Mit einem Volksbegehren gegen Privatisierungen

Ein Bündnis will in Berlin die Rekommunalisierung der Energieversorgung und die Gründung von berlineigenen Stadtwerken erreichen

„Neue Energie für Berlin – demokratisch – ökologisch sozial“. Das Transparent erinnert unangenehm an die Wahlwerbung politischer Parteien. Damit soll allerdings für ein Volksbegehren geworben werden, das am vergangenen Dienstag begonnen hat. Der Berliner Energietisch, ein Bündnis von Umweltgruppen, Nichtregierungsorganisationen und linken Organisationen will die Rekommunalisierung der Energieversorgung und die Gründung von berlineigenen Stadtwerken erreichen.

Den Hebel, um die Stromversorgung von Berlin auf eine neue Grundlage zu stellen, sieht Stefan Taschner , der Sprecher des Energiertisches, im Auslaufen der Verträge des Landes Berlin mit dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall Ende 2014.

In den nächsten Monaten kommt allerdings auf die Aktivisten erst einmal viel Arbeit zu. Bis zur Sommerpause will das Bündnis ca. 20.000 Unterschriften wahlberechtigter Berliner sammeln, um das Volksbegehren einleiten zu können. In der zweiten Phase müssen bis Mitte nächsten Jahres ca. 170.000 Unterschriften zusammen kommen, damit über den vom Energietisch ausgearbeiteten Gesetzesentwurf abgestimmt werden kann. Läuft alles nach Plan, könnte diese Abstimmung mit der Bundestagswahl im Herbst 2013 zusammengelegt werden, so die Vertreter des Energietisches.

Die Aussichten für die Aktivisten sind eigentlich gut. Schließlich hat der Berliner Wassertisch vor einem Jahr erfolgreich ein Volksbegehren zur Offenlegung der Wasserverträge durchgeführt. Während damals die Berliner Linkspartei als Teil der Berliner Regierungskoalition das Volksbegehren mehrheitlich nicht unterstützte, will sie als Oppositionspartei jetzt aktiv zum Gelingen der Rekommunalisierung der Energieversorgung beitragen.

Die Diskussionen beim Berliner Wassertisch machen allerdings auch die Schwierigkeiten deutlich, mittels Volksbegehren grundlegende politische Veränderungen durchzusetzen. Denn die zur Abstimmung gestellten Gesetzesentwürfe müssen von Juristen bis auf das Komma formuliert werden, damit sie zugelassen werden können. Jetzt fordert ein Teil der Aktivisten die Einleitung eines Organstreitverfahrens, das die Nichtigkeit der Wasserverträge wegen zahlreicher Verstöße gegen die Berliner Verfassung und das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses zur Folge haben könnte. Dieses Verfahren muss allerdings von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses eingeleitet werden. Ein weiteres Volksbegehren mit diesen Forderungen ist rechtlich nicht möglich. Noch hat keine der drei Oppositionsfraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus die Initiative für das Verfahren ergriffen.

Direkte Demokratie mit Hindernissen

Wie schwierig es ist, mittels Volksbegehren grundlegende politische Änderungen einzuleiten, zeigt sich auch an dem Volksbegehren des Berliner S-Bahntisches, für das in der ersten Phase ca. 30.000 Berliner Wahlberechtigte unterschrieben haben. Jetzt liegt es allerdings auf Eis, weil der Senat an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzesentwurfes zweifelt und eine Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof angeordnet hat.

Weil die Neuausschreibung der Berliner S-Bahnlinien in diesem Sommer beginnen sollen, fürchten die Aktivisten, dass durch die Verzögerungstaktik vollendete politische Tatsachen geschaffen werden. Jedenfalls schützen diese Probleme vor der Illusion, man könnte mittels Volksbegehren einfach die Privatisierungspolitik umkehren. Deshalb sehen auch Gruppen wie fels, die Teil des Energietisches sind, den Hauptzweck der Initiative in der Herstellung eines politischen Klimas, das die Politik der großen Energiekonzerne wie Vattenfall insgesamt infrage stellen soll. „Die Erzeugung, der Vertrieb und der Zugang von Energie sind Teil der sozialen Infrastruktur der Berliner und diese sollen daher nicht als Ware ge- und verhandelt werden“, erklärt ein Sprecher von fels.
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Peter Nowak