Bischof Richard Williamson von Pius-Bruderschaft ausgeschlossen

Offiziell wird dies mit Gehorsamsverweigerung begründet, ein Zusammenhang mit dem anstehenden Gerichtsverfahren gegen Williamson wegen Holocaustleugnung ist aber nicht zu übersehen

„S.E.Bischof Richard Williamson hat sich seit mehreren Jahren von der Führung und Leitung der Priesterbruderschaft entfernt und sich geweigert, den Respekt und den Gehorsam zu bezeigen, den er seinen rechtmäßigen Oberen schuldet. Deshalb wurde er durch eine Entscheidung des Generaloberen und seines Rates am 4. Oktober 2012 als von der Bruderschaft ausgeschlossen erklärt.“

Mit diesen dürren Sätzen wurde auf der Webseite der rechtskonservativen Piusbruderschaft eine Personalentscheidung bekanntgegeben, die über das rechtskatholische Milieu hinaus von Interesse ist. Denn Richard Williamson hat dafür gesorgt, dass sich die christdemokratische Bundeskanzlerin kritisch zu einer Entscheidung des Papstes äußerte und dafür bei ihrer Parteibasis auf Unverständnis stieß.

Schließlich hat Williamson in einem TV-Interview den massenhaften Mord der Nazis an den Juden bestritten. Wörtlich sagte er damals (aus dem Englischen übersetzt):

„Ich glaube, dass die historischen Beweise gewaltig dagegen sprechen, dass sechs Millionen Juden vorsätzlich in Gaskammern vergast wurden als vorsätzliche Strategie Adolf Hitlers. (…) Ich glaube, es gab keine Gaskammern.“

Da der Papst erst kurz vor Bekanntwerden dieses Interviews die kircheninterne Aufhebung der Exkommunion des Bischofs verfügt hat, geriet auch er schnell in die Kritik – auch von Merkel. Zumal Williamson schon vor dem Interview aus seinem Holocaustrevisionismus kein Hehl gemacht hatte.

Ein neuer Gerichtstermin

Aber erst das Interview hatte für ihn Konsequenzen. Er musste Argentinien im Ende Februar 2009 verlassen, um einer Ausweisung zuvorzukommen (Argentinien wirft Bischof Williamson raus). Wegen Volksverhetzung muss er sich im kommenden Jahr erneut vor dem Regensburger Amtsgericht verantworten.

Eine erste Verurteilung des Bischofs hatte das Oberlandesgericht Nürnberg im Februar wegen Verfahrensmängeln aufgehoben. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft einen überarbeiteten Strafbefehl von maximal 6.500 Euro erlassen.

Williamson hat sich störrisch gezeigt und wollte selbst aus taktischen Gründen keine Fehler zugeben. Das dürfte auch der Grund sein, dass sich die Piusbruderschaft jetzt von ihrem langjährigen Mitglied trennt. Schließlich würde sie bei dem neu aufgerollten Verfahren erneut im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen. Ihr Bemühen, im rechtskonservativen Milieu wieder aktiv mitzuwirken, würde damit untergraben.

Katholischer Antisemitismus

In diesem Kreisen wird durchaus weiter ein katholischer Antisemitismus praktiziert, in dem die Juden als Jesusmörder diffamiert werden – bei der Beurteilung der Shoah hält man sich aber öffentlich lieber zurück. Weil Williamson sich nicht daran gehalten hat, wird er nun genau wegen Gehorsamsverweigerung ausgeschlossen.

So umschifft man auch den für die Piusbruderschaft heiklen Punkt, zur Holocaustleugnung Stellung nehmen zu müssen, ohne die teilweise nach rechtsaußen weit offenen Mitglieder zu verprellen. Da in diesen Kreisen Autorität und Gehorsam zentrale Werte sind, wenn es um die eigene Organisation geht – der Papstkirche gegenüber hat man das ja bekanntlich anders praktiziert -, ist die Ausschlussbegründung so verfasst, dass sie in diesen Kreisen konsensfähig ist.

Lebhaft wird auf der rechtskatholischen Webseite Kreuz.net, das wegen seiner homophoben Einstellung erst kürzlich massiv in die Kritik geriet (15.000 Euro für Enttarnung der „Katholiban), über Williamsons Ausschluss debattiert. Zahlreiche Postings verbreiten wiederum antisemitische Klischees. Daher ist es fraglich, ob es der Piuskirche gelingt, mit dem Ausschluss von Williamson einer Debatte über ihre eigene Position zu entgehen.

http://www.heise.de/tp/blogs/6/153050
Peter Nowak

IG Metall vs. Abweichler

STREIT Ausschluss wegen Kandidatur auf eigener Liste. Kundgebung am heutigen Donnerstag

In den letzten Monaten haben Mitglieder der Industriegewerkschaft IG Metall häufig gegen Arbeitsplatzabbau und für höhere Löhne demonstriert. Doch am heutigen Donnerstag wollen Berliner IG-Metall-Mitglieder um 15 Uhr vor dem Sitz der eigenen Gewerkschaft in der Alten Jakobstraße 149 gegen die „Ausschlüsse kämpferischer Gewerkschafter“ protestieren.

Grund des Unmuts ist die Empfehlung eines IG-Metall-internen Untersuchungsausschusses. Danach sollen Mustafe Efe, Fehmiye Utku und Martin Franke wegen „gewerkschaftsschädigenden Verhaltens“ aus der IG Metall ausgeschlossen werden. 15 weiteren Metallern soll eine Rüge erteilt werden. Die 18 GewerkschafterInnen sind bei Daimler-Marienfelde beschäftigt und haben bei der letzten Betriebsratswahl als „Alternative Metaller“ neben der offiziellen IG-Metall-Liste kandidiert. 520 Beschäftigte von Daimler haben der Opposition die Stimme gegeben, sodass die Liste 5 von 21 Sitzen im Betriebsrat bekommen hat.

Während die Mehrheit des Untersuchungsausschusses die Eigenkandidatur als für die Geschlossenheit der IG Metall schädlich ansieht, betont der Spitzenkandidat der Alternativen, Mustafe Efe, dass es in dem Werk seit Jahren einen Streit zwischen einer kämpferischen gewerkschaftlichen Interessenvertretung und einer Politik des Komanagements gebe.

„Nicht die Eigenkandidatur, sondern die drohenden Ausschlüsse könnten die Gewerkschaft schwächen“, befürchtet Efe, der weiterhin Mitglieder für die IG Metall wirbt. Unterstützung erhält er von gewerkschaftsnahen WissenschaftlerInnen wie dem emeritierten Berliner Politologen Bodo Zeuner.

Der IG-Metall-Vorstand muss in letzter Instanz über den Ausschluss entscheiden. Bis zum Redaktionsschluss gab es keine Stellungnahme.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2010%2F07%2F01%2Fa0183&cHash=e46f4e6515

PETER NOWAK

Alternativen sind nötig

Der Vorstand der Berliner IG Metall hat Ende April die Weichen für den Ausschluss von oppositionellen Mitgliedern bei Daimler in Berlin-Marienfelde gestellt. In den Augen des Vorstands haben sie sich gewerkschaftsschädlich verhalten, weil sie bei der Betriebsratswahl auf einer eigenen Liste mit dem Titel »Alternative Metaller« kandidiert haben. Sie haben fünf Sitze und die offizielle IG-Metall-Liste 15 Sitze bekommen. Damit wird erstmals auch im Betriebsrat deutlich, dass in dem Werk kämpferische Gewerkschafter agieren, die sich gegen zu viele Zugeständnisse an das Unternehmen wehren.

Eigentlich müsste die IG Metall über solche Mitglieder froh sein. Denn gerade die Alternativen Metaller haben schon einige Überzeugungsarbeit leisten müssen, um vom Kurs der Mehrheitsströmung frustrierte Kollegen vom Gewerkschaftsaustritt abzubringen. Außerdem ist es durchaus keine Seltenheit, dass in einem Betrieb Mitglieder einer Gewerkschaft auf verschiedenen Listen kandieren. Damit wurde auch immer die innergewerkschaftliche Diskussion über die Zukunft der Gewerkschaftspolitik angeregt.

Eine Gewerkschaft, in der über die Perspektiven gestritten wird, hat Chancen, gerade auch von jüngeren Beschäftigten als Interessenvertretung akzeptiert zu werden. Einige Gewerkschaften haben mit Organizing-Kampagnen und einer stärken Kooperation mit sozialen Bewegungen erste Konsequenzen aus dem von vielen Gewerkschaftsforschern bestätigten Befund gezogen. Die Einleitung der Ausschlussverfahren bei der IG Metall hingegen führen in eine völlig falsche Richtung. Die IG Metall, die bei der letzten Tarifrunde nicht einmal Forderungen gestellt hat, braucht Alternativen auch innerhalb der Organisation. Diese Überzeugung teilen viele Mitglieder an der Basis. In dem Solidaritätskreis, der sich gegen die Ausschlüsse wendet, sind zahlreiche Betriebsräte und Vertrauensleute vertreten. Ein Aufruf gegen die Verfahren wurde in wenigen Tagen von über 400 Kollegen unterschrieben, und die Unterschriftensammlungen gehen weiter. So könnten die Ausschlussdrohungen doch etwas Positives bewirken: die innergewerkschaftliche Opposition meldet sich zu Wort und sucht Möglichkeiten der besseren Kooperation.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/170544.alternativen-sind-noetig.html

Peter Nowak