Kürzlich ist das Buch «Europas Grenzen. Flucht, Asyl und Migration» von Bernd Kasparek erschienen. Der Autor spricht im Gespräch mit dem vorwärts über sein Werk und die europäische Migrationspolitik, die von der EU angestrebt wird.

Die EU will das Asylsystem tiefgreifend verschärfen

Unsere Gesellschaften sind auch Produkt von Mobilität, und jedes Mal, wenn wir aufgehört haben, Mobilität als Migration zu problematisieren, ist auch das vermeintliche Problem verschwunden. Ein Beispiel: die Verwandlung der ‹Gastarbeiter*innen› in europäische Bürger*innen hat ganze Kategorien von Rassismen, Diskriminierungen und Diskursen verschwinden lassen. Das wäre auch heute möglich, durch ein radikales Bekenntnis zur postmigrantischen Gesellschaft im Inneren, und nach Aussen im Versuch, sich in ein anderes Verhältnis zu den Nachbarregionen der EU, etwa rund ums Mittelmeer, zu setzen.

In der letzten Woche haben zahlreiche deutsche Politiker*innen – sogar Horst Seehofer – den italienischen Innenminister Matteo Salvini wegen seiner Weigerung, die Grenzen für Gerettete zu öffnen, kritisiert. Ist Deutschland plötzlich eine einzige Nation von Seenotretter*innen?….

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Vor zwei Jahren wurde die linke Online-Plattform Indymedia Linksunten verboten. Heute regt sich dagegen Widerstand.

Oben rechts

Eine Solidaritätsgruppe mobilisiert mit Bannern zu einem Tag X gegen das Verbot. Wenn das Leipziger Verwaltungsgericht über die Klage gegen das Verbot verhandelt, soll in der Stadt eine bundesweite Solidaritätsdemonstration stattfinden. Offensiver wäre es, die Plattform am Tag X einfach wieder in Betrieb zu nehmen.

Selbstverständlich hat sich kaum einer jener Journalisten, die sonst keine Gelegenheit auslassen, sich mutig für die Pressefreiheit in der Türkei oder Venezuela einzusetzen, kritisch dazu geäußert, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit Hilfe des Vereinsrechts das „mit Abstand wichtigste Forum der außerparlamentarischen Linken“ („Spiegel Online“) abgeschaltet hat. Mit dem Verbot von Indymedia Linksunten wollte der damalige Innenminister nach ….

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Unkritischer Umgang mit Polizeimeldungen

Die Polizei, dein Freund und Fälscher

Viele Journalisten sehen die Polizei als neutrale Informationsquelle. Dabei vertuscht sie regelmäßig Gewaltexzesse ihrer Beamten und macht Stimmung gegen Demonstranten.

Die Räumung eines Stadtteilladens in der Friedelstraße 54 in Berlin-Neukölln im Sommer 2017 beschäftigt erneut die Justiz. Geklagt haben Mitglieder des ehemaligen Ladenkollektivs – und zwar wegen der ….

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Geflüchtete in Nostorf-Horst müssen weit radeln, um ins nächste Städtchen zu kommen

Abgeschnitten vom Rest der Welt

Auch Franz Forsmann vom Hamburger Flüchtlingsrat äußerte gegenüber »nd« scharfe Kritik. Er berät seit Jahren Geflüchtete - die nur außerhalb des Lagers in einem Container möglich ist. Die Bewohner*innen beklagen vor allem die Lage der Einrichtung im Niemandsland. Der Aufwand an Zeit und Geld für jeden Einkauf, jeden Arztbesuch ist hoch.

In Nostorf-Horst finden sich an auf Laternenmasten Aufkleber mit der Parole »Flüchten Sie weiter. Hier gibt es nichts zu wohnen.« Yaruf L., der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen will, kommt täglich an den Aufklebern vorbei, wenn er mit seinem Rad die sieben Kilometer in das Städtchen Boizenburg fährt. Nicht alle Bewohner*innen des Erstaufnahmelagers für Asylsuchende Nostorf-Horst im westlichen Mecklenburg-Vorpommern haben ein Fahrrad. Für sie ist es schwer, das einsam im Wald liegende Heim zu verlassen. Eingerichtet wurde es Anfang der 1990er Jahre in einer ehemaligen NVA-Kaserne. Kaum jemand verirrt sich in die Gegend. Am Samstag aber waren

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Aktion der Künstlergruppe Lebenslaute in Horst

Solikonzert für Geflüchtete

»Es tönen die Lieder … wir singen und spielen, wo immer wir woll’n«. Das ist der Grundsatz der Aktionen von Lebenslaute. »Bei der Wahl unserer Konzertorte lassen wir uns nicht durch herrschende Vorschriften einschränken«, sagte Andreas Will, der für die Pressearbeit zuständig ist.

»Wir öffnen das Tor mit Orchester und Chor« – unter diesem Motto hat die Künstlergruppe Lebenslaute am Wochenende auf die Situation Geflüchteter in Sammelunterkünften aufmerksam gemacht. In der Gruppe engagieren sich bereits seit 1986 Musiker*innen aus der gesamten Bundesrepublik. Einmal jährlich spielen sie überwiegend klassische Musik in Chor- und Orchesterstärke an Orten, an denen….

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Kommentar: Zum zweiten Jahrestag des Verbots der Plattform Indymedia.linksunten wurden Gründe diskutiert, warum die Opposition dagegen nicht größer ist

Indymedia-Verbot: Wenn die „Sturmgeschütze der Demokratie“ schweigen

Mittlerweile wird zu einem Tag (((i))) aufgerufen. Am Samstag vor dem Prozess vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig soll es in der Stadt eine bundesweite Demonstration geben.

Am 14. August jährte sich zum zweiten Mal das Verbot einer linken Online-Plattform. Es handelt sich um die Plattform Indymedia.linksunten, deren Inhalt nur noch auszugsweise in einem in den USA gehosteten Webarchive zugänglich ist. Der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hat das Verbot aufgrund des….

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Antifaschisten waren während Demos in Chemnitz festgehalten worden

Klage wegen Einkesselung

Juliane Nagels Anfragen an die Landesregierung haben ergeben, dass es im Zusammenhang mit dem Kessel lediglich zwei Ermittlungsverfahren gegeben habe. »Und dafür wurden 350 Menschen über Stunden festgesetzt und ihrer Grundrechte beraubt«, moniert Nagel. Si

Fast ein Jahr ist es her, dass Aufmärsche von AfD, Pegida und Co in Chemnitz für Schlagzeilen sorgten. Viel Kritik gab es auch daran, dass Polizisten am 1. September 2018, als Tausende Rechte aufmarschiert waren, rund 350 Antifaschist*innen über Stunden einkesselten. In einer Pressemitteilung hatte die Polizei die Maßnahme damit begründet, dass die Festgehaltenen zuvor versucht hätten, zur Versammlung des AfD-Landesverbandes vorzudringen. Unter denen, die vier Stunden lang im Polizeikessel ausharren mussten, war auch ….

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Tobias Singelnstein und Kollegen untersuchen rechtswidrige Übergriffe Beamter auf Bürger und ihre Ursachen

Polizei sollte eine Fehlerkultur entwickeln

Tobias Singelnsteinist Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie an der Ruhr Universität Bochum. Er leitet ein Forscher*innenteam, das die bislang größte Studie zu Polizeigewalt in Deutschland durchführt, für die mehr als 1000 Betroffene befragt wurden.Peter Nowaksprach mit ihm über die Untersuchung, der zufolge es jährlich mindestens 12 000 rechtswidrige Übergriffe durch Beamte gibt.

In der letzten Woche wurden erste Ergebnisse eines von Ihnen geleiteten Forschungsprojekts bekannt. Demnach gibt es in Deutschland jährlich rund 12 000 Fälle von illegaler Polizeigewalt. Wie kamen Sie zu diesem Befund?

Nach unseren bisherigen Befunden kann man davon ausgehen, dass das Dunkelfeld mehr als fünfmal so groß ist wie das Hellfeld, das wir ….

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Nach langer Auseinandersetzung mit dem bundesrepublikanischen Asylsystem ist Asif N. freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt

In Deutschland unerwünscht

CSU-Innenminister Horst Seehofer und rechte Blogger*innen können feiern: Einem jungen Mann, der hier integriert war, Deutsch gelernt und hoch motiviert seine berufliche Zukunft in der Bundesrepublik plante, wurde klargemacht, dass er nicht erwünscht ist.

Eigentlich ist die freiwillige Rückreise von Geflüchteten aus Deutschland in ihre Heimatländer Alltag. Doch die Meldung, dass der 22-jährige Asif N. schon vor knapp zwei Monaten in seine afghanische Heimat zurückgekehrt ist, wurde jetzt von vielen Zeitungen aufgegriffen. Denn der junge Mann stand am 31. Mai 2017 unfreiwillig im Fokus der Öffentlichkeit. An jenem Tag sollte er….

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Am 6. August protestierten im Wedding huderte gegen Zwangsräumung in der Dubliner Straße 8

Verdrängt in Berlin –

Sie war nur durch das Zusammenspiel der Justiz und der Investoren möglich, die über mehrere Jahre gut dokumentiert ist.

Seit mehreren Jahren kämpft eine Wohngemeinschaft in der Dubliner Straße 8 in Berlin-Wedding gegen Vermieterwillkür. Mittlerweile sind alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft. Am 6.8. wurde sie zwangsgeräumt. Diese Geschichte einer Entmietung ist manchen bekannt. In einer Doku-Soap mit mittlerweile 37 Folgen wird die jahrelanger Geschichte einer Entmietung in Berlin dokumentiert. Knapp zusammenfasst handelt es sich…

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Interview über Seenotrettung und Dissonanzen in der EU mit dem Migrations- und Grenzpolitik-Forscher Bernd Kasparek

„Die EU strebt eine tiefgreifende Verschärfung des Asylsystems an“

Bernd Kasparek forscht zum europäischen Grenz- und Migrationsregime, mit Schwerpunkt europäische Grenzschutzagentur Frontex, Asylpolitiken und Infrastrukturen. Er ist Vorstandsmitglied der Forschungsassoziation bordermonitoring.eu. Kürzlich ist von ihm im Verlag Bertz + Fischer das Buch Europas Grenzen. Flucht, Asyl und Migration erschienen. Telepolis sprach mit ihm über die "Migrationsaußenpolitik" der EU.

In der letzten Woche haben zahlreiche deutsche Politiker – sogar Horst Seehofer – den italienischen Innenminister wegen seiner Weigerung, die Grenzen für Gerettete zu öffnen, kritisiert. Ist Deutschland plötzlich eine einzige Nation von Seenotrettern?
Bernd Kasparek: Eine einzige Nation von Seenotretter, das wäre natürlich übertrieben. Ich finde es aber in der Tat bemerkenswert, welches….

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Der erzwungene Rückzug von "Resist to Exist" nach Berlin ist ein klarer Erfolg für die Rechten

Wie ein antifaschistisches Festival aus Brandenburg vergrault wird

Immer wieder wird als zivilgesellschaftliche Handlung propagiert, es sich nicht in der Wohlfühlzone Berlin gemütlich zu machen, sondern auch mit Kunst und Kultur in die kleinen Orte zu gehen, um dort den Rechten nicht das Feld zu überlassen. Und dann wird durch Schikanen ein antifaschistisches Konzert aus Krummen vertrieben.

Sommerzeit ist Festivalzeit. In den nächsten Wochen ist das Angebot groß. Die Zeiten, wo Festivals noch als anstößig, unmoralisch und subversiv galten, sind lange vorbei. In den 1970er Jahren konnte es Festivalbesuchern noch passieren, dass sie wegen der Haarlänge oder unkonventionellen Kleidung von NS-sozialisierten Wutbürgern angegriffen wurden.Doch der moderne Kapitalismus hat selbst sich subkulturell gebende Festivalevents längst absorbiert. Hauptsache der Konsum zirkuliert, könnte man denken. Daher ist es um unverständlicher, dass die Organisatoren des explizit antifaschistisch firmierenden Festivals „Resist to exist“ von den Brandenburger Behörden, speziell der Unteren Bauaufsichtsbehörde Oberhavel, derart schikaniert wurden, dass sie kurzfristig….

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Würden nun Tausende Menschen aus dem globalen Süden klagen, wäre die Leipziger Entscheidung ein Meilenstein für die Durchsetzung von globalen Menschenrechten. Wenn aber die Entscheidung nur für DDR-Bürger gilt, wäre sie im Gegenteil nationalborniert und ausgrenzend. Dann würde richterlich einmal mehr festgeschrieben, dass die Frage nach Rechten vom Pass und der Staatsangehörigkeit abhängt.

Entschädigung für traumatisierende Grenzanlagen?

Ein DDR-Bürger, der nach der bundesdeutschen Lesart immer Deutscher war, kann auf Entschädigung klagen, weil ihn allein die Existenz der Grenzanlagen und ihr Drohpotential angeblich traumatisieren. Ein Mensch aus dem Senegal hingegen hat das nicht das Recht, gegen die EU-Grenzsicherung zu klagen. Dabei haben beide Gruppen nur ihr Recht auf Mobilität wahrgenommen, als sie Grenzen überschreiten wollten.

DDR-Flüchtlinge können Anspruch auf besondere Hilfen und Entschädigung haben, wenn ihre Flucht zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig sprach am Mittwoch…

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In Berlin und in anderen EU-Ländern tun Politiker angesichts Trumps rassistischer Äußerungen jetzt so, als wären sie die US-Oppositionsbewegung

Heuchelei in der europäischen Flüchtlingsdiskussion

"Mittlerweile jagen ehemalige Fluchthelfer Migranten im Auftrag der EU; ähnlich wie in Libyen, wo Europa kriminelle Milizen mit der Bewachung der Küste betraut. So wird die Verfolgung illegalisierter Flüchtlinge zu einer Einkommensquelle für diejenigen, die ihnen früher halfen."

In Berlin sind sich bis auf die AfD scheinbar alle Parteien einig, dass der Rassismus eines Donald Trump nicht tragbar ist. Auch Bundeskanzlerin Merkel hat sich in ihrer Sommerpressekonferenz auf Nachfragen ausdrücklich von seinen Tweets distanziert, in denen er vier Politikerinnen vom linken Flügel der Demokratischen Partei dazu aufforderte, in „ihre Herkunftsländer“ zurückzukehren. Nur sind drei von ihnen in den USA geboren, eine kam als Migrantin aus Somalia in die USA.Die Äußerungen von Trump sind zweifellos ein Beispiel, wie Rassismus als Strategie im beginnenden US-Wahlkampf benutzt wird (Trumps Rassismus kommt bei seiner Wählerschaft an [1]). Es gibt für Oppositionelle in den USA allen Grund, dagegen zu mobilisieren. Wenn aber in Berlin und auch in anderen EU-Ländern Politiker jetzt alle so tun, als wären sie die US-Oppositionsbewegung, dann ist das pure Heuchelei. Warum fragt keiner, wo denn….

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Mathias Bröckers: „Don’t kill the Messenger! Freiheit für Julian Assange“, 126 Seiten, Westend Verlag, 2.7.2019, 8,50 Euro, ISBN: 978364892769

Buchtipp: Don’t kill the Messenger!

Eine Entscheidung über den Antrag zur Auslieferung von Julian Assange, den die US-Justizbehörde im Juni an Großbritannien gestellt haben, wird voraussichtlich erst in einigen Monaten fallen. Assange drohen bei einer Verurteilung in allen Anklagepunkten bis zu 175 Jahre Haft. Doch vor allem in Deutschland ist die Solidarität mit dem Wikileaks-Gründer schwach. Jetzt hat der Journalist Mathias Bröckers im Westend-Verlag eine kleine Streitschrift unter dem Titel „Freiheit für Julian Assange“ herausgegeben.

„Assange wird nicht verfolgt, weil er kriminelle Taten begangen hat, sondern weil er solche enthüllt hat – im Irak, in Afghanistan und anderswo“, schreibt Bröckers. Für ihn ist die Verteidigung von Assange eine Frage von Presse- und Meinungsfreiheit. „Er hat mehr getan für die….

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