Das Sozialistische Büro (SB) hätte in diesem Jahr sein 50jähriges Jubiläum gefeiert, wenn es nicht schon Ende der 1990er Jahre aufgelöst worden wäre.

50 Jahre Sozialistisches Büro

Dabei gibt es mit der Zeitschrift „express“ ein Medium, in dem solche Debat- ten geführt werden könnten. Autor*innen dort sind aktive Gewerkschafter*innen und linke Wissenschaftler*innen. „express“ wurde einst vom SB als „Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit“ gegründet. Den Untertitel trägt sie noch heute. Was wäre eine bessere Würdigung des SB, als anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der SB-Gründung in einer von ihm gegründeten Zeitung über die Organisierung von emanzipativer Theorie und Praxis zu debattieren?

Die Geschichte dieser 1969 gegründeten netzförmig strukturierten Organisation ist heute zu Unrecht weitgehend vergessen. Dabei spielte das SB eine wichtige Rolle, nachdem sich der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) 1969 aufgelöst hatte. Apo-Aktivist*innen, die nicht den Weg in die SPD oder die spätstalinistischen K-Gruppen antreten wollten, trafen im SB mit älteren Linkssozialist*innen und Antimilitarist*innen zusammen, die teilweise in der Ostermarschbewegung aktiv waren. Es ist ein Verdienst des Politikwissenschaftlers ….

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Der Politikwissenschaftler Carsten Prien kritisiert das Sozialistische Büro aus Sicht Rudi Dutschkes.

Räte, Netz, Partei

Carsten Prien: Rätepartei: Zur Kritik des Sozialis- tischen Büros. Oskar Negt und Rudi Dutschke. Ein Beitrag zur Organisationsdebatte. Ousia-Lesekreis-Verlag, 190 S., ISBN: 978-3-94457-063-1, 19 €.

Mit dem Politologen Wolf Dieter Narr ist Mitte Oktober ein wichtiger Protagonist des Sozialistischen Büros gestorben. Die Geschichte dieser 1969 gegründeten und bis in die 90er Jahre aktiven, netzförmig strukturierten Organisation ist heute – zu Unrecht – weitgehend vergessen. Dabei spielte sie eine wichtige Rolle, nachdem sich der Sozialistische Deutsche Studentenbund 1969 aufgelöst hatte. Aktivist*innen der Außerparlamentarischen Opposition (Apo), die nicht den Weg in die spätstalinistischen K-Gruppen antreten wollten, trafen dort auf ältere ….

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Streiksolidarität

Peter Nowak zu den Amazonprotesten
„Und, hast du schon alle deine Weihnachtsgeschenke gekauft? Kein Problem, die kannst du ja immer noch bei Amazon bestellen? Internet-Shopping ist Teil unserer aller Alltag geworden – doch nur wenige haben sich je Gedanken darüber gemacht, dass auch hinter diesem Teil der Wirtschaft ArbeiterInnen stehen, die tagtäglich die Pakete packen, Waren zusammensuchen, usw. Sie tun dies unter äußerst prekären Bedingungen: sie verdienen  nur wenig, werden ständig überwacht und haben selten unbefristete Verträge. Für viele von ihnen ist Weihnachten die Zeit, vor der sie sich fürchten müssen, weil ihnen dann gekündigt wird, um einer neuen Riege unbefristeter ArbeiterInnen Platz zu machen. Und dies alles, während Amazon kaum Steuern zahlt, kleine Verlage aus dem Markt drängt und ein de facto Buchmonopol errichtet.“
Von der Gewerkschaft ver.di produzierte Informationsflyer mit dieser   Botschaft wurden im Dezember in den Fußgängerzonen  mehrerer  deutscher Städte häufiger verteilt. Potentiellen KundInnen sollten damit     auf die Forderungen der Beschäftigten bei Amazon aufmerksam gemacht werden.   Damit sollte auch Verständnis geweckt werden, wenn es in den Nachrichten mal wieder heißt, bei Amazon wird gestreikt. Dabei wird oft sofort gefragt, ob jetzt womöglich die Plakate verspätet ankommen. Mit den Infoblättern wird der Fokus wieder auf die Menschen und ihre Arbeits- und Lebensbedingungen gelenkt, die es erst möglich machen, dass die Pakete  pünktlich geliefert werden.
An der Verteilaktion sind nicht nur GewerkschafterInnen beteiligt. Ein Bündnis aus linken Gruppen hat es beispielsweise in Berlin übernommen, auf verschiedenen Weihnachtsmärkten die Flyer zu verteilen und mit den PassantInnen darüber zu reden, wieso Amazon-KundInnen mit den Forderungen der in dem Unternehmen  Beschäftigten solidarisch sein sollen.   Dazu hatte sich ein Streiksoli-Bündnis gegründet.  Während das Solibündnis Flyer verteilt, beteiligen sich die Solidaritätsbündnisse  aus Frankfurt/Main an einer Blockade vor dem Amazon-Standort Bad Hersfeld. Damit soll verhindern werden, dass der Streik unterlaufen wird.
Ein Leuchtturm im Osten
Vorbild ist das Bündnis Streiksoli in Leipzig, das bereits im letzten Jahr   anlässlich der Streiks in den dortigen Amazon-Standort mit den Beschäftigten Kontakt  aufgenommen hatte. Das Bündnis  unterstützt Kundgebungen, verteilte  Flyer an potentielle Amazon-KundInnen und half so mit, in der Gesellschaft für den Streik zu werben. Schnell gab es auch in anderen Städten Interesse an einer Streiksoliarbeit nach dem Leipziger Vorbild. Am letzten Juni-Wochenende 2014     wurden  in Leipzig auf den  ersten bundesweiten Streiksoli-Treffen  die Grundlagen für eine Kooperation gelegt.  Mitte November gab es ein Folgetreffen in Frankfurt/Main, an dem VertreterInnen aus Leipzig und , Hamburg   teilnahmen.
Dort wurden im Detail durchaus Unterschiede erkennbar.Soll lediglich ein bundesweites   Netzwerk der Streiksolidarität aufgebaut werden, wie es vor allem dem  Bündnis Streik-Soli-Leipzig vorschwebte?     Oder soll sich das Bündnis auch ein kurzes Selbstverständnis geben, wie es vor allem die Gruppe Antifa Kritik und Klassenkampf  (AKK) aus Frankfurt/Main vorschlug?  Neben diesen Differenzen in organisatorischen Fragen stehen auch politische Unterschiede, die allerdings nicht so klar ausgesprochen werden.   Soll die Streiksolidarität in engem Bündnis mit DGB-Gewerkschaften kooperieren?  Doch wie soll sie reagieren, wenn die Gewerkschaftsvorstand wie so oft in der Vergangenheit,  einen Arbeitskampf gegen den Willen eines relevanten Teils der Beschäftigten beenden wollen und dabei Zugeständnisse an die  Kapitalseite macht, die von großen Teilen der Basis abgelehnt werden?  Die AKK erklärte in der Diskussion, die Streiksoliarbeit sollte die Selbstorganisierung der Lohnabhängigen    zum Ziel haben, was mit  dem gewerkschaftlichen Agieren übereinstimmen kann aber nicht muss.. Die Debatte wird sicherlich  beim nächten Treffen bundesweiten Treffen, das im Frühjahr 2015 in Bad Hersfeld, einem der Zentren des Amazon-Streiks  stattfinden soll, fortgesetzt werden.
aus express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit

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Peter Nowak