Eine Zellenrazzia sorgt für Aufmerksamkeit

Auf dem Weg zu einer bundesweiten Gefangenengewerkschaft

Im Mai gründeten Gefangene in der JVA Tegel eine Gefangenengewerkschaft. Dies wurde sofort mit Repression und Einschüchterungsversuchen beantwortet. Dabei sind die zentralen Forderungen bisher Mindestlohn auch für Gefangene und Einbeziehung in die Rentenversicherung. In mehreren europäischen Ländern, wie Italien und Österreich, ist das längst Realität. In der Bundesrepublik dagegen sind die Gefangenen nur ein Teil eines ganzen Heeres von BilliglöhnerInnen. Die KapitalistInnen und die mit ihnen befreundeten PolitikerInnen werden nicht müde, den Untergang des Abendlands heraufzubeschwören, wenn diese Menschen wenigstens den Mindestlohn erhalten.

Herausforderung an die bestehenden Gewerkschaften

Die Gründung ist auch eine Herausforderung an die bestehenden Gewerkschaften. Dort sind Inhaftierte als Mitglieder bisher ausgeschlossen, da die Rechtsform ihrer Tätigkeit nicht ein klassisches Arbeitsverhältnis, sondern ein „öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis eigener Art“ ist. Obwohl sie ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen, haben Inhaftierte kaum Möglichkeiten, ihre ohnehin eingeschränkten Rechte einzufordern. Darüber hinaus sind Gefangene deutscher Justizvollzugsanstalten gemäß Paragraph 41 des Strafvollzugsgesetzes bis zum Rentenalter verpflichtet, zu arbeiten. Ein Verstoß kann disziplinarisch, zum Beispiel mit dem Entzug von Vergünstigungen wie dem Fernseher in der Zelle, geahndet werden und führt zudem dazu, dass man die Gefangenen zur Zahlung von Haftkosten heranzieht. In manchen Gefängnissen wird ArbeitsverweigererInnen sogar nach 22 Uhr der Strom abgestellt.

2012 starteten in einigen Bundesländern Initiativen zur Abschaffung der Arbeitspflicht. Sie waren nur in drei Bundesländern erfolgreich. Der Sonderstatus der Arbeit in den Gefängnissen sorgt weiterhin dafür, dass die Inhaftierten von der Rentenversicherung ausgeschlossen sind. Ein Gesetz zur Einbeziehung der Gefangenen wurde 1976 im Parlament beschlossen, aber bis heute nicht umgesetzt. Der Rentenanspruch von Menschen, die mehrere Jahre in Haft waren, verringert sich drastisch. Nach acht bis zehn Jahren gibt es in der Regel kaum noch Hoffnung für ein Auskommen über Hartz-IV-Niveau. Vor allem bei der Entlassung älterer Menschen ist das ein immenses Problem. Wie der Gefangenenbeauftragte des Komitees für Grundrechte erklärte, erhält seine Organisation immer wieder Briefe von Gefangenen, die über schlechte Arbeitsbedingungen, miese Löhne und die fehlenden Rentenbeiträge klagen. Mit der Gefangenengewerkschaft würden sie sich eine Organisation schaffen, mit der sie selber für ihre Rechte kämpfen könnten.

Gefängnis als verlängerte Werkbank

Das wird besonders aktuell in einer Zeit, in der sich auch in Deutschland ein gefängnisindustrieller Komplex herausbildet. So wurde allein in Berlin im letzten Jahr mit Knastarbeit ein Umsatz von über 7 Millionen Euro gemacht. In anderen Bundesländern ist diese Entwicklung teilweise noch weiter fortgeschritten. In Hessen gibt es bereits eine teilprivatisierte Haftanstalt, die Kaffee verkauft. Der Knastshop „Santa Fu – kreative Zellen“ wirbt mit „heißen“ und „originellen“ Produkten und Geschenkideen „direkt aus Hamburgs Knast“. Der Justizvollzug Nordrhein-Westfalen bietet auf der Seite www.knastladen.de Produkte für Privatkunden, aber auch für die öffentliche Hand an. Der sächsische Online-Shop www.gitterladen.de sieht die Gefangenenarbeit „als verlängerte Werkbank des Handwerks und der Industrie“, um deren „Auftragsspitzen schnell und kompetent abfangen“ zu können.

Unterstützung von außen notwendig

Die GewerkschafterInnen im Knast hätten also durchaus auch die Macht, Forderungen durchzusetzen. Zumal sich mittlerweile in den Gefängnissen Berlin-Plötzensee, Willich und Aschaffenburg Vorbereitungskreise für eine Gefangenengewerkschaft gegründet haben. Eine solidarische Unterstützung von draußen wäre die beste Starthilfe, die wir der Gefangenengewerkschaft geben können.

https://www.direkteaktion.org/225/eine-zellenrazzia-sorgt-fur-aufmerksamkeit

Peter Nowak

Kontakt zur Gefangenengewerkschaft: solikom_olli@mail36.net

Homepage: www.gefangenengewerkschaft.de

Ausbruch aus Kontrolle und Zwang

Wissenschaftler befragten Jugendliche in arabischen Städten nach ihren Lebensvorstellungen

Die Ausbreitung der islamistischen Terrormiliz IS in der arabischen Welt lassen fast vergessen, dass erst vor Kurzem der Arabische Frühling die Linke begeisterte. Von Jugendlichen initiiert entstanden Massenbewegungen, die zum Sturz langjähriger autoritärer Herrscher führten. Wissenschaftler der Universität Leipzig und vom Centrum für Nah- und Mitteloststudien Marburg ließen sich durch diese Bewegungen zu einem ambitionierten Forschungsprojekt inspirieren und befragten Jugendliche aus unterschiedlichen Milieus in Algerien, Marokko, Tunesien, Dubai, Ägypten, Libanon und der Türkei. Die Ergebnisse sind…

„Ausbruch aus Kontrolle und Zwang“ weiterlesen

Aus Antifa wird Antikap

Die Gruppe ARAB fusioniert mit der Nao, hält sich aber ein Hintertürchen offen

Gerade erst hat sich die Antifaschistische Linke Berlin (ALB) aufgelöst. Nun gab eine weitere größere Antifagruppe innerhalb eines Monats bekannt, dass sie so wie bisher nicht weitermachen wird.

Das Feld der Berliner Antifagruppen lichtet sich weiter. Auch die Antifaschistische Revolutionäre Aktion (ARAB) hört auf. Sie will mit dem Projekt »Neue antikapitalistische Organisation« (Nao) fusionieren. Die 2007 gegründete Gruppe gehörte zu den aktivsten linksradikalen Strukturen Berlins. Seit 2008 war sie federführend an der Vorbereitung der Revolutionären 1. Mai-Demonstration beteiligt. Ein ARAB-Vertreter mit dem Alias-Namen Jonas Schießer verstand es, radikale Politik mit einer professionellen Pressearbeit zu verbinden. Der Berliner Verfassungsschutz beschrieb ARAB als Organisation, die »einen militanten Antifaschismus in Verbindung mit Antikapitalismus vertritt«.

In der Anfangsphase war ARAB auf die Interventionistische Linke und die ALB orientiert. Die wurden ihr aber zu soft, weshalb sie es danach eine Weile mit dem linken Rand der DKP versuchte. Auch das war nicht das Wahre. Nun also die klassenkämpferische Nao, durch die die ARAB-Aktivisten doch noch zu ihrem »antikapitalistisch« im Namen kommen: »Antifaschistisch« nannten sie sich nur, weil »antikapitalistisch« und »revolutionär« aus ihrer Sicht doppelt gemoppelt gewesen wäre.

Die Fusion bezeichnet Jonas Schießer als Ergebnis einer monatelangen Diskussion und einer gemeinsamen politischen Praxis. So hätten ARAB und Nao bereits zur Repolitisierung der Revolutionären 1. Mai-Demonstration im vergangenen Jahr beigetragen. Teile der autonomen Szene hatten den beiden Gruppen anschließend eine Befriedungspolitik vorgeworfen, weil sie auf eine geschlossene Demonstration, statt auf Scharmützel mit der Polizei orientierten. Schnittmengen sieht Schießer vor allem beim Thema Internationalismus. So ist denn auch die erste gemeinsame Aktion eine Geldsammlung, mit der die Bewaffnung der von der IS bedrohten kurdischen Kämpfer im Norden Syriens unterstützt werden soll. Auch in soziale Kämpfe wolle man intervenieren, betont Schießer. Schon ARAB sei nie nur eine reine Antifagruppe gewesen, sondern habe sich seit ihrer Gründung gegen die Hartz-IV-Gesetze engagiert und Streiks unterstützt. »Wenn jetzt einige Autonome lästern, die ARAB verbündet sich mit den Trotzkisten, stört mich das nicht«, sagt Schießer. Von seinen neuen Genossen erwartet er, sich vom »trotzkistischen Stallgeruch« zu befreien, um den Aufbau einer neuen Linken zu ermöglichen.

Nao-Mitbegründer Michael Prütz, der sich selber in der trotzkistischen Tradition der 70er Jahre sieht, hat dazu keinen Widerspruch. »Die Nao will keine neue trotzkistische Partei, sondern eine Organisation aufbauen, die gesellschaftlich relevant ist, wahrgenommen wird und in der Lage ist, die politische Initiative zu ergreifen.« Schießer bleibt zurückhaltend, was die Perspektive der Nao betrifft. Die Fusion beurteilt er im Politikerjargon als »Schritt in die richtige Richtung«. Es gehe um einen gemeinsamen Lernprozess, der auch scheitern könne. ARAB hält sich ein Hintertürchen offen: Anders als die ALB habe man sich nicht aufgelöst. »Sollten wir nach einer Zeit feststellen, dass sich im Rahmen der Nao unsere Vorstellungen nicht umsetzen lassen, können wir immer austreten und wieder als ARAB arbeiten.«

Von Peter Nowak

Ausbeutung auf Schwedisch

Klassenkampf in der Schwedischen Schule

In der beschaulichen Landhausstraße im Berliner Bezirk Wilmersdorf gab es in den letzten Wochen gleich zweimal mehrstündige Kundgebungen unter rot-schwarzen Fahnen. Die FAU Berlin protestierte damit gegen die Kündigung von acht Beschäftigten der Schwedischen Schule Berlin (SSB), die dort ihr Domizil hat. Die gesamte Belegschaft der Schule war am 28. Mai entlassen worden. Zuvor hatten sie in einem Offenen Brief gegen von der Schulleitung geplante Lohnkürzungen bei der Hortbetreuung protestiert. Es war nicht ihr erster Arbeitskampf. Bereits vor vier Jahren kämpfte die Belegschaft der Schule erfolgreich gegen schlechte Arbeitsbedingungen und hatte schnell Erfolg. Damals entstand auch die FAU-Gruppe an der Schule. Mehrere der schwedischen Beschäftigten waren zuvor schon in der Schwesterngewerkschaft SAC organisiert, die allerdings wesentlich größer als die FAU ist. Die SAC hat mittlerweile in Schweden eine Solidaritätskampagne mit den Berliner KollegInnen gestartet. „Es gab weder Arbeitsverträge noch LehrerInnenzimmer oder Arbeitsräume. Eine Stunde pro Woche arbeiteten wir unentgeltlich in der Schule und mussten uns auch darauf einstellen, bei Klassenfahrten und an vereinzelten Wochenenden unsere Arbeitskraft unbezahlt zur Verfügung zu stellen“, berichtete einer der langjährigen SAC-Aktiven, der wesentlich zum damaligen Erfolg der KollegInnen beigetragen hat. Die Kündigung scheint fast wie eine Revanche der Schulleitung. Die protestantische Kirche Schwedens, der die Berliner Schule untersteht, ist für die FAU sicher ein Wunschgegner. Doch die Kampagne in Berlin ist sehr bürgerInnenfreundlich angelegt. Während der Kundgebungen waren aus den Lautsprechern schwedische Kinderlieder zu hören, und auf Luftballons stand: „Komi gen, Lena“, was übersetzt „Komm schon, Lena“ bedeutet. Dieser freundliche Appell an die SSB-Geschäftsführerin Lena Brolin, die Kündigung wieder zurückzunehmen, zeigte bisher allerdings keine Wirkung. Alle Gesprächsangebote der FAU wurden bisher ignoriert, erklärt ein betroffener Erzieher gegenüber Jungle World. Auch gegenüber der Presse reagiert die Schulleitung ignorant und lässt alle Nachfragen unbeantwortet. Mittlerweile haben sich schon 13 Eltern mit den Beschäftigten solidarisiert und fordern deren Wiedereinstellung und eine Schlichtung in dem Konflikt. Wenn auch sie nicht gehört werden, dürfte es noch öfter Kundgebungen unter schwarz-roten Fahnen in Wilmersdorf geben, und die Appelle an Lena dürften nicht mehr so freundlich ausfallen.

Erschienen in: Direkte Aktion 225 – Sep/Okt 2014

https://www.direkteaktion.org/225/ausbeutung-auf-schwedisch

Peter Nowak

Hausbesuch bei Müller

A100 Der angehende Regierende Bürgermeister bekam Besuch umwelt- und stadtpolitischer Gruppen

Stadtentwicklungssenator Michael Müller ist nach seiner Wahl zum Wowereit-Nachfolger ein gefragter Mann. Doch die kleine Gruppe, die ihm in seinem Amtssitz am Fehrbelliner Platz am Montag einen unangekündigten Besuch abstattete, wollten ihm keine Glückwünsche überbringen. Zwölf Mitglieder aus umwelt- und stadtpolitischen Gruppen übergaben einen Forderungskatalog zu der heftig umstrittenen A100.

Müllers persönliche Referentin Katharina Jentsch und der Senatsmitarbeiter Robert Drawnicki nahmen anstelle des verhinderten Senators den Brief entgegen. Zu den Forderungen gehörte die Rücknahme der Strafanträgen gegen fünf Baumbesetzer des „Aktionsbündnisses A100 stoppen“. Sie hatten im Winter 2014 mehrere Bäume besetzt, die der Autobahntrasse zum Opfer fallen sollten. Nach der Räumung am 3. Februar erstattete die für das Bauvorhaben zuständige Behörde Anzeige gegen sie wegen Hausfriedensbruch. Die Aktivisten erhielten Strafbefehle in Höhe von bis zu 900 Euro, gegen die sie Widerspruch einlegten.

„Mit der Rücknahme der Anzeige können Sie deutlich machen, dass AutobahngegnerInnen keine Kriminellen sind“, erklärte Sven Lindner den Senatsmitarbeitern. Die blieben im Ton freundlich, in der Sache aber unverbindlich – man werde die Forderung weiterleiten.

Auch was weitere Anliegen angeht, blieb es beim Austausch von gegensätzlichen Standpunkten. Die Treptower Stadtaktivistin Karin Schuster warf der Senatsbehörde vor, Treptower Mieter und Kleingärtner enteignen zu wollen, um den Bau der umstrittenen Autobahn voranzutreiben.

Zehn Mieter in den Häusern Beermannstraße 20-22 hatten Briefe erhalten, in denen eine vorzeitige Besitzeinweisung ankündigt wurden. Mit dieser im Baurecht bei Projekten „des besonderen öffentlichen Interesses“ zulässigen Maßnahme verlieren die Mieter zahlreiche Rechte. Bisher sei eine vorzeitige Besitzeinweisung im Zusammenhang mit dem Bau der A100 gegen mehrere Gewerbetreibende erlassen worden. Nun seien erstmals Mieter davon betroffen.

Bevor die Aktivisten die Behörde verließen, kündigten sie an, dass der angehende Regierende Bürgermeister Müller – der sich SPD-intern stets für den Bau der A100 starkgemacht hatte – auch künftig mit Protesten vor Ort rechnen müsse. „Wenn er dachte, der Bau der A100 wäre kein Protestthema mehr“, erklärte Schuster zum Abschied, „hat er sich getäuscht.“

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2014%2F10%2F21%2Fa0118&cHash=665ec2b37b0fb

Peter Nowak

Neue soziale Einschnitte werden propagandistisch vorbereitet

Trotzkisten übernehmen Linke

ANTIFA Die radikale Linke organisiert sich neu: Die „Antifaschistische Revolutionäre Aktion“ geht im trotzkistischen Projekt „Neue antikapitalistische Organisation“ auf

VON PETER NOWAK

Das Feld der Berliner Antifagruppen lichtet sich weiter. Vor vier Wochen hat sich die Antifaschistische Linke Berlin (ALB) aufgelöst. Jetzt gab die Antifaschistische Revolutionäre Aktion (Arab) bekannt, dass sie in der bisherigen Form nicht weiterarbeiten wird. Die 2007 gegründete Gruppe will mit dem Projekt „Neue antikapitalistische Organisation“ (NaO) fusionieren.

Diese Kooperation ist auf den ersten Blick überraschend. Denn in der NaO hatten sich nach einer längeren Diskussion Ende 2013 mehrere Gruppierungen vor allem aus dem trotzkistischen und linksgewerkschaftlichen Spektrum zusammengeschlossen. Sie wollten „ein internationalistisches und klassenkämpferisches Profil in der radikalen Linken vertreten“, heißt es in der Gründungserklärung der Gruppe. Zu ihren zentralen Politikfeldern gehören Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit sowie der Kampf gegen hohe Mieten.

Der Arab hingegen wurde regelmäßig vom Berliner Verfassungsschutz bescheinigt, sie sei „eine der aktivsten linksextremistischen Gruppen, die neben Aktionen zu Themen wie Sozialabbau, Antimilitarismus und Antiglobalismus auch einen militanten Antifaschismus in Verbindung mit Antikapitalismus vertritt“. Seit 2008 war die Arab federführend an der Vorbereitung der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration beteiligt.

Ein Arab-Vertreter mit dem Alias-Namen Jonas Schießer bezeichnete die Fusion mit der NaO gegenüber der taz als Ergebnis einer monatelangen Diskussion und einer gemeinsamen politischen Praxis. Schnittmengen gebe es vor allem beim Thema Internationalismus.

Für die erste gemeinsame Aktion unter dem Titel „Waffen für Rojava“ wird seit Anfang Oktober bereits Geld gesammelt, mit dem die Bewaffnung der von der IS bedrohten kurdischen KämpferInnen im Norden Syriens unterstützt werden soll (siehe Kasten). Ein weiteres gemeinsames Politikfeld sei die Intervention in soziale Kämpfe, so Schießer. „Die Arab war nie eine reine Antifagruppe, sondern hat sich seit ihrer Gründung gegen die Hartz-IV-Gesetze engagiert und immer wieder Streiks unterstützt.“

Im letzten Jahr hätten Arab und NaO gemeinsam zur Repolitisierung der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration beigetragen, sagt Schießer. Teile der autonomen Szene haben beiden Gruppen anschließend eine Befriedungspolitik vorgeworfen, weil sie auf eine geschlossene Demonstration statt auf Scharmützel mit der Polizei orientierten. „Wenn jetzt einige Autonome lästern, die Arab verbündet sich mit den Trotzkisten, stört mich das nicht“, betonte Schießer. Allerdings stellt er auch an seine neuen GenossInnen den Anspruch, sich vom „trotzkistischen Stallgeruch“ zu befreien, weil nur so der Aufbau einer neuen Linken möglich sei.

NaO-Mitbegründer Michael Prütz, der sich in der trotzkistischen Tradition der 70er Jahre sieht, unterstützt dies. „Ziel der NaO war es nicht, eine neue trotzkistische Partei, sondern eine Organisation aufzubauen, die gesellschaftlich relevant ist, die wahrgenommen wird und die in der Lage ist, die politische Initiative zu ergreifen.“

Schießer bleibt zurückhaltend, was die Perspektive der NaO betrifft. Die Fusion beurteilt er bescheiden im PolitikerInnenjargon als „Schritt in die richtige Richtung“. Es gehe um einen gemeinsamen Lernprozess, der auch scheitern könne. Deshalb hält es Schießer auch für wichtig zu betonen, dass sich die Arab anders als die ALB nicht aufgelöst, sondern mit der NaO fusioniert hat. „Sollten wir nach einer Zeit feststellen, dass sich im Rahmen der NaO unsere Vorstellungen nicht umsetzen lassen, können wir immer austreten und wieder als Arab weiterarbeiten.“

Kampagne Waffen für Rojava

Anfang Oktober initiierten NaO und Arab mit kurdischen Solidaritätsgruppen die Spendenkampagne „Waffen für Rojava“.

Schon nach einer Woche sei UnterstützerInnen der kurdisch-syrischen Miliz YPG und den Frauenverteidigungseinheiten YPJ, die gegen den IS kämpfen, ein Scheck von 30.000 Euro übergeben worden, sagt NaO-Sprecher Michael Prütz. Danach habe die Postbank, bei der das Konto eingerichtet war, das Konto gesperrt. Die Gründe seien weder ihm noch seinen AnwältInnen mitgeteilt worden. Rund 8.000 Euro sind laut Prütz an die SpenderInnen zurücküberwiesen worden. Mittlerweile wurde ein neues Konto eingerichtet, und die Spendenkampagne geht weiter. PETER NOWAK

Infos zur Aktion: www.facebook.com/WaffenFuerRojava

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2014%2F10%2F20%2Fa0121&cHash=2ef2e10e7c43a1e004c38006df730415

Peter Nowak

Männer in Krawatten

Die Gewerkschafterin Nebile Irmak Çetin über Hausangestellte und kommunale Dienstleister in der Türkei

Nebile Irmak Çetin ist Vorsitzende der Istanbuler Sektion der Wohnraumbediensteten, die dem linksorientierten Gewerkschaftsdachverband DISK angeschlossen ist. Sie hat auf der Eröffnungsveranstaltung der Konferenz „Streik durch Erneuerung“ Anfang Oktober in Hannover gesprochen. Am Rande der Veranstaltung sprach mit ihr Peter Nowak.

Wer ist in Ihrer Gewerkschaft organisiert?

Unser Schwerpunkt sind die Menschen, die Dienstleistungen in den Kommunen erbringen sowie Hausmeister und Reinigungskräfte. In den offiziellen Versicherungsdateien sind rund hundertfünfzigtausend Menschen in dieser Branche beschäftigt. Doch in der Realität arbeiten hier mindestens doppelt so viele.

Wie ist die soziale Situation der Beschäftigten?

Es gibt in der Türkei einen Mindestlohn, der umgerechnet etwa 300 Euro im Monat beträgt. Bei der derzeitigen Preisentwicklung kann aber kein Mensch davon leben. Lange Zeit bekamen die Beschäftigten eine eingerichtete Wohnung gestellt. Das bot für sie eine gewisse Sicherheit, weil sie von den Mietzahlungen befreit waren. Doch das hat sich mittlerweile geändert. Die Beschäftigten bekommen keine Wohnung mehr gestellt, so dass sie von dem niedrigen Lohn noch für die Miete aufkommen müssen. Dadurch hat sich ihre soziale Situation natürlich enorm verschlechtert.

Warum gab es diese Änderung?

In vielen türkischen Städten sind sogenannte Gate Communitys entstanden. In diesen geschlossenen Siedlungen wohnen vor allem Angehörige der neuen, gut verdienenden Mittelschicht. Oft arbeiten in so einer Siedlung bis zu 100 Beschäftigte als Hausmeister, Sicherungsleute, Reinigungskräfte. Sie bekommen keine Dienstwohnung mehr gestellt und werden diskriminiert und behandelt sie wie Dienstboten.

Können Sie ein Beispiel dafür nennen?

In einer Siedlung ist der Hausmeister für die Reinigung des Swimming Pools zuständig. Doch ihm und seiner Familie ist es strengstens verboten, in diesen Pool schwimmen zu gehen. Es gibt viele solcher alltäglichen Diskriminierungen.

Warum war es bisher so schwierig, die Beschäftigten gewerkschaftlich zu organisieren?

Tatsächlich sind in unserer Branche nur etwa drei Prozent der Beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder. Es ist vor allem die Angst vor Arbeitslosigkeit, die viele davon abhält, sich in der Gewerkschaft zu organisieren. Ihnen wird deutlich gesagt, dass sie entlassen werden, wenn sie sich organisieren und mehr Lohn fordern. Schließlich gibt es wegen der hohen Arbeitslosigkeit genügend Menschen, die für weniger Lohn arbeiten.

Gibt es also kaum Erfolge ihrer gewerkschaftlichen Arbeit?

Doch, in der letzten Zeit ist das Interesse an der Gewerkschaft gewachsen. Der Grund liegt darin, dass im Reinigungs- und Sicherheitsbereich privatisiert wird. Viele Beschäftigte befürchten nun, dass ihre Rechte noch weiter eingeschränkt werden und sie noch mehr arbeiten müssen Sie entscheiden sich für die Gewerkschaftsmitgliedschaft, weil sie sich dann besser wehren können. Aber es ist immer noch eine Minderheit.

Und? Kommt irgendwann der gewerkschaftliche Aufschwung in der Türkei?

Das wird schwierig. Vor allem junge Menschen sehen in Gewerkschaftern Männer mit Krawatten. Das zeigt, wie sehr sich viele Funktionäre von den Problemen und Sorgen der armen Menschen entfernt haben. Es ist an der Zeit, dass die Jugend und die Frauen aktiv werden und sich Macht an den Gewerkschaften erkämpfen.

Interview: Peter Nowak

Der Tod kam auch aus Ramstein


Während Verwandte von Drohnenopfern gegen das Bundesverteidigungsministerium klagen, werden bereits neue Kriege auch mit Beteiligung der Bundeswehr propagandistisch vorbereitet

Das Bundesverteidigungsministerium[1] trägt eine Mitschuld daran, dass Angehörige der Familie Ali Jaber am 29. August 2012 in einem Dorf in der Provinz Hadramaut im Jemen durch US-Drohnen getötet und verletzt wurden. Das versucht eine 43seitige Anklageschrift zu beweisen, die kürzlich beim Verwaltungsgericht Köln eingegangen ist.

Drei Angehörige der Drohnenopfer im Jemen haben die Klage mit Hilfe internationaler Juristenorganisationen eingereicht[2]. Einer der Kläger ist der Schwager des getöteten Imams Salim bin Ali Jaber. Der hatte sich gegen Al-Qaida gestellt und in einer Freitagspredigt dazu aufgerufen, sich von der islamistischen Organisation zu distanzieren. Diese Predigt hatte im Dorf für Debatten gesorgt. Der Imam und andere Männer, die seinen Kurs unterstützten,hatten Al-Qaida-nahe Islamisten zur Diskussion aufgerufen. Drei von ihnen waren dazu bereit. Die Drohnen töteten sie und die beiden Gegner der Radikalislamisten.

Dass diese Details eines Drohnenangriffs überhaupt bekannt geworden sind, ist bereits ein Erfolg der Anklageschrift der Drohnenopfer. So könnten wir doch etwas nachdenklicher werden, wenn wir wieder einmal in den Nachrichten hören, dass im Jemen, in Pakistan oder Afghanistan Drohnen Extremisten getötet haben.

Die durch die Anklageschrift bekannt gewordenen Details stärkt auch die Kritik der Gegner von bewaffneten Drohnen (Der Sensenmann kommt aus der Luft[3]), die sich weltweit zu organisieren[4] beginnen. Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass die Drohneneinsätze das gesamte Rechtssystem aushebeln. Diejenigen, die über diese Einsätze entscheiden, sind Richter und Henker in einer Person. Sie vollstrecken Todesurteile ohne Urteil und Verteidigung. Deshalb ist es auch kein Kollataralschaden, wenn wie in Hadramaut Al-Qaida-Gegner Opfer der Drohnen werden. Es gehört schlicht zum System. Alle, die zur falschen Zeit am falschen Ort sind, werden Opfer.

Auch das Argument der Befürworter der Drohneneinsätze, dass man nur so gegen die Islamisten vorgehen kann, zeigt sich an diesem Beispiel als absurd. Der Imam hätte mit seiner Predigt und den Gesprächen mit den Dorfbewohnern sicher einiges gegen den Einfluss von Al-Qaida in seinem Dorf erreichen können. Es hätte vielleicht auch in anderen Dörfern ähnliche Initiativen gegeben und so wäre eine Bewegung entstanden, die den Radikalislamisten tatsächlich gefährlich hätten werden können. Doch welcher Imam wird nun noch eine solche Initiative ergreifen, wenn die Gefahr besteht, dass diejenigen, die die Menschen aus dem Einfluss von Al-Qaida herauslösen wollen, selbst Opfer von Drohnen werden?

Umgekehrt können die Islamisten mit ihrer Propaganda viel Gehör finden, dass es ein Krieg gegen die Moslems ist und bekommen neuen Zulauf. Es ist also für eine universalistische Menschenrechtsperspektive an der Zeit, diese Drohnenangriffe und ihre Verantwortlichen genau so heftig abzulehnen wie den Terror der IS. Drohnenopfer aus Afrika und Asien muss genau so unsere Empathie gehören wie den Opfern der IS.

Die Publizistin Charlotte Wiedemann[5] weist in ihren Texten[6] immer wieder zu Recht darauf hin, dass es sehr wohl Unterschiede bei der Wahrnehmung der Terroropfer gibt, wenn sie aus Europa und den USA oder aus Afrika und Asien kommen. Dahinter steckt ein Kulturrelativismus, der erklärt, dass Menschen aus diesen Kontinenten oder eben deren Gesellschaft und Kultur noch nicht reif für die Menschenrechte seien. Demgegenüber geht ein universalistischer Menschenrechtsbegriff davon aus, dass alle Menschen überall auf der Welt die gleichen Rechte haben. Diese müssen gegen die jeweiligen Länderkulturen und ihre Träger genauso durchgesetzt werden, wie gegen diejenigen, die für die Drohneneinsätze verantwortlich sind.

Schon während des Vietnamkrieges wurden Bombenangriffe in Deutschland koordiniert

Die Anklage rückt nun eine Tatsache in den Mittelpunkt, die hierzulande gerne unter den Tisch fällt. Die Drohneneinsätze werden auch in Deutschland koordiniert – genau darauf stützt sich die Anklageschrift (Bundesregierung: Augen zu und durch[7]). Der US-Stützpunkt Ramstein ist ebenso einer dieser Knotenpunkte wie eine Kaserne am Rande des Städtchens Kalkar in NRW, was auch die Antikriegsbewegung[8] in Deutschland mittlerweile registriert hat.

Bereits in der Vergangenheit wurden Kriege beispielsweise gegen Libyen oder den Irak auch von Einrichtungen auf deutschen Boden koordiniert. Dabei spielte die Airbase Ramstein immer eine wichtige Rolle. Schon während des Vietnamkrieges wurden im US-Stützpunkt Heidelberg Bombenangriffe koordiniert. So wird jetzt die technische Entwicklung nachvollzogen, wenn auch Drohnenangriffe von Einrichtungen in Deutschland vorbereitet werden.

Der gewachsene weltpolitische Einfluss Deutschlands wird dadurch deutlich, dass längst nicht nur Opfer von Kriegseinsätzen klagen, die von US-Einrichtungen auf deutschen Boden koordiniert werden. So haben jahrelang Angehörige und Überlebende der Bombenangriffe auf die Brücke von Varvarin[9] vergeblich durch alle Instanzen geklagt, um einen Schadenersatz zu bekommen. An der Bomberflotte waren auch Flugzeuge der Bundeswehr beteiligt (Verdrängte Kollateralschäden[10]).

Wenige Jahre später, am 3. September 2009, war der deutsche Oberst Klein für das Bombardement im afghanischen Kunduz (War der Befehl zum Abwurf der Bomben falsch?[11]) verantwortlich, das über 140 Menschen das Leben tötete. Die Verwandten der Getöteten und der schwerverletzt Überlebenden scheiterten mit ihrer Klage vor dem Bonner Landgericht (Recht ist, was den Waffen nutzt[12]). Für Oberst Klein war das tödliche Bombardement keine Karrierebremse (Karrieresprung nach fast 100 Toten von Kunduz[13]).

Die Olivgrünen marschieren im Geiste voran

Daher wäre es auch falsch, wenn jetzt in Deutschland selbstgerecht wieder nur auf die USA verwiesen würde, die auf deutschen Boden Drohnenangriffe koordiniert. In Deutschland forderte erst kürzlich die Vorsitzende der Oliv-Grünen, wie die auch aus Teilen der Friedensbewegung entstandene Partei spätestens seit dem von ihr mitgetragenen Jugoslawienkrieg oft genannt wird, einen UN-mandatierten Bundeswehreinsatz der Bundeswehr fordertr[14]. Aauch die lange Zeit als aufmüpfig geltende Grüne Jugend[15] hat gegen diese Forderung wenig anzuwenden[16].

Nur wenige erinnern an die Konsequenzen, wenn eine solche Forderung umgesetzt würde. Der Ausbau für die Bundeswehr, vielleicht sogar die Wiedereinführung der Wehrpflicht stünden dann auf der Tagesordnung. Auf jeden Fall aber gäbe es bald noch mehr Todesopfer, nicht mehr nur durch auf deutschen Boden koordinierte Drohneneinsätze, sondern durch die Bundeswehr.

Vor allem aber würde sich auch das politische Klima in einer Weise ändern, dass Kritiker und Gegner von Kriegseinsätzen fast in der Nähe des Landesverrats gerückt würden. Der Shitstorm und die Häme[17] gegen die Linksparteiabgeordnete Christine Buchholz[18] gibt hier einen kleinen Vorgeschmack, nachdem sie sich für ihre Facebook-Seite[19] mit einem Schild hat fotografieren lassen, wo sie sich mit den kurdischen Kämpfern in Kobane solidarisiert, aber gegen US-Bombeneinsätze ausspricht. Das Foto entstand noch, bevor bekannt geworden ist, dass durch US-Angriffe „versehentlich“ auch kurdische Stellungen bombardiert wurden.

Man kann sicher kritische Fragen an Buchholz stellen, beispielsweise warum sie gegen US- Bombardements eintritt. Dass aber eine Politikerin, für die immer mehr Bomben nicht die Lösung für Probleme auf der Welt sind, genau dafür angegriffen wird, zeigt, dass 2014 in Deutschland Propaganda für einen Krieg auf fruchtbaren Boden fällt. Es besteht also die Gefahr, dass demnächst Bombenopfer vor deutschen Gerichten klagen müssen.

http://www.heise.de/tp/artikel/43/43093/1.html

Peter Nowak

Anhang

Links

[1]

http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg

[2]

http://www.ecchr.de/drohnen.html

[3]

http://www.heise.de/tp/news/Der-Sensenmann-kommt-aus-der-Luft-2410468.html

[4]

https://drohnen-kampagne.de

[5]

http://www.charlottewiedemann.de/vita

[6]

http://www.taz.de/Schlagloch-Rassismus/!147680/

[7]

http://www.heise.de/tp/artikel/41/41630/

[8]

http://www.aixpaix.de/autoren/sander/kalkar.html

[9]

http://www.ag-friedensforschung.de/themen/NATO-Krieg/varvarin.html

[10]

http://www.heise.de/tp/artikel/13/13313/

[11]

http://www.heise.de/tp/artikel/31/31072/

[12]

http://www.heise.de/tp/news/Recht-ist-was-den-Waffen-nutzt-2102720.html

[13]

http://www.heise.de/tp/news/Karrieresprung-nach-fast-100-Toten-von-Kunduz-1993019.html

[14]

http://www.taz.de/Goering-Eckardt-fordert-Militaereinsatz/!147638/

[15]

http://www.gruene-jugend.de/

[16]

http://www.tagesschau.de/inland/goering-eckardt-bundeswehr-kobane-103.html

[17]

http://www.fr-online.de/politik/die-linke-freiwillige-selbstentbloessung,1472596,28738820.html

[18]

http://christinebuchholz.de/2014/10/10/solidaritaet-mit-dem-widerstand-in-kobane-nein-zum-us-bombardement/

[19]

http://www.facebook.com/buchholz.christine/photos/a.328468540629033.1073741827.328453390630548/478820092260543/

Aktionstage gegen Verdrängung

„Ali Babas Blumen bleiben“ heißt das Motto,  mit dem das Berliner Bündnis gegen Zwangsräumungen am Freitag um 8.30 Uhr nach Spandau mobilisiert. Dort soll die Räumung eines kleinen Blumenladens verhindert werden.  Die Edeka-Reichelt-Gruppe, der das Grundstück gehört, will teurer vermieten.
Die Protestaktion ist Teil der vom Berliner Ratschlag organsierten stadtpolitischen Aktionstage. Bis zum 29.10. sind  diesem Rahmen in zahlreichen Stadtteilen, Kundgebungen, Demonstranten, Filmvorführungen und Diskussionen geplant.

Der Berliner Ratschlag hat sich im April 2014  mit einem Kongress  an der Technischen Universität Berlin konstituiert. „Wir wollen die verschiedenen Aktionen aus der Mieten- und Antirassismusbewegung bündeln und besser sichtbar  machen“, erklärte Ratschlag-Aktivistin Sara Walther gegenüber MieterEcho Online.  Sie stellte klar, dass es nicht um   eine  Konkurrenz sondern um eine Ergänzung zu den  vielen  Aktionen, geht  die  in der letzten Zeit  von MieterInnen und Geflüchteten  in Berlin auf die Beine gestellt wurden. .
Zum Auftakt der Aktionstage hatten am vergangenen Sonntag ca. 50  Menschen auf einem Parkplatz am Mehringhof gegen die Privatisierung des dortigen Dragoner Areals durch die   Bundesanstalt für Immobilienausgaben (Bima) protestiert.
Am 18. Oktober ist unter dem Motto „Zu viel Ärger zu wenig Wut“ eine berlinweite Lärmdemonstration geplant, die um 14 Uhr am Herrfurthplatz  in Neukölln beginnt.  Schon zwei Stunden zuvor ist eine Kundgebung vor dem Verein für alternative Migrationspolitik Allmende am Kottbuser Damm 25-26 angesetzt.    Der Verein ist vom Eigentümer gekündigt worden, weigert sich aber die Räume zu verlassen (MieterEcho Online berichtete). Dorthin lädt Allmende am 18.10  ab 19 zur Strategiedebatte ein.  „Wir wollen darüber  diskutieren  ob  Besetzungen, Blockaden und Mietstreiks  angemessene Aktionsformen sind“, erklärt ein Allmende-Mitarbeiter. Am 28. 10. Geht es um 19 Uhr   in der Weddinger  Prinzenallee 58 erneut um die Häuser, die sich im Besitz der Bima befinden. Die dortigen MieterInnen wollen mit UnterstützerInnen beraten, wie sie Druck auf die Behörde verstärken können, damit dort statt teurer Lofts Wohnungen für Menschen mit wenig Einkommen entstehen. Am 29.10. organisiert die AG Recht auf Wohnen für Psychiatriebetroffene um 19 Uhr im Mehringhof eine Veranstaltung, die sich der Situation der Menschen befasst, die durch die Berliner  Wohnungspolitik besonders ausgegrenzt und auch bei den Protesten zu wenig berücksichtigt werden.

Sara Walther formulierte gegenüber MieterEcho Online   das bescheidene Ziel der Aktionswoche:
„Die Situation für die MieterInnen ist in Berlin so schlecht, dass es überall und ständig neue Proteste gibt. Wir hoffen, dass wir nach den Aktionstagen eine bessere Koordinierung erreichen“.

MieterEcho online 16.10.2014

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/aktionstage-gegen-verdraengung.html
Peter Nowak

Lärmdemo für bezahlbares Wohnen

Berliner Ratschlag veranstaltet Aktionswochen gegen Verdrängung

»Privatisierung des Dragoner-Areals verhindern« stand auf dem Transparent, dass am auf einem Parkplatz an der Ecke Mehringdamm, Ecke Obentrautstraße in Berlin-Kreuzberg aufgespannt war. Dort hatten sich am Wochenende ca. 50 Menschen eingefunden, die verhindern wollten, dass die Bundesanstalt für Immobilienausgaben (BImA) das ehemalige Dragonergelände zum Höchstpreisverfahren verkauft. »Wir brauchen hier nicht noch mehr teure Lofts sondern Mietwohnungen für Menschen mit geringen Einkommen«, meint Ulrich von der Initiative »Wem gehört Kreuzberg«. Die Aktion war auch der Beginn der stadtpolitischen Aktionstage, die vom Berliner Ratschlag organisiert werden. Bis zum 29.10. wird es in diesem Rahmen in zahlreichen Stadtteilen, Kundgebungen, Demonstranten, Filmvorführungen und Diskussionen geben. Die Termine finden sich auf der Homepage berliner-ratschlag.org/.

»Ziel ist es, die verschiedenen Aktionen aus der Mieten- und Antirassismusbewegung zu bündeln und besser sichtbar zu machen«, erklärte Ratschlag-Aktivistin Sara Walther gegenüber »nd«. Die Aktivitäten seien keine Konkurrenz sondern eine Ergänzung der vielen Aktionen, die in der letzten Zeit von Mietern und Geflüchteten auf die Beine gestellt wurden, betont Walter. Am 18. Oktober ist unter dem Motto »Zu viel Ärger zu wenig Wut« eine berlinweite Lärmdemonstration geplant, die um 14 Uhr am Herrfurthplatz in Neukölln beginnt. Schon zwei Stunden zuvor um 12 Uhr, ist eine Kundgebung vor dem Verein für alternative Migrationspolitik Allmende am Kottbuser Damm 25-26 geplant.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/949318.laermdemo-fuer-bezahlbares-wohnen.html

Peter Nowak

Europaweite Jagd auf Flüchtlinge

23 EU-Staaten beteiligen sich an Polizeiaktion zum Aufspüren von Illegalen

»Elf Flüchtlinge, überwiegend aus Eritrea und Syrien sind gestern Abend, gegen 23 Uhr, mit dem ICE in Fulda gestrandet. In Gießen und Kassel sind insgesamt neun Flüchtlinge durch die Bundespolizei festgestellt worden. Im Bahnhof Gießen kamen die Flüchtlinge aus Somalia.« Solche Meldungen finden sich zurzeit auf der Homepage der Deutschen Bundespolizei besonders häufig. Denn seit dem 13. Oktober werden Bahnhöfe, Flughäfen und Autobahnraststätten von der Polizei besonders intensiv kontrolliert. Die Beamten sind auf der Suche nach Menschen, die sich ohne gültige Dokumente in Deutschland aufhalten. Sie agieren im Rahmen der EU-weiten Aktion »Mos Maiorum«. Der lateinische Titel bedeutet »Sitte der Ahnen«. Damit wird ein römisches Rechtsmodell bezeichnet, das auf die Befolgung traditioneller Prinzipien basiert. Ziel der Polizeiaktion, die bis zum 26.Oktober andauern soll und an der sich 23 EU-Staaten beteiligen, ist nach Angaben des Bundesinnenministeriums, das Sammeln von »Erkenntnissen zur unerlaubten Migration«.

Für Andreas Linder vom Flüchtlingsrat Baden Württemberg ist diese Polizeimaßnahme ein Ausdruck des vollständigen Scheiterns einer Flüchtlingspolitik, die unter dem Stichwort Dublin II bis heute vor allem von Deutschland weiter vehement verteidigt wird. Danach ist jenes EU-Land für die Geflüchteten zuständig, in dem diese als erstes den EU-Raum betreten. »Weil Italien viele Migranten unkontrolliert passieren lässt, werden die Kontrollmaßnahmen in EU-Länder wie Deutschland verlegt«, betont Lindner. Wie viele Antirassismusgruppen kritisiert auch Lindner, dass bei den Kontrollen das sogenannte Racial Profiling angewandt wird: »Diese Polizeioperation zielt jedoch einzig darauf ab, Menschen aufgrund ihrer Herkunft zu kontrollieren. Dies ist eines Rechtsstaats nicht würdig«, erklärt die Landesvorsitzende der Thüringer Bündnisgrünen Astrid Rothe Beinlich. Ihre Fraktion will im Thüringer Landtag eine Kleine Anfrage einbringen, um zu erfahren, wie viele Menschen in dem Bundesland im Rahmen von »Mos Maiorum« kontrolliert werden.

Doch es gibt auch Aktionen der Zivilgesellschaft. »Wir werden in den nächsten Tagen die Augen offen halten, um zu sehen, wie die Kontrollen ablaufen«, erklärte Madeleine Henfling vom Thüringer Flüchtlingsrat gegenüber »nd«. In Köln haben bereits am Montag ca. 40 Antirassisten im Hauptbahnhof gegen die Kontrollen protestiert.

Für Patrice L., der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen will, bedeuten die nächsten 14 Tage eine besondere Belastung. Der in Äthiopien geborene und seit zwei Jahren in Berlin lebende Mann hat keine gültigen Papiere für Deutschland. »Ich werde in den nächsten zwei Wochen Bahnhöfe und Autobahnen meiden«, erklärt er. Dazu raten auch Antirassismusgruppen, die an Bahnhöfen mehrsprachige Warnungen vor den Kontrollen aufgehängt haben.

Peter Nowak

Für die türkische Regierung ist die PKK und nicht die IS der Hauptfeind

Dachgeschossausbau statt Wohnungsneubau?

Die Bündnisgrünen haben kürzlich im Berliner Abgeordnetenhaus eine Studie vorgestellt, in der sie die Wohnungspolitik des Berliner Senats kritisieren und  eigene Vorschläge machen.  Peter Nowak sprach  mit  bau- und wohnungsbaupolitischer Sprecher der Fraktion der Bündnisgrünen im Berliner Abgeordnetenhaus Andreas Otto (A.O.).

Was kritisieren Sie an der Wohnungsbaupolitik des aktuellen Berliner Senats?

A.O.: Er setzt zu eindimensional auf den Neubau von Wohnungen auf der grünen Wiese. Wir hatten in der Studie hingegen am Beispiel von Neukölln Alternativen aufgezeigt.

Welche sind das?

A.O.:  Es gibt in Berlin ein  Potenzial für fast 80.000 Wohnungen durch den Ausbau von Dachgeschossen, das  Aufstocken oder die Umnutzung von   nicht mehr genutzten  Gebäuden  wie Park-  und Gewerbehäusern und die Nutzung verriegelter Flächen wie  Parkplätzen. Diese 3 Werkzeuge wären eine Alternative zu der Politik des Senats, immer mehr Häuser auf Freiflächen und z.B. Kleingärten zu bauen.
Kann  man mit den Daten  einer  Studie, die die Situation in einen Stadtteil untersuchte, Forderungen für die gesamtberliner Wohnungssituation begründen?

A.O.:  Es ist eine Frage der Kapazitäten. Wir waren nicht in der Lage eine gesamtberliner Untersuchung durchzuführen. Aber die Ergebnisse sind im Prinzip auf ganz Berlin übertragbar. Die Situation in Stadtteilen wie Treptow, Pankow, Reinickendorf ist durchaus mit der in Neukölln vergleichbar.

Wie wollen Sie Eigentümer  zum Dachgeschossausbau und den Umnutzungen  motivierten?

A.O.: Es handelte sich um eine Planungsstudie, die  zunächst aufzeigt, was in der Berliner Wohnungspolitik möglich ist.    Es ginge natürlich darum, die Eigentümer zu überzeugen und diese Maßnahmen auch finanziell zu fördern. Die steigende Nachfrage würde Eigentümer über Aufstocken oder Umbau nachdenken lassen. Zudem  könnten  mit Zuschüssen aus dem Wohnungsbauprogramm oder niedrigeren Zinsen Anreize dazu geschaffen werden.

Nun fehlen in Berlin vor allem Wohnungen für einkommensschwache MieterInnen. Besteht nicht die Gefahr, dass ein Dachgeschossausbau wieder vor allem hochpreisigen Wohnraum schafft?
A.O.:  Es ist richtig, dass ausgebaute  Dachgeschosswohnungen oft im höheren Mietpreissegment angesiedelt sind. Doch ein solcher Ausbau widerspricht nicht den Vorhaben einer Wohnungspolitik für alle und kann auch dazu beitragen, dass Bestandswohnungen für Menschen  mit geringen Einkommen zur Verfügung stehen.  Wenn jemand, der mehr Geld in der Tasche hat, in eine ausgebaute Dachgeschosswohnung zieht,  verdrängt er nicht die Mieter aus dem preiswerten Bestand. Wir fordern vom Senat deshalb, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen endlich zu beschränken.

In der letzten Zeit hat sich eine Initiative für den Neubau eines kommunalen Wohnungsbaus gegründet. Was halten Sie von diesem Ansatz?

A.O.:  In dem wohnungspolitischen Vorschlagen der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus  hat der Erhalt und die Förderung des  Kommunalen   Wohnungsbaus eine  hohe Priorität.

MieterEcho online 14.10,2014

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/wohnungsbau-der-gruenen.html

Interview: Peter Nowak

Linke und Gewalt

Wie hält es die Linke mit der Gewalt? Einen guten Überblick über die Debatten der letzten 150 Jahre liefert ein Dokumentenband des in Wien lebenden Politologen Felix Wemheuer. Im Vorwort skizziert Wemheuer die Bandbreite der in den 20 Dokumenten erörterten Fragen: »Kann auf Gewalt beruhende Herrschaft mit friedlichen Mitteln gestürzt werden, oder ist Gegengewalt notwendig? Wenn ja, welche Ziele sind in Bezug auf die Ziele zu rechtfertigen und welche nicht? Wie verändert die Gewaltausübung den Revolutionär? Kann man überhaupt verhindern, dass man seinen Gegnern immer ähnlicher wird?« Themen der fünf Kapitel sind: Krieg und bewaffnete Revolution; individueller Terror, »Tyrannenmord« und gesellschaftliche Veränderung; Roter Terror und die Verteidigung der Revolution; Gewalt im antikolonialen Kampf; Stadtguerilla. Dokumentiert sind Texte von Lenin, Mao Zedong, Regis Debray, Pierre Ramus, Johann Most, Rosa Luxemburg, Wera Figner, Gustav Landauer, Erich Mühsam, Karl Kautsky, Leo Trotzki, Isaac Steinberg, Enrico Malatesta, Martin Luther King, Frantz Fanon und Eldrige Cleaver. Im letzten Kapitel ist einem Grundlagentext der RAF eine vehemente Kritik von Oskar Negt gegenübergestellt. Ein Interview mit dem französischen Philosophen Jean-Paul Sartre nach seinen Besuch bei Andreas Baader im Hochsicherheitsgefängnis Stammheim und ein Interview mit Aktivistinnen der feministischen Guerilla Rote Zora schließen den Band ab.

http://www.akweb.de/ak_s/ak598/08.htm

Peter Nowak

Felix Wemheuer (Hg.): Linke und Gewalt. Pazifismus, Tyrannenmord, Befreiungskampf. Promedia Verlag, Wien 2014. 173 Seiten, 12,90 EUR.