Von Norwegen bis Ungarn

Rechtspopulisten sind in Europa auf dem Vormarsch und gefährden unsere Demokratie

Die ultrarechte FPÖ verdoppelte am 27. September 2015 bei den Landtagswahlen in Oberösterreich ihr Stimmergebnis, In Frankreich gelingt es dem Front National trotz interner Streitigkeiten, weitgehend die politische Agenda zu bestimmen. Auch in den skandinavischen Ländern Norwegen, Finnland und Schweden verzeichnen ul-trarechte Parteien Stimmenzuwachs und nehmen Einfluss auf die Innenpolitik. Der ungarische Ministerpräsident will mit seiner Abschottungspolitik gegen Flüchtlinge Vorbild für die europäische Rechte sein.

Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung ist es erfreulich, wenn Politikwissenschaftler und Journalisten sich ernsthaft mit der Strategie und Taktik rechter Parteien befassen wie in diesem Buch, das der Leiter des Referats Internationale Politikanalyse der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung Ernst Hillebrand herausgab. Auch der größte Teil der knapp 20 Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen europäischen Ländern gehört dem sozialdemokratischen Spektrum an.

Im ersten Teil werden rechtspopulistische Bewegungen aus zehn Ländern kurz vorgestellt, darunter neben dem Front National und der FPÖ auch weniger bekannte wie die einflussreiche Dänische Volkspartei (DF), die aus einer Abspaltung der Freiheitspartei hervorging, eine der ersten rechtspopulistischen Parteien in Europa, sowie die Schweizer Volkspartei (SVP), die sich um eine Gratwanderung zwischen Nationalkonservatismus, Rechtspopulismus und knallharter neoliberaler Politik bemüht. Interessant ist der Blick auf den osteuropäischen Rechtspopulismus. So versucht in Tschechien Andrej Babis mit seiner Aktion Unzufriedener Bürger (ANO) das langjährige Erfolgsrezept von Silvio Berlusconi in Italien zu kopieren. Ausführlich wird auf das Zusammenspiel zwischen den regierenden Rechtspopulisten und den oppositionellen Neonazis in Ungarn eingegangen. In Polen könnte nach den nächsten Wahlen ebenfalls eine rechtspopulistische Partei den Ton angeben, wird gewarnt.

Im zweiten Teil des Buches geht es um die politische Bewertung des europäischen Rechtspopulismus. Der Publizist Christoph Guilluy betont, dass der Front National in Frankreich von vielen Arbeitern gewählt werde, obwohl deren Wirtschaftspolitik auf der Linie von Ronald Reagan und Margaret Thatcher liegt. Dies bestätigt die Einschätzung des Herausgebers im Vorwort: »Der Abfluss von aus einfachen Verhältnissen stammenden Wählern zu den Rechtspopulisten droht die Machtperspektive für die linke Mitte dauerhaft zu schwächen. Für die konservativen Parteien – dies zeigt eine Vielzahl von rechten Koalitionsregierungen unter Einschluss oder Duldung von Rechtspopulisten, von Österreich über die Niederlande bis Dänemark – eröffnen sich dagegen neue Koalitionsperspektiven.«

Ein wichtiges Buch, das jedoch leider mitunter die verstaubte Theorie von den Extremen rechts wie links wieder ausgräbt.

Ernst Hillebrand (Hg.): Rechtspopulismus in Europa. Gefahr für die Demokratie?

J.H.W. Dietz. 192 S., br., 16,90 €.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/987507.von-norwegen-bis-ungarn.html

Peter Nowak