Schmähpreis für Manager von Coca Cola

Sie könnten unterschiedlicher nicht sein: Auf der einen Seite der mexikanische Sozialaktivist Huberto Juárez Núñez und auf der anderen Seite die Coca-Cola-Vorstände Muhtar Kent und James Quincey sowie die Großaktionäre Warren Buffet und Herbert Allen. Entsprechend unterschiedlich waren auch die Preise, die ihnen am Samstag im Berliner Pfefferberg von der Stiftung Ethik und Ökonomie (Ethecon) verliehen wurden. Für Coca Cola gab es den Schmähpreis »Black Planet Award«. Damit will Ethecon die Rolle des weltweit größten Getränkekonzerns in der Umwelt- und Weltpolitik anprangern. Auf das Konto der Coca-Cola-Manager »gehen der Ruin der menschlichen Gesundheit und die Zerstörung der Umwelt im großen Stil, ja selbst der Tod vieler Menschen. Die genannten Personen stellen nicht nur eine Gefahr für den Frieden und die Menschenrechte dar, sondern auch für die Demokratie, die Ökologie und die Menschheit insgesamt«, erklärte Ethecon-Vorstand Axel Köhler-Schnura.

Die Angesprochenen selbst dürfte die Verleihung des Negativpreises wenig tangieren. Gefreut hat sich hingegen Huberto Juárez Núñez über die Verleihung des »Blue Planet Award«, mit dem Ethecon jährlich Personen oder Institutionen auszeichnet, »die in herausragender Weise menschliche Ethik im Spannungsfeld Ethik und Ökonomie schützen und verteidigen«.

Dem Management des VW-Konzerns dürfte der Name des mexikanischen Wissenschaftlers und Sozialaktivisten Núñez nicht unbekannt sein. Schließlich war der 62-Jährige mit daran beteiligt, dass sich in den mexikanischen VW-Werken unabhängige Gewerkschaften gegründet haben, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu verbessern.

Auch wissenschaftlich befasst sich Núñez seit vielen Jahren mit der Situation der Beschäftigten in den Filialen ausländischer Konzerne in Mexiko. Im Rahmen seiner Arbeit knüpfte er internationale Kontakte zu engagierten Wissenschaftlern und Gewerkschaftern. In seiner engagierten Dankesrede prangerte Núñez die unheilvolle Rolle an, die ausländische Konzerne in Mexiko seit Jahrzehnten spielen. Besonders im Fokus seiner wissenschaftlichen und politischen Arbeit stehen die Maquiladoras, in denen multinationale Unternehmen, hauptsächlich entlang der US-amerikanischen Grenze, importierte Einzelteile zu Produkten montieren lassen. Die Arbeit sei schlecht bezahlt, die Arbeitsbedingungen schlecht und die Möglichkeiten gewerkschaftlicher Organisierung würden massiv eingeschränkt, fasste der Wissenschaftler seine Kritik zusammen. Núñez, der seine wissenschaftliche Arbeit immer als Teil des Kampfes um soziale Veränderungen gesehen hat, berichtete, wie er mit dazu beitrug, dass sich in den Fabrikhallen kämpferische, unabhängige und auch erfolgreiche Gewerkschaften gebildet haben. So musste im Oktober 2001 ein Unternehmen, das Textilien für den Sportartikelhersteller Nike produzierte, einen Vertrag unterzeichnen, der die Löhne und die Arbeitssituation der überwiegend weiblichen Beschäftigten verbesserte. Vorausgegangen war ein langer Arbeitskampf, bei dem die Streikenden nicht nur von der mexikanischen, sondern auch von der US-amerikanischen Zivilgesellschaft unterstützt wurden. Damit waren die Maquiladoras keine gewerkschaftsfreie Zone mehr, ein Erfolg, an dem auch Núñez große Verdienste hatte.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1032709.schmaehpreis-fuer-manager-von-coca-cola.html

Peter Nowak

Tropfen auf den heißen Stein

Stahlkonzern zahlt Entschädigung für Umweltschäden und Fischsterben

Das taiwanesische Stahlwerk Formosa Plastic Group (FPG) steht seit Jahren wegen der Schädigung der Umwelt in der internationalen Kritik. Die Proteste zeigen mittlerweile Wirkung. So hat sich der Konzernvorstand zur Zahlung von 500 Millionen US-Dollar Entschädigung wegen der massiven ökologischen Schäden und des Fischsterbens in Vietnam bereit erklärt.

»Offenkundig haben unsere internationalen Proteste in Kooperation mit Partnern in Vietnam, Taiwan und anderen Ländern Wirkung gezeigt«, erklärt die Geschäftsführerin der Stiftung Ethecon, Sarah Schneider, gegenüber »nd«. Die Nichtregierungsorganisation hatte 2009 der Formosa Plastic Group den Schmähpreis »Black Planet Award« verliehen. »Die Geschichte des Konzerns ist begleitet von einer andauernden Folge sozialer und ökologischer Verbrechen in aller Welt«, hieß es in der Begründung.

Die Ursprünge des Konzerns liegen im Kalten Krieg: 1954 wurde er in Taiwan gegründet und hat sich zu einem führenden Biotechnologie- und Chemieunternehmen entwickelt. Immer wieder geriet er mit Umweltskandalen in die Kritik. So wurde 1998 bekannt, dass FPG 3000 Tonnen giftigen Abfall vor Kambodschas Küste illegal entsorgte. Immer wieder gibt es auch Verletzte und Tote unter den Beschäftigten des Konzerns, der in Taiwan als einer der zehn größten Umweltverschmutzer gilt, die für ein Viertel der im Land produzierten Treibhausgase verantwortlich sind.

Obwohl FPG im auch gegen Nordvietnam gerichteten Kalten Krieg groß geworden ist, will die heute auf dem Pfad der Marktwirtschaft wandelnde vietnamesische Regierung es sich mit dem Unternehmen nicht verderben. »Umweltschützer werden nicht gerade mit offenen Armen aufgenommen«, erklärt Schneider. Ein internationales Expertenteam, das die Verschmutzung untersuchen wollte, durfte keine eigenen Meerwasserproben entnehmen, sondern musste sich auf Daten der Regierung stützen. Gegen Blogger, die Videos über die Proteste gegen den Konzern veröffentlichen, gehen die vietnamesischen Behörden mit Repressionen vor.

Daher hat die Gruppe »Viet Zukunft« auch keine eigene Homepage. Sie besteht aus in Deutschland lebenden Vietnamesen, die in ihr Heimatland zurückkehren wollen. Sie beteiligten sich am 17. Juni parallel zur Jahreshauptversammlung von FPG in Taiwan an einer Unterschriftenkampagne in Köln.

In vielen Ländern wurde an diesem Tag eine angemessene Entschädigung für die Umweltverbrechen gefordert. »Die 500 Millionen US-Dollar sind viel zu gering«, betont Schneider. Ethecon fordert auch die Bestrafung der für die Umweltverbrechen Verantwortlichen im Konzern. Von der vietnamesischen Regierung wird eine vollständige Transparenz über das Ausmaß der Umweltverschmutzung abgemahnt. Das Thema wird auch auf der Ethecon-Jahreshauptversammlung am 19. November in Berlin eine Rolle spielen. Wer diesmal den Black Planet Award für besonders große unternehmerische Verantwortungslosigkeit verliehen bekommt, gibt Ethecon am 19. September bekannt.

Peter Nowak

Vergessene Opfer

Konzernkritiker erinnern an Bhopal und Sudankonflikt

»Fluchtursachen bekämpfen, nicht die Flüchtlinge«, lautete das Motto der Tagung der konzernkritischen Stiftung »Ethecon« am Wochenende in Berlin. Viele Menschen müssten fliehen, weil die reichen Nationen der Welt ihre Länder zerstören, betonte Judith Kopp von Pro Asyl. Seit 2006 verleiht die Ethecon-Stiftung jährlich einen Positivpreis, den Blue Planet Award, für Personen und Institutionen, die sich für eine soziale und ökologische Welt engagieren. Der Black Planet Award hingegen geht an Personen und Institutionen, die für Ruin und Zerstörung der Erde verantwortlich gemacht werden. Üblicherweise folgen die Empfänger des Negativpreises der Einladung nicht. So war auch diesmal kein Vertreter des Chemiekonzerns Dow Chemical anwesend, um die Schmährede des indischen Arztes Mali Muttana Mallapi aus Bhopal zu hören.

Die Stadt steht für eines der größten Verbrechen des Konzerns. Tausende Menschen wurden durch ein Leck in der dortigen Chemiefabrik am 3. Dezember 1984 getötet und Hunderttausende verletzt. Noch immer kämpfen die Opfer und ihre Angehörigen um eine Entschädigung. Weil sich der Konzern weigert, das Fabrikgelände zu sanieren, sterben noch immer Menschen und Kinder vergiften sich erneut. Für den Ethecon-Mitbegründer Axel Köhler-Schnura ist Bhopal die Folge einer verbrecherischen Konzernpolitik. »Dow Chemical ist von Steuerhinterziehung, Fälschung von Messungen, Bestechung bis zu Kriegstreiberei in zahllose Verbrechen gegen Mensch und Umwelt verwickelt und muss gestoppt werden«, betont Köhler-Schnura. Auch mit den todbringenden Chemikalien Dioxin und Agent Orange ist der Name verknüpft.

Gewürdigt wurde hingegen der slowenische Filmemacher und Journalist Tomo Križnar. In seiner Rede widmete sich der Menschenrechtsaktivist der indigenen Bevölkerung in Sudan, die im Konflikt zwischen dem Norden und dem Süden zwischen die Fronten geraten ist. Viele Menschen wurden aus ihren Dörfern vertrieben und leben unter erbärmlichen Bedingungen in Erdhöhlen. Križnar hat ihr Schicksal auch mit Filmen einer größeren Weltöffentlichkeit bekannt gemacht. In Berlin forderte er, Indigene wie die Nuba gegen die militärischen Übergriffe des Al-Bashir-Regimes durch ein Protektorat sowie den Einsatz von zivilen Überwachungsdrohnen zu schützen. Auch internationale Konzerne macht der Sudanaktivist verantwortlich. So seien viele Regionen Afrikas für sie interessant geworden, weil dort das für die Handyproduktion notwendige Coltan abgebaut wird. »Während für Gorillas und andere bedrohte Tierarten Nationalparks errichtet werden, ist die indigene Bevölkerung weiterhin schutzlos der islamistischen Diktatur in Sudan ausgeliefert«, so Križnars bitteres Resümee.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/992202.vergessene-opfer.html

Peter Nowak