Deutschlands Waffenexporte boomen – wo bleibt die Friedensbewegung?

Das Komitee für Grundrechte gibt sich empört sich empört. „Die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung wird immer skandalöser“, erklärt .Pressesprecher Martin Singe in der aktuellen Pressemitteilung.

Tatsächlich hat die Bundesregierung die Rüstungsexporte massiv ausgeweitet. Innerhalb kurzer Zeit wurde bekannt, dass der geheim tagende Bundessicherheitsrat bereits im Juli 2011 dem Export von 270 Leopard II-Panzern nach Saudi-Arabien zugestimmt hat. Nun soll Katar 200 Leopard-Panzer erhalten. Der Nahe Osten wird also mit deutscher Hilfe massiv aufgerüstet. Beide Staaten sind auch in den syrischen Bürgerkrieg involviert und vor allem Saudi Arabien hat es schon geschafft, der zivilen Demokratiebewegung gegen ein autoritäres Regime eine militärische Logik aufzuzwingen.

Dass dabei Demokratiebelange keine Rolle spielen, wird am Beispiel dieses Staates besonders deutlich. Innenpolitisch stellt das islamische Regime in Riad sogar noch den Iran in punkto Frauenfeindlichkeit und Verfolgung von gesellschaftlichen und religiösen Minderheiten in den Schatten und auch in ihrer Feindschaft gegen Israel lässt sich das saudische Regime wohl nicht vom Iran übertreffen. Trotzdem ist es seit mehr als 20 Jahren Bündnispartner des Westens. Schon beim zweiten Golfkrieg 1990 war es im Kampf gegen das Regime von Saddam-Hussein mit anderen nicht minder reaktionären Staaten im arabischen Raum involviert. Wie wichtig der Koalition der Willigen diese Kooperation war, zeigte sich daran, dass die USA Israel klargemacht haben, dass es sich nicht gegen die Angriffe des irakischen Regimes mit Scud-Raketen wehren durfte. Denn dass hätten die beteiligten arabischen Regime als Affront betrachtet.

Als im zweiten Anlauf schließlich das irakische Regime gestürzt war, wurde die saudische Partnerschaft umso bedeutender. Denn nun hatte der Iran einen enormen Machtzuwachs in der Region erfahren und wieder war Saudi-Arabien an vorderster Front zur Stelle, um nun den diese Macht einzudämmen. Wenn nun in solche Länder deutsche Waffen geliefert zu werden, wird eindeutig der zumindest offiziell hochgehaltene Grundsatz aufgegeben, Waffen nicht in Spannungsgebiete zu liefern. Eine solche Entwicklung kann nur überraschen, wer Politik mit Moral verwechselt.

Hoffnung auf die deutsche Friedensbewegung?

Wenn Singe nun schreibt, dass die Friedensbewegung gefordert sei, muss man zunächst fragen, wem er damit meint. Soll Günther Grass wieder ein Gedicht schreiben oder die Ostermarschierer sich moralisch empören? Ein großer Teil dieses Spektrums hat nach dem Ende der Ost-West-Spaltung ihr politisches Koordinatensystem verloren und nur die Wahl eines republikanischen Präsidenten in den USA könnte es wieder etwas ins Lot bringen.

Mit der Beschäftigung der deutschen Machtpolitik tat sich die westdeutsche Friedensbewegung schon in den 1980er Jahren schwer, als es Deutschland primär als potentielles Opfer der Großmächte gesehen hat. Allerdings haben sich in der letzten Zeit jenseits dieser Friedensbewegung Bündnisse gegen die Militarisierung der Politik entwickelt, die auch mediales Aufmerksamkeit erlangt haben. An erster Stelle sei hier das Zentrum für politische Schönheit genannt, das mit nicht unumstrittenen künstlerischen Mitteln agiert. Das Zentrum ist auch Teil der Aktion aufschrei, das in den nächsten Wochen bundesweit gegen den Waffenhandel agieren will. Mit dem Bündnis [Krieg beginnt hier http://warstartshere.de/] wollen sich auch Gruppen der radikalen Linken eine antimilitaristische Praxis erarbeiten . und haben es bereits in dem vor wenigen Wochen veröffentlichten Verfassungsschutzbericht an prominente Stelle geschafft Dass die Zunahme solcher Aktivitäten etwas mit dem zunehmenden militärischen Engagement Deutschlands zu tun haben könnte, wird aber von der Politik natürlich nicht gerne gehört.

Interessant wird sein, wie sich die IG-Metall zur Frage der Rüstungsexporte künftig positioniert. Sie war erst im Herbst 2011 in die Kritik geraten, weil aus einem der Gewerkschaft nahestehenden Denkfabrik ein Papier verfasst wurde, das nur als Lob der Rüstungsexporte verstanden werden kann, weil die ja schließlich Arbeitsplätze schaffen. Dass das Papier gewerkschaftsintern umstritten ist, zeigt ein Interview mit Jürgen Bühl vom IG-Metall-Vorstand. „Wir gehören nicht zur Rüstungslobby. Wir haben immer eine klare Position für Frieden und Abrüstung bezogen“, beteuert er und spricht sich für Konzepte der Rüstungskonversion als der Umwandlung von Rüstungs- und Zivilgüter aus. Diese Diskussion war vor 20 Jahren schon weiter vorangeschritten.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152508
Peter Nowak