Keine Akzeptanz für das Carré Sama Riga im Friedrichshainer Nordkiez

Ca. 300 Menschen haben sich am 16.7.2016 im Nordkiez von Berlin-Friedrichshain an einer Demonstration gegen das Carré Sama Riga beteiligt. Dabei handelt es sich um ein Nobelprojekt der CG-Gruppe, das seit Wochen für Protest im Stadtteil sorgt.

Es gab bereits vor einigen Wochen erste Kundgebungen, ein Kiezspaziergang begann an dem Areal (siehe MieterEcho Online vom 15.6.2016). Ein von der CG-Gruppe anberaumter Informationstag am 11.6. war zu einem Fiasko für das Immobilienunternehmen geworden. Ca. 80 BesucherInnen forderten einen Stopp des Baus. Christoph Gröner vom CG-Vorstand erklärte dann, die KritikerInnen seien vernagelt und er werde auf jeden Fall bauen, auch wenn er einen Sicherheitsdienst zur ständigen Überwachung engagieren muss. Vor zwei Wochen wurden die alten Basalthäuser, die dort standen, abgerissen. Nun befindet sich auf dem Gelände ein Trümmerfeld Eine Baugenehmigung liegt noch nicht vor. „Der Abriss war eine Kampfansage an die NachbarInnen und sollte ihnen signalisieren, dass der Bau des Carré Sama Riga nicht mehr zu verhindern ist. Doch für viele  NachbarInnen war der Abriss der Grund, mit der Demonstration noch vor der Sommerpause deutlich zu machen, dass es für das Projekt im Kiez keine Akzeptanz gibt“, erklärte eine Aktivistin der Stadtteilinitiative „Keine Rendite mit der Miete/Friedrichshain“.Auf der Route durch den Friedrichshainer Nordkiez wurde PassantInnen und MieterInnen in kurzen Redebeiträgen auf den Zusammenhang zwischen dem Bau solcher Nobelprojekte und dem Anstieg der Mieten hingewiesen. Spontan  schlossen sich MieterInnen der Demonstration an.

Schlecht bezahlte Arbeitsplätze nehmen zu

Eine andere Folge der Verdrängung ist der Druck auf Läden des alltäglichen Bedarfs, die schließen müssen. Sie werden ersetzt durch Spätverkäufe und Imbisse. Die aber sind gekennzeichnet durch besonders schlecht bezahlte Arbeitsplätze und lange Arbeitszeiten, 12 Stunden Arbeit täglich auf Hartz IV-Basis sind keine Seltenheit, hieß es in einem Redebeitrag. Es wurde das Beispiel eines Arbeitskampfes in einem Spätkauf in der Samariterstraße erwähnt, der für den Beschäftigten positiv ausging. In einem weiteren Redebeitrag wurde auf einen Fall von Mieter/innenverdrängung und Widerstand in der Schreinerstraße 57 hingewiesen. Dort sollen die Mieter/innen mit Abfindungen dazu gebracht werden, ihre Mietverträge aufzulösen. Wer sich weigert, wird unter Druck gesetzt. Die Demonstration sollte den MietrebellInnen den Rücken stärken.

Neuer Kommunaler Wohnungsbau statt Luxus-Neubauten

Ein Mitglied der von der Redaktion des MieterEcho initiierten Initiative Neuer Kommunaler Wohnungsbau (inkw) betonte in seinem Redebeitrag, dass die Mehrheit der Berliner Bevölkerung bezahlbare Wohnungen statt Luxusprojekte brauche. Wenn CG-Vorstand Gröner in einem Tagesspiegel-Interview eine Miete von 12 Euro nette kalt als sozial bezeichne, zeige es von einen durch die Politik geförderten Zynismus. Beim Neuen Kommunalen Wohnungsbaus gehe es darum, nach den Vorbild des Roten Wiens in den 1920er Jahren, den Wohnungsbau den Verwertungsinteressen kapitalistischer Immobilienfirmen zu entziehen. Stattdessen soll die Kommune dafür sorgen, dass Wohnungen als soziale Infrastruktur für Menschen, unabhängig von ihren Einkommen, bekommen sollen.  Damit wurde eine schon heute machbare Alternative angesprochen, die allerdings nur durch starken Druck von unten durchsetzbar sei. Die Demoorganisatoren betonten, dass bei ihnen Mieter/innen mitarbeiten, die in Häusern wohnen, die vor 20 Jahre besetzt waren und Bewohner/innen von Mietshäusern, die keine besetzt waren. „Wir sind alle NachbarInnen und werden uns nicht spalten lassen. Wir können von den unterschiedlichen Erfahrungen und Widerstandstraditionen kennen“, hieß es in einem Redebeitrag.

MieterEcho online 18.07.2016

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/carre-sama-riga-2.html

Peter Nowak

Plötzlich noch eine umstrittene Baustelle

RIGAER Der Abriss der Gebäude an der Rigaer Straße 70–73 beginnt für alle überraschend
Donnerstagvormittag wurde mit dem Areal um die Rigaer Straße 70–73 eine neue Baustelle mit politischer Brisanz eröffnet. Unter Polizeischutz wurde eilig ein Zaun um das Gelände gezogen. Eifrige Männer von einem Sicherheitsdienst blickten immer wieder auf ein
Häuflein von Menschen, die sich auf der Mauer vor einem Supermarkt gegenüber niedergelassen haben. „Wäre die linke Szene in der
Gegend nicht mit der andauernden Belagerung der Rigaer Straße 94 beschäftigt, wäre hier mehr los“, meint ein junger Mann. Schließlich soll mit dem Abriss der Gebäude auf dem Gelände der Rigaer Straße 70–73 Platz für das „Carré Sama Riga“ gemacht werden, das in den letzten Wochen für Proteste sorgte (taz berichtete). An den Protestaktionen beteiligten sich neben der linken  Szene auch viele MieterInnen aus der Umgebung. Sie befürchten, dass das neue Nobelprojekt, das von der CG-Gruppe gebaut werden soll, die Mieten im Nordkiez Friedrichshains weiter steigen werden. Etwa 120 Wohnungen und vier Gewerbeeinheitenollen auf dem Gelände entstehen. Auf einer Informationsveranstaltung am 11. Juni forderten viele NachbarInnen einen Baustopp. Verantwortliche der CG-Group erklärten, sie würden auf jeden Fall bauen. Von dem plötzlichem Abriss sind auch die BetreiberInnen des Clubs Antje Öklesund überrascht, der auf
dem Gelände Partys und Veranstaltungen organisierte. „Wir sind am Vortag informiert worden, dass der Abriss beginnt“, sagt Hajo Toppius vom Büro für Kulturangelegenheiten, der den Club betreibt. „Ursprünglich war ein dreimonatiger Vorlauf geplant.“ Die GegnerInnen der CGGroupwollen trotz des Abrisses ihren Widerstand verstärken. Für Samstag, den 9. Juli, planen Stadtteilinitiativen
eine Demonstration unter dem Motto „Baustopp für Luxusneubauten“. Sie soll um 16 Uhr am  Scheldenplatz in der Nähe des S-und-U-Bahnhofs Frankfurter Allee beginnen.

taz vom 1.7.2016
Peter Nowak

Wo bleiben die Grundrechte im Gefahrengebiet?

Im Friedrichshainer Nordkiez wird seit fast einer Woche der Notstand geprobt

Es war schon eine besondere Pressekonferenz, zu der die Bewohner der Rigaer Straße 94 [1] am Montagabend auf dem Dorfplatz des Friedrichshainer Nordkiezes eingeladen haben. So heißt ein Platz,an dem viele vor mehr als zwei Jahrzehnten besetzte Häuser liegen und der als Treffpunkt der alternativen Szene gilt.

Hier treffen unterschiedliche Musikkulturen aufeinander und auch der alltägliche Umgang unter den Nachbarn muss erprobt werden. Junge Leute, die draußen feiern wollen, treffen auf Nachbarn, die ihre Nachtruhe gewahrt haben wollen. Doch solche Probleme sind in den zahlreichen Eventbezirken Berlins viel akuter. Dort kapitulieren die ruhebedürftigen Mieter meistens vor der Kneipenkultur.

Doch im Friedrichshainer Nordkiez ist nicht die Eventkultur das Problem. Die Bewohner der ehemals besetzten Häuser haben längst Mietverträge, aber viele von ihnen halten noch an den politischen Idealen der Anfangsjahre fest, engagieren sich gegen Nazis, unterstützen Geflüchtete und mischen sich auch in die Diskussion um die Gentrifizierung ein und bekommen dabei durchaus Unterstützung von Nachbarn. Jüngstes Beispiel ist das Nobelprojekt Carré Sama-Riga [2], das im Stadtteil viele Kritiker [3] hat und unterschiedliche Bewohner [4] zusammenbrachte.

„Wir leben wie im Gefängnis“

Doch seit knapp einer Wochewird im Friedrichshainer Nordkiez statt über Gentrifizierung wieder über Repression und Staatsgewalt diskutiert. Letzten Mittwoch stürmte die Polizei die Rigaer Straße 94 und verließ sie seitdem nicht mehr. Damit wiederholt sich eine Szenario, das Mitte Januar2016 [5] das Gebiet für mehrere Wochen zu einer Zone minderen Rechts machte.

Damals wurde die massive Polizeiaktion damit begründet, dass Straftaten aufgeklärt werden müssen. Der aktuelle Polizeieinsatz soll laut einer Pressemitteilung der Polizei die Tätigkeit der Bauarbeiter sichern, die im Auftrag des Eigentümers Brandschutzmaßnahmen vornehmen und einige Räume zu Flüchtlingswohnungen ausbauen wollen. Seitdem hat die Polizei das Haus nicht mehr verlassen.

Auf der abendlichen Pressekonferenz berichteten Hausbewohner über das Leben im Gefahrengebiet Rigaer Straße. Polizisten sind im ganzen Haus verteilt. Wenn sie in ihre Wohnungen betreten wollen müssen sie sich ausweisen. Manchmal werden ihre Taschen kontrolliert. Zudem werden sämtliche Mieterrechte ignoriert. Fahrräder, die im Hof standen, wurden abtransportiert. Zeitweilig war der Strom in den Mietwohnungen abgestellt und auch die Keller, die zu den Wohnungen gehören, seien aufgebrochen worden.

Jeder einzelner der Vorfälle ist ein Bruch des Mietrechts und könnte geahndet werden. Doch noch gravierender sind die Einschränkungen der Grundrechte. So wurde Besucher der Hausbewohner mehrmals am Betreten des Gebäudes gehindert. „Wir leben wie im Gefängnis“, beschrieb eine Hausbewohnerin die Situation. Als am Sonntagabend Freunde der Hausbewohner das Besuchsverbot missachteten und über die Absperrung klettern wollten, setzte die Polizei Pfefferspray ein. Es gab mehrere Festnahmen.

Ein Mieter des Vorderhauses, der die Szene fotografierte und die Kamera vor der Polizei verbergen wollte, sei vor den Augen seiner Familie geschlagen worden, berichtete eine Tochter des Mannes auf der Pressekonferenz. Bei der Polizeiaktion sei der Mann verletzt worden und musste ambulant behaltet werden. Die sehr emotional gehaltenen Beiträge der ungewöhnlichen Pressekonferenz taten ihre Wirkung. Die ca. 200 Menschen, die zuhörten, skandierten Parolen gegen die Polizei.

Warum ein Polizeieinsatz rund um die Uhr für einen privaten Eigentümer?

Mittlerweile werden kritische Fragen zum Polizeieinsatz lauter. So heißt es in einer Stellungnahme der Bezirksgruppe Friedrichshain der Berliner Mietergemeinschaft [6]: „Es ist bemerkenswert, dass die Belange einer x-beliebigen Briefkastenfirma aus den Panama-Papers als Hauseigentümerin derart kompromisslosen Vorrang haben vor den berechtigten Interessen der Friedrichshainer nach bezahlbarem Wohn- und Lebensraum und dass das Fingerschnipsen eines Investors reicht, um einen riesigen Polizeieinsatz mit horrenden Kosten für die Allgemeinheit einzulösen.“

Diese Frage stellen sich in Friedrichshain jetzt viele. Ein Polizeieinsatz rund um die Uhr zur Absicherung von Baumaßnahmen eines Privatinvestors, der nicht nur eine Menge Geld kostet, sondern auch alltäglich die Grundrechte der Hausbewohner und ihrer Nachbarn verletzt. Erst kürzlich stellten Bewohner eines angrenzen Hauses Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gegen die Polizei, weil die ohne Genehmigung die Hausdächer betreten [7] hat.

Doch das zentrale Problem ist die Konstruktion [8] von Gefahrengebieten [9], die all diese Verletzungen von Mieter- und Grundrechten, aber auch ein massives Sammeln von Daten [10] möglich machen. So werden Zonen geschaffen, in denen ein nicht erklärter Notstand herrscht.

http://www.heise.de/tp/news/Wo-bleiben-die-Grundrechte-im-Gefahrengebiet-3250018.html

Peter Nowak

Links:

[1]

https://rigaer94.squat.net/

[2]

http://www.cg-gruppe.de/immobilien/projekte/in-vorbereitung/carr%C3%A9-sama-riga/372

[3]

http://www.trend.infopartisan.net/trd0616/t060616.html

[4]

http://mietenstoppfriedrichshain.blogsport.de/

[5]

http://www.heise.de/tp/news/Gefahrengebiet-reloaded-3096784.html

[6]

http://www.bmgev.de/

[7]

http://www.taz.de/!5313302/

[8]

http://www.sozialraum.de/die-konstruktion-gefaehrlicher-orte.php

[9]

http://gefahrengebiet.blogsport.de/

[10]

https://netzpolitik.org/2016/datensammelei-der-berliner-polizei-im-gefahrengebiet-anlasslos-unverhaeltnismaessig-diskriminierend/

„Das Carré Sama Riga hat bewirkt, dass über Verdrängung und Entmietung im Friedrichshainer Nordkiez gesprochen wird“

„Baustopp für neue Luxusbauten“, diese Parole kann man an vielen Häuserwänden rund um die Rigaer Straße in Friedrichshain lesen. Sie richten sich gegen das Carré Sama Riga, das die CG-Gruppe  auf dem  Areal einer ehemaligen Möbelfabrik in der Rigaer Straße 70-73 errichten will. Das Projekt sorgt zunehmend für Protest in der Nachbarschaft. Das wurde am 11.Juni deutlich, als die GG-Gruppe zu einem Informationstag in den Hof des geplanten Projekts einlud. Der Gesprächsführer des Unternehmens Christoph Gröner bezeichnete den geplanten Neubau, durch den etwa 120 Wohnungen und vier Gewerbeeinheiten entstehen sollen, als soziales Projekt. Doch davon war die große Mehrheit der ca.80 AnwohnerInnnen, die der Einladung gefolgt waren, nicht zu überzeugen. „Wir können uns die Mieten dort nicht leisten“, war die fast einhellige Überzeugung der Anwesenden, die lautstark einen Stopp der Planungen auf dem Areal forderten. Der Unmut wurde noch größer, als Gröner die protestierenden NachbarInnen als dumm und vernagelt beschimpfte und deutlich machte, dass sie in seinen Augen kein Mitspracherecht hätten  Er werde bauen und das Areal vom Sicherheitsdienst schützen lassen, auch wenn weiter protestiert wird, erklärte er.

Spaziergang zu Orten von Verdrängung und von Widerstand

Viele der Anwesenden trafen sich am 12. Juni erneut an der Rigaer Straße 71-73 zu einen  von der Bezirksgruppe Friedrichshain der Berliner Mietergemeinschaft vorbereiteten Kiezspaziergang gegen Verdrängung durch den  Friedrichshainer Nordkiez.  „In dem Stadtteil  hat die Verdrängung von einkommensschwachen Menschen nicht erst mit dem Carré Sama Riga begonnen. Doch das Bauvorhaben  hat bewirkt, dass MieterInnen sich dagegen zu wehren beginnen“, erklärt einer der Mitorganisatoren des knapp zweistündigen Spaziergangs. An der  Route berichteten Betroffene über unterschiedliche Formen von Vertreibungen.  Doch auch einige Gegenbeispiele kamen zur Sprache. BewohnerInnen ehemals besetzter Häuser in der Rigaer und Liebigstraße berichteten, wie eine gemeinsame Organisierung eine Verdrängung verhindert kann. Diese Erfahrungen haben aber auch BewohnerInnen eines Mietshauses in der Schreinerstraße gemacht.Sofort nachdem der Verkauf an einen Investor bekannt geworden war, haben sie Hausversammlungen organisiert und sich in der Berliner Mietergemeinschaft organisiert. So konnten sie verhindern, dass MieterInnen nach der Sanierung ausziehen mussten. Von solchen Erfahrungen können MieterInnen in Häusern profitieren, die aktuell mit Entmietungsstrategien konfrontiert sind. Dazu gehören die BewohnerInnen der Schreiner Straße 57, zu der es einen kurzen Beitrag gab. Gegen Ende des Spaziergangs schilderte eine ehemalige BewohnerInnen der Voigtstraße 39, wie im letzten Jahr BewohnerInnen des Hauses rabiat aus ihren Wohnungen vertrieben wurden, die sie mehrere Jahre still besetzthatten. Eines Morgens kam ein privater Sicherheitsdienst und erklärte ihnen, sie hätten die Wohnungen innerhalb von 2 Stunden zu verlassen. Persönliche Gegenstände der BewohnerInnen wurden aus dem Fenster geworfen und vernichtet. Einige der Vertriebenen leben noch heute auf der Straße. „Wir hatten damals keine Kontakte und wussten nicht, wo wir Unterstützung bekommen können“, beschreibt die ehemalige Bewohnerin die Hilflosigkeit der Menschen, als das private Vertreibungsteam vor ihren Betten stand.  Der Spaziergang sollte auch dazu dienen, dass sich die Nachbarschaft besser kennenlernt und solche Vertreibungen in Zukunft nicht ohne Proteste möglich sind“, wünscht sich ein Anwohner. Am kommenden Sonntag, am 20. Juni, werden um 15 Uhr auf einer Kiezversammlung von Friedrichshain Nord m Forckenbeckplatz zwei Fragen auf der Agenda stehen. Wie kann der Unmut über das geplante Carré Sama Riga in weiteren Protesten umgesetzt werden Und wie kann es gelingen, auch anderen Formen von Vertreibung und Entmietung in der Nachbarschaft solidarisch entgegen zu treten.

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/kiezspaziergang-friedrichshain.html

MieterEcho online 15.06.2016

Peter Nowak

Lautstark spazieren

AUFWERTUNG Friedrichshainer Nachbarschaft protestiert gegen Luxusbauten in ihrem Kiez
„Baustopp für neue Luxusbauten“ lautet eine Parole auf vielen Häuserwänden rund um die Rigaer Straße in Friedrichshain. Sie richtet sich gegen das Carré Sama Riga, das die CG-Gruppe auf dem Areal einer ehemaligen Möbelfabrik in der Rigaer Straße 70–73 errichten will (taz
berichtete). Etwa 120 Wohnungen und 4 Gewerbeeinheiten sollen dort entstehen. Das Projekt sorgt zunehmend für Protest in der Nachbarschaft. Das wurde am Samstag deutlich, als die GGGruppe die AnwohnerInnen zu einem Informationstag lud. Der Gesprächsführer des Unternehmens Christoph Gröner bezeichnete den geplanten Neubau als soziales Projekt. Doch war die große Mehrheit der circa 80 Gäste davon nicht zu überzeugen. Lautstark forderten sie einen Stopp der Planungen.Viele der Anwesenden trafen
sich dann auch am Sonntagnachmittag in der Rigaer Straße 71–73 zu einem von der Berliner Mietergemeinschaft, Bezirksgruppe Friedrichshain, vorbereiteten Kiezspaziergang gegen Verdrängung durch den Friedrichshainer Nordkiez. „In dem Stadtteil hat die Verdrängung von einkommensschwachen Menschen nicht erst mit dem Carré Sama Riga begonnen“, erklärt einer der Mitorganisatoren
des Spaziergangs. „Doch das Bauvorhaben hat bewirkt, dass MieterInnen sich dagegen zu wehren beginnen.“ Auf einer am kommenden
Sonntag um 15 Uhr beginnenden Kiezversammlung am Forckenbeckplatz soll die erneute Mobilisierung gegen das Carré Sama Riga Thema sein.
taz: 14.6.2016
Peter Nowak

Protest gegen „Carré Sama-Riga“

Im Friedrichshainer Nordkiez wächst der Widerstand gegen ein Wohnprojekt – nachdem sich jahrelang offenbar kaum jemand im Viertel dafür interessiert hat.

Rund 60 Menschen haben sich am Freitag und Samstag an zwei Kundgebungen vor der Rigaer Straße 71–73 beteiligt. Die Aktion sollte die Nachbarschaft über das dort geplante „Carré Sama-Riga“ informieren, das seit Wochen für Diskussionen im Friedrichshainer Nordkiez
sorgt. Auf dem Areal einer alten Möbelfabrik soll das ambitionierte Neubauprojekt mit etwa 133 Wohnungen und vier Gewerbeeinheiten
entstehen. Auf der Homepage des Investors CG-Gruppe sieht man Fotos von Lofts für den finanzkräftigen Mittelstand. „In einer der gefragtesten Kiezlagen von Berlin – im Samariter-Viertel – bereitet die CG Gruppe ein weiteres anspruchsvolles Projekt vor“, heißt es im Begleittext. Geplant sei „eine Mischung aus anspruchsvollem  Wohnen und szenetypischer Kunst-, Kultur- und Arbeitswelt“. Doch viele AnwohnerInnen sind von den Plänen keineswegs begeistert, wie sich bei den Kundgebungen zeigte. „In meinen Haus sind viele verunsichert und fragen sich, ob es hier bald so aussieht wie in Prenzlauer Berg“, meinte ein jüngerer Mann.

Parolen an Hauswänden

Die Auseinandersetzung um das „Carré Sama-Riga“ wird auch an  den Häuserwänden im Kiez ausgetragen. Auf vielen Plakaten wird dazu aufgerufen, das Projekt zu stoppen. In Flyern wird den BetreiberInnen des Projektraums Antje Oeklesund, der auf dem Gelände Rigaer Straße 71– 73 seit Jahren sein Domizil hat, vorgeworfen, sich von der CGGruppe einspannen zu lassen, um das Image des Neubaus aufzuwerten. Hajo Toppius vom Verein Stadtraumnutzung, der das Antje Oeklesund betreibt, sagte der taz, die Initiative wolle zumindest
Rudimente einer Kiezkultur auch in dem Neubau erhalten. Manchmal zweifle er selbst, ob das gelingen kann. „Wir haben mehrere Jahre versucht, im Kiez eine Diskussion über die Zukunft des Grundstücks anzuregen. Besichtigungen des Geländes und Umfragen in der
Nachbarschaft haben wenig Resonanz gebracht“, so Toppius. Das hat sich geändert. Am 12. Juni soll ein Stadtteilspaziergang gegen Verdrängung in der Rigaer Straße 71 beginnen. Tags davor lädt die CG-Group zur Info-Veranstaltung.
aus Taz: 23.5.2016
http://www.taz.de/!5306228/
Peter Nowak

Projekt Carré Sama Riga stößt auf Widerstand

Ca. 60 Menschen beteiligten sich am Abend des 20. Mai an einer Kundgebung vor der Rigaer Straße 71-73.  Die Aktion sollte vor allem dazu dienen, die Nachbarschaft  über das Carré Sama-Riga zu informieren, das in den letzten  Wochen für viele Diskussionen im nördlichen Teil von Friedrichshain sorgte.

„Betreten verboten – Einsturzgefahr“, heißt es auf einem Schild an einem leerstehenden Gebäudeteil in der Rigaer Straße 71- 73. Noch ist es eine der größten Brachen  in Friedrichshain, doch das soll sich bald ändern. Auf dem Areal der alten Möbelfabrik soll mit dem Projekt Carré Sama-Riga ein ambitioniertes Neubauprojekt  mit etwa 120 Wohnungen und vier Gewerbeeinheiten entstehen.  Das Investitionsvolumen wird von der CG-Gruppe mit 32 Millionen Euro angegeben. Auf der Homepage des Immobilienunternehmens CG-Gruppe   sieht man Fotos von  Lofts für den finanzkräftigen Mittelstand. Darunter heißt es in Selbstlob:  „In  einer der gefragtesten Kiez-Lagen von Berlin – im Samariter-Viertel – bereitet die CG Gruppe ein weiteres, anspruchsvolles Projekt vor“.  Geplant sei  „eine Mischung aus anspruchsvollem Wohnen und szene-typischer Kunst-, Kultur- und Arbeitswelt“.
Doch viele der MieterInnen, die in der Gegend wohnen, sind von diesen Aussichten keineswegs begeistert.  Das wurde deutlich, als sich viele PassantInnen auf einer Kundgebung ablehnend zu den Plänen äußerten.  „Wer wird davon profitieren? Die, die oft nicht wissen, wie sie das Geld zum Überleben bekommen, sicher nicht“, heißt es auch in dem Einladungsschreiben zu einem Vorbereitungstreffen für einen „Kiezspaziergang   gegen Verdrängung und Gentrifizierung im Friedrichshainer Nordkiez“. Verfasst wurde er von MieterInnen aus dem Kiez.  Bei einem gut besuchten ersten Treffen im  Mieterladen in der Kreuziger Straße wurde ein Termin für den Kiezspaziergang auf den 12. Juni festgelegt. Er soll an Orten der Verdrängung  im Friedrichshainer  Nordkiez vorbeiziehen. Mittlerweile sind 11 Stationen zusammengekommen.  Federführend an der Vorbereitung beteiligt ist die Bezirksgruppe Friedrichshain der Berliner Mietergemeinschaft. Ziel des Kiezspazierganges ist die Aktivierung von möglichst vielen BewohnerInnen. Das ist wegen der sehr heterogenen Bevölkerungsstruktur im Friedrichshainer Nordkiez  gar nicht so einfach. Da gibt es den schwindenden Teil der  AltmieterInnen, die schon vor 1989  dort wohnten und zu den BewohnerInnen, die in den letzten 25 Jahren in den Kiez gezogen sind, gehören auch die ehemaligen HausbesetzerInnen rund um die Rigaer Straße. In einigen der längst legalisierten Häuser existieren politische Erfahrungen und Strukturen, die beim Widerstand gegen die Gentrifizierung nützlich sein können. Allerdings wurde bei dem Vorbereitungstreffen zum Kiezspaziergang auch betont, dass der Widerstand gegen nur erfolgreich sein kann, wenn der Protest von sehr unterschiedlichen Bewohner/innen des Kiezes getragen wird. „Der Kiezspaziergang soll auch deutlich machen, dass sich nicht nur MieterInnen aus ehemals besetzten Häusern wehren“ brachte ein Bewohner das Anliegen auf dem Punkt. In den nächsten Wochen sollen die BewohnerInnen gezielt angesprochen werden.  Die Kundgebung am 20. Mai war der Startschuss. Die gemeinsame Grundlage des Protests ist leicht zu verstehen:  „Wir sind Mieterinnen und wollen hier wohnen bleiben“.  Mittlerweile wurde bekannt, dass eine wegen der relativ günstigen Preise stark  frequentierte Lidl-Kaufhalle gegenüber dem geplanten Carré Sama-Riga abgerissen werden soll. So verschwindet auch  die Infrastruktur, auf  die Menschen mit niedrigen  Einkommen dringend angewiesen sind. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, ob sich ein relevanter Widerstand der BewohnerInnen des Friedrichshainer Nordkiezes entfaltet.  Es kamen mittlerweile auch schon Anfragen aus dem südlichen Teil von Friedrichshain an die Bezirksgruppe der Mietergemeinschaft. Auch dort soll ein Kiezspaziergang vorbereitet werden.

MieterEcho online 21.05.2016

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/projekt-carre-sama-riga.html

Peter Nowak

Streit um Nobelprojekt im Sama-Kiez

Die Rudimente einer Kiezkultur sollten erhalten bleiben, sagen die Betreiber eines Clubs, der mit den Investoren kooperiert. Andere sehen die Kulturbetreiber als Feigenblatt des Kapitals.

Die alte Möbelfabrik in der Rigaer Straße 71-73 ist eine der größten Brachen in Friedrichshain. Doch bald soll dort mit dem »Carré Sama-Riga« etwas Nobles entstehen. »In einer der gefragtesten Kiez-Lagen von Berlin – im Samariter-Viertel – bereitet die CG Gruppe ein weiteres, anspruchsvolles Projekt vor«, heißt es auf der Homepage des Immobilienunternehmens.

Im Kiez regt sich Widerstand. »Wer wird von den teuren Lofts profitieren? Die, die oft nicht wissen, wie sie das Geld zum Überleben bekommen, sicher nicht«, heißt es in einer Einladung zu einem Vorbereitungstreffen zu einem Kiezspaziergang. Er soll zu Orten führen, an denen Geringverdiener verdrängt werden. »Schließlich müssen auch im Samaviertel immer mehr Menschen im Niedriglohnsektor überleben« so ein langjähriger Bewohner, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Nun befürchten viele Mieter, dass durch das »Carré Sama-Riga« die Mieten in dem Kiez weiter steigen.

»Ein von der Bevölkerung und Unterstützern durchgesetztes Bauverbot für Investoren wäre für alle Gegner ein Grund zum Feiern«, heißt es in Flyern und auf Plakaten, die im Stadtteil zu lesen sind. Denn in den ehemals besetzten Häusern in der Rigaer Straße und Umgebung gibt es noch linke Strukturen, die den Widerstand gegen den Neubau forcieren wollen.

Doch man streitet über das Wie. So wird den Betreibern des Clubs Antje Øklesund, der auf dem Gelände sein Domizil hat, vorgeworfen, sich von der CG-Gruppe einspannen zu lassen, um das Image des Neubaus aufzuwerten. Die Scheiben eines Projektraums in der Rigaer Straße waren vor einigen Wochen eingeschlagen worden. Hajo Toppius, der Geschäftsführer des Vereins Stadtraumnutzung, der den Laden und den Club betreibt, erklärt gegenüber »nd«, dass es der Initiative darum gehe, zumindest die Rudimente einer Kiezkultur auch in dem Neubau zu erhalten. Manchmal zweifle er selber, ob das gelingen könne. Unverständnis äußert Toppius, warum der Widerstand erst jetzt beginnt. »Wir haben mehrere Jahre versucht, im Kiez eine Diskussion über die Zukunft des Grundstücks anzuregen.« Geländebegehungen, Ausstellungen und Umfragen in der Nachbarschaft hätten wenig Resonanz gebracht. Jetzt sei der Bauantrag so gut wie unter Dach und Fach und noch in diesem Sommer solle der Bau beginnen.

Peter Nowak