Politik Vorerst kein Neustart von Indymedia

Unterstützer berichten von starker Repression

Die öffentliche Diskussion um die Abschaltung der linken Online-Plattform Indymedia-Linksunten ist weitgehend verstummt. Die Polizeirazzia fand im Nachgang des Hamburger G20-Gipfels am 25. August statt, das von Bundesinnenminister Thomas de Mazière (CDU) angekündigte Verbot erfolgte nach dem Vereinsgesetz – eine umstrittene Maßnahme. MedienaktivistInnen hatten nur wenige Tage nach der Abschaltung noch selbstbewusst einen Neustart angekündigt – diesen wird es vorerst aber wohl »aufgrund der realen Repression« doch nicht geben. Dies erklärte die Autonome Antifa Freiburg in einem kürzlich veröffentlichten Communiqué zum Indymedia-Verbot.

Dort ging sie auch auf die Überwachungsmethoden im Vorfeld der Abschaltung ein: In den Akten der Beschuldigten fänden sich Spitzelberichte des Bundesamtes für Verfassungsschutz von öffentlichen Indymedia-Linksunten-Treffen in den Jahren 2008, 2011 und 2013 in Freiburg und Tübingen. Zudem hätten eine abgefangene SMS und ein abgehörtes Telefon Informationen geliefert. Noch eine Woche nach der Durchsuchung seien die Beschuldigten rund um die Uhr überwacht worden. Auch die Beschlagnahme von Post und Mails habe die Polizei zudem angeordnet. Bei einem Betroffenen hätten die Beamten gar wenige Tage nach der Razzia die Innenverkleidung der Fahrertür geöffnet – möglicherweise zur Platzierung einer Abhöreinrichtung.

Die staatliche Repression war nach der Razzia nicht zu Ende: »Am 1. September beschlagnahmte das LKA weitere IT-Infrastruktur in Freiburg, da die in der ersten Razzia beschlagnahmten Computer ›stark kryptisiert seien‹, heißt es in dem Communiqué. Die Behörden hatten also Probleme, die Verschlüsselung zu knacken. Offen bleibt in der Darstellung, ob die Ermittler durch die zweite Aktion Zugriff auf relevante Daten erlangen konnten.

Zu den am 25. August beschlagnahmten Gegenständen gehört derweil auch ein Datenträger mit zentralen Informationen des Studierendenrats der Freiburger Universität. Nach Angaben eines Sprechers befinden sich auf der Festplatte die Daten aller 25 000 Studierenden der Uni Freiburg in Form von WählerInnenverzeichnissen, die kompletten Personal- und ArbeitnehmerInnendaten der Verfassten Studierendenschaft sowie sämtliche Lohnabrechnungen mit Bankverbindungen. Auch Bilder von universitären Protestaktionen der letzten Jahre seien dort gespeichert. Weil in die Räume der Studierendenvertretung häufig eingebrochen wurde, habe man die Daten in den Räumen eines Mitarbeiters deponiert.

Die Behörde gab den Originaldatenträger wenig später zurück. Allerdings hatte die Polizei zwischenzeitlich eine Kopie mit der Begründung gemacht, sich vor einem möglichen Manipulationsvorwurf schützen zu wollen. Doch auch nach einer Überprüfung wurden die Kopien nicht gelöscht. In einem Schreiben des Regierungspräsidenten an die Verfasste Studierendenschaft wird erklärt, dass noch überprüft werden müsse, ob sich auf den Datenträgern Bezüge zu Indymedia befinden.

Jetzt klagt die Verfasste Studierendenschaft auf die Rückgabe ihrer Daten. Sie hofft, dass die Verschlüsselung hält, bis die Gerichte über den Fall entschieden haben. Juristisch vertreten werden die StudentInnen von dem Anwalt Udo Kauß, der die Datensammelwurt gegenüber Medien kritisiert: »Das ist eine Fahndung ins Blaue hinein. Die Sicherheitsbehörden spekulieren offenbar darauf, dass sich Irgendetwas Interessantes wohl schon finde werde.«

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1069981.vorerst-kein-neustart-von-indymedia.html

Von Peter Nowak nd 14.11.17