Wann wird es erste Bündnisse zwischen AfD und Union geben?

Auswirkungen der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern: Auf der rechten Seite erkennt man Schnittmengen, links hält man an Illusionen fest

„Ich hoffe Merkel wird bald verschwinden und nimmt ihre Flüchtlinge mit.“  Solche Statements hat man in den letzten  Monaten zur Genüge in den sozialen Netzwerken und auf PI-News gehört. Dass ein solcher Satz zur besten Sendezeit über den Deutschlandfunk zu hören war, ist doch etwas überraschend. Schließlich wird dort genau ausgewählt, wer zu Wort kommt und wer nicht. Und die Frau, die sich  so wie oben beschrieben äußerte, wurde auch nicht live in die Sendung geschaltet. Sie hat ihr Statement vorab telefonisch auf Band mitgeteilt.

Dann gab es einen Hörer, der die AfD als Quittung für die antideutsche Politik der letzten Jahre bezeichnete. Schon die Fragestellung des Senders dürfte sehr zur Zufriedenheit aller Rechten ausgefallen sein. Wahlerfolg der AfD – die Folge von Merkels Flüchtlingspolitik?[1], lautete das Diskussionsthema, zu dem der niedersächsische AfD-Landesvorsitzende Armin-Paul Hampel, Mike Möhring von der CDU Thüringen und Martina Renner von der Linkspartei geladen waren. Möhring und Hampel spielten sich praktisch die Bälle zu und wetteiferten darum, wer deutsche Interessenpolitik besser vertreten kann.

Der CDU- und der AfD-Vertreter waren sich darin einig, dass Flüchtlinge ein Problem sind, dass die Ängste der deutschen Bevölkerung keineswegs als Rassismus bezeichnet werden können und dass die Zeit für linke und grüne Politikmodelle vorüber ist. Würde man diese Diskussion zum Gradmesser nehmen, dürfte eine Kooperation zwischen Teilen der Union und der AfD nur noch eine Frage der Zeit sein.

Nun hat ja der CDU-Politiker Möhring in Thüringen zur Verhinderung eines Ministerpräsidenten Ramelow von der Linken durchaus eine Kooperation mit der AfD in Erwägung gezogen. Es gab auch Verhandlungen mit Björn Höcke, bei denen sogar schon Ministerposten im Gespräch gewesen sein sollen. Die Kooperation scheiterte einmal daran, dass die thüringische AfD, das schnelle Ende der Schill-Partei in Hamburg vor Augen, gar nicht auf das Mitregieren erpicht war und dass der Führung der CDU eine solche Kooperation zu dem damaligen Zeitpunkt unpassend erschien.

Diese Positionierung war aus Sicht der Union vernünftig. Schließlich besteht ihr erstes Interesse darin, eine Partei rechts von ihr gar nicht erst entstehen zu lassen. Doch was ist, wenn sie sich sogar etabliert? Da mögen jetzt führende Unionspolitiker unisono betonen, die AfD sei kein Bündnispartner, so muss man immer ein „einstweilig“ dazu denken.

Frage des Machterhalts

Bereits 2014 haben Unionspolitiker aus der zweiten Reihe von Schnittmengen zwischen beiden Parteien gesprochen und sich für eine Kooperation ausgesprochen[2]. Nach dem, mit der Entmachtung des Lucke-Flügels verbundenen, Rechtsruck innerhalb der AfD war es zunächst ruhig um solche Kooperationen geworden.

Doch je mehr die AfD an Stimmen gewinnt und je mehr sich abzeichnet, dass es womöglich kein kurzlebiges Projekt ist, das in vier Jahren wieder verschwunden ist, desto zahlreicher werden in der Union die Stimmen derjenigen werden, die schon aus Fragen des Machterhalts eine Kooperation mit der AfD nicht mehr ausschließen wollen.

Mit dem Ex-CDU-Wahlkampfmanager und Berliner Senator Peter Radunski hat sich erst vor wenigen Tagen ein weiterer Konservativer aus der zweiten Reihe für eine Koalition mit der AfD ausgesprochen[3]. „Die alte Hoffnung trügt, dass die AfD wieder von allein verschwindet“, sagte Radunski. Er machte auch deutlich, dass er längerfristig denkt und nach der Abgeordnetenhauswahl in Berlin am 18.September nicht gleich eine Kooperation mit der AfD für möglich hält. Es geht bei solchen Äußerungen um Lockerungsübungen, die das Tabuisierte denkbar machen sollen.

Am Anfang werden viele vehement widersprechen, doch bald werden erste prominente Befürworter einer Kooperation zwischen den beiden rechten Parteien auftreten, die damit argumentieren werden, dass schließlich die SPD auch ihr anfängliches Kooperationsverbot mit der PDS bzw. Linkspartei  aufgegeben hat. An diesem Punkt können dann auch vermeintlich moderne Unionspolitiker wie der Generalsekretär Peter Tauber mitgehen. Der lehnt aktuell noch eine Kooperation mit der AfD ab und betont sofort, dass er auch aus Prinzip keine Kooperation mit der Linken will.

Da das aber auch keine realistische Perspektive für die Partei ist, könnte die Gleichsetzung von AfD und Linkspartei dazu führen, dass auch Tauber seine Berührungsängste zur AfD aufgibt. Denn, wie eben die SPD mit der Linken eine besondere Koalitionsoption habe, gelte das dann für das Verhältnis zwischen Union und AfD ebenso, könnte dann argumentiert werden.

Dass die Befürworter einer Kooperation mit der AfD in der Union sich noch zurückhalten, liegt an der Unsicherheit über die Perspektive der rechten Newcomer. Von einer Spaltung mit anschließendem Fall in die Bedeutungslosigkeit bis zur Etablierung als neue Partei rechts von Union sind die Möglichkeiten groß.  Bevor es zu formalen Kooperationen kommt, können die Gemeinsamkeiten und Schnittmengen schon mal festgestellt werden – so wie beim Talk im Deutschlandfunk.

Die „Restlinke“

Wenn in einer solchen Situation der „Restlinken“ von der Taz geraten wurde, auf lieb gewonnene Abgrenzungen zu verzichten und sich einem pro-europäischen bürgerlichen Lager zur Verteidigung Merkels und ihrer Flüchtlingspolitik zusammen zu schließen, so würde das Befolgen dieses Ratschlags dazu führen, daß die Niederlage der Linken besiegelt würde.

Im Gegenteil müsste eine Linke dann einen eigenen wahrnehmbaren Pool bilden, der sich weder von den alten und neuen Rechten noch von den modernen Neoliberalen vereinnahmen lässt. Er sollte die Menschen, die im wahrsten Sinne abgehängt von der Gesellschaft, sind zu ihrer Zielgruppe machen. Es gibt natürlich keine Garantie, dass diese Strategie Erfolg hat.

Als Feigenblatt im Bündnis mit modernen Wirtschaftsliberalen wird die Restlinke aber mit Sicherheit scheitern. Spätestens, wenn sich die Befürworter eines Bündnisses mit der AfD in der Union aus Deckung wagen, wird man erkennen, welche Illusionen viele Linke noch immer über Parlamentarismus und Realpolitik haben.

http://www.heise.de/tp/artikel/49/49339/1.html

Peter Nowak

Anhang

Links

[1]

http://www.deutschlandfunk.de/wahlerfolg-fuer-die-afd-die-folge-von-merkels.1784.de.html?dram:article_id=364951

[2]

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/alternative-fuer-deutschland-unionspolitiker-will-koalition-mit-afd-a-971616.htm

[3]

http://www.tagesspiegel.de/berlin/vor-der-berlin-wahl-cdu-stratege-radunski-raet-zu-koalitionen-mit-der-afd/14482032.html


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