Polen auch gegen AKW

»Atomkraft, nein danke!«, sagte vor wenigen Tagen eine große Mehrheit der Bewohner an der polnischen Ostseeküste.
In einem Referendum sollten sie die Frage beantworten, ob in Mielno ein Atomkraftwerk gebaut werden soll. Das Ergebnis fiel eindeutig aus. Von den 4100 stimmberechtigten Bewohnern beteiligten sich mit 2366 Menschen mehr als die Hälfte am Referendum. Davon stimmten 2237 Bürger mit nein.

Eine so deutliche Abfuhr hatte die polnische Atomlobby, bestehend aus der polnischen Regierung und dem mit dem Bau beauftragten Energiekonzern Polska Grupa Energetyczna (PGE), wohl nicht erwartet. Die PGE machte auch in einer ersten Stellungnahme »Desinformation der Bürger« für das Ergebnis verantwortlich. Dabei hatten die meisten polnischen Medien in den letzten Wochen massiv Propaganda für den AKW-Bau gemacht. Der wurde als Beitrag zur Verringerung der Arbeitslosigkeit und zur Sicherung der nationalen Energieversorgung hingestellt. Die Bewohner von Mielno stellten sich jedoch eine ganz einfache Frage: »Welcher Tourist wird bei uns noch Urlaub machen, wenn hier erst einmal ein AKW steht?«

Der Ausgang des Referendums bedeutet zwar noch keineswegs das Ende der polnischen AKW-Pläne. Die polnische Regierung will daran festhalten und das Referendum ist ohnehin nicht bindend. Doch die Frage der Wähler in Mielno nach den Touristen dürfte in der Woiwodschaft an der Ostseeküste noch vielen anderen zu denken geben. Denn der Tourismus beschäftigt mehr Menschen als ein hochtechnisiertes AKW.

Für die AKW-Gegner in Deutschland sollte der Ausgang des Referendums ein Grund mehr sein, sich um eine Kooperation mit den polnischen Freunden zu bemühen. Ein in diesem Sommer geplantes deutsch-polnisches Anti-AKW-Camp könnte dafür eine gute Grundlage sein. Eine solche Zusammenarbeit würde auch den Rechten in Mecklenburg-Vorpommern den Wind aus den Segeln nehmen, die die AKW-Frage für antipolnische Ressentiments ausnutzt.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/218924.polen-auch-gegen-akw.html
Peter Nowak