall als philanthropisches Marketingpotential dienen. Es ist zu betonen, dass wir nicht der Überzeugung sind, dass Akteure wie die CG-Group – oder Herr Gröner im spezifischen – in einer Diskussion zu bezahlbaren Wohnraum grundlegend kein Rederecht haben. Wenn besagte Akteure der Überzeugung sind, dass sie zu diesbezüglichen Debatten etwas beizutragen haben, scheint es vorerst legitim, sie anzuhören. Es ist nach unserer Meinung aber nicht tragbar, ihnen z.T. unkommentiert und ohne Dialog auf Augenhöhe eine Plattform zu bieten. Wir blicken interessiert auf die kommende Veranstaltung der REM-Lecture am 4. Juli 2018 zum Thema Wie gelingt nachhaltiges und planerisch anspruchsvolles Wohnen trotz hoher Kosten zu bezahlbaren Mieten: Strategien für Planer durch Christian Roth und Sascha Zander von zanderrotharchitekten, können aber nicht abstreiten, dass bei uns eine große Skepsis besteht, ob Positionen außerhalb eines marktliberalen und technologischen Solutionismus in die Veranstaltung Einzug finden werden.

Rolle der Universität und des IfAs als zuständiges Institut für das FG Planungs- und Bauökonomie/Immobilienwirtschaft: Die Rolle des Instituts für Architektur, in dessen Zuständigkeit das veranstaltende Fachgebiet Planungs- und Bauökonomie/Immobilienwirtschaft fällt, steht noch komplett im Dunkeln und Bedarf der Aufklärung. Demgegenüber war das Präsidium der TU Berlin mit Sicherheit über die scheinbar gefährdete Veranstaltung informiert, sodass es in der Folge auch verstärktes TU-eigenes Sicherheitspersonal vor Ort positionieren ließ. Eigene Präsenz vor Ort zu zeigen, einen dem universitären Rahmen würdigen Ablauf zu ermöglichen sowie ggf. aufkommenden Streit zu schlichten, scheint dem Präsidium jedoch nicht relevant gewesen zu sein.

Rolle der Studierenden: Wir bedauern, dass das anwesende Publikum die Eskalation der Veranstaltung mit dem Eingreifen der Polizei nicht verhindert hat. Wir sehen uns als Studierende besonders in der Verantwortung, den universitären Raum vor unwissenschaftlichem und diskriminierendem Verhalten sowie dem Eingreifen der Polizei zu schützen und andere Wege zu finden, meinungsoffene Debatten zu gewährleisten.

Die im Vorhinein der Veranstaltung von FURI getätigte Vermutung, dass sich keine anderen Fachgebiete sowohl des IfAs als auch des Instituts für Stadt- und Regionalplanung am Talk mit Christoph Gröner beteiligen würden, bewahrheitete sich. Dies scheint weiterhin darauf hinzudeuten, dass es außerhalb des Fachgebiets für Planungs- und Bauökonomie/Immobilienwirtschaft sowohl am ISR als auch am IfA kaum systematische und dauerhafte Bemühungen in Forschung und Lehre gibt, die Themenfelder Immobilienökonomie, Soziale Wohnraumversorgung und städtebauliche und architektonische Ausprägung integriert zu betrachten. FURI fordert deshalb, sich auch im Sinne einer Aufarbeitung des Talks mit Christoph Gröner mit dieser Leerstelle auseinanderzusetzen, ihre geschichtliche Gewordenheit zu reflektieren und die Diskussion darüber offen und transparent zu führen.

Presse:

„Große Bühne für Investor Christoph Gröner an der Technischen Universität“, MieterEcho online am 31.5.2018: http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/groener-an-der-tu.html

„Kritischer Einsatz“, taz vom 01.06.2018: http://www.taz.de/!5506895/

https://furi.berlin/aktuelles/offenerbrief_cg-gruppe_an_der_tu-berlin/

Wenn schwerreiche Populisten in die Politik streben


Der ARD-Beitrag „Ungleichland“ über den Bauunternehmer Christoph Gröner zeigt auch, warum Trump, Berlusconi und Macron von nicht wenigen Subalternen gewählt und bewundert werden

Es gibt wohl kaum was, für das man den Kurzzeit-Gesundheitsminister Jens Spahn loben könnte. Nur, seine Weigerung, der Aufforderung einer Hartz IV-Gegnerin zu folgen und eine Woche nach den finanziellen Sätzen zu leben[1], die der Gesetzgeber für sie vorgesehen hat, sollte nicht Gegenstand der Kritik sein.

Schließlich hätte die „sinnlose Armutsshow“[2] keinen Hartz-IV-Empfänger ein besseres Leben beschert, sie hätte nicht einmal aufklärerische Impulse gesetzt. Sie hätte sich vielmehr eingereiht, in die Banalisierung und Eventisierung der staatlichen Verarmungspolitik.

Promis auf Hartz IV

Schon längst gibt es im Unterhaltungsfernsehen die Sendung Promis auf Hartz IV[3]. Dort können Reiche einen Monat Hartz-IV als spannendes Erlebnis zelebrieren. Die Ankündigung spricht Bände über das Selbstverständnis der Sendemacher.

Heinz und Andrea sind ein Leben im Luxus gewohnt. Angefangen bei der 1.000 Quadratmeter großen Villa Colani über eine Haushälterin bis hin zu den nicht vorhandenen Geldsorgen. Genau diesen Luxus lässt das Fürstenehepaar in den nächsten vier Wochen zurück, um das Leben aus Sicht von Hartz-IV-Empfängern zu erleben. Heinz und Andrea leben während des Experimentes von 736 Euro im Monat. Schon bei der Ankunft sitzt der erste Schock tief – die neue Bleibe ist bis auf einen Herd und zwei Feldbetten komplett unmöbliert. Ihre erste Aufgabe ist somit das Möblieren ihrer kleinen Wohnung. Werden sie das Experiment durchstehen?“

TV-Sendung Promis auf Hartz IV

Die Verachtung der Armen spricht aus jeder Zeile dieses Sozialexperiments für Vermögende. Christoph Gröner würde nur lachen, wenn man ihm vorschlagen würde, einen Monat unter Hartz IV zu leben. Der Gründer und Namensgeber der CG-Gruppe[4] ist schließlich der Prototyp eines Neureichen, der gar kein Hehl daraus macht, dass er mit seinen Vermögen Macht hat und die auch einsetzt.

Gröner hat erst kürzlich eine Debatte über die Macht des Kapitals ausgelöst. Schließlich war er in der letzten Woche Hauptfigur[5] des Films Ungleichland[6]. Der Untertitel „Wie aus Reichtum Macht wird“ ist der rote Faden und der anschließenden Diskussion „Hart aber fair“[7], in der der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert Gröner als „Oligarch“ bezeichnete[8].

Die Reaktionen waren voraussehbar und haben eher Gröner in die Hände gespielt. Denn der ARD-Beitrag war ja keine Untercover-Recherche. Gröner ließ sich bei seiner Arbeit begleiten und konnte so Einfluss nehmen auf das Bild, das von ihm in der Öffentlichkeit gezeigt wird. Und das ist das eines Neureichen, der Kapital hat und es nutzt, um ganze Stadtteile umzustrukturieren und auch politisch Einfluss zu nehmen.

Politische Ambitionen

Wie sehr bei der anschließenden Diskussion der stellenweise durchaus kritisch fragende Moderator Teil von Gröners Konzept war, zeigte sich dann, wenn es um dessen politische Ambitionen ging. Da reichte die vage Ankündigung, dass er mal eine Partei gründen wollte, um das Thema immer wieder anzusprechen.

Selbstverständlich widersprach Gröner nicht, wenn er mit dem Moderator mit Macron und seiner Bewegung verglichen wurde. Dabei ist einerseits erstaunlich, wie realistisch hier der französische Präsident eingeschätzt wird, der schließlich in Teilen des grünennahen linksliberalen Milieus zum Hoffnungsträger verklärt wurde.

Nun mutiert in einer solchen Talkshow Macron zum Interessenvertreter des Kapitals und zum Rechtspopulisten. Gleichzeitig wird mit einen solchen Vergleich Gröner erst zu einem potentiellen Politiker aufgebaut, obwohl er noch wenige Minuten vorher erklärte, dass käme für ihn erst in einigen Jahren infrage. Vorher wollte er noch kräftig in der Immobilienbranche mitmischen.
Eine solche Talk-Show ist für Gröner und Co. auch ein Stimmungstest dafür, wie eine solche Inszenierung bei der Zielgruppe ankommt. Und der fiel für Gröner nicht so schlecht aus. Schließlich wurden während der Sendung eingehende Mails verlesen, in denen einkommensarme Menschen schrieben, dass sie wissen, dass sie allerhöchstens als Wachmann in einen von Gröners Objekten eine Chance haben, aber trotzdem zufrieden sind, dass sie sehen, wie jemand reich werden kann.

„Wir, die Leute, die Gas geben, (…) wir sind der Staat“

Es ist der Vom Tellerwäscher zum Millionär-Mythos, der auch immer wieder Millionen Menschen Lotto spielen lässt. Dabei ist es weniger der Glaube, bald ebenso reich zu sein, der Menschen wie Gröner auch bei Armen populär macht. Es ist vielmehr deren Attitüde, sein Kapital in Macht und Einfluss umzuwandeln und das auch offen zu propagieren.

„Wir, die Leute, die Gas geben, die Geld haben, müssen uns einbringen, wir sind der Staat“, ist eines der in der Internetgemeinde heftig diskutierten Zitate[9]. Das ist genau die Geisteshaltung eines Macron, eines Berlusconi oder eines Trump, oder wie die populistischen Millionäre mit Regierungsambitionen auch immer heißen.

Wenn dann der Moderator Gröner mit Macron vergleicht und nicht mit den beiden anderen, hat das den einfachen Grund, dass die eben weniger populär in Deutschland sind.

Subtile Vorteilsnahme für Gröner

Eine weitere Vorteilsnahme für Gröner leistete sich der Moderator, als er darüber redete, warum Gröner unbedingt eine eigene Partei gründen will und nicht in eine bestehende eintreten und dort Einfluss nehmen will. Da kamen die Grünen, die FDP, die SPD und sogar die Linke zur Sprache. Nur die AfD wurde ausgeblendet.

Dabei ist die einmal von wirtschaftsfreundlichen Ökonomen gegründet worden, denen die FDP damals an der Regierung nicht wirtschaftsliberal genug war. Und auch wenn mittlerweile viele von diesen neoliberalen Führungsleuten mit Bernd Lucke die Partei verlassen haben, ist der wirtschafts- und sozialpolitische Teil des AfD-Programms noch stark von ihnen geprägt.

Auch viele Wirtschaftsliberale aus der zweiten Reihe sind noch fest in die AfD integriert. Dass Gröner auch ideologische Schnittmengen mit der AfD hat, zeigte sich bei einem seiner kaum skandalisierten Sätze in der Talk-Show. Zumindest Kevin Kühnert fragte da noch mal nach.

Gröner echauffierte sich darüber, dass das Finanzamt Reichen wie ihm das Leben schwer mache und die Steuerhinterziehung im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg nicht mit ebensolcher Verve verfolge. Nun ist der Görlitzer Park der Ort, wo Menschen Drogen verkaufen, die von Staatsseite als illegal erklärt wurden. Dadurch wird überhaupt erst ein Markt geschaffen.

Mittlerweile gibt es immer mehr Juristen und auch Fachleute bei der Polizei, die sich für eine Legalisierung dieses Drogenhandels aus sehr pragmatischen Gründen aussprechen. In den letzten Monaten sind die repressiven Elemente bei der Handhabung des Drogenhandels rund um den Görlitzer Park, wie sie unter der Ägide des Berliner Innensenators Henkel gang und gebe waren, etwas zurückgefahren worden.

Man setzt mehr auf die Regulierung auch mit Nachbarschaftsinitiativen. Dafür bekommt der aktuelle Berliner Senat Lob von Fachleuten unterschiedlicher politischer Couleur. Doch für Gröner wird der Drogenhandel am Görlitzer Park zur Chiffre für einen Machtverlust des Staates, der von Rechten dann noch rassistisch aufgeladen wird.

Es ist kein Zufall, dass zivilgesellschaftliche Organisationen in der Vergangenheit immer wieder gegen Racical Profilierung[10] im Görlitzer Park[11] protestiert haben.

Gröner setzt hier nur den eigenen populistischen Akzent, dass er millionenschwere Steuerverweigerer gegen Menschen ausspielt, die sich mit Drogenhandel über Wasser halten.

„Fragen Sie mal meinen Wachmann“

Was einkommensschwache Menschen von einer Gröner-Partei zu erwarten hätten, erfahren sie auch en passant, wenn er berichtet, dass er immer im Dienst ist.

Ich bin seit 30 Jahren drei Tage nicht zur Arbeit erschienen wegen Krankheit, fragen Sie mal meinen Wachmann, wie oft der wegen Krankheit nicht da war. Wenn meine Frau mit mir Krach macht und mich die Nacht nicht schlafen lässt, bin ich bei der Arbeit. Fragen Sie mal meinen Wachmann.

Christoph Gröner, Hart aber fair

Hier steckt eine doppelte Drohung für alle Menschen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Es ist die Botschaft, dass man sich notfalls auch krank zur Arbeit schleppen sollte und möglich Tag und Nacht Leistung zeigen sollte. Der bei Gröner mehrmals zitierte Wachmann wäre im Falle der Lohnabhängigen das Wachpersonal, der Aufseher oder auch die Überwachungs-App, die auf die Sekunde genau die Leistung misst.

Amazon-Beschäftigte sprechen davon, dass sie schon angesprochen werden, wenn sie mal zwei Minuten nicht arbeiten. So ist Gröner hier durchaus nicht der besonders egozentrische Neureiche, der nicht nur seine Macht und seinen Einfluss ausübt, sondern das auch propagiert.

Er ist gleichzeitig der prototypische Vertreter eines Kapitalismus, der möglichst rund um die Uhr die Menschen auspressen will, der es zur Tugend erklärt, in dreißig Jahren nur 3 Tage krank geschrieben gewesen zu sein und auch nachts am Arbeitsplatz erscheint.

Die Gefahr, die von Mächtigen wie Gröner ausgeht, liegt vor allem darin, dass solche Bekenntnisse auch bei Menschen auf Zustimmung stoßen, die von ihrer sozialen Lage eigentlich vehement dagegen protestieren müssten. Denn sie haben die Hoffnung, dass die Knute nicht sie, sondern die Menschen trifft, denen es vielleicht noch schlechter als ihnen geht und die das angeblich verdient haben.

Wie eine solche sozialchauvinistische Ideologie funktioniert, haben Julia Frank und Sebastian Dörfler in ihren hörenswerten Radio Feature „Warum unsere Gesellschaft die Armen verachtet“[12] thematisiert.

Hier liegt auch ein Grund dafür, weshalb rechter Millionärspopulismus von Trump, Berlusconi und Macron Erfolg hat. Ob man Gröner in diese Reihe stellen kann, ist noch nicht ausgemacht. Denn einstweilen kann der seine Investorenwünsche auch noch ganz gut mit dem aktuellen politischen Personal durchsetzen.

Roter Teppich für Investor Gröner

Das zeigte sich bei dem Projekt der CG-Gruppe[13] im Friedrichshainer Nordkiez. Da wurde schnell mal der Denkmalschutz[14] Makulatur[15], damit der millionenschwere Investor nicht ungnädig wird.

Eine der Linkspartei angehörende Senatorin hatte dann angeblich auch keine Möglichkeit, Gröner die Baugenehmigung zu verweigern. Da hatte es Gröner nicht schwer, gegen das CG-Projekt[16] protestierenden Nachbarn[17] zuzurufen: „Glaubt Ihr ich baue nicht, wenn Ihr hier schreit?“ „Seit ihr wirklich so blöd?“

Schon vor 2 Jahren erklärte Gröner im Tagesspiegel-Interview[18]: „Wir Unternehmer wissen uns selbst zu helfen.“ Daher wäre es wirklich eine Bedrohung für große Teile der Bevölkerung, wenn er nicht nur die Politik für sich arbeiten lässt, sondern selber in die Politik geht.

So könnte der ARD-Beitrag auch der Anlass für eine Diskussion über den Klassenkampf von Oben sein. Und es könnte darüber diskutiert werden, warum Teile der Subalternen ideologisch so zugerichtet werden, dass sie mächtigen Männern, die die Knute zeigen, applaudieren.

Mit einer Diskussion allein über Ungleichheit kommt man dem Phänomen der Millionen schweren Populisten nicht bei. Das zeigte sich bei Berlusconi und Trump und das wird sich auch bei Gröner zeigen.

Peter Nowak

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Links in diesem Artikel:
[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/online-petition-kein-hartz-iv-fuer-jens-spahn-1.3961116
[2] https://www.tagesspiegel.de/politik/jens-spahn-und-hartz-iv-eine-sinnlose-armutsshow/21132088.html
[3] http://www.rtl2.de/sendung/promis-auf-hartz-iv/folge/folge-1-140
[4] https://www.cg-gruppe.de/
[5] https://www.mdr.de/brisant/ungleichland-wie-aus-reichtum-macht-wird-100.html
[6] https://www.mdr.de/brisant/ungleichland-wie-aus-reichtum-macht-wird-100.html
[7] https://www.huffingtonpost.de/entry/hart-aber-fair-forderung-eines-unternehmers-verargert-juso-chef-kuhnert_de_5af11c51e4b0ab5c3d690b40
[8] https://www.focus.de/politik/deutschland/hart-aber-fair-juso-chef-wirft-immobilien-mogul-christoph-groener-oligarchie-vor_id_8896884.html
[9] http://www.bento.de/tv/ard-ungleichland-dokumentation-christoph-groeners-haerteste-zitate-2363649/
[10] http://www.deutschlandfunkkultur.de/racial-profiling-rassismus-per-gesetz.976.de.html?dram:article_id=395051
[11] https://www.kop-berlin.de/beitrag/die-berliner-kampagne-ban-racial-profiling-gefahrliche-orte-abschaffen
[12] http://sebastian-doerfler.de/2015/07/radio-feature-warum-unsere-gesellschaft-die-armen-verachtet/
[13] https://www.cg-gruppe.de/Standorte/Berlin/Carre-Sama-Riga?sortBy=date&sortOrder=DESC
[14] https://samariga.noblogs.org/abriss-trotz-denkmalschutz/
[15] http://www.taz.de/!572584/
[16] https://nordkiezlebt.noblogs.org/post/category/plaene-der-cg-gruppe/
[17] https://nordkiezlebt.noblogs.org/rigaer-71-73-cg/
[18] https://www.tagesspiegel.de/berlin/carre-sama-riga-in-berlin-friedrichshain-wir-unternehmer-wissen-uns-selbst-zu-helfen/13867196.html
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Flashmob gegen CG-Gruppe

Um 19. 30 Uhr lief am Mittwochabend nichts mehr auf der Frankfurter Allee. Für mehr als 10 Minuten stand der Verkehr stadtauswärts still, weil ca. 50 Menschen mit einem Flashmob die Straße gesperrt hatten.  Als die Polizei anrückte, beenden die Aktivist/innen  die Aktion und verschwanden in alle Richtungen, ohne dass es zu Personalienfeststellungen kam.

Auf großen Transparenten wurden Autofahrer/innen und Passant/innen über die  Anliegen der Aktivist/innen informiert. „Baustopp Luxusbau CG Gruppe“ und „Menschen vor Profite“ lauteten  die Parolen. „Verdrängung verhindern“ und „Wer hier kauft, kauft Ärger“, stand auf einem anderen Transparent. Die Aktion richtete sich gegen die Pläne der CG-Gruppe auf dem  Grundstück der Rigaer Straße 71-73 einen Nobelbau zu errichten. Dagegen wehren sich seit mehr als einen Jahr Anwohner/innen im Friedrichshainer Nordkiez, weil sie eine Verdrängung befürchten (MieterEcho Online berichtete).  „Dass ein millionenschwerer Investor unbeeindruckt von den Nachbarschaftsprotesten sein Projekt durchziehen will, hat die Wut im Kiez erhöht“, erklärt eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. 
Der Unmut ist gewachsen, nachdem am 1. August auf der Höhe der Baustelle die gesamte Rigaer Straße für 18 Monate gesperrt wurde. „Jetzt sagen uns viele Nachbar/innen, dass wir doch Recht mit unseren Widerstand hatten“, sagt Gudrun Gut von der Aktionsgruppe Rigaer Straße 71-73, die seit dem 19.Januar 2016 täglich um 19 Uhr vor der Baustelle auf Pfannen und Töpfen schlägt. In den letzen Wochen waren es manchmal nur zwei Menschen, die auf die Töpfe schlugen. Doch seit die Straße gesperrt wurde, kommen bis zu 30 Menschen zum Scheppern gegen die CG-Gruppe“, erklärt Gudrun Gut. Das tägliche Scheppern ist mehr als eine symbolische Aktion. Hier wurde auch ein Ort geschaffen, an dem sich die Nachbar/innen austauschen und weitere Protestaktionen planen können. 
Der Flashmob auf der Frankfurter Allee erfolgte am Mittwoch im Anschluss in die  Schepperaktion.  

„Wer hier kauft, kauft Ärger“

Gegen die Schließung wollen mehrere Gewerbetreibende und Anwohner/innen  im Samariterkiez auch juristisch vorgehen. Sie sehen darin eine unzumutbare Beeinträchtigung. Die Straßensperrung hat auch für Streit unter den Parteien gesorgt, die den Berliner Senat tragen.  Canan Bayram von den Grünen im Abgeordnetenhaus kritisiert den Friedrichshainer Bezirksstadtrat für Wirtschaft, Schule und Sport Andy Hemke (SPD). Es habe einen Beschluss der BVV-Friedrichshain-Kreuzberg gegeben, das Gelände der Rigaer Straße 71-73  als Schulstandort auszuweisen. Doch jetzt lässt Hemke für die CG-Gruppe die Straße sperren, kritisiert Bayram. Hemke hat die Straßensperrung verteidigt. Nun versucht er den Unmut der Gewerbetreibenden und Restaurants in der Umgebung zu besänftigen, in dem er Entschädigungen in Aussicht stellt. Die Frage ist natürlich, ob hier noch einmal öffentliche Gelder ausgegeben werden, um die Wünsche der CG-Gruppe umzusetzen. Die Aktionsgruppe jedenfalls lässt sich nicht kaufen und will auch in der nächsten Zeit unabhängig von allen Parteien artikulieren. Die Baustelle könnte so ein ständiger Ort für Proteste werden. So würde die Parole, mit der die Aktivist/innen vor mehr als einem Jahr ihren Protest begannen, umgesetzt: „Wer hier kauft, kauft Ärger.“    

aus: MieterEcho online 03.08.2017

https://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/flashmob-rigaer-str.html

Peter Nowak