Kurgarten in Gefahr

BAUEN Wohnbauprojekt statt wilde Natur: Ponte Rosa in Schöneberg soll weichen

Ponte Rosa – der Name verspricht südländisches Flair. „Versteckt und umgeben von alten Bäumen, an den stillgelegten Lokgleisen des alten Gleisdreiecks liegt unser idyllischer Kurgarten“, heißt es auf der Webseite
des Restaurants, das auf dem Areal betrieben wird. Auch Matthias Bauer gerät ins Schwärmen, wenn er davon
spricht, wie hier eine ehemalige Brache wieder zur Natur wurde. Nun schlägt der Betreiber des Gleisdreieck – Blogs Alarm. Denn bald könnte es mit dem Idyll vorbei sein. Das erfuhr Bauer, als er als Bürgerdeputierter für die Linke an der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses von Schöneberg-Tempelhof teilnahm. Dort wurde mitgeteilt, dass der Garten „einem mit dem Stadtentwicklungsamt abgestimmten „Wohnungsbauprojekt“ weichen soll. Das Bauvorhaben wurde von dem Immobilienunternehmen Büro Weißenborn GmbH eingereicht. Bauer beunruhigt dabei ein Satz: „Das Bauvorhaben wird auf der Grundlage des § 34 BauGB planungsrechtlich beurteilt.“ Hier werde mit einem juristischen Trick die Bürgerbeteiligung ausgehebelt, moniert Bauer. Der besagte Paragraf soll dafür sorgen, dass Baulücken ohne aufwendiges Bebauungsplanverfahren geschlossen werden können. Voraussetzung dafür ist, dass sich das Bauvorhaben nach Art und Maß an der Nachbarschaft orientiert.

Baulicher Zusammenhang

Für den Garten Ponte Rosa trifft das nach Ansicht von Bauer aber nicht zu. Auch wenn es auf dem
Areal einzelne Gebäude wie Stellwerke und Lokschuppen gegeben hat, unterbreche das Bahngelände den baulichen Zusammenhang, indem es die Ortsteile Kreuzberg und Schöneberg voneinander trennt. Das ist es, was im Baugesetzbuch im Paragraf 35 „Außenbereich“ genannt wird. Die Frage, ob es sich um einen Innen- oder Außenbereich handelt, ist aber von großer Bedeutung für die weiteren Pläne auf dem Grundstück. „Wenn im Außenbereich gebaut werden soll, müssen die politischen Gremien des Bezirks darüber entscheiden. Ein Bebauungsplanverfahren muss mit Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt und ein ökologischer
Ausgleich geleistet werden“, sagt Bauer. Der Leiter der Abteilung Stadtentwicklung in Schöneberg/Tempelhof begründete seine Klassifizierung des Areals als Innenbereich damit, dass durch die bestehenden Bauten von Supermärkten und der Tankstelle bereits ein Bebauungszusammenhang entstanden sei, der Neubau sich somit
an der Nachbarschaft orientiere. Irritiert war Bauer darüber, dass der politisch verantwortliche Baustadtrat Jan Oltmann(Grüne) dieser Einschätzung nicht widersprochen hat. Gegenüber der taz war Oltmann bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Am 12. Juli soll er auf der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung im Rathaus Schöneberg zu den offenen Fragen zur Zukunft des Gartens
Stellung nehmen. Bereits am Montag, 10. Juli, laden Anwohner um 19 Uhr zum Kiezpalaver ins Ponte Rosa.


DONNERSTAG, 6. JULI 2017,

TAZ.DIE TAGESZEITUNG
PETER NOWAK

Senatorin der Linken gibt Grünes Licht für Nobelprojekt im Friedrichshainer Nordkiez

„… und die Stadt gehört Euch!“ So lautete eine einprägsame Wahlkampfparole der LINKEN zur Abgeordnetenhauswahl. Manche rätselten, wer mit dem Euch wohl gemeint ist. Im Friedrichshainer Nordkiez könnte es die CG-Gruppe sein. Schließlich genehmigte die Senatorin für Bauen und Wohnen Kathrin Lompscher das Carré Sama-Riga in der Rigaerstraße 71-73. Seit über einem Jahr protestieren AnwohnerInnen im Friedrichshainer Nordkiez gegen den Nobelbau der CG-Gruppe, von dem sie eine Aufwertung des Stadtteils, höhere Mieten und die Vertreibung von Menschen mit geringen Einkmmen befürchten. Noch am 3. Mai erinnerten BewohnerInnen des Friedrichshainer Nordkiez Lompscher an die Wahlversprechen ihrer Partei. „Wir fordern Sie auf, die Pläne der CG-Gruppe auf dem Gelände der Rigaer Straße 71-73 abzulehnen und den Weg frei für eine Planung zu machen, die prozessorientiert die Menschen im Kiez mitnimmt und nicht weiter gewachsene Kiezstrukturen zerstört“, heißt es in dem Brief.

Die Senatorin wurde aufgefordert, sich ein Vorbild an den von den Grünen nominierten Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg Florian Schmitt zu nehmen, der auf einer Versammlung im Friedrichshainer Nordkiez am 2.Mai erklärte, dass er seine Unterschrift unter der Baugenehmigung des Carré Sama-Riga verweigert.

Die planungsrechtliche Prüfung habe ergeben, dass die Versagung des Bezirksamts nicht rechtens war, begründete die Stellvertretende Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Petra Rohland gegenüber MieterEcho-Online die Genehmigung ihrer Behörde. „Das Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig. Infolgedessen musste ein positiver Widerspruchsbescheid erteilt werden“, betont Rohland. Dieser Paragraph, der die rechtliche Grundlage für die Genehmigung von Bauvorhaben darstellt, wird von der Aktionsgruppe Rigaer Straße 71-73, in der sich die KritikerInnen des Projekts zusammengeschlossen haben, heftig kritisiert. Damit würden die Rechte der AnwohnerInnen und des Bezirks ausgehebelt, erklärte Gudrun Gut mit Verweis auf die zahlreichen Einwendungen, die gegen das Carré Sama-Riga beim Bezirksamt eingereicht worden waren. Die Senatsverwaltung für Wohnen scheint auch unter Lompscher hingegen kein Problem mit dem Paragraphen zu haben.

„§ 34 BauGB sichert in unbeplanten Innenbereichen, dass sich die geplante Bebauung in die nähere Umgebung einfügen muss und gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben. Eine Abschaffung dieser Vorschrift wäre daher im Hinblick auf die städtebauliche Ordnung nicht zielführend“, verteidigt Rohland den umstrittenen Paragraphen. Diese Begründung muss den kritischen Nachbar/innen wie Hohn vorkommen. Für sie fügt sich ein Nobelprojekt mit einer Miete von bis zu 13 Euro/qm keineswegs gut in eine Umgebung ein, in der viele Menschen mit geringen Einkommen leben und der Verdrängungsdruck gewachsen ist.

Grüne geben sich mieter/innenfreundlich und kritisieren Lompscher

Für die GRÜNEN erweist es sich als Glücksfall, dass eine LINKE nun die Genehmigung für das Projekt geben muss. Daher kann Baustadtrat Schmitt die Genehmigung im Bezirk verweigern, im Wissen darum, dass die CG-Gruppe auf Senatsebene Erfolg hat, egal welches Parteibuch die verantwortlichen Politker/innen haben.

„Der Senat hat der CG Gruppe gegen den Bezirk abgeholfen, den Bauantrag am Freitag vergangener Woche wirksam werden lassen. Es hätte den Senat nichts gekostet, in dieser Sache die Bezirksebene zu stärken und zu sagen: Nein, so wie du das hier einreichst, ist es eben nicht genehmigungsfähig, “ kritisierte die rechtspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Canan Bayram die Entscheidung von Lompscher. Sie bewirbt sich für das Mandat als Direktkandidatin ihrer Partei für den Bundestag, das bisher Ströbele in drei Legislaturperioden verteidigte. Auch in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg ist zwischen LINKEN und GRÜNEN Wahlkampfstimmung ausgebrochen. Im Stadtplanungsausschuss von Friedrichshain-Kreuzberg brachten die GRÜNEN den Text eines Briefes ein, in dem Lompscher aufgefordert wurde, gemeinsam mit den Bezirk eine Strategie die weitere Verdichtung des Friedrichshainer Nordens zu entwickeln.

Proteste gegen Carré Sama-Riga werden fortgesetzt

Während die CG-Gruppe in Briefen an die unmittelbare Nachbarschaft des Projekts den Baubeginn für August ankündigte, setzten die NachbarInnen ihren Widerstand fort. „Jetzt erst recht“, heißt es in einem Aufruf, in dem zur Fortsetzung des zehnmonatigen Scheppern gegen CG aufgerufen wird, das seit Mitte Januar täglich um 19 Uhr an der Rigaer Straße 71-73 stattfindet (MieterEcho Online berichtet). Am 28. Mai wird dort um 13 Uhr ein Kiezspaziergang beginnen, der die AkteurInnen von Mieterhöhungen und Verdrängung im Friedrichshainer Nordkiez thematisieren soll. Die CG-Gruppe ist dabei ein wichtiger Punkt, deshalb soll der Spaziergang dort starten. Die Bezirksgruppe Friedrichshain der Berliner MieterInnengemeinschaft unterstützt den Kiezspaziergang.
aus:

MieterEcho online 15.05.2017
https://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/cg-gruppe-friedrichshain.html

Peter Nowak

Genehmigung für Bauprojekt in der Rigaer Straße

KRITIK: Die Zustimmung von Bausenatorin Katrin Lompscher verstimmt Anwohner und Aktivisten

Seit Monaten protestieren AnwohnerInnen gegen das von der CG-Gruppe geplante Carré Sama-Riga in der igaerstraße 71-73 und die damit einhergehende Aufwertung ihres Kiezes (taz berichtete). Jetzt hat Bausenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) den Bau genehmigt. Zuvor hatte der grüne Baustadtrat Friedrichshain-Kreuzbergs, Florian Schmidt, seine Unterschrift unter die Baugenehmigung verweigert. KritikerInnen des Bauprojekts hatten in einem offenen Brief an Lompscher appelliert, Schmidt zu folgen. Vergebens: Die planungsrechtliche Prüfung
habe ergeben, dass die Versagung des Bezirksamts nicht rechtens gewesen sei, sagte Petra Rohland, stellvertretende Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gegenüber
der taz. „Das Vorhaben ist nach Paragraf 34 Absatz 1 Baugesetzbuch zulässig“, sagte Rohland. „Deswegen musste ein positiver Widerspruchsbescheid erteilt werden.“ Der Paragraf regelt die rechtliche Grundlage für die Genehmigung von Bauvorhaben. Damit würden die Rechte der AnwohnerInnen und des Bezirks ausgehebelt, kritisierte Gud
run Gut von der Aktionsgruppe Nordkiez lebt!. Die Gruppe kritisiert die mangelnde Beteiligung des Bezirks und der AnwohnerInnen. Gut verweist auf die zahlreichen Einwendungen, die gegen das Carré Sama-Riga beim Bezirksamt eingereicht wurden. Auch Canan Bayram, rechtspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, kritisiert Lompschers Entscheidung. „Es hätte den Senat nichts gekostet, in dieser Sache die Bezirksebene zu stärken und
zu sagen: Nein, so wie du das hier einreichst, ist es eben nicht genehmigungsfähig“, sagt sie. Die CG-Gruppe will auf dem
5.100 Quadratmeter großen Gelände 133 Wohnungen mit einer Miete von etwa 13 Euro pro Quadratmeter errichten. Gewerbenutzer sollen integriert werden und Mieten zwischen 8 und 10 Euro zahlen.
aus:
TAZ.DIE TAGESZEITUNG, FREITAG, 12. MAI 2017

Peter Nowak