In Bonn war Zahltag für Erwerbslose

Am Montag hieß es bei einem Jobcenter in Bonn »Zahltag«. »Erklärtes Ziel war die Einforderung von vorenthaltenen Hartz-IV-Leistungen. In zahlreichen Fällen konnten auch heute erfolgreich Auszahlungen durchgesetzt werden und die betroffenen Menschen mussten diesmal nicht mit leeren Händen wieder nach Hause gehen«, erklärte Martin Behrsing vom Erwerbslosenforum Deutschland. Zu der Zahltag-Aktion hatte das Bündnis Agenturschluss, in dem sich zahlreiche Erwerbsloseninitiativen zusammengeschlossen haben, aufgerufen. Mit diesen Aktionen wehren sich Erwerbslose in den Arbeitsagenturen gegen Schikanen und nicht bearbeitete Anträge.

Nach »Zahltagen« war es in der Vergangenheit immer wieder zu Sanktionen für Aktivisten gekommen. Auch in Bonn beklagten Aktivisten ein großes Polizeiaufgebot und Eingangskontrollen beim Jobcenter. Die Bonner Stadtverordnete Hannelore Thölke und der NRW-Landtagsabgeordnete Michael Aggelidis, beide von der Linkspartei, unterstützten die Aktion durch ihre Anwesenheit und sprachen von einem erfolgreichen Ablauf.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/196759.bewegungsmelder.html?sstr=Zahltag

Peter Nowak

www.die-keas.org

Gerichtsurteile gegen Gewerkschaften


Konferenz in Berlin diskutierte über die Einschränkung der Rechte für Arbeitnehmervertreter

 In verschiedenen europäischen Ländern nehmen die Angriffe auf das Streikrecht zu. Das ist das Fazit eines vom Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin organisierten Austausches von Gewerkschaftsaktivisten aus Spanien, Polen und Frankreich am vergangenen Wochenende in Berlin.

Über 400 Mitglieder der andalusischen Regionalgewerkschaft SAT, die sich als antikapitalistische Klassenorganisation versteht und Distanz zu allen Parteien hält, wurden im vergangenen Jahr in Spanien wegen der Beteiligung an Arbeitskämpfen verurteilt. Wegen zahlreicher Geldstrafen, die Gerichte wegen Streikaktionen verhängt haben, ist die SAT hoch verschuldet und kann sich nur noch ehrenamtliche Mitarbeiter leisten. In den Medien wird die Gewerkschaft als extremistisch und Gefahr für die Wirtschaft bezeichnet. Die großen spanischen Gewerkschaftsverbände UGT und CCOO hätten durch ihren Marsch in die Mitte viel an Glaubwürdigkeit eingebüßt, berichtete Antonio Doktor, der die exkommunistische CCOO nach langjähriger Mitgliedschaft verlassen hat. »Sie hat sich dem in Spanien herrschenden politischen Diskurs angepasst, redet nicht mehr vom Kapitalismus, dafür aber von Arbeitsplätzen um jeden Preis«, kritisiert Dokter.

Wie kämpferische Gewerkschaften ausgegrenzt werden, zeigte sich vor einigen Monaten auch bei der italienischen Metallarbeitergewerkschaft FIOM. Weil sie keine Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen akzeptierte, wurde die FIOM aus den neuen Verträgen ausgeschlossen und soll ihren Einfluss im Betrieb verlieren. Die Gewerkschafter wollen sich allerdings dem Unternehmerdiktat widersetzen und haben eine Klage gegen das Unternehmen Fiat angekündigt.

In Frankreich stehen vor allem die Aktivisten der Sud-Rail seit Jahren im Visier von Regierung und konservativen Medien. Sie werden beschuldigt, mit ihren Arbeitskämpfen Millionen Menschen an der Fahrt zur Arbeit zu hindern und damit die Wirtschaft des Landes zu gefährden. Damit sollen Aktionen, die in Frankreich traditionell Teil des Arbeitskampfes waren, kriminalisiert werden.

In Spanien hat es die sozialdemokratische Regierung im Dezember 2010 nicht bei Worten belassen, als sie den Streik der Fluglotsen vom Militär beenden ließ. Wenn der Tourismus eingeschränkt wird, endet das Streikrecht. Damit aber werden den Beschäftigten wichtige Kampf- und Druckmittel genommen. Zudem erschweren der ständige Arbeitsplatzwechsel und der Konflikt zwischen Festangestellten und Leiharbeitern eine aktive Interessenvertretung, beschrieb Piotr Krzyzaniak die Probleme kämpferischer Gewerkschaften in Polen. Seine Organisation ist nicht Mitglied in einem der drei großen Gewerkschaftsbünde des Landes und daher großen Angriffen ausgesetzt. Die werden zunehmen, wenn demnächst die Arbeitskämpfe im Bergbau beginnen.

Auf der Berliner Konferenz wurden länderübergreifende Solidaritätsaktionen von Basisgewerkschaften angeregt, falls die Gewerkschaftsrechte in einem Land angegriffen werden. 2010 konnte in Deutschland die anarchosyndikalistische FAU durch länderübergreifende Solidarität verhindern, dass ihr der Gewerkschaftsstatus juristisch aberkannt wurde. Neue Einschränkungen des Streikrechts drohen durch eine von DGB und BDA gemeinsam unterstützte Initiative zur Tarifeinheit.

Die Ergebnisse des nur mäßig besuchten Berliner Treffens sollen in verschiedene Sprachen übersetzt und über das Internet verbreitet werden.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/196610.gerichtsurteile-gegen-gewerkschaften.html

Peter Nowak

Arm wegen Armut

Der Preis des neuen deutschen Jobwunders; Arbeitnehmerfreizügigkeit und Lohndumping

 
Während sich die Bundesagentur für Arbeit und Spitzen-Politiker sehr zufrieden mit der Entwicklung am Arbeitsmarkt äußern, kommen von den Gewerkschaften kritischere Töne. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di stellte in Berlin gemeinsam mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten das im VSA-Verlag erschienene Buch „Leben ohne Mindestlohn – Arm wegen Arbeit. Niedriglöhner, Leiharbeiter und ‚Aufstocker‘ erzählen“.

Zu den Herausgebern zählt neben den Vorsitzenden von ver.di und NGG auch der Autor Günther Wallraff, der in den 1980er Jahren einer der ersten war, der über prekäre Arbeitsverhältnisse berichtet hat. Damals sorgte der Nachweis von Armutslöhnen in Westdeutschland noch für großes Aufsehen. Mehr als 25 Jahre später hat sich scheinbar ein Großteil der Gesellschaft daran gewöhnt.

Schließlich sollen die Niedriglöhne dem Standort Deutschland dienen, so die offizielle Lesart. „Weil du arm bist, musst du früher sterben“, dieser Satz aus dem Frühkapitalismus hat heute wieder hohen Wahrheitsgehalt, erklärte Wallraff bei der Buchvorstellung.

Betroffene belegen die Malaise mit konkreten Zahlen: So verdient die 47jährige Simone Fichtner als Leiharbeiterin in einer sächsischen Kleinstadt bei Dresden 850 monatlich, ca. 300 Euro weniger als die Stammbeschäftigten. Ein Teil ihres Lohnes verbraucht Fichtner für die Miete und die Fahrtkosten zur Arbeitsstelle. Damit wollen sich die Initiatoren des Buches, die Initiative Mindestlohn nicht abfinden. Das Buch soll diese Forderung unterstützen.

Es ist auch kein Zufall, dass es kurz vor dem 1. Mai erschienen ist, wo der DGB zu zahlreichen, nach [www.klassenfrage.blogsport.de Ansicht vieler Kritiker] aber harm- und zahnlosen Kundgebungen aufruft. Im Aufruf des DGB zum 1. Mai heißt es:

„Deutschland ist in Schieflage. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. Nicht wir haben über unsere Verhältnisse gelebt, sondern Spekulanten, Manager und Banker. Die Finanzmärkte müssen wirksam reguliert werden und die Reichen und Vermögenden müssen endlich ihren Beitrag zur Bekämpfung der Krisenfolgen und für unseren Sozialstaat leisten. Für eine sichere Zukunft brauchen wir starke soziale Sicherungssysteme und paritätische Beiträge der Arbeitgeber.“

Führt Arbeitnehmerfreizügigkeit zu Lohndumping?

Die Initiative Mindestlohn begründet die besondere Dringlichkeit ihrer Initiative auch mit der am 1. Mai in Kraft tretenden Arbeitnehmerfreizügigkeit für 8 weitere Länder im EU-Raum.

„Durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns kann die Politik für faire Bedingungen sorgen – für Zuwanderer wie für Einheimische“, heißt es dort. Die Verknüpfung des Themas Mindestlohn mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit halten manche Autoren für politisch falsch. Für den Druck auf die Löhne sind nicht die Arbeitnehmer aus Osteuropa, sondern die europäischen Subunternehmen verantwortlich, schreibt Jan Ole Arps im Freitag.

Da ein Großteil des DGB in den letzten Jahren eher auf Abschottung des deutschen Arbeitsmarktes als auf die Organisierung der Lohnabhängigen unabhängig von ihrer Nationalität gesetzt hat, fürchten manche Beobachter, dass die an sich richtige Forderung nach einem Mindestlohn eher dazu dienen soll, die Arbeiter aus anderen Ländern weiter draußen zu halten.
 http://www.heise.de/tp/blogs/8/149754

Peter Nowak

Psychatrische Zwangsbehandlung vor dem Ende?

Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts sorgt für Diskussionen

 Das Urteil aus Karlsruhe könnte perspektivisch das Aus für psychiatrische Zwangsbehandlungen bedeuten. Die Richter hatten der Verfassungsbeschwerde eines psychisch kranken Straftäters stattgegeben, der gegen seine zwangsweise Medikamentierung in der Psychiatrie geklagt hatte.

Die Karlsruher Richter hatten über die Klage eines Mannes aus Rheinland-Pfalz zu entscheiden, der die Behandlung mit nervendämpfenden Medikamenten, sogenannten Neuroleptika, im Pfalzklinikum Klingenmünster abgelehnt hatte. Der 59-Jährige, der aufgrund einer Verurteilung wegen im Zustand der Schuldunfähigkeit gegangener Gewalttaten seit 1999 im Maßregelvollzug sitzt, befürchtete durch die Medikamente Nebenwirkungen auf die Leber und negative Persönlichkeitsstörungen.  

Die Klinikleitung bezeichnete den Mann daraufhin  als nicht einsichtsfähig und kündigte die Verabreichung der Medikamente gegen seinen Willen an. Von  Gerichten in Rheinland-Pfalz bekam sie  in mehreren Instanzen Recht. Eine Verfassungsbeschwerde des Mannes gegen die Zwangsbehandlung hatte jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg.

Die Arbeitsgemeinschaft Psychiatrieerfahrener e.V. (BPE)  bezeichnete das Urteil in einer Pressemitteilung als Sensation.  “Da mit diesem Urteil die Zwangsbehandlung in der Forensik erfolgreich zu Fall gebracht werden konnte, ist nun zu erwarten, dass alle Zwangsbehandlungen in der Psychiatrie mit dem Grundgesetz, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, unvereinbar sind und dann jede psychiatrische Zwangseinweisung nur noch Knast ist, für den keine Krankenversicherung mehr zahlen wird“, heißt es darin.

   Auch der auf Menschenrechtsfragen spezialisierte Rechtsanwalt David Schneider-Addae-Mensah, der den Kläger vertrat,  sieht nach der Entscheidung  bundesweite Konsequenzen für die Psychiatrie. „Formal wurde zwar nur das Mainzer Gesetz beanstandet, aber die Regelungen der Zwangsbehandlung sind in allen Bundesländern ähnlich. Die Karlsruher Anforderungen sind nirgends erfüllt. Deshalb dürfen jetzt Betroffene in ganz Deutschland nicht mehr gegen ihren Willen gespritzt werden. “  Drastische Worte fand der Anwalt für Ärzte, die weiterhin Zwangsbehandlungen vornehmen und Richter, die eine solche Maßnahme genehmigen. „Das sind dann Kriminelle in weißen Kitteln und schwarzen Roben“, erklärte Schneider-Addae-Mensah und kündigte Anzeigen wegen Körperverletzung an. Ganz zufrieden ist der Anwalt mit dem Urteil allerdings nicht. „Leider hat das Verfassungsgericht nicht entschieden, dass eine Zwangsbehandlung generell unzulässig ist. Das war ja das eigentliche Ziel meines Mandanten. Aber es ist gut, dass Karlsruhe eine strengere gesetzliche Regelung verlangt.“  

Eine Zwangsbehandlung halten die Richter nur als letztes Mittel  für zulässig, „wenn der Untergebrachte krankheitsbedingt zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit oder zum Handeln gemäß dieser Einsicht nicht fähig ist.“  In einem Rechtsgutachten stelle der Berliner Rechtsanwalt Sebastian Scharmer dagegen fest, dass jede Zwangsbehandlung von Psychiatriepatienten nicht nur gegen das Grundgesetz sondern auch gegen die auch von der Bundesregierung unterschriebene UN-Behindertenkonvention verstößt.

  https://www.neues-deutschland.de/artikel/196084.psychatrische-zwangsbehandlung-vor-dem-ende.html

Peter Nowak

Urheberrechtsverletzung oder Suche nach Informanten?

Hausdurchsuchung im Frankfurter Attac-Büro wegen der Veröffentlichung eines Gutachtens zur BayernLB

Die Münchner Staatsanwaltschaft hat am 14. April die Geschäftsstelle der globalisierungskritischen Organisation Attac in Frankfurt/Main von der Polizei durchsuchen lassen.

Laut Durchsuchungsbefehl wird dem Vorstand des Attac-Trägervereins vorgeworfen, mit der Veröffentlichung eines Gutachtens zur BayernLB auf der Attac-Homepage das Urheberrecht verletzt zu haben. Das Gutachten war von der Bayerischen Landesregierung bei der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg in Auftrag gegeben, aber nie veröffentlicht worden. Attac hatte es m November letzten Jahres ins Netz gestellt und diesen Schritt mit der Notwendigkeit begründet vor einer Bankenrettung die Ursache der Krise offen zu legen.

„Es darf keine Bankenrettungen geben, ohne die Ursachen und Verursacher der Krise offen zu legen! Wenn Geld von Steuerzahlern eingesetzt wird, muss sich auch die Geschäftspolitik einer Bank ändern“, erklärte Detlev Larcher vom Attac-Koordinierungskreis.

Die Landesbank des Freistaates hatte Milliarden Euro bei einem Übernahmeversuch der österreichischen Bank Hypo Group Alpe Adria sowie der Lehmann-Pleite verloren und konnte nur mit einem staatlichen Rettungsschirm in Höhe von mehr als 31 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt werden. Mit der Verantwortung führender bayerischer Politiker vor allem aus der Ära Stoiber befasste sich ein Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags.

Die Attac-Pressesprecherin Frauke Distelrath zeigte sich im Gespräch mit Telepolis verwundert, dass die Hausdurchsuchung wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung erfolgte, aber es bisher keine Forderung an Attac gab, das inkriminierte Gutachten von der Homepage zu entfernen. Zudem hatte Distelrath den Eindruck, dass Ziel der Durchsuchung die Suche nach der Quelle für das Gutachten gewesen ist. Schon kurz nach der Veröffentlichung hatte der CSU-Politiker und Chef der Parlamentarischen Kontrollkommission für die BayernLB Ernst Weidenbusch und Attac mit einer Strafanzeige gedroht. Auch der bayerische Grünen Abgeordnete Eike Hallitzky war über die Veröffentlichung nicht glücklich und befürchtete, dass Konkurrenten der Bayern LP dadurch Informationen bekommen könnten.

 Vielleicht hat die Durchsuchung von Attac auch einen von den Anzeigenstellern nicht beabsichtigten Nebeneffekt, erneute Aufmerksamkeit für die noch heute nicht restlos geklärte Verantwortlichkeit führender Landespolitiker für die Bankenpleite zu wecken, die in den Unterlagen zu finden ist. Schließlich hat das Bayern-Leak bisher bei weitem nicht die Aufmerksamkeit erfahren, die WikiLeaks bekommen hat. Dort sollte der Bericht übrigens ursprünglich veröffentlicht werden.
 http://www.heise.de/tp/blogs/8/149674

Rassistische Beleidigung ohne Folgen?

Kritik an Urteil des Arbeitsgerichts Hannover
Das Arbeitsgerichts Hannover erklärte die Kündigung des Mitarbeiters der Hannoveraner Baufirma Renziehausen für unwirksam, der Kollegen rassisch beleidigt und sie als Kanaken und Russenschweine beschimpft hatte. Türkische Mitarbeiter hat er als Ölaugen bezeichnet. Nur mit diesem Fall hatten sich die Arbeitsrichter zu befassen und sahen keinen Kündigungsgrund. So war einem Schöffen der Begriff Ölaugen nicht als rassistische Beleidigung bekannt.

 Das kürzlich veröffentlichte Urteil von Ende März stößt auf Kritik von vielen Seiten. »Der Ton im Baugewerbe ist zwar rauer als etwa in einem Versicherungsbüro. Aber nichtsdestotrotz darf eine Schwelle nicht überschritten werden«, betonte die Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen Cornelia Höltkemeier. Auch für den Hannoveraner Arbeitsrechtler Jens Klinkert ist »die Äußerung klar ausländerfeindlich und damit nicht hinzunehmen«. In der Vergangenheit hatten Kündigungen wegen Diskriminierung von Arbeitskollegen vor den Arbeitsgerichten Bestand. So wurde die fristlose Kündigung des Beschäftigten eines Salzgitter Stahlwerks bestätigt, der einen Mitarbeiter nach dessen Sterilisation als »leere Luftpumpe« bezeichnet hatte.

Der Pressesprecher der IG Bau-Agrar-Umwelt Ruprecht Hammerschmidt konnte sich zum konkreten Fall nicht äußern, weil er die Details nicht kenne. »Wir tolerieren allerdings grundsätzlich keinerlei Diskriminierungen gegen Minderheiten am Arbeitsplatz, gegen wen auch immer sie gerichtet sind«, sagte er gegenüber ND. Es komme in der Regel sehr selten vor, dass sich Kollegen wegen rassistischer Beleidigungen an die Gewerkschaft wenden.

Nach der öffentlichen Kritik verteidigte der Direktor des Hannoveraner Arbeitsgerichts, Kilian Wucherpfennig, das Urteil und verglich es mit dem Fall Emmely. Die Kündigung der Berliner »Kai- ser’s«-Kassiererin war wegen der angeblichen Unterschlagung von Pfandbons im Wert von 1,30 Euro in mehreren Instanzen bestätigt worden. Nach einer großen Solidaritätskampagne hatte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt die Kündigung mit der Begründung aufgehoben, dass angesichts der langen Betriebszugehörigkeit der Kassiererin eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung nicht vertretbar ist. Dieser Vergleich wurde wegen Verharmlosung von Rassismus ebenfalls kritisiert. Der Fall wird die Arbeitsgerichte indes weiter beschäftigen: Die Baufirma Renziehausen hat Berufung eingelegt.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/195551.linke-zum-suendenbock-gestempelt.html

Peter Nowak

»Hände weg vom Streikrecht«

Gewerkschafter wehren sich gegen die vom DGB unterstützte Tarifeinheit per Gesetz
Bald soll in Deutschland das Prinzip »Ein Betrieb – Eine Gewerkschaft« per Gesetz gelten. So zumindest wünschen es sich die Arbeitgeber, und in selten harmonischer Einheit mit ihnen auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Doch in der Gewerkschaftslandschaft trifft die Linie des Dachverbandes schon seit Längerem auf Kritik. Nun hat sich eine Initiative gegen das Gesetzesvorhaben gegründet.   
Der Koalitionsausschuss der Bundesregierung will am 5. April über unterschiedliche Konzepte zur gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit beraten. Demnach soll in einem Betrieb nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft gelten, die die meisten Mitglieder hat. Alle anderen Beschäftigtenorganisationen müssten sich während der Laufzeit dieses Vertrages an die Friedenspflicht halten und dürfen nicht dagegen streiken. Unterstützung findet die Initiative von Seiten der Arbeitgeberverbände und des DGB. »Den Arbeitnehmern nutzt die Tarifeinheit, weil sie den Zusammenhalt innerhalb der Gesamtbelegschaften stärkt«, begründet der DGB-Vorsitzende Michael Sommer die Beteiligung seiner Organisation, und weiter: »Sie verhindert, dass einzelne Belegschaftsteile gegeneinander ausgespielt werden.
Die Initiative ist allerdings gewerkschaftsintern nicht unumstritten. An der DGB-Basis wächst die Kritik. So haben sich etwa die ver.di-Landesbezirke Berlin-Brandenburg, Bayern, Baden-Württemberg, NRW und Nord gegen die Tarifeinheitspläne ausgesprochen. »Die Postulierung der Friedenspflicht während der Laufzeit des vorrangigen Tarifvertrages soll auch gegenüber anderen Gewerkschaften gelten. Das bedeutet letztlich Streikverbot«, begründen die norddeutschen ver.di-Mitglieder in einem einstimmig gefassten Beschluss ihre Ablehnung. Unterdessen hat sich in Kassel die Initiative »Hände weg vom Streikrecht« gegründet. Am ersten Treffen beteiligten sich neben Mitgliedern der DGB-Gewerkschaften IG Metall, ver.di und der IG-Bergbau, Chemie, Energie (ICE) auch Aktivisten der Lokführergewerkschaft GDL und der anarchosyndikalistischen FAU. »Der gesetzesinitiativerischen Partnerschaft von DGB und BDA muss ein Riegel vorgeschoben werden«, erklärte der Lokführer Uwe Krug von der GDL-Berlin in Kassel das Anliegen der Initiative. Peter Gerstmann vom linksgewerkschaftlichen »Forum Betrieb, Gewerkschaft und soziale Bewegung Berlin« sah dort in einer gesetzlich festgeschriebenen Tarifeinheit eine Behinderung von Betriebskämpfen. »Die Initiative von DGB/BDA richtet sich weniger gegen die unternehmerabhängige Organisation AUB oder so genannte Christliche Gewerkschaften, die bisher keinerlei Arbeitskämpfe geführt haben, sondern gegen die Spartengewerkschaften GDL, Marburger Bund, UFO und Vereinigung Cockpit sowie andere, insbesondere kämpferische Gewerkschaften«, meinte er. Der Berliner Gewerkschaftler Willy Hajek, ebenfalls Teilnehmer des Kasseler Treffens, betonte im Gespräch mit ND eine besondere Qualität in der Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern von Gewerkschaften inner- und außerhalb des DGB. Die Kooperation solle in der nächsten Zeit fortgesetzt werden. Der erste öffentliche Auftritt des Komitees soll auf den DGB-Veranstaltungen am 1. Mai stattfinden. In Berlin sollen daran auch Gewerkschafter aus Frankreich, Polen und Italien teilnahmen, die auf einer Veranstaltung am 30. April über die Verteidigung der Gewerkschaftsrechte in ihren Ländern berichten werden. Im September 2011 ist eine bundesweite Tagung des Komitees »Hände weg vom Streikrecht« geplant.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/193431.haende-weg-vom-streikrecht.html?sstr=Tarifeinheit|

Peter Nowak

Hungern oder frieren?

Wenn die zugestandenen Heizkosten aufgebraucht sind, stehen Hartz-IV-Betroffene vor einer schweren Entscheidung
Die Begrenzung der Heizkosten für ALG II-Bezieher steht in der Kritik, wird aber immer häufiger praktiziert.
 
»Das Sozialamt/Jobcenter erkennt grundsätzlich Heizkosten an, die auf einem jährlichen Heizverbrauch von 22 Liter je Quadratmeter angemessene Wohnfläche beruhen«, heißt es in einen Formular des Jobcenters Rhein-Kreis-Neuss für Hartz IV-Empfänger. Die Antragsteller werden aufgefordert, die entsprechende Menge Öl für die Fläche ihrer Wohnung zu berechnen und anzugeben. Sind die Kosten höher, muss der Erwerbslose die Differenz selber zahlen. Bei einer fehlenden oder mangelhaften Mitwirkung der Erwerbslosen »kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen«, heißt es in der Belehrung.

Scharfe Kritik an dieser Praxis kommt von der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Hartz IV der Linken. Deren Bundessprecher Werner Schulten sieht sogar den Tatbestand der Nötigung erfüllt. »Hier werden auf perfide Weise Betroffene mit der Vorspiegelung, diese Begrenzung sei gesetzlich vorgeschrieben, genötigt, auf Leistungen zu verzichten«. Letztlich stünden diese Menschen nach dem Verbrauch der zugestandenen Heizmittel vor der Wahl: hungern oder frieren, moniert Schulte.

Im Gesetz hingegen ist heißt es: »Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.« Nicht nur Schulten ist der Meinung, dass nicht von vorn herein pauschal festgelegt werden kann, welche Heizkosten angemessen sind. Sie richten sich nach der Strenge des Winters ebenso wie nach der Wärmeisolation der Wohnungen und der technischen Beschaffenheit der Heizanlagen.

Auch das Bundessozialgericht hat in mehreren Urteilen entschieden, dass die Behörden bei einer angemessenen Unterkunft grundsätzlich die tatsächlichen Heizkosten übernehmen müssen und keine Pauschale zahlen dürfen.

Ein Schlupfloch für die Behörden ließen die Sozialrichter allerdings. Bei einem besonderen unwirtschaftlichen Heizverhalten müsse im Einzelfall nicht alles gezahlt werden. Die Unwirtschaftlichkeit könne mittels des lokalen Heizspiegels ermittelt werden. Die Bundesagentur für Arbeit wies die Kritik an der Pauschalisierung des Neusser Jobcenters zurück. Die Heizkosten gehören zu den kommunalen Aufgaben, auf die die Bundesagentur keinen Einfluss habe. Für Schulten bewegt sich die Kommune damit im rechtsfreien Raum. Er rät Betroffenen keiner Pauschalisierung ihrer Heizkosten zuzustimmen und den Rechtsweg zu beschreiten.

Erwerbsloseninitiativen weisen daraufhin, dass die Praxis des Neusser Jobcenters durchaus keine Ausnahme ist, sondern im vom Gesetzgeber gewollten Trend liegt. Schließlich ist es den nach der kürzlich beschlossenen Hartz IV-Reform künftig möglich, Leistungen der Unterkunft niedriger als bisher und unterhalb der Vorgaben der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts festzulegen. Denn den Kommunen soll es über landesgesetzliche Regelungen ermöglicht werden, die Angemessenheit der Wohnkosten in einer kommunalen Satzung selbst zu definieren. Dabei sollen erstmals auch abgeltende Pauschalen für Wohn- und Heizkosten möglich sein. Erwerbsloseninitiativen fürchten hier Entscheidungen nach Kassenlage zum Nachteil der Betroffenen, denn viele Kommunen stehen vor der Pleite.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/193105.hungern-oder-frieren.html

Peter Nowak

Hartz-IV-Betroffene dürfen nicht mehr tippen

Nordrhein-Westfalen: Einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln verbietet Sportwetten
Die Westdeutsche Lotterie darf vorerst keine Sportwetten mehr an Hartz-IV-Betroffene verkaufen. Westlotto und Annahmestellen sind ratlos, wie sie das Verbot umsetzen sollen. 
»Ich bin Hartz IV und habe bis 2009 Lotto gespielt, ab Samstag werde ich wieder Lottoscheine ausfüllen und abgeben.« Solche Erklärungen finden sich zurzeit in größerer Zahl auf der Internetpräsenz des Erwerbslosenforums Deutschland (ELO). Unter dem Titel »Ich habe Westlotto gespielt und bin Hartz IV« können sich dort seit dem 9. März Erwerbslose als Lottospieler outen.

 Damit reagiert das ELO-Forum auf eine einstweilige Verfügung des Kölner Landgerichts. Laut Medienberichten hatte das Gericht der Westdeutschen Lotterie GmbH vorerst verboten, Lottoscheine an Hartz-IV-Empfänger zu verkaufen. Tatsächlich bezieht sich das Verbot jedoch auf das staatliche Sportwetten-Angebot Oddset, wie ein Gerichtssprecher am Donnerstag klarstellte.

Westlotto kündigte sofortigen Widerspruch gegen diese Entscheidung an, die zu einer Verunsicherung bei den Lotto-Verkaufsstellen geführt habe. »Ich weiß nicht, wie Mitarbeiter in den Annahmestellen in der Lage sein sollen, das Einkommen von Kunden zu überprüfen«, sagte Westlotto-Sprecher Axel Weber. Die Lotterie werde ihre Mitarbeiter nicht anweisen, Gehaltsbescheinigungen zu verlangen. Das sei »weltfremd«. Laut Gerichtssprecher müssen die Betreiber der Annahmestellen bei ihren Kunden nicht nachforschen, wie es um die finanzielle Situation bestellt ist. Auch lägen Wetten über kleine Euro-Beträge noch im Ermessensspielraum. Sobald es aber um höhere Beträge gehe und sobald der Betreiber einer Annahmestelle über die finanziell schwierige Situation des Kunden wisse, dürften die Scheine nicht mehr angenommen werden.

Beantragt worden war die einstweilige Verfügung von dem Sportwetten-Anbieter Tipico, der nach Angaben der »Westdeutschen Zeitung« seinen Sitz auf Malta hat. Tipico hatte Westlotto vorgeworfen, gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und den seit 2008 geltenden Glücksspielstaatsvertrag verstoßen zu haben. Darin ist unter anderem festgehalten, dass Minderjährige, Spielsüchtige, aber auch Menschen mit geringen Einkünften vor Glücksspielen geschützt werden müssen.

»Der klagende Wettanbieter trägt seinen Konkurrenzkampf auf dem Rücken von Hartz-IV-Betroffenen aus«, kommentierte der Sprecher des Erwerbslosen Forum Martin Behrsing die juristische Entscheidung, die er als »absurd und skurril« bezeichnete. Mit dem Internet-Outing will das ELO-Forum auch der Diskriminierung von Hartz-IV-Betroffenen entgegentreten. »Wir wollen doch mal sehen, wie schnell dann so eine diskriminierende Entscheidung ad absurdum geführt wird und schnellst möglichst kassiert wird«, so Behrsing. »Das Kölner Landgericht muss sich fragen lassen, ob diese Entscheidung noch eine Nachwehe des Karnevals ist oder man Hartz-IV-Bezieher zur nicht zugehörigen Kaste zählt«.

Dass es sich bei der einstweiligen Verfügung allerdings nicht nur um eine abwegige Einzelentscheidung handelt, zeigt ein Urteil des Landessozialgerichts Essen vom Januar 2011. Danach kann Hartz-IV-Betroffenen auch ein kleiner Lottogewinn von ihrem Regelsatz abgezogen werden. Der Gewinn werde als Einkommen angerechnet, entschied das Gericht. Ein Lottogewinn sei wie andere Glücksspielgewinne als Einkommen anzusehen. Er verringere die Hilfsbedürftigkeit des Klägers, argumentierten die Richter.

Geklagt hatte ein Bielefelder, der in einer Lotterie 500 Euro gewonnen hatte. Er wehrte sich gegen die Anrechnung auf die Hartz-IV-Leistung und scheitere in zwei Instanzen. Der Mann hatte eingewandt, dass er seit 2001 regelmäßig Lotto spiele, dafür insgesamt 945 Euro ausgegeben habe und daher trotz des Gewinns von 500 Euro unter dem Strich Verlust gemacht habe. Dieses Argument ließen die Richter aber nur für den letzten Monat gelten. Die für das Los ausgegebenen 15 Euro durfte der Kläger von den 500 Euros abziehen. Der Rest des Gewinns wurde vollständig mit seinem Hartz-IV-Satz verrechnet.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/192862.hartz-iv-betroffene-duerfen-nicht-mehr-tippen.html

Peter Nowak

Keine Verbesserungen erreicht

Podiumsdiskussion zum jüngsten Hartz-IV-Kompromiss
Für die Politik ist mit dem Hartz-IV-Kompromiss zwischen Bundesrat und Bundesregierung die Debatte über die Regelsätze beendet. Für die Betroffenen gilt das nicht, wie auf einer von der AG Soziales des Berliner Sozialforums sowie der Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte organisierten Veranstaltung am Montagabend deutlich wurde.
»Was sind die sozialen Grundrechte wert?«, lautete die Frage an die Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert (SPD), an Katina Schubert vom Bundesvorstand der LINKEN und Udo Geiger vom Berliner Sozialgericht. Letzterer dämpfte die Hoffnung mancher Erwerbsloser, das Bundesverfassungsgericht (BVG) könne den Hartz-IV-Kompromiss schnell wieder kippen. Der Justiz dürften nicht Aufgaben der Politik zugeschoben werden, meinte er. Massenklagen, wie sie in Erwerbslosengruppen diskutiert werden, seien juristisch eher hinderlich. Gut vorbereitete Musterklagen in ausgewählten Fällen versprächen mehr Erfolg. Gleiches gelte für eine Normenkontrollklage, die von den Bundesländern oder einem Viertel der Bundestagsabgeordneten eingereicht werden kann.

Die SPD werde sich daran aber nicht beteiligen, meinte Mechthild Rawert. Schließlich habe ihre Partei dem Kompromiss zugestimmt, den sie persönlich auch vertreten könne, selbst wenn die Errechnung der Regelsätze nicht den Kriterien des Bundesverfassungsgerichtsurteils genüge. Die Verbesserungen beim Mindestlohn für Leiharbeiter seien für ihre Zustimmung ausschlaggebend gewesen.

Die Notwendigkeit von Kompromissen sei ihr als Politikerin der Berliner LINKEN bekannt, erwiderte Katina Schubert, aber dieser Regelung hätte sie auf keinen Fall zugestimmt. Der Regelsatz sei willkürlich berechnet worden. Zudem sei ein Mindestlohn von 6,83 Euro bei der Leiharbeit in Ostdeutschland keineswegs existenzsichernd.

Rainer Wahls von der AG Soziales zog ein ernüchterndes Fazit: »Wir haben es nicht geschafft, das BVG-Urteil zu nutzen, um die Situation der Erwerbslosen zu verbessern.« Selbst die Minimalforderung, die Situation der Kinder zu verbessern, sei nicht durchgesetzt worden. Er lobte die Arbeit des Bündnisses »Krach schlagen statt Kohldampf schieben«, das im letzten Herbst in Oldenburg eine bundesweite Erwerbslosendemonstration organisierte. Durch Zusammenarbeit mit Milchbauern sei es im Ansatz gelungen, Brücken zu anderen Gruppen zu schlagen.

Aus dem Publikum wurde der Zorn vor allem auf die SPD, aber auch auf die Politik insgesamt deutlich. Mehrfach geäußerte Faschismusvergleiche wurden von den Rednern auf dem Podium und von Moderator Sebastian Gerhardt zurückgewiesen. Er kritisierte die Konzentration auf die Höhe der Regelsätze in der Hartz-IV-Debatte. Von den Verschlechterungen für Erwerbslose, die in den neuen Bestimmungen enthalten seien, werde dagegen kaum geredet. Die Verschärfung von Sanktionen vor allem für Erwerbslose unter 25 Jahren gehöre ebenso dazu wie die Pauschalisierung der Mietkosten, welche zur Zunahme von Mietschulden und von Zwangsräumungen bei Erwerbslosen führen könne.

Ebenfalls verschlechtert hat sich die Situation von behinderten ALG-II-Empfängern, die nur noch 80 Prozent vom Regelsatz, also 291 Euro, bekommen sollen. Die SPD-Politikerin Rawert versicherte, dass diese Bestimmung auf Druck ihrer Partei noch einmal überprüft werden soll.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/192639.keine-verbesserungen-erreicht.html

Peter Nowak

Die Hartz-IV-Diskussion muss geerdet werden

Seit Wochen sind die Hartz IV-Sätze ein zentrales Thema in den Medien, die Betroffenen werden dabei aber meist gar nicht erwähnt.

Diese Entwicklung ist kein Zufall. Schließlich wurde die neue Debatte um die Hartz IV-Sätze durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im letzten Jahr ausgelost. Darauf hatten allerdings im Vorfeld auch einige Erwerbslosengruppen gesetzt. Es gab nur wenige Kritiker inner- und außerhalb der Erwerbslosenbewegung, die diese positive Bezugnahme auf die Justiz problematisierten. Denn damit werden wieder Staatsapparate und nicht die Betroffenen in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Diese Warnungen sollten sich bald bewahrheiten.
       Schnell brach unter den politischen Parteien, die Hartz IV unterstützt und verteidigt hatten, ein Streit über die Konsequenzen des Richterspruchs aus. Dazu trug bei, dass er, wie alle juristischen Urteile auslegbar war. Entgegen mancher zu positiver Bewertung auch in Erwerbslosenkreisen schrieb er keineswegs eine Erhöhung der Hartz IV-Sätze fest, sondern verlangte lediglich ihre transparente, nachvollziehbare Festlegung. Über die Umsetzung dieser richterlichen Vorgaben entbrannte fortan der Streit zwischen Regierung und Opposition. Dabei spielte auf beiden Seiten wahltaktische Überlegungen eine Rolle. Während SPD und Grüne im Vorfeld wichtiger Landtagswahlen ihre Verantwortung für die Einführung  Hartz IV vergessen machen wollen und sich als Interessenvertreter von Erwerbslosen aufspielen, geht es der Regierungskoalition vor allem  um die Senkung des Preises der Ware Arbeitskraft insgesamt, die mediengerecht als Stärkung des Wirtschaftstandortes Deutschland verkauft wird.

Senkung des Preises der Ware Arbeitskraft

Dabei spielt die Höhe des Hartz IV-Satzes eine entscheidende Rolle, die weit über die Diskriminierung von Erwerbslosen hinausgeht, wie sie Westerwelle und die FDP im letzten Jahr mit der Debatte über die spätrömische Dekadenz auf die Spitze getrieben hat.  In der öffentlichen Debatte wird noch immer zu wenig zu Kenntnis genommen, dass die Zahl der Menschen, die in  einen Vollzeitjob i so wenig verdienen, dass sie mit Hartz IV aufstocken müssen, kontinuierlich steigt. So verdienen nach Angaben des DGB-Arbeitsmarktexperten Wilhelm Adamy ein Drittel der Leiharbeiter weniger als 1200 Euro im Monat brutto. In Ostdeutschaland sind die Gehälter oft noch niedriger.     Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit kommt in einer  Studie zu dem Schluss, dass Zeitkräfte im Schnitt 15 Prozent weniger verdienen als Stammbeschäftigte mit ähnlichen Aufgaben. Eine Untersuchung für das Arbeitsministerium in Nordrhein-Westfalen kommt bei Helfern sogar auf eine Lohnkluft von 45 Prozent. Dieser Niedriglohnsektor wurde im letzten Jahrzehnt  von CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne geschaffen. Der DGB hat ihn trotz anfänglichem Sträuben mittlerweile akzeptiert und macht Tarifabschlüsse im Leiharbeitsgewerbe.  Niedrige Hartz IV-Sätze sollen diesen Niedriglohnsektor zementieren. Hierin liegt auch der Grund, warum  sich die Bundesregierung so vehement weigert, über die Höhe des Hartz IV-Satzes mit sich reden zu lassen. Wenn SPD und  Grüne in die Verhandlungen das Thema Mindestlohn einbringen, ist das eigentlich, weil damit deutlich wird, dass die Hartz IV-Sätze kein Spezialproblem von Erwerbslosen sind. Doch  den beiden Hartz IV-Parteien geht es natürlich um Wahlkampftaktik. Eine Mobilisierung der Betroffenen  war von ihnen nicht zu erwarten. Die Linke, die sich ihren Platz in die Verhandlungsrunde über die Hartz IV-Sätze mit einer Klagedrohung erkämpfen musste, hat allerdings auch wenig zu ihrer Mobilisierung beigetragen. Ihre Verhandlungsführerin Dagmar Enkelmann sogleich kürzte für die Verhandlungen, den im Parteiprogramm festgelegten Hartz IV-Satz von 500 Euro  auf 420 Euro, was bei Erwerbslosengruppen auf Widerspruch stieß Hier stellt sich einmal mehr die Frage, warum eine linke Oppositionspartei die Interessen von Erwerbslosen nicht besser mit ihnen  auf der Straße und im Jobcenter vertreten kann, als in einer Verhandlungsrunde, wo sie als Zeichen ihrer Politikfähigkeit ihre eigenen Forderungen zurechtstutzt.            
 
Krach schlagen statt Kohldampf schieben
    Denn allen medialen Schein zum Trotz, gibt es weiter aktive Erwerbslose, die sich für ihre Rechte einsetzen. Sie finden sich meist nicht auf Großdemonstrationen sondern in Jobcentern, wo sie andere Erwerbslose begleiten und gemeinsam versuchen, Rechte durchzusetzen. Diese Zahltag genannten Aktionen werden in den Medien kaum wahrgenommen. Aber auch wenn die Erwerbslosen die Arbeitsagenturen und Jobcenter verlassen und ihren Protest auf die Straße tragen, haben sie es schwer, wahrgenommen zu werden. So hat sich  anlässlich des Gerichtsurteils zu den Hartz IV-Sätzen im letzten Jahr ein Bündnis aus autonomen und gewerkschaftlichen Erwerbslosengruppen gegründet, das unter dem Motto „Krach schlagen statt Kohldampf schieben“ am 10.Oktober im Oldenburg nach langen Jahren wieder eine bundesweite Erwerbslosendemonstration organisierte. Die zentrale Forderung war eine Erhöhung der Hartz IV-Sätze um 80 Euro. Das Symbol des Bündnisses, ein Kochlöffel, der auf einen leeren Kochtopf schlägt, hat sich verbreitert. An  der bundesweiten Großdemonstration für gesunde Ernährung am 22. Januar Berlin beteiligte sich der „Krach-Schlagen-Block“  laut.  Wenn gesunde Ernährung nicht ein Privileg für Wenige sein soll, müssen alle genug Geld haben, um sie kaufen zu können, lautete das Argument für die Beteiligung. Dabei werden auch die Nahrungsmittelproduzenten wie den Milchbauern unterstützt, die, so die Berichterstattung des medialen Mainstream, durch geizige Verbraucher gezwungen wird, immer billiger zu produzieren. Dass der wachsende Niedriglohnsektor dazu führt, dass immer mehr Menschen auf billige Lebensmittel angewiesen sind, wird dabei nicht natürlich  geblendet. Die Aktivisten haben aber genau diesen Zusammenhang in den Mittelpunkt gestellt- 
Doch das Anliegen der Erwerbslosenaktaktivisten wurde in der Berichterstattung entweder total verschwiegen oder mit wenigen Sätzen abgetan. Das  Aktionsbündnis Sozialproteste hat zu einem bundesweiten Treffen mit der Frage eingeladen. „Wie lange noch werden die  Politiker über unsere Köpfe hinweg über unser Schicksal verhandeln?“ Die Frage ist nicht schwer zu beantworten.  Es muss wohl noch viel mehr Krach geschlagen werden, damit das Thema Hartz IV-Sätze den Parteien und Staatsapparaten entwunden und wieder auf den Straßen und in den Jobcentern dieser Republik ein Faktor wird.
Peter Nowak
Der Autor ist Herausgeber des Buches,  Zahltag, Zwang und Widerstand: Erwerbslose in Hartz IV. SBN: 978-3-89771-103-7 Preis: 7.80 Euro, Unrast-Verlag ( http://www.unrast-verlag.de/unrast,2,324,7.html)   

 aus:   ak 558 vom 18.2.2011  

http://www.akweb.de/

Nicht mitmachen beim Angriff auf das Streikrecht

ver.di- und IG Metall-Mitglieder debattieren zur Gesetzesinitiative »Tarifeinheit«

Der Bremer Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler berät seit Jahren Betriebsräte und Vertrauensleute juristisch und war auch schon öfter Gutachter für DGB-Gewerkschaften. Da musste es schon einen besonderen Grund haben, wenn er bei einer Veranstaltung des ver.di-Fachbereichs Medien, Kunst und Industrie des Landesbezirks Berlin-Brandenburg in der Berliner Verwaltungsstelle
der IG-Metall am 30. November 2010 gleich zu Beginn seines Referats betonte, dass ihn besonders freue, dass die Veranstaltung in diesen Räumen möglich ist. Schließlich war Däubler zu einem Vortrag über die Gesetzesinitiative des DGB und der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände zur sogenannten Tarifeinheit eingeladen worden, die gewerkschaftsintern für große Kontroversen sorgt. Danach soll in einem Betrieb nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft gelten, die die meisten
Mitglieder hat. Alle anderen Beschäftigtenorganisationen müssten sich während der Laufzeit dieses Vertrages an die Friedenspflicht halten und dürfen nicht dagegen streiken. Viele Gewerkschafter sehen darin einen Angriff auf das Streikrecht und
sind empört, dass die DGB-Gewerkschaften dabei Hilfestellung leisten. Constanze Lindemann vom ver.di- Fachbereich Medien, Kunst und Industrie bekam viel Zustimmung für ihre Kritik, dass die Initiative ohne innergewerkschaftliche Debatte von den Gewerkschaftsvorständen in die Wege geleitet worden ist. Danach lieferte Däubler den Kritikern der Tarifeinheitsinitiative eine Reihe Argumente. In rechtlicher Hinsicht sei sie kaum praktikabel, meinte er. Allein um die Stärke der Gewerkschaften
festzustellen, sei eine aufwändige bürokratische Prozedur nötig. Zahlreiche Rechtsstreitigkeiten seien schon jetzt vorhersehbar. Zudem gab der Arbeitsrechtler zu bedenken, dass vor allem in kleineren Betrieben die Gefahr bestehe, dass die Unternehmer ihnen genehme Organisationen förderten, die so zur stärksten Gewerkschaft werden, die Tarifpolitik bestimmen könnten, während ver.di oder eine andere DGB-Gewerkschaft nicht dagegen vorgehen könnte. Dieses Szenario ist nicht unrealistisch. Schließlich gibt es schon heute Betriebe, wo ver.di in der Minderheit ist.
Däubler hatte auch kein Verständnis für die Argumentation der Tarifeinheitsbefürworter im DGB. Vor allem die Furcht vor zu vielen Arbeitskämpfen, könnte er bei Gewerkschaftern überhaupt nicht nachvollziehen, zumal gerade Deutschland eines der streikärmsten Länder Europas ist. Dass eine zunehmende Zersplitterung der eschäftigtenvertretungen die Tarifpolitik auch für Gewerkschaften
schwieriger macht, leuchtet dem Arbeitsrechtler dagegen ein. Doch die Zuflucht zu administrativen Maßnahmen wie der Gesetzesinitiative werde garantiert die Sympathien der DGB-Gewerkschaften bei den Kollegen, die sich in anderen Organisatoren organisiert haben, bestimmt nicht fördern. Die seien erst wegen Versäumnissen und Fehlern der Gewerkschaftspolitik entstanden, weil den Beschäftigten, die in der Lage sind, einen Arbeitskampf zu führen, keine attraktiven Angebote gemacht wurden, um sie im DGB zu halten, monierte Däubler. Er bezeichnete die Beteiligung des DGB an der Tarifeinheitsinitiative als Schuss ins eigene Knie. Damit werde konservativen Kreisen Tür und Tor geöffnet, die schon lange das Streikrecht weiter einschränken wollen und beispielsweise ein obligatorisches Schlichtungsverfahren Arbeitskämpfen vorschalten wollen. Gewerkschafter haben historisch für die Ausweitung des Streikrechts gekämpft und sollten jetzt nicht denen die Hand reichen, die es einschränken  wollen, meinte Däubler unter dem Applaus der Zuhörer. Die etwa 80 anwesenden Mitglieder verschiedener Einzelgewerkschaften
unterstützten einstimmig eine Resolution zur Verteidigung des Streikrechts, in der es heißt: »Die zweifellos wichtige größtmögliche
Einheit unter den ArbeitnehmerInnen darf keine Sache staatlichen Zwanges werden, bei dem dann nicht mehr nach dem Sinn und Zweck dieser Einheit für die ArbeitnehmerInnen selbst gefragt wird, sondern Unternehmenswohl und Staatsräson im Vordergrund stehen.«

http://medien-kunst-industrie.bb.verdi.de/sprachrohr/#ausgaben-2011
Peter Nowak

IG Metall schließt aus

 Die Alternativen Metaller bei der Daimler Chrysler-AG in Kassel haben mit Ausschlussverfahren der IG-Metall-Spitze Erfahrung. Bereits kurz nach der Gründung 1990, aber auch nach den Betriebsratswahlen 1993 und 2002 wurden Mitglieder der linksgewerkschaftlichen Gruppe ausgeschlossen, weil sie mit einer eigenen klassenkämpferischen Liste zu den Betriebsratswahlen angetreten sind. Nun drohen Michael Fuchs, Mirko Berger und Udo Pusceddu, drei aktiven IG Metallern, aus dem gleichen Grund erneut Ausschlüsse. Im letzten Jahr erhielten bereits linke Gewerkschafter aus dem Daimler-Werk Berlin-Marienfelde wegen Eigenkandidaturen Funktionsverbote in der IG Metall und bei Daimler-Sindelfingen gab es deswegen Ausschlüsse.

 Immer sind kämpferische Gewerkschafter betroffen, weil sie in ihrem Betrieb umsetzen, was der zweite Vorsitzende der IG Metall 2008 einforderte: Angesichts verschärfter Angriffe der Unternehmer müsse in Zukunft mehr auf die »konfliktorische Auseinandersetzung« und die »direkte Beteiligung der Beschäftigten« gesetzt werden, erklärte er. Doch mit den Ausschlüssen werden aktive Kollegen, die auch auf Betriebsratsebene für eine Alternative zum Kurs des Co-Managements eintreten, sanktioniert und nicht ermuntert. Dabei kandidieren seit Jahren ohne Konsequenzen in Berliner und Hamburger Betrieben IG Metaller auf unterschiedlichen Betriebsratslisten.

Wie in den anderen Standorten sind auch in Kassel Proteste gegen die Sanktionen angelaufen. Anfang Februar gab es eine gut besuchte Solidaritätsveranstaltung mit den vom Ausschluss bedrohten Kollegen. Gewerkschafter aus dem gesamten Bundesgebiet haben einen Aufruf unter dem Motto »Gewerkschaftsausschluss von Metallern in Kassel verhindern« gestartet, der unter www.labournet.de/branchen/auto/dc/ks/ausschlussprotest1.pdf unterstützt werden kann.

Die kämpferischen Kollegen brauchen diese Solidarität auch gegen den Konzern. So dürfen die Alternativen Metaller Betriebszeitungen, die sie vor dem Fabriktoren verteilen, nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Kassel nicht ins Netz stellen. Gegen diese Zensur müsste auch die IG Metall schon in Eigeninteresse vorgehen, statt die Kollegen zu maßregeln.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/191273.ig-metall-schliesst-aus.html

Peter Nowak

Initiative wehrt sich gegen Hartz-IV-Poker

»Aktionsbündnis Sozialproteste« in Hannover
Das »Aktionsbündnis Sozialproteste«, in dem sich Erwerbslosengruppen und soziale Initiativen zusammengeschlossen haben, hatte am Sonnabend zu einem bundesweiten Treffen nach Hannover eingeladen. Über 30 Delegierte aus allen Teilen der Republik haben daran teilgenommen.
 
Foto: dpa
Der zentrale Tagesordnungspunkt des Treffens war das wochenlange Gezerre zwischen Bundesregierung und Opposition um die Hartz- IV-Sätze. Die Delegierten monierten, dass bei dem Hartz-IV-Poker die Betroffenen von Politikern und Medien fast völlig ignoriert werden. »Wie lange noch werden die Erwerbslosen den Politikern durchgehen lassen, dass sie über unsere Köpfe hinweg über unser Schicksal verhandeln«, hieß es in der Einladung zu dem Treffen.

Das Sozialbündnis will den Druck für ein existenzsicherndes Einkommen erhöhen und setzt sich für einen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde steuerfrei ein. Um diese Forderung durchzusetzen, ruft das Bündnis zur Beteiligung an dem vom DGB initiierten Aktionstag »Gegen Lohndumping und für sichere und faire Arbeit« am 24. Februar auf.

Das Mitglied des Koordinierungskreises im »Aktionsbündnis Sozialproteste« Edgar Schu würdigte gegenüber ND auch die Arbeit der Initiative »Krach schlagen statt Kohldampf schieben«. Sie hatte am 10. Oktober 2010 in Oldenburg eine bundesweite Erwerbslosendemonstration organisiert. Dadurch sei es gelungen, Bündnisse mit Teilen der Gesellschaft zu schließen, die sich bisher mit Themen wie Hartz IV wenig befasst haben. An diese Vorarbeit will das Aktionsbündnis mit der 10-Euro-Forderung anknüpfen.

Skeptisch äußerte sich Schu zu den in den letzten Wochen laut gewordenen Aufforderungen an die Erwerbslosen, sich mit einer Klagewelle einen höheren Hartz- IV-Satz zu erstreiten. Er warnt vor Illusionen. »Wir setzen eher auf Klassenkampf und gesellschaftlichen Druck als auf die Gerichte.«

Das Bündnis hat sich auf dem Hannoveraner Treffen für die Abschaffung sämtlicher Sonderregelungen für arbeitslose Flüchtlinge ausgesprochen. Sie dürfen beim Hartz-IV-Satz nicht schlechter als die anderen Erwerbslosen gestellt sein. Damit soll die Diskriminierung von Menschen ohne deutschen Pass auf diesem Sektor aufgehoben werden. Schu erinnert daran, dass die Schlechterstellung von Menschen, die unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen, schon in der Vergangenheit Modellcharakter gehabt hatte. Oft seien bei den Flüchtlingen Maßnahmen erprobt worden, die später auf weitere Gruppen von Erwerbslosen ausgeweitet worden sind.

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/190849.initiative-wehrt-sich-gegen-hartz-iv-poker.html

Peter Nowak

Hartz IV-Debatte ohne die Betroffenen?

Das Pokern um die Hartz IV-Sätze geht weiter
Der Bundesrat setzt, nachdem über die Hartz-IV-Sätze keine Einigung erzielt werden konnte, auf den Vermittlungsausschuss. Nun soll also weiter zwischen Vertretern der Bundesregierung vermittelt werden. Doch wie regieren die Betroffenen?

Von den Erwerbslosen und ihren Verbänden war in der Debatte in den letzten Monaten auch bei den Kritikern des Regierungsvorschlags selten die Rede. So erklärte der Sozialexperte der Grünen Peter Kurth im Interview mit dem Deutschlandfunk, dass es ihm bei seiner Kritik der Regierungsvorschläge um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gehe. Von den zahlreichen Vorschlägen und Forderungen aus dem Spektrum der aktiven Erwerbslosen redet er nicht.

Am kommenden Samstag wird sich das bundesweite Aktionsbündnis Sozialproteste, in dem sich Erwerbslosengruppen und soziale Initiativen zusammengeschlossen haben, bei einem Treffen in Kassel mit dieser für sie unbefriedigenden Situation befassen. „Wie lange noch werden die Erwerbslosen den Politikern durchgehen lassen, dass sie über unsere Köpfe hinweg über unser Schicksal verhandeln“, heißt es in der Einladung.

Niemand der Aktiven erwartet in der nächsten Zeit Massenproteste von Erwerbslosen, wie es sie vor der Einführung von Hartz IV im Jahre 2004 gab. Aber die stärkere Koordinierung zurzeit laufender Initiativen soll Thema des Treffens in Kassel sein. Dazu gehört die Aktion „Krach schlagen statt Kohldampf schieben“, die am letzten Oktober auf einer Demonstration in Oldenburg Premiere hatte und seitdem in verschiedenen Städten mit kleinerer Besetzung wiederholt wurde. 
 http://www.heise.de/tp/blogs/8/149261

Peter Nowak