„Wir haben uns immer als MieterInnen verstanden“

Nach zweiwöchiger Polizeibelagerung der BewohnerInnen der Rigaer Straße 94  wurde die  Räumung von mehreren Räumen in dem Haus vom Gericht für rechtswidrig erklärt. Darauf wurde die Polizeibelagerung beendet. Peter Nowak sprach mit einem Hausbewohner, der nicht namentlich genannt werden will:

Frage: Haben Sie mit dem juristischen Erfolg gerechnet?
B.: Nein, wir waren alle überrascht. Wir dachten, dass die Politik die Aktionen gegen uns weiter durchzieht.

Frage. Man könnte also von einem Erfolg des Rechtsstaates sprechen?
B.: Es war vor allem ein Erfolg der HausbewohnerInnen und der vielen NachbarInnen, die vehement ein Ende der Absperrungen und einen Rückzug der Polizei gefordert haben. Noch einen Tag vor dem Gerichtsbeschluss haben sie diese Forderungen auf einer Pressekonferenz vertreten. Mit der Gerichtsentscheidung wurde auf diese Stimmung reagiert. Die Politik und besonders Innensenator Henkel waren dazu nicht in der Lage.

Frage: Oft wird auch von UnterstützerInnen der Rigaer Straße 94 von einen besetzten Haus gesprochen. Warum definieren Sie sich nicht als MieterInnen, die sich gegen Vertreibungsversuche durch die Eigentümer wehren?
B.: Tatsächlich  ist die überwiegende Mehrheit der BewohnerInnen im Besitz von  Mietverträgen  Sie haben sich auch immer als MieterInnen verstanden. Das zeigt sich auch daran, dass mehrere BewohnerInnen Mitglieder der Berliner  Mietergemeinschaft sind. Wir haben mit unserer erfolgreichen Klage gegen die Teilräumung auch deutlich gemacht, dass wir unsere Rechte verteidigen, ohne uns deshalb auf die Justiz zu verlassen.

Frage: Könnte ein solches Verständnis als rebellische MieterInnen auch die Zusammenarbeit mit den NachbarInnen fördern, die in Häusern wohnten, die nie besetzt waren?

B.: Wir haben uns seit Jahren bemüht, mit den  NacbbarInnen gemeinsam für einen solidarischen Kiez zu kämpfen. Dabei haben wir nie einen Unterschied zwischen BewohnerInnen von besetzten und nicht besetzten Häusern gemacht. Es ging uns darum, mit allen Menschen zusammen zu arbeiten, die sich solidarisch wehren.  Deswegen gab es auch de große Solidarität sowohl bei der Belagerung des Hauses im Januar 2016 als auch jetzt. Auch die von uns mit organisierten Kieztreffen haben noch einmal deutlich  gemacht, dass wir hier im Stadtteil nicht isoliert sind. Das ist unser größter Erfolg.

Frage: Wie soll es nach dem juristischen Erfolg jetzt mit der Nachharschaftsarbeit weitergehen?
B,; Nein, wie bisher natürlich nicht. Die Proteste gegen das Carré Sama Riga  wurden von den BewohnerInnen gemeinsam organisiert. Die Bewohner/innen haben sich in den letzten Monaten besser kennen gelernt und akzeptieren, dass es unterschiedliche politische Erfahrungen gibt.

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/riager-str-interview.html

MieterEcho online 18.07.2016

Interview: Peter Nowak