Die Robben gehen, die Haie kommen

In Kreuzberg regt sich Widerstand gegen die Pläne des Immobilienentwicklers Pandion rund um den Moritzplatz

Die Protestbewegung legt eine Nachtschicht ein. Am 28.9. soll es von 20 Uhr abends bis 1 Uhr vor der Prinzenstraße 34 eine Protestkundgebung geben. Das Gelände wurde an die Firma Pandion verkauft, die als sechst größter Immobilienentwickler Deutschlands gilt. In der Prinzenstraße soll eine 150 Millionen Euro teure Gewerbeimmobilie mit dem Namen “The Shelf“ entstehen. Verteilt ist das Projekt auf zwei Gebäude: The Shelf 1 soll in der Prinzenstraße/Ecke Ritterstraße entstehen und The Shelf 2 gegenüber in der Prinzenstraße 34. Auf dem ersten Areal befanden sich 40 Jahre lang die Robben & Wientjes-Hallen. „Die Robben gehen, die Haie kommen“, sagen die Kritiker/innen. Dazu gehört die Initiative KunstblockAndBeyond. Sie hat unter diesen Namen in den letzten Monaten an zahlreichen Mieter/innenprotesten teilgenommen. Am Freitagabend ist die Verleihung des Berlin Art Prize in den ehemaligen Robben Wientjes-Hallen der Anlass für die Proteste, die sich allerdings nicht gegen den Kunstevent richtet.

Auch Pandion ist kein guter Nachbar
Es soll mit den Besucher/innen und den Anwohner/innen über die Pandion-Pläne diskutiert werden. Schließlich gibt sich das Unternehmen ein liberales, weltoffenes Image als Kunstförderer. Auf der Firmenhomepage ist auf der Seite unter dem Stichwort „Der Zukunftsfort“ das geplante Nobelprojekt zu sehen und daneben unter dem „die Off-Location“, eine Fabrikhalle mit moderner Kunst. Bereits 2016 hatte Pandion in der Nürnberger Straße mit dem temporären Kunstprojekt The House sogar für internationales Aufsehen gesorgt. Im November 2019 soll dort dann ein Haus mit hochpreisigen Eigentumswohnungen fertig gestellt sein. „Der erhebliche Marketingaufwand, den Pandion für seine Imagepflege betreibt, kann niemanden darüber hinwegtäuschen, dass die Immobilie für die in der Nachbarschaft arbeitenden und lebenden Menschen keine bezahlbaren Räume schafft. Pandions sogenannter „Zukunftsort“ schafft keine Zukunft für uns“, heißt es im Aufruf zum Protest. Allerdings passen Projekte wie he Shelf gut zum Aufwertungsprozess rund um den Moritzpatz. Das Aufbauhaus und das Betahaus sind Symbole jener Startup-Ökonomie, die auf Uber, Airbnb und die schrankenlose Durchsetzung der Marktgesetze schwören. Die Prinzesssinnengärten gehören zu ihren Erholungszonen. Demgegenüber stellt die Initiative KunstblockAndBeyond einige Forderungen, die den Ohren dieser modernen Kapitalisten fast wie Sozialismus klingen. „Bezahlbare, dauerhaft abgesicherte Räume für Mieter/innen, Kleingewerbe und Handwerk. Eine nachhaltige Kulturpolitik, die soziale und stadtpolitische Fragen in den Blick nimmt und strategische Förderinstrumente entwickelt. Öffentlichen Gelder sollen nicht mehr für Kulturzwischennutzung in profitiorientierten Investorenprojekten verwendet werden. Geförderte Kulturprojekte sollen nicht mehr zur Verdrängung von Mieter/innen und Kleingewerbetreibenden beitragen. Bauanträge dieser Größenordnung sollten frühzeitig der Nachbarschaft transparent gemacht werden.

MieterEcho 27.09.2018
https://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/haie-statt-robben.html

Peter Nowak

Schnelles Internet für alle

Konferenz zu Netzpolitik in Berlin / LINKE gründet Arbeitskreis zum Thema

Das Betahaus in Berlin-Kreuzberg, in dem man sich stunden- und tageweise Büroräume mieten kann, ist ein Symbol für Arbeitsplätze im Internetzeitalter geworden. Dorthin hatten am Samstag die Rosa Luxemburg-Stiftung und die Linksfraktion im Bundestag zu einer Konferenz unter dem Titel »Netz für Alle« geladen.

In der Eröffnungsrede zur Netzkonferenz hoben die LINKEN-Politiker Bodo Ramelow und Halina Wawzyniak die Bedeutung der Netzpolitik für eine zukunftsfähige Linke hervor und übergaben dann das Mikrofon an die Internetexperten. An Constanze Kurz vom Chaos-Computer-Club etwa, die sich für ein Grundrecht auf einen Netzzugang mit Breitbandkabel auch für Menschen mit geringen Einkommen ausspricht. Ohne diesen Internetzugang seien Menschen vielfältig benachteiligt. Kurz verwies auf verschiedene Umfragen, in denen diese Forderung von einer überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird. Länder wie Finnland seien bei der Umsetzung eines solchen Zieles weit vorangeschritten.

In der anschließenden Diskussion wurde gefragt, ob die Forderung nach einem Netz für Alle im Alltag vor allem junger Menschen nicht schon längst umgesetzt werde. Kurz warnte aber davor, lediglich die statistischen Daten zur Grundlage zu nehmen. Gerade Familien mit niedrigen Einkommen fehle oft ein Internetzugang. Sie kritisierte Entscheidungen von Sozialgerichten, die ein Fernsehgerät, nicht aber den Internetzugang zur Grundversorgung für Hartz-IV-Betroffene erklärten.

Gutes Netz, schlechtes Netz

Der österreichische Schriftsteller und Philosoph Robert Misik ging auf eine Debatte ein, die in der Linken lange Jahre tobte. Ist das Internet gut oder schlecht? Misik verwies auf den mit großer Erbitterung geführten Streit über die Rolle der Technologie. Während die einen der Meinung waren, dass die Technologie nur unter Arbeiterkontrolle sinnvoll nutzbar zu machen ist, erklärten andere, dass die Technologie nicht neutral ist und daher nicht einfach übernommen werden kann. Diese Debatte wiederholt sich nun bei der Einschätzung des Netzes.
Mobilisierung per Internet

Misik betont, dass man sehr kulturpessimistisch sein müsse, um das Internet generell abzulehnen. Diese Haltung wäre zudem unpolitisch, weil damit jede Einflussmöglichkeit aufgegeben würde. Ein Teilnehmer warnte vor einer Überbewertung des Netzes bei politischen Mobilisierungen. Auch ohne Netz wurden Massendemonstrationen organisiert. In Arbeitsgruppen debattierten die Teilnehmer anschließend über soziale Netzwerke, ein barriere- und diskriminierungsfreies Internet und viele andere Themen.

Aus aktuellem Anlass wurde am Ende der Konferenz eine Diskussionsrunde über die Datenpanne bei Wikileaks angesetzt. Auch dort wurde lebhaft über die Perspektive eines Projekts diskutiert, das vor einigen Monaten noch hochgelobt worden war. Mit Wikileaks wurde der Beginn einer neuen Epoche der Transparenz verbunden. Viele sind der Meinung, dass die aktuelle Affäre dem Projekt Wikileaks schade. Für die Bloggerin Anne Roth hat sich der Wikileaks-Gründer übernommen. Allerdings sind viele Diskutanten zuversichtlich, dass das von Wikileaks hochgehaltene Prinzip künftig von anderen dezentralen Projekten weitergeführt wird.

Die Debatten auf der Konferenz gingen einher mit der Gründung einer »Arbeitsgemeinschaft Netzpolitik« innerhalb der LINKEN, die sich künftig verstärkt der Gestaltung der digitalen Gesellschaft widmen will.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/205999.schnelles-internet-fuer-alle.html

Peter Nowak