Vierspurig durch ein Naturschutzgebiet

In Leipzig wird um den Bau der B 87n gestritten

Wenn es nach der sächsischen Landesregierung geht, soll mitten durch ein Naturschutzgebiet bei Leipzig eine vierspurige Bundesstraße gebaut werden. Dagegen gibt es Proteste vor Ort, aber es gibt auch Zustimmung.

Autobahnlärm erfüllte die Leipziger Innenstadt am vergangenen Freitagnachmittag. Dazwischen konnte man, aber nur wenn man sich anstrengte, das wesentlich leisere Zwitschern von Vögeln und Insekten hören. Diese Klangkulisse stammte aus fahrbaren Lautsprechern, die auf Schubkarren aufgestellt waren. Auch eine 25 Meter lange Straße war auf dem Platz ausgerollt worden. Mit dieser Aktion wollten die Umweltschützer die Folgen verdeutlichen, wenn die vorliegenden Pläne für die Route der neuen Bundesstraße 87 umgesetzt würden. Die Straße soll nach dem Willen ihrer Planer durch das Naturschutzgebiet der Parthenaue und das Landschaftsschutzgebiet Taucha-Eilenburg bei Leipzig führen. Im Leipziger Umland stößt die von der Politik favorisierte Südvariante des Straßenverlaufs bei Naturschutzverbänden und Bewohnern auf heftigere Kritik, weil dadurch Naturschutzgebiete besonders tangiert werden. Sie befürchten, dass dort dann genau der Geräuschkulisse zu hören sein wird, die in der Leipziger Innenstadt mit einem Knopfdruck abgestellt werden konnte. Das Brummen der Motoren setzt sich gegenüber der Natur durch. Diese Aussichten mobilisiert Bewohner der betroffenen Gebiete ebenso wie Aktivisten von Umwelt- und Ökologieverbänden. Die Kooperation wurde auf einem viertägigen Aktionscamp in Sehlis unter dem Titel „Mach Dich vom Acker“ deutlich, das am vergangenen Montag zu Ende ging. Die Geräuschaktion in Leipzig war eine der zahlreichen öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten aus dem Camp.
Zu den Unterstützern des Camps gehörten neben verschiedenen lokalen Initiativen wie den Autobahnstammtisch Sehlis und der NABU-Regionalgruppe Partheland auch der Ökolöwe Umweltbund, der Regionalgruppe von BUND und Robin Wood aus Leipzig. Michael Götze vom Aktionsbündnis gegen die Bundesstraße 87n sieht die Kooperation der von der Route betroffenen Anwohnern mit Initiativen aus den größeren Städten als großen Erfolg des Camps. „Damit wurde ein klares Zeichen nach Dresden gesendet, dass eine Straße durch die Parthenaue nicht so leicht durchzusetzen sein wird.“ Schließlich habe man auf dem Camp verabredet, dass die Kooperation dauerhaft sein soll. „Beim Abschlussplenum des Camps haben die Initiativen aus den Städten deutlich gemacht, dass das Aktionsbündnis auf sie zählen kann, wenn ihre Hilfe gebraucht wird“, so Götze.
Neben Baumpflanzaktionen an der geplanten Route der B 87 wollen die Kritiker in der nächsten Zeit verstärkt das Gespräch mit den Anwohnern in der Region sorgen, die sich vom Bau der Straße Vorteile versprechen. Dazu gehören die Bewohner von Taucha, die sich von de neuen Bundesstraße eine Entlastung vom aktuellen Durchgangsverkehr erhoffen. Pendler aus Torgau wiederum hoffen, dass Fahrzeit nach Leipzig durch die Straße verringert wird. Die Gegner der aktuellen Planungen wollen in den Gesprächen die von den regionalen Initiativen ausgearbeitete Alternativroute vorstellen, die auch die Anliegen der Bewohner von Taucha und Torgau berücksichtigt, betont Götze. Zudem wirft er die Politik vor, Bewohner der verschiedenen Regionen gegeneinander ausspielen zu wollen. So würden die Anwohner von Hohenossig nördlich von Taucha bezüglich des Baus einer
Umgehungsstraße mit dem Verweis auf den Bau der B87n, der erst
geklärt werden müsse, hingehalten. In der Alternativvariante sei diese Umgehung hingegen mitberücksichtigt.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/826974.vierspurig-durch-ein-naturschutzgebiet.html

Peter Nowak


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