Warum DGB-Führung und CDU ganz gut miteinander können


Hauptsache Stabilität
Zwar steht der DGB im Ruf, ein sozialdemokratisches Programm zu haben, allzu groß sind die Differenzen mit der CDU jedoch nicht

»Wir DGB-Gewerkschaften sind die größten antifaschistischen Organisationen in diesem Land. Das heißt – und das sage ich in aller Deutlichkeit: Wir sind nicht die Antifa. Und wir müssen uns den Kampf gegen Rechtsextremismus von niemandem erklären lassen. Deshalb werden wir in Zukunft keine DGB-Häuser an irgendwelche gewalt­bereiten Gruppen vermieten, die aus ideologischer Verblendung Rechtsstaat mit NS-Staat gleichsetzen.« Mit diesem Statement auf dem Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sorgte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann Ende November für Applaus. Neben den Gewerkschaftern ­begrüßten auch die extrem rechte Wochenzeitung Junge Freiheit und zahl­reiche rechte Netzwerke die Äußerung und auch der CDU dürfte sie gefallen haben. Denn Hoffmanns Aussage ist ein Zugeständnis an konservative Gewerkschafter. »Es gibt durchaus linke Irrlichter, die meinen, der Rechtsstaat, den ihr schützt, wäre ein rechter Staat«, rief er den Polizisten und Polizistinnen zu. »Das ist falsch, dumm und gefährlich!«

Schon vor dieser Abgrenzung zu linken Gruppen stieß der DGB-Vorsitzende in der CDU auf Sympathie. So lobte der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Uwe Schummer, Hoffmann anlässlich von dessen Wiederwahl. Insbesondere sein Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft und zur sozialen Marktwirtschaft gefalle der CDU. Auch in den Krisen der jüngeren Vergangenheit wie etwa der Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2008 habe sich der DGB als Garant von Sta­bilität bewährt.

Der DGB-Apparat stand fern von ­realen Kämpfen schon immer für den staatstragenden Charakter der deutschen Gewerkschaften. Dass das Personal mehrheitlich sozialdemokratisch orientiert war, führte bei der CDU gelegentlich zu Unmut und Polemik. Doch wenn es ernst wurde, spielte das keine Rolle. Der DGB stand auch von Anfang an treu zur Bundeswehr, wie der Soziologe Malte Meyer darlegt: »Die DGB-Spitzen haben die Kriegseinsätze der Bundeswehr im ehemaligen Jugoslawien und in Afghanistan abgesegnet und hatten faktisch auch gegen die Remilitarisierung deutscher Außenpolitik seit 1990 nichts einzuwenden. Die IG Metall ist in der Rüstungsbranche ein zuverlässiger Verteidiger von Standortinteressen.« (Jungle World 21/2018)
Die Krise der SPD und die Erosion des sozialdemokratischen Milieus führen beim DGB zu einer stärkeren Betonung seiner integrativen Rolle im Kapitalismus, für den Arbeitsfrieden zu sorgen. Dabei geht es auch um die Interessenvertretung der Mitglieder, die der DGB allerdings selten im Klassenkampf oder in einer transnationalen Solidarität verortete.
Der DGB steht weitgehend in einer Tradition der Regulierung und Kontrolle der Arbeit, der Zusammenarbeit mit den Unternehmern und der Abgrenzung nach unten, also von Schichten, die nicht in einem regulären ­Beschäftigungsverhältnis stehen. Lohnabhängige aus anderen Ländern werden in dieser Tradition eher als Konkurrenten denn als Kollegen betrachtet, ebenso wie Frauen mussten sie sich ihre Position in den Gewerkschaften hart erkämpfen. Soziale Verbesserungen sollen nur bestimmten Gruppen zu­gute kommen. Die Forderung nach sozialen Rechten für alle hat in dieser ­Gewerkschaftsvorstellung keinen Platz. Das bekommen in den Betrieben vor allem die Leiharbeiter zu spüren, für deren Rechte sich die Betriebsräte der DGB-Gewerkschaften meist nicht zuständig fühlen. Es ist Ausdruck dieser exklusiven Solidarität, wenn Hoffmann den »schlanken Staat« vor allem dann kritisiert, wenn angeblich an Polizei und Sicherheit gespart wird. Es ist die gleiche Haltung, aus der heraus Hoffmann kürzlich ­einen vom Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck vorgeschlagenen Verzicht auf Sanktionen beim Arbeitslosengeld II als »keine gute Idee« bezeichnete und damit eher eine CDU-Position vertrat. In der Union wird indes darüber diskutiert, ­wenigstens die Regeln für Hartz IV zu entschärfen, die den Beziehern nur ­einen geringen Zuverdienst erlauben und so die »Lust auf Arbeit« nicht eben fördern. Eine Argumentation, die dem DGB nicht fern liegt. Schließlich soll sich Arbeit ja auch lohnen.

Hoffmann stellte kürzlich in einem Interview mit der Neuen Ruhrzeitung klar, dass der DGB das derzeitige Regierungsbündnis weiter unterstützt. Er lobte ausdrücklich deren Sozial- und Wirtschaftspolitik. Auch ein möglicher CDU-Vorsitzender Friedrich Merz müsse das gute Verhältnis nicht trüben. »Merz hat dazugelernt und weiß, dass die neoliberalen Zeiten der CDU vorbei sind. Wenn er Nachhilfe braucht bei der Mitbestimmung oder bei der Tarifautonomie, dann stehe ich gern zur Verfügung«, bietet sich Hoffmann an. Man treffe sich regelmäßig bei der ­Organisation »Atlantikbrücke«.

Fragt sich nur, ob Merz auf die Avancen des Gewerkschaftsvorsitzenden eingeht – und wie viele Unternehmen ganz auf die Dienste des Sozialpartners DGB bei der Verteidigung des Standorts Deutschland verzichtet. Inhaltlich liegen DGB und CDU bislang jedenfalls nicht so weit auseinander, wie man vermuten könnte.

https://jungle.world/artikel/2018/49/hauptsache-stabilitaet

Peter Nowak

Theatertruppe

Die Altstadt von Köpenick wirkt wie eine preußische Postkarten­idylle. Überall erblickt man das Konterfei von Friedrich Wilhelm ­Voigt, der, als Hauptmann verkleidet, im Oktober 1906 einen Trupp Soldaten um sich scharte, das Rathaus des damals noch eigenständigen Städtchens besetzte, die Kasse an sich nahm und dadurch das Dorf bei Berlin weltbekannt machte. Für zeitgenössische Kritiker war diese Köpenickiade »der glänzendste Sieg, den jemals der militaristische Gedanke in seiner äußersten Zuspitzung davongetragen hat«, wie die linksliberale Berliner Volkszeitung schrieb. Am 12. August marschierte nun erstmals das Berliner Wachbataillon der Bundeswehr zur traditionellen Köpenickiade vor dem Rathaus Köpenick auf. Der Bürgermeister Oliver Igel (SPD) nahm die Parade ab. Während zahlreiche Schaulustige ihre Handys zückten, protestierten etwa 30 Militärgegner gegen das Spektakel. »Kein Werben fürs Sterben«, »Krieg beginnt hier« und »Nie wieder Großdeutschland« lauteten die Protestparolen. Aufgerufen hatten das Antifaschistische Bündnis Südost und die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Auch die Partei »Die Partei« beteiligte sich. »Die Bundeswehr möchte die Veranstaltung für Werbezwecke nutzen und versucht durch derlei Auftritte zukünftige Rekruten zu gewinnen«, monierten die Kritiker. Der Geschäftsführer der Berliner VVN-BdA, Markus Tervooren, sieht in dem kurzen Intermezzo mehr als einen harmlosen Touristenspaß: »Schon Kurt Tucholsky wusste: ›Soldaten sind Mörder.‹ Wer für diesen Beruf wirbt, muss sich entschiedenen Protest gefallen lassen. Dass in Köpenick Bundeswehrsoldaten lediglich als trottelige Helfershelfer eines sympathischen Diebes auftreten sollen, ändert daran nichts.« Allerdings waren auch die zivilen Darsteller eher keine Alternative, schließlich gehörte ein Mitglied der NPD-Fraktion in der BVV Köpenick dazu.

http://jungle-world.com/artikel/2014/34/50449.html

Peter Nowak

Eine Geisterstadt zum Üben

Unter dem Motto »Gegen Sachbeschädigung und Gewalt« veranstaltete am Samstag eine Bürgerinitiative in Letzlingen eine Kundgebung. 30 Personen, darunter auch einige Vertreter der regionalen rechten Szene, hatten sich eingefunden. Die Kundgebung richtete sich gegen ein internationales antimilitaristisches Camp, mit dem eine Woche lang gegen das Gefechtsübungszentrum (GÜZ) Altmark protestiert wurde. Im GÜZ probt die Bundeswehr vor ihren Auslandseinsätzen das Kriegführen. Dafür werden in Sachsen-Anhalts Heide ganze Städte nachgebaut. Bis 2017 soll dort die Geisterstadt Schnöggersburg entstehen, die in der Taz als eine »Mischung aus Kinshasa, Timbuktu und Bagdad« beschrieben wird. Die Bundeswehr hat also noch einiges vor in der Welt. Seit zwei Jahren rücken ihr Antimilitaristen aus der ganzen Republik und den europäischen Nachbarländern auf die Pelle. »War starts here«, lautet die Parole der noch jungen Bewegung, die anders als die traditionelle deutsche Friedensbewegung nicht die USA, sondern die deutsche Kriegs­politik kritisiert. Deshalb hegt die Altmarker Bevölkerung auch kaum Sympathien für sie. In den vergangenen Tagen wurden Gleise im GÜZ »geschottert« und beim Stöbern auf dem Gelände ein verlassener Kontrollpunkt der Bundeswehr entdeckt, in dem neben Berichten über militärische Übungen auch Hakenkreuzkritzeleien gefunden wurden. Am letzten Tag rückte die Polizei ins antimilitaristische Camp ein und beschlagnahmte einen PKW. Es soll geprüft werden, ob er mit einem Anschlag in der 50 Kilometer entfernten Kaserne Havelberg zu tun hat, bei dem in der Nacht zu Sonntag 16 Bundeswehrfahrzeuge unbrauchbar gemacht wurden. Die Antimilitaristen erklärten, sie hätten davon lediglich aus der Presse erfahren und könnten daher keine Stellungnahme abgeben. Auch damit unterscheiden sie sich von der alten deutschen Friedensbewegung und ihren Distanzierungsritualen.

http://jungle-world.com/artikel/2013/31/48204.html

Peter Nowak

Bundeswehr raus aus dem Klassenzimmer

»Schüler sollen aus Gewissensgründen einer Bundeswehr-Veranstaltung in den Schulen fern bleiben können. Sie werden währenddessen anderweitig beschult.« Diese Forderung ist der Kern einer Petition, die der bayerische Elternverband eingereicht hat und die in der letzten Woche im Bildungsausschuss des bayerischen Landtags beraten wurde. In der Petition wird auch gefordert, dass in dem aus Lehrern, Eltern- und Schülervertretern zusammengesetzten Schulforum entschieden wird, ob Jugendoffiziere in die Schule eingeladen werden. Bisher lag das allein in der Verantwortung der Schulleitungen.

In der Begründung der Petition wird auf den Kooperationsvertrag zwischen den Schulbehörden und der Bundeswehr verwiesen, der dem Militär Einfluss auf die politische Bildung, sowie die Aus- und Fortbildung sichert. Dagegen regt sich zunehmend bei Schüler- und Elterngruppen, aber auch der GEW Widerstand. Daher hat die bayerische Petition auch bundesweit Beachtung gefunden. Organisationen wie »terre des hommes« zeigten Interesse an der antimilitaristischen Basisarbeit, die vom bayerischen Elternverband sowie der AG »Friedliche Schule« der Münchner GEW und vielen Friedensorganisationen geleistet wird. So soll am 23. November im Münchner DGB-Haus im Rahmen der antimilitaristischen Wochen eine Podiumsdiskussion unter dem Motto »Schule und Hochschule ohne Militär« stattfinden.

Zudem hat der bayerische Elternverband einen Musterantrag entwickelt, mit den Eltern die Befreiung vom Bundeswehrunterricht erklären können. Eine solche bundesweite Initiative könnte ein Kristallisationspunkt für eine antimilitaristische Arbeit an den Bildungseinrichtungen werden.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/211371.bundeswehr-raus-aus-dem-klassenzimmer.html

Peter Nowak

Freiheit des Gewissens

Der Protest gegen Werbeveranstaltungen der Bundeswehr an der Schule ist in der letzten Zeit gewachsen. Neben Schülern und Lehrern engagieren sich mittlerweile auch Elternverbände für einen Unterricht ohne Militär. So hat der »Bayerische Elternverband e.V.« kürzlich eine Petition an den bayerischen Landtag initiiert, in der gefordert wird, dass Schüler aus Gewissensgründen einer Bundeswehr-Veranstaltung fernbleiben können und für sie ein Ersatzunterricht angeboten werden muss. In der Begründung für die Petition verweist die Landesvorsitzende des Bayerischen Elternverbandes Maria Lampl auf die Kooperationsabkommen zwischen den Bundesländern und der Bundeswehr. Die habe dadurch große Einflussmöglichkeiten im Bereich der politischen Bildung der Schüler, sowie der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrer und Referendare bekommen. Zudem kann die Bundeswehr nun den Schulen von sich aus Angebote von Informationsveranstaltungen machen, moniert Lampl.

Auch die politischen Hintergründe des verstärkten Interesses der Bundeswehr an Schulveranstaltungen werden in der Petition präzise benannt: »Der Wandel der Bundeswehr von einer reinen Verteidigungstruppe zu einer Interventionsarmee ist politisch gewollt und vollzogen.« Nach der Abschaffung der Wehrpflicht wächst das Interesse des Militärs, gezielt Interessenten für eine Freiwilligenarmee zu werben. Dafür sind neben Jobcentern die Schulen ein wichtiges Rekrutierungsfeld, wo junge Menschen mit unsicheren Zukunftsperspektiven erreicht werden können. Zur Gegenbewegung gehören Resolutionen der GEW ebenso wie Aktionen von militärkritischen Schülern gegen die Bundeswehrwerbung bis zur Petition des bayerischen Elternverbandes. Damit wird deutlich, dass ein antimilitaristisches Bewusstsein in Teilen der Bevölkerung nicht nur vorhanden ist, sondern sich auch politisch artikuliert.

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/191740.freiheit-des-gewissens.html

Peter Nowak

Bundeswehr durch Satireflyer bedroht?

Berliner LKA durchsucht Räume antimilitaristischer Gruppen
„Feste feiern, wie sie fallen“, lautet die Überschrift. Darunter findet man eine männliche Person in Bundeswehruniform und Tiermaske. In seinem Rücken ist unverkennbar das Ehrenmal für die gefallenen Soldaten zu erkennen. Diese von antimilitaristischen Gruppen produzierten Satireflyer haben in den vergangenen Tagen zu zwei Polizeirazzien in Berlin geführt.

Letzte Woche war der Buchladen Schwarze Risse und am letzten Montag ein Internetserver betroffen. Dort wurde neben den Serverräumen auch die Privatwohnung eines Mitarbeiters durchsucht. Während die schon beschlagnahmten Computer im Serverraum auf Beschluss der Staatsanwaltschaft wieder zurückgegeben wurden, ohne dass Daten kopiert wurden, beschlagnahmten Beamte in der Wohnung zwei Computer.

Das Berliner LKA begründete die Suche nach den Verantwortlichen für den Flyer mit der Verletzung des Sicherheitsgefühls der Bundeswehrsoldaten im Ausland und ihrer Angehörigen. Die Flyer seien geeignet, „den im Ausland stationierten Soldaten der Bundeswehr ein Lebensrecht abzusprechen und durch den Aufruf zum Feiern auch das Sicherheitsgefühl der Bundeswehrangehörigen und deren Familien stark zu beeinflussen“.

Der politische Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Monty Schädel hingegen sieht im Gespräch mit Telepolis die Razzien im Zusammenhang mit der verstärkten Debatte über den Afghanistan-Einsatz nach dem Tod von Bundeswehrsoldaten:

„Es ist ein Skandal, dass Kritiker des Kriegseinsatzes mit staatlicher Repression konfrontiert werden, während gleichzeitig die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen den für das ‚Kundus-Bombardement‘ verantwortlichen Oberst Klein eingestellt werden.“

Er verweist darauf, dass die Satireaktion durch die antimilitaristischen Gruppen bereits beendet war und schon vor Monaten mehrere von Bundeswehrverbänden angestrengte Klagen gegen den Satireflyer eingestellt worden sind. Deswegen sieht Schädel in den jüngsten Razzien den Versuch, antimilitaristische Zusammenhänge auszuforschen.

Auch liberale Kolumnisten warnen davor, dass Kriegsgegner mit der steigenden Zahl gefallener deutscher Soldaten verstärkt unter Druck gesetzt werden könnten. So sagte etwa der konservative Bundeswehr-Professor Michael Wolfssohn, dass Kriegskritiker unfreiwillig das Geschäft der Taliban betreiben könnten, weil diese Opposition in den Heimatländern der Soldaten als Argumente für ihren Widerstand verwenden könnten.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/147518

Peter Nowak