Bürgen für Flüchtlinge in Finanznot

Widerstand
gegen Zahlungsaufforderung

Der Berliner Apotheker Jonny Neumann wollte dem Syrer Hanna Aljarada helfen. Der studierte Pharmakologe sah sich während des Bürgerkriegs 2015 in seinem Heimatland sowohl von islamistischen Milizen als auch von den Regierungstruppen bedroht. Er wollte das Land verlassen, aber nicht sein Leben auf einen Boot im Mittelmeer erneut in Gefahr bringen. Sein Onkel, der schon lange in Berlin lebt, hatte die rettende Idee.

Aljarada sollte mit einem Studierendenvisum als Gastwissenschaftler zum Promovieren nach Deutschland kommen. Dafür musste jemand versichern, für die Kosten seines Lebensunterhalts aufzukommen – und gegebenenfalls vom Staat gezahlte Mittel zu erstatten. Auf Bitte von Aljaradas Onkel unterschrieb Apotheker Neumann im Juni 2015 die Verpflichtungserklärung, und Aljarada konnte nach Berlin einreisen, wo er Asyl bekam und seine Ausbildung fortsetzt.

Neumann soll nun aber mehr als 14 000 Euro ans Jobcenter zahlen. Damit soll er die Kosten für die Sozialleistungen erstatten, die Aljarada von Juli 2016 bis September 2017 erhalten hat. Doch Neumann wehrt sich und wendet sich an die Öffentlichkeit.

Von solchen Zahlungsaufforderungen sind bundesweit mehrere Tausend Bürgen betroffen. Auch in Wiesbaden haben die meisten von ihnen Widerspruch dagegen eingelegt. Sie verweisen auf falsche oder irreführende Beratung. So sind viele Helfer*innen die Verpflichtungen in dem Glauben eingegangen, dass sie für den Geflüchteten nur bis zur Anerkennung von dessen Asylantrag haften müssen. Doch viele Behörden verschicken Zahlungsaufforderungen auch für später angefallene Kosten. Für viele Bürgen, die auf einen Schuldenberg sitzen, wäre es existenzgefährdend, wenn sie die Rechnungen begleichen müssten. Sie hoffen auf eine politische Lösung.

Darauf drängen auch viele Politiker*innen und Jurist*innen. Sie verweisen darauf, dass es Rechtsunsicherheit für die Bürgen gibt, die vor August 2016 die Verpflichtungen eingegangen sind. Damals wurde per Bundesgesetz klargestellt, dass Bürgen für alle Kosten von Geflüchteten aufkommen müssen, wenn diese nicht selbst für sich sorgen können. Schon seit Monaten wird eine Regelung für die Altfälle gefordert. Zumal die Situation durch unterschiedliche Gerichtsurteile noch unübersichtlicher geworden ist. So gibt es mehrere Urteile, die Bürgen verpflichten, für die Kosten von Geflüchteten auch nach der Anerkennung von deren Asylgesuchen aufzukommen. Andere Richter hingegen wiesen die Forderungen der Behörden ab und entschieden, dass die Staatskasse die Kosten tragen muss.

Peter Nowak