Von wegen Easy Rider auf der Straße

TRUCKERDEMO In Berlin protestieren Lkw-Fahrer gegen ihre Niedriglöhne und den Konkurrenzkampf

Stundenlöhne von zum Teil unter 5 Euro und überlange Arbeitstage – in Berlin haben am Samstag Trucker gegen Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen protestiert.

„Wir sind nicht eure Sklaven, sondern eure Versorger“, so die Parole. Ingo Schulze vom Kraftfahrerclub Deutschland hatte die Proteste mit vorbereitet. Er beklagt das Sinken der Löhne – aber auch, dass nur zehn Lkws am Samstag am Brandenburger Tor stehen. Allerdings protestierten zeitgleich Fahrer auch in Den Haag, Rom, Stockholm, Oslo, Kopenhagen und Madrid.

Sie fordern einheitliche Ausbildungsstandards und Mindestlöhne – und die Einhaltung der Kabotageregeln. „Kabotage“ nennt man das Erbringen von Transportdienstleistungen in einem Land durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen. Eigentlich darf ein ausländisches Fahrzeug in einem EU-Mitgliedsstaat drei Fahrten pro Woche übernehmen. Doch oft seien ausländische Fahrzeuge wochenlang ununterbrochen in Europa unterwegs, monierten verschiedene Redner. Sie stellten aber auch klar: Ihr Protest richtet sich nicht gegen ausländische Kollege, sondern gegen die schlechten Arbeitsbedingungen, von denen alle Trucker betroffen seien.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=in&dig=2014%2F05%2F05%2Fa0048&cHash=35557cf3d0c5248900e9f858c4182cd1

Peter Nowak

Von wegen Easy Rider

Von wegen Easy Rider

In Berlin demonstrieren LKW-Fahrer gegen ihre Arbeitsbedingungen – und den europäischen Konkurrenzkampf auf den Straßen.

Stundenlöhne von zum Teil unter 5 Euro und überlange Arbeitstage – in Berlin haben am Samstag Trucker gegen Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen protestiert.

„Wir sind nicht eure Sklaven, sondern eure Versorger“, so die Parole. Ingo Schulze vom Kraftfahrerclub Deutschland hatte die Proteste mit vorbereitet. Er beklagt das stetige Sinken der Löhne in den letzten Jahren – aber auch, dass nur zehn LKW am Samstag am Brandenburger Tor, dem Ort der Abschlusskundgebung, stehen. „Wir haben es wieder nicht geschafft, die Masse der LKW-FahrerInnen zu mobilisieren“, so Schulze. Allerdings protestierten zeitgleich Fahrer auch in Den Haag, Rom, Stockholm, Oslo, Kopenhagen und Madrid.

Sie fordern einheitliche Ausbildungsstandards und Mindestlöhne – und die Einhaltung der Kabotageregeln. „Kabotage“ nennt man das Erbringen von Transportdienstleistungen in einem Land durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen. Eigentlich darf ein ausländisches Fahrzeug in einem EU-Mitgliedsstaat drei Fahrten pro Woche übernehmen.

Doch oft seien ausländische Fahrzeuge wochenlang ununterbrochen in Europa unterwegs, monierten verschiedene Redner. Sie stellten aber auch klar: Ihr Protest richtet sich nicht gegen ausländische Kollege, sondern gegen die schlechten Arbeitsbedingungen, von denen Trucker in allen Ländern betroffen seien.

In einer Grußadresse bekräftigten Beschäftigte des Kölner Ford-Werkes, dass sich die LKW-Fahrer der verschiedenen Länder nicht spalten lassen dürfen. Unterstützung gab es auch von einer japanischen EisenbahnerInnengewerkschaft, Berliner S-BahnfahrerInnen, dem Klassenkämpferischen Block Berlin und der AG Taxi bei der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Auch Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei, hielt vor den Truckern eine kurze Ansprache.

http://www.taz.de/Truckerproteste-in-der-Hauptstadt/!137852/

Peter Nowak

„Trans ist keine Krankheit, sondern ein Menschenrecht“

Beim weltweiten Aktionstag gegen die Pathologisierung von Transsexuellen wurde auch auf die steigende transphobe Gewalt hingewiesen

Am 20. Oktober fand der Internationale Aktionstag gegen die Pathologisierung von Transmenschen statt. In über 30 Ländern rund um den Globus gab es Aktionen vom Infostand bis zu Demonstrationen.
Das Berliner Bündnis „Stopp Trans-Pathologisierung“ organisierte eine Kundgebung vor dem Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité unter der Parole „Trans ist keine Krankheit, sondern ein Menschenrecht“.
Die Aktivisten wenden sich dagegen, dass Menschen, die das ihnen zugeordnete Geschlecht nicht akzeptieren, in diagnostischen Handbüchern, die Ärzten und Psychologen als Grundlage dienen, in die Kategorie Störungen der Geschlechtsidentität eingeordnet werden. Weltweit setzen sich Transmenschen für die vollständige Streichung der Kategorie aus dem Handbuch ein.

Besondere Kritik übt das Bündnis an Professor Klaus Beier, der an dem Institut für Sexualwissenschaft lehrt. Es wirft dem Mediziner vor, die Pathologisierung eines 11jährigen Kindes vorangetrieben zu haben, das das ihm zugewiesene männliche Geschlecht nicht akzeptiert und dabei von der Mutter unterstützt wird (Geschichte vom „Jungen, der ein Mädchen sein wollte“). Der Sorgerechtsstreit um Alex, wie das Kind in den Medien genannt wurde, seine mögliche Zwangseinweisung in die Jugendpsychiatrie und eine damit verbundene Behandlung hin zu einem geschlechtskonformen Verhalten als Junge sorgten Ende März für Diskussionen. Beier und die Charité hatten damals allerdings bestritten, das Kind gegen seinen erklärten Willen oder den erklärten Willen der Mutter aufzunehmen.

Zunahme von transphober Gewalt

Transgender-Aktivisten sehen auch einen Zusammenhang zwischen der Pathologisierung von Transmenschen und der Zunahmen von Gewalt gegen Transmenschen. So heißt es in einer Pressemeldung von Transinterqueer:

„In den letzten Jahren ist in vielen Ländern ein Anstieg transphober Gewalt zu beobachten. Forschungen zeigen, dass 2009 bereits an jedem zweiten Tag der Mord an einer Trans-Person berichtet wurde. In 2008 liegt für jeden dritten Tag eine Meldung vor.“

Rechtzeitig zum Aktionstag ist im Verlag AG Spaak ein Büchlein unter dem Titel „Stop Trans*-Pathologisierung“ erschienen. Der im Untertitel „Berliner Beiträge für eine internationale Debatte“ vertretene Anspruch wird auf den knapp 100 Seiten eingelöst. In den kurzen Kapiteln, wird ein guter Einstieg in die Thematik geliefert.

Soziale Folgen der Ausgrenzung

Ein besonderer Stellenwert wird in dem Buch auf die sozialen Aspekte gelegt, was sicher auch darin liegt, dass die Herausgeberin Anne Allex seit vielen Jahren in der Erwerbslosenbewegung aktiv ist und den Arbeitskreis „Marginalisierte gestern und heute“ mitbegründet hat. In ihrem Beitrag zeigt sie die sozialen Folgen der Pathologisierung auf:

„Trans*-Menschen gehören zu einer der am meisten diskriminierten Populationen in Europa. Ihre Erwerbslosenquote ist signifikant höher als beim Rest der Gesellschaft. Sie haben keine Aussicht auf eine der Ausbildung entsprechende Arbeit. Sie sind überwiegend arm und sozial ausgegrenzt.“

Die Zuschreibung der Geschlechtsidentitätsstörung führt dazu, dass Transmenschen bei den Jobcentern und Arbeitsagenturen in die Kategorie „erwerbsunfähig“ eingeordnet und ausgesteuert werden. Dass aber bedeutet ein Leben am Rande des Existenzminimums. „Landen Erwerbslose nach solchen Feststellungsverfahren in einer kleinen Erwerbsminderungsrente oder in der Sozialhilfe, hat das schwere, dauerhafte Folgen für ihren künftigen Lebensstandard und ihre Lebensqualität“, beschreibt Allex die soziale Realität, die nicht nur viele Transmenschen tangiert. So werden in den letzten Jahren immer häufiger ALG II-Berechtigte von den Jobcentern zur Erstellung eines psychologischen Gutachtens aufgefordert. Zu den Begründungen gehört auch eine häufige Krankschreibung vor oder Entlassungen aus Eingliederungsmaßnahmen.
http://www.heise.de/tp/blogs/3/153024
Peter Nowak

Angemessener Lohn statt zusätzliche Jobs

Psychiatrie-Beschäftigte protestieren in Berlin
Am heutigen Mittwoch wollen Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) in Berlin erneut mit einem Aktionstag auf ihre schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam mach
en.

Mit einem Demonstrationszug von der Berliner Charité zum Bundesgesundheitsministerium wollen sie ihre Forderungen nach angemessener Vergütung und einer Reform der Ausbildung auf die Straße tragen.

„Die Route wurde bewusst gewählt, betont Sarah Eckardt vom Vorbereitungskreis des Aktionstages. „Unsere Forderungen richten sich sowohl an die Berliner Kliniken als auch an die Politik“, betont sie gegenüber ND. Es sei die Verantwortung der Kliniken, die Mitarbeiter angemessen zu entlohnen und gesunde Arbeitsbedingungen bereitzustellen. Von der Politik wird eine Änderung des Psychotherapeutengesetzes gefordert. Dort seien die Pflichten der PiA geregelt, über deren Rechte aber findet sich nichts, moniert Eckardt..
„Einige Kliniken berufen sich auf dieses Gesetz und argumentieren, da die Entlohnung der PiA nicht gesetzlich geregelt ist, brauchen sie nicht bezahlt zu werden“, schildert sie die Arbeitsbedingungen ihrer Kollegen. Deshalb sind viele PiA gezwungen, einer weiteren Tätigkeit nachzugehen, um zu überleben. Die 3-5jährige Ausbildung zum Psychotherapeuten setzt ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Psychologie oder der Sozialpädagogik voraus und ist notwendig zur Erlangung de Approbation. Sie ist in den ersten anderthalb Jahren mit einer praktischen Tätigkeit in psychiatrischen Kliniken von durchschnittlich 30 Stunden pro Woche verbunden. Obwohl dort die angehenden Psychotherapeuten meist die gleiche Arbeit wie die approbierten verrichten, werden sie meist gering oder gar nicht bezahlt


Vereinbarung mit leeren Klauseln.

Der Dienstleistungsgewerkschaft sind diese Zustände schon lange bekannt. „Viele angehenden Psychotherapeuten und deren Familien leben unter dem Existenzminimum und behandeln ihre Patienten auf hohem Niveau für unter 1 Euro pro Stunde,“ heißt es in einer Stellungnahme der Gewerkschaft. Bei ver.di wurde eine Arbeitsgruppe für die besondere Problematik der PiA eingerichtet. Dort wurde ein Mustervertrag ausgearbeitet, der nach den Vorstellungen der Kollegen künftig gelten soll. „Statt der bisher üblichen Praktikumvereinbarungen voller leerer Klauseln fordern wir schriftliche Verträge der Klinken für unsere praktische Tätigkeit“, betont Eckardt. Sie sieht mit dem Anliegen des Aktionstages auch die Interessen der Patienten vertreten. Schließlich leide die Qualität der psychotherapeutischen Arbeit unter mangelnder Entlohnung „ Wir wollen die bestmögliche Versorgung der Patienten und sehen diese immer wieder durch Einsparungen und Kürzungen an den Kliniken gefährdet“, berichtet Eckardt aus dem Berufsalltag ihrer Kollegen. Ähnliche Berichte sind mittlerweile auch aus vielen Bereichen des Gesundheits- Pflegebereichs zu hören. Allerdings ist eine Koordinierung der sehr fragmentierten Beschäftigtenstruktur im Gesundheits- Pflegebereich nicht einfach. „Wir würden uns gerne weiter vernetzen“, betont Eckardt.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/206131.angemessener-lohn-sta

tt-zusaetzliche-jobs.html?sstr=Peter|Nowak

Peter Nowak

Wände streichen ist keine Lösung

Flüchtlinge aus ganz Deutschland trafen sich zum Aktionstag in Zella-Mehlis

 
»Wir sind Menschen und wir haben Rechte!« Darauf beharren Flüchtlinge auch im Thüringer Zella-Mehlis. Sie trafen sich am Ostersonntag zum Aktionstag.

 Musik und Trommeln waren am Sonntagnachmittag im Industriegebiet von Zella Mehlis zu hören. Vor dem Gebäude der Industriestraße 29 haben sich knapp 100 Menschen versammelt. Viele sind Flüchtlinge aus der gesamten Republik, die über  Ostern an einer antirassistischen Konferenz in Jena teilgenommen hat. Im Anschluss sind wir nach Zella Mehlis gefahren, um die Bewohner in diesem Lager zu unterstützen“, meint Salomon Wantchoucou, der sich seit Jahren im Rahmen des Netzwerks The Voice für die Rechte        von Flüchtlingen einsetzt. Ein besonderes Anliegen ist für ihm der Kampf gegen die Residenzpflicht, die Flüchtlingen verbietet, den ihnen zugewiesenen Landkreis ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde zu verlassen. Für Wantchoucou ist das eine klare Verletzung des Grundrechts auf Bewegungsfreheit. Die Aktion am Sonntag sei auch ein Akt des zivilen Ungehorsams betont er. Schließlich hat sich ein Großteil der Teilnehmer über die Residenzpflichtregeleung  hinweggesetzt, um die Flüchtlinge in Zella Mehlis zu unterstützen.     Die hatten im März in einen Offenen Brief auf unhaltbare hygienische Zustände im Lager hingewiesen. So sei es an vielen Wänden zu Schimmelbefall gekommen. „Die Behörden sind nach unseren Protesten verwirrt, aber geändert hat sich bisher wenig“, meint Heimbewohner Miloud El Cherif aus Algerien. Allerdings wäre es auch keine Lösung für ihn, wenn die Wände des Heims bunt angestrichen würden,  betont er. „Das Problem ist die Enge, die isolierte Lage zwischen Fabrikgebäuden, Autobahn und Wald und die ständige Kontrolle“, meint El Cherif und zeigt auf den Eingang. Dort achtet Wachpersonal darauf, dass keine Unbefugte das Heim betreten. Einmal kommt es zu einem Wortgefecht zwischen Bewohnern und den Wachdienst. Nach wenigen Minuten ist der Konflikt entschärft. Es wird aber deutlich, wie gespannt die Situation in dem Heim ist. Lahal Sharif kommt aus dem Irak und lebt schon mehrere Jahre in dem Heim am Rande von Zella Mehlis. „Wichtige Jahre meines Lebens lebe ich wie im Gefängnis“, klagt er. Ihm seinen alle Möglichkeiten genommen worden. Bevor er nach Deutschland floh, war er erfolgreicher Boxer.           Heute hat er keine Perspektive und sein Aufenthaltsstatus ist noch immer ungeklärt. „Die Ungewissheit und die Lebensumstände macht vielen Menschen auch psychisch zu schaffen“, betont Selam Shenam. Die syrische Oppositionelle lebt ebenfalls in Zella Mehlis und beteiligt sich am Kampf für die Schließung des Heims. Einige Bewohne schauen aus dem Fenster und signalisieren durch Applaus Zustimmung, als die Kundgebungsteilnehmer die                Parole „Das Heim muss weg“ skandieren. Doch sie trauen sich nicht  an der Aktion  teilzunehmen. Dazu trägt auch die Präsenz der Sicherheitsleute und der Sozialarbeiter bei, die schließlich auch für die Bewilligung von Eingaben und die Verteilung von    Gutscheinen zuständig sind.  „Daher befürchten manche Heimbewohner Nachteile, wenn sie sich offen an den Protesten beteiligen“, befürchtet  Shenam.
Am Ostersonntag unterstützten  nur einige junge Menschen aus Suhl die Kundgebung. Doch es Kontakte in die Region, unter Anderem zu evangelischen Kirche und zur Linkspartei, betont El Cherif.      Die Kontakte werden weiter gepflegt und werden sicher auch noch gebraucht. Die Flüchtlingsaktivisten kündigten an, die Proteste vor dem Heim fortzusetzen, bis es geschlossen wird und die Bewohner in eigenen Wohnungen leben können.   Dass diese Forderungen keine Utopie bleiben müssen, zeigt sich in der Nachbargemeinde Suhl, die  knapp 200 Meter neben dem Heim beginnt. Während in Suhl Flüchtlinge in eigenen Wohnungen leben können, hält die Ausländerbehörde von Schmalkalden-Meiningen, der für  Zella Mehlis zuständig ist, weiter an dem Heim fest.      Viele Flüchtlinge sehen darin eine bewusste Politik. „Wir sollen an den Rand gedrängt und aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden“, beklagt Wantchoucou. Doch ans Aufgeben denken weder er noch seine Mitstreiter. „Wir sind Menschen und wir haben Rechte“, rufen sie und sie wirken sehr entschlossen, diese auch zu erkämpfen.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/196167.waende-streichen-ist-keine-loesung.html

Peter Nowak

Fehlende Solidarität

Europaweit wollen Gewerkschafter am Mittwoch gegen die Sparprogramme der Regierungen protestieren. Koordinierte Gegenwehr kommt aber kaum zustande

Wenn der Europäische Gewerkschaftsbund zu einem kontinentweiten Aktionstag gegen die Sparprogramme der Regierungen aufruft, heißt das nicht, dass auch alle Länder folgen. Zwar ist in Brüssel eine zentrale Demonstration des ETUC geplant, und nach Angaben des stellvertretenden Generalsekretärs Joël Decaillon soll es auch in Griechenland, Spanien, Frankreich, Dänemark und Tschechien Proteste geben. Deutschland kommt in dieser Aufzählung allerdings nicht vor.   Nach der geringen Resonanz bei den Aktionen gegen das Sparprogramm der Bundesregierung stellt sich die Frage nach der Zukunft der Krisenproteste
Schon beim europäischen Aktionstag Ende September hatten Attac und andere politische Initiativen dafür gesorgt, dass in der Bundesrepublik überhaupt erkennbare Aktivitäten zu verzeichnen waren. Nun wollen hierzulande nicht einmal mehr die Unermüdlichen vor Banken und Ministerien Transparente hochhalten. Nach den nur mäßig besuchten Krisenprotesten Ende November, die allgemein als Misserfolg gewertet worden waren, und den dezentralen Gewerkschaftsaktionen, die kaum eine Rolle in der Öffentlichkeit spielten, kann das niemanden mehr überraschen.

Auf den ersten Blick sieht es in den Nachbarländern anders aus. Sozialproteste mit wochenlangen Streiks und spektakulären Aktionen sorgten vor allem in Frankreich, Griechenland und Spanien für Aufsehen. Doch auch dort konnten die Sparprogramme nicht verhindert werden.

Von der Wut zur Resignation

In Großbritannien rückten Demonstranten sogar der Königsfamilie auf die Pelle. Doch während Studierende und Schüler Prinz Charles und seine Ehefrau Camilla auf der Fahrt zu einer Theateraufführung im Auto bedrängten, stimmte eine Mehrheit im Parlament den Sparbeschlüssen zu. Seitdem befindet sich der liberale Regierungspartner in einer desolaten Situation – im Wahlkampf hatte man eine Erhöhung der Studiengebühren noch definitiv ausgeschlossen. Ein Bruch der Koalition ist aber unwahrscheinlich. Schließlich dürften die Regierungsparteien kaum Interesse an Neuwahlen haben. Vor allem den Liberalen wird ein Desaster prognostiziert.

Daran wird die konservative irische Fianna Fail im kommenden Januar kaum vorbeikommen. Trotz der erwarteten Wählerstrafe hatte Regierungschef Brian Cowen darauf bestanden, das Kürzungsprogramm vor dem Urnengang zu verabschieden. In der vergangenen Woche hatten vor dem Dubliner Parlament gerade einmal rund 1.500 Menschen protestiert, Ende November waren es immerhin noch mehr als 10.000 – da hatten sämtliche Oppositionsparteien und Gewerkschaften zum Protest aufgerufen.

Der Schritt von der Wut zur Resignation ist offenbar klein, wie sich nicht nur im besonders von der Krise gebeuteten Irland zeigt. In Griechenland haben sich linke Parteien und Gewerkschaften für heute zwar wieder auf Streiks und Demonstrationen vorbereitet. Doch ob sie damit an die Massenaktionen im Frühling anknüpfen können, ist fraglich. Auch unter den Hellenen hat sich nach der langen Mobilisierung gegen das EU-Krisenpaket Ernüchterung breitgemacht. Schließlich hat die sozialdemokratische Regierung, unterstützt von der konservativen Opposition, den Sparkurs für alternativlos erklärt. Hinzu kam der Schock über den Tod von drei Bankangestellten, die ums Leben kamen, als Anfang Mai am Rande einer Protestaktion gegen die Sparpläne ein Brandsatz in ein Kredithaus flog.

Wandelndes Bewusstsein

Das linke griechischen Zeitungsprojekts TPTG erklärt das Abflauen der Proteste in Griechenland auch mit einen Wandel im Bewusstsein bei Teilen der Lohnabhängigen gegenüber dem Umgang mit den Staatsschulden. Bisher habe bei vielen die Überzeugung dominiert, da sie selbst keine Schulden gemacht haben, müssten sie auch nicht bereit sein, für die Tilgung Opfer zu bringen. Inzwischen sei aber auch unter Arbeitern und Angestellten die Meinung weit verbreitet, dass alle Opfer bringen müssten, damit es mit Griechenland wieder aufwärts geht.

Wahrscheinlich gibt es noch einen anderen Grund: Die zahlreichen Aufrufe zur Solidarität, die von den Protestierenden in Griechenland auf dem Höhepunkt der Aktionen ausgesandt worden waren, wurden in anderen Ländern weitgehend ignoriert. Auch in Deutschland mokieren sich viele lieber über die „Pleite-Griechen“, für die Steuerzahler in Deutschland nun Hilfsleistungen erbringen müssten. Solche Stimmungen, die keineswegs nur auf die Bundesrepublik beschränkt sind, haben eine länderübergreifende Solidarität verhindert. Schöne Worte aus Anlass von Aktionstagen können darüber nicht hinwegtäuschen.

http://www.freitag.de/politik/1049-fehlende-solidaritaet

Peter Nowak

Kleinbauern und Fortschritt

Nicht nur ein Problem des globalen Südens

 Kleingärten haben in Deutschland eine lange Geschichte. Doch seit einigen Jahren versucht die Guerilla-Gardening-Bewegung dem Laubenpieper-Image zu entkommen. Sie pflanzen auf städtischem Brachland zur Not auch ohne die behördliche Genehmigung Obst und Gemüse an. Statt über die Länge von Gräsern und Ästen reden sie über die politische Dimension der Selbstversorgung mit Obst und Gemüse. Daher ist es auch nur konsequent, wenn sich einige der Politgärtner am vergangenen Samstag am globalen Aktions- und Informationstag für Ernährungssouveränität und bäuerliche Rechte beteiligten. Auf Initiative des Kleinbauernnetzwerkes La Via Campesina gab es rund um den Globus Aktionen der unterschiedlichen Art. Lange Zeit sahen die hiesigen Linken die Aktionen von Via Campesina als Problem des globalen Südens. Manch Marx-geschulter Linker meinte gar, dass da der gesellschaftliche Fortschritt gebremst und die bäuerliche Lebensweise konserviert werde. Doch mittlerweile wird Ernährungssouveränität auch als eigenes Problem wahrgenommen. Das wurde an den unterschiedlichen Aktionen deutlich, die in Deutschland stattfanden. Der Kampf gegen die Gentechnik gehört ebenso dazu, wie der Protest gegen energieaufwendige Vertriebssysteme für Lebensmittel. Als Alternative zu über Tausende Kilometer transportiertes Obst und Gemüse werden Bioprodukte des eigenen Garten zunehmend beliebter. Dass man dabei über den Zaun des eigenen Stadtgartens blicken kann, zeigte das globalisierungskritische Netzwerk Attac. Anlässlich des bäuerlichen Aktionstags monierte Jutta Sundermann von Attac: »Frisch mit Steuermilliarden gerettete Banken bieten Wetten auf die Preisentwicklung von Agrarrohstoffen an. Weit mehr als 100 Millionen Menschen weltweit, die wegen der Krise unter die Armutsgrenze gefallen sind, werden offenbar als Kollateralschäden hingenommen.«

http://www.neues-deutschland.de/artikel/169351.kleinbauern-und-fortschritt.html

Peter Nowak

Kampf gegen Staudämme

Viele werden noch nichts vom Internationalen Aktionstag gegen Staudämme gehört haben, der am 14. März schon zum dreizehnten Mal stattfindet. Für viele Menschen vor allem in Asien und Lateinamerika hat der Tag eine zentrale Bedeutung. Schließlich sind Millionen Menschen auf diesen Kontinenten durch neue Staudammprojekte in ihrer Existenz bedroht.

Mittlerweile gibt es weltweit mehr als 40 000 Staudämme. Tausende weitere sind in Planung. Oft ist ihr Bau nur möglich, weil Konzerne aus Europa oder den USA am Bau beteiligt sind. Daran setzen Nichtregierungsorganisationen an, die mit ihren Aktionen die von den Staudämmen bedrohte Bevölkerung unterstützen.

Wie schwierig der Kampf ist, zeigt sich am Beispiel des Ilisu-Staudammes im Osten der Türkei. Nach massivem Druck von Nichtregierungsorganisationen hatten im Juli 2009 Deutschland, Österreich und die Schweiz ihre zugesagten Exportrisikobürgschaften zurückgezogen.

Trotzdem hat die türkische Regierung kürzlich angekündigt, im April 2010 mit dem Bau des Staudamms beginnen zu wollen. Dabei haben die Gegner des Staudamms sowohl in der Türkei als auch international Erfolge zu verzeichnen. So hat das Europäische Parlament Anfang Februar 2010 in einer Entschließung die türkische Regierung aufgefordert, alle Arbeiten an dem Staudamm einzustellen, bis eine Studie über die Folgen für die Anrainer vorliegt. Fast zeitgleich hat das Verwaltungsgericht von Diyarbakir Landenteignungen für den Staudammbau für ungültig erklärt. Die Pläne der Regierung könnten also noch durchkreuzt werden, betont der europäische Koordinator der Kampagne gegen den Ilisu-Staudamm, Ercan Ayboga. Dazu aber ist verstärkter Druck im In- und Ausland nötig. »Wir wollen verhindern, dass europäische Länder in anderen Teilen der Welt Projekte forcieren, die derart desaströs sind, und die in Europa selbst nicht denkbar wären«, lautet das Ziel der »Stop Ilisu«-Kampagne. Am 14. März sind in zehn türkischen Städten und mehreren europäischen Ländern Protestaktionen geplant.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/166532.kampf-gegen-staudaemme.html

Peter Nowak