Brandstifter und Biedermänner

In mehreren Berliner Stadtteilen finden seit Wochen Demonstrationen gegen Flüchtlingsunterkünfte statt. Neben Angehörigen  der rechten Szene, die die Infrastruktur stellen, beteiligen sich daran auch Anwohner.

Am Montagabend marschierten rund 200 Menschen durch den Stadtteil Buch im Norden Berlins. Fast zeitgleich beteiligten sich an dem Tag nach Veranstalterangaben über 1000, Polizeiangaben zufolge 700, Personen an  einer mehrstündigen Demonstration durch den Berliner Stadtbezirk Marzahn gegen ein dort geplantes Containerdorf für Flüchtlinge. Unter den Demonstrierenden befanden sich der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke und Angehörige von Kameradschaften.  Statt Partei- beziehungsweise Organisationsbannern waren Deutschlandfahnen in allen  Größen sowie das Berliner Wappen zu sehen. An der Spitze trugen Rechtsextremisten ein Transparent mit dem Motto „Wache auf! Handeln statt klagen“. Gleich  dahinter wurde ein Transparent mit der Parole „Wir haben die Schnauze  voll“ mitgeführt. Dieser Spruch wurde auch häufig skandiert.Mit  gezielten Ansprachen an die Bewohner der Häuserblocks in Marzahn, an denen die Demonstration dicht vorbei zog, warben Redner für die Ziele des Aufzugs.  So versuchte ein älterer Mann die Menschen, die auf ihren Balkonen standen, über Megaphon  zur Teilnahme zu bewegen. „Wir sind keine Krawallmacher, sondern anständige Bürger“, rief er immer wieder. „Auch Sie werden durch die Parteien ausgebeutet, verarmen im Alter und müssen vielleicht Flaschen sammeln“, appellierte er an die Zuschauer. Vereinzelt stießen solche Ansprachen auf Zustimmung. Die Organisatoren sprachen von einem großen Erfolg, weil sich von Montag zu Montag die Teilnehmerzahl erhöht habe.

„Wir wollen keine Asylantenheime“

Im hinteren Teil des Demonstrationszugs trugen Teilnehmer Schilder mit der Aufschrift „Wir sind keine Nazis“. Damit wollten sie sich allerdings  nicht von  ihren rechten Mitdemonstranten  distanzieren, sondern von der Medienberichterstattung, die die Teilnahme  der Neonazis thematisierte. Immer wieder wurde Lügenpresse, Lügenpresse“ skandiert. „Warum sprecht ihr immer von Nazis, wenn Ihr irgendwo stolze und freie Deutsche trefft?“, hieß es auf dem Plakat eines Marschierers. Die Hauptparole lautete allerdings „Wir wollen keine Asylantenheime“. Immer mal wieder riefen Jungrechte statt dessen „Asylantenschweine“, wurden aber von Ordnern freundlich auf die korrekte Formulierung hingewiesen.

Manchem Demonstranten wurde auf dem langen Zug auch  etwas langweilig. Während im hinteren Teil einige ältere Deutschlandfahnen-Träger über die letzte „pro Deutschland“-Kundgebung  fachsimpelten, vermissten einige junge Rechtsextremisten „ein Paar Zecken, die wir aufmischen können“. Die  rund 400  Gegendemonstranten  waren von der Polizei in einen anderen Teil von Marzahn geleitet worden. Zum Abschluss brachte das rechtsextreme Rapduo „A3stus“ noch pathetische Lieder über Deutsche, die angeblich von Ausländern ermordet werden, zu Gehör.

Bereits am kommenden Samstag ist der nächste Aufmarsch gegen die Flüchtlingsunterkunft in Marzahn geplant, der um 13.00 Uhr beginnen soll. Die Mobilisierung in rechten Kreisen hat bereits begonnen.

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Peter Nowak