Altes Feindbild USA

Links

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http://german.irib.ir/analysen/beitraege/item/225513-fidel-castro-die-usa-und-ihre-verb%C3%BCndeten-bereiten-einen-genozid-an-den-arabischen-v%C3%B6lkern-vor

[2]

http://www.adoptrevolution.org/liveblog-damaskus/

[3]

http://www.heise.de/tp/blogs/8/154881

[4]

http://www.heise.de/tp/artikel/39/39824/1.html

[5]

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/syrien-bnd-faengt-beleg-fuer-giftgaseinsatz-durch-assad-regime-ab-a-919965.html

[6]

http://www.heise.de/tp/artikel/18/18224/1.html

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Kommentar auf diesen Beitrag in der jungen Welt vom 7.9.2013:

http://www.jungewelt.de/2013/09-07/003.php

7.09.2013 / Wochenendbeilage / Seite 3 (Beilage)Inhalt

Der Schwarze Kanal: Imperialismusapologie

Von Werner Pirker

Antiamerikanische Verschwörungstheoretiker hätten wieder einmal Hochkonjunktur, klagt Peter Nowak in einem Beitrag für das Internetportal Telepolis. Er wird doch nicht etwa eine antiamerikanische Verschwörung vermuten? »In der letzten Woche hatten die Restbestände der deutschen Friedensbewegung ihr altes Feindbild USA wieder poliert«, empört sich der Mann, der einst unzählige Friedensdemonstrationen mit seinen Energiebällchen belieferte, was auch der Grund dafür sein mag, daß es nur noch Restbestände der Friedensbewegung gibt. Daß die Obama-Administration gerade dabei ist, einen weiteren Krieg zu entfesseln, kann einen Nowak nicht erschüttern. Äußerst erzürnt reagiert er hingegen auf die Antikriegsproteste. »Wie immer bei solchen Anlässen, kannte das US-Bashing keine Grenzen«, schreibt er.

Die reine Hysterie, befindet der Telepolis-Autor. »Die Propheten des großen Blutbads und des sich ausbreitenden Flächenbrands im Nahen Osten«, schreibt er, »waren wieder in ihrem Element. Merkwürdigerweise sahen sie diese schwarzen Visionen erst dann gegeben, wenn die USA und andere NATO-Mächte eingreifen. Daß der syrische Bürgerkrieg ein solches Blutbad schon längst produziert und daß er auch die Nachbarländer wie Libanon destabilisiert, wird dabei von denen gerne ausgeblendet, für die ein Konflikt erst dann zum großen Problem wird, wenn die USA eingreifen.« Damit ergreift Nowak die Position »humanitärer Interventionisten« – nicht direkt, sondern von hinten rum, wie das so seine Art ist. Um das Blutvergießen in Syrien zu stoppen, müßten die USA und ihre NATO-Partner die Bürde des weißen Mannes auf sich nehmen und militärisch eingreifen, lautet der Klartext. Die durchaus realistische Annahme, daß dies ein noch viel größeres Blutbad und einen Flächenbrand im Nahen Osten auslösen könnte, erscheint dem Autor als wahnhafte Weltuntergangsprophezeiung paranoider Amerikafeinde.

Die entscheidende Frage, warum der syrische Konflikt ein solches Gewaltpotential in sich trägt, blendet Nowak gerne aus. Denn nicht erst mit dem Anlaufen offener Kriegsvorbereitungen der USA und ihrer Willigen ist der Konflikt zum großen Problem geworden, wie er das der Friedensbewegung unterstellt. Der Westen und die arabische Reaktion waren vom Anfang an mehr oder weniger verdeckte Teilnehmer am syrischen »Bürgerkrieg«. Erst als die bewaffneten Oppositionsbanden trotz der ihnen zu Teil gewordenen massiven militärischen und politischen Unterstützung immer mehr in die Defensive gerieten, wurde ein direktes militärisches Eingreifen des Westens auf die Tagesordnung gesetzt. Daß Obama es nach dem Londoner Parlamentsvotum gegen eine britische Kriegsbeteiligung etwas langsamer angehen wollte und die Kriegsfrage dem US-Kongreß zur Entscheidung vorlegte, weiß der Autor als »Bruch mit den autoritären Vorstellungen der Bush-Ära« zu würdigen.

Doch es ist kein demokratischer Impuls, den die Obama-Administration folgt, sondern schlicht die Tatsache, daß sie nicht alleine die Verantwortung für einen Krieg mit unabsehbaren Folgen übernehmen will. Dabei geht es vor allem um die Herstellung eines Konsenses unter den Eliten. Der Krieg soll von Demokraten und Republikanern gemeinsam getragen werden und damit »demokratisch« legitimiert erscheinen. Im Umkehrschluß bedeutet das die Delegitimierung demokratischen Widerstandes gegen die Kriegspolitik. Ein neuer nationaler Schulterschluß ist gefordert, der sich angesichts der wachsenden Kriegsskepsis in der US-amerikanischen Bevölkerung freilich nur noch schwer herstellen lassen wird.

Über die Legitimität eines von den USA und Co. entfesselten Angriffskrieges kann indessen nicht ein Mehrheitsvotum im US-Kongreß entscheiden. Einzig der UN-Sicherheitsrat ist dazu befugt, eine Militärintervention zu legitimieren, was freilich immer noch nicht bedeutet, daß sie auch wirklich legitim ist. Gegenwärtig sorgen Rußland und China dafür, daß ein illegitimer Krieg im Sicherheitsrat nicht für legitim erklärt wird.

Nowak wäre nicht Nowak, würde er sich, wie die als »Antideutsche« auftretenden deutschen Neocons, zu einer offenen Befürwortung imperialistischer Kriege hinreißen lassen. Er zieht es vor, seine Schleimspuren im Vorfeld des antideutschen Wahns zu hinterlassen. Im Ton nicht ganz so kriegstreiberisch, ist seine Absicht die gleiche: Die Diskreditierung der Friedens- und antiimperialistischen Bewegung als notorische Amerika-Hasser und damit die Nutzung des Feindbildes »Antiamerikanismus« als Projektionsfläche einer neuen Imperialismusapologie.


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