»Winterpause der Mieterbewegung ist beendet«

Aktivisten und Initiativen wollen wieder regelmäßig Demonstrationen durchführen

Am Wochenende demonstrierten in Neukölln der Verein Allmende gegen seine Räumung und Mieter gegen die Umwandlung ihrer Wohnungen in Eigentum.

»Mieterhöhung – is’ nicht«, »Luxussanierung – nicht mit uns«. Diese Parolen waren am Samstagnachmittag im Stadtteil Neukölln zu hören. »Mit dem heutigen Tag ist die Winterpause der Berliner Mieterbewegung beendet«, erklärte eine Rednerin. Im letzten Jahr hatte vor allem die Kreuzberger Mieterinitiative »Kotti und Co«. regelmäßig Mieterdemonstrationen organisiert. Die letzte fand im Dezember 2014 statt. Am Samstag meldete sich nun die Berliner Mieterbewegung auch wieder mit alter Kraft auf der Straße zurück.

Nicht nur die Demoteilnehmer auch viele Passanten, die am Straßenrand standen, stimmten spontan mit ein. Aus den Fenstern der umliegenden Häuser wurde gewinkt. Auf der Route reihten sich Anwohner in die Demonstration ein.

Auf einer Zwischenkundgebung berichteten Mitarbeiter des migrationspolitischen Vereins Allmende e.V., dass sich für den 27. März der Gerichtsvollzieher angekündigt hat. Bis zu diesem Tag soll der Verein seine langjährigen Räume am Kottbuser Damm besenrein übergeben. Der Eigentümer hat den Verein gekündigt und ist vor Gericht bestätigt worden. Eine Sprecherin des Vereins betonte, dass man die Räume nicht freiwillig verlassen wird und es auf eine Zwangsräumung ankommen lässt. Mittlerweile haben fast 70 Berliner Initiativen einen Aufruf unterschrieben, in dem sie Allmende unterstützen. Auch die Mieter der Hobrechtstraße 40 in Neukölln fürchten, aus ihren Wohnungen vertrieben zu werden. Auf der Demonstration berichtete ein Mieter von Versuchen der Immobilienfirma Real Estate, die Mietwohnungen möglichst schnell in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Mittlerweile haben die Bewohner Kontakt zu Mietern in der Wildenbruchstraße 6 und der Weserstraße 59 aufgenommen, die den gleichen Hausbesitzer und die gleichen Probleme haben. In der Neuköllner Friedelstraße wurden die Demonstranten von zahlreichen Transparenten begrüßt, in denen die Luxusmodernisierung abgelehnt und Solidarität mit der Friedelstraße 54 gefordert wird. Die Mieter dieses Hauses wehren sich gegen eine angekündigt energetische Sanierung, weil sie befürchten, hinterher die Miete nicht mehr bezahlen zu können. »In dem Haus wohnen Menschen mit einer niedrigen Rente oder geringen Einkommen. Wir wehren uns gemeinsam und lassen niemand alleine«, erklärte eine Mieterin. »Sicher nichts für schwache Nerven!«, wird die Immobilie Friedelstraße 54 auf der Homepage der Citec Immobilen AG, die das Haus im letzten Jahr kaufte, bei Interessenten von Eigentumswohnungen angepriesen. Die aktiven Mieter könnten dem Spruch nun eine ganz neue Bedeutung geben.

Neues Deutschland: Berlin-Ausgabe vom Montag, 16. März 2015, Seite 12

Von Peter Nowak