Funkzellenüberwachung in Berlin

Der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele verlangt Aufklärung von den Behörden

Die Überwachung der Handydaten während eines Neonaziaufmarsches und der Gegenproteste im letzten Jahr in Dresden hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Jetzt stellte sich heraus, dass diese Überwachungspraxis so selten nicht ist. So wurde jetzt bekannt, dass die Polizei in Berlin zur Aufklärung von Autobrandstiftungen Tausende Handydaten ausgespäht hat (…denn sie haben Funkverkehr). Die Datenschützer von Netzpolitik.org hatten die Informationen, die ihnen zugespielt wurden, bekannt gemacht. Aus den dort publik gemachten Aktenausschnitten geht hervor, dass die Handydaten rund um die Rigaer Straße 101 am 24.9.2009 im Zeitraum von 03.45 Uhr bis 5.00 Uhr gespeichert wurden.

Das Gebäude gehört zu den in den frühen 90er Jahren besetzten und schon lange legalisierten Häusern, in denen die Berliner Polizei noch immer Wohnsitze von Angehörigen bekannter Linker vermuten. Vor Monaten sorgte die Kameraüberwachung eines dieser Häuser für Schlagzeilen.

Durch die Funkzellenüberwachung wurden auch die Handydaten der Nachbarn und Passanten mitgespeichert. Der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, zu dessen Wahlkreis die Rigaer Str. 110 gehört, verlangt nun von der Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft Aufklärung über mögliche Verlängerungen der Überwachungsmaßnahme, der Anzahl der Verkehrs- und Verbindungsdaten, der Fest- und Mobilfunknumern sowie der Gerätekennungen. Außerdem will er wissen, in welchen Strafermittlungsverfahren die Daten genutzt wurden, welchen weiteren Stellen die Daten übermittelt wurden und warum die Staatsanwaltschaft die Betroffenen nicht darüber informiert hat.

Weil Ströbele in der Gegend sein Handy häufiger nutzte, hält er es für möglich, selber in Datenerfassung geraten zu sein und behält sich juristische Schritte vor.

Die Echtheit der von Netzpolitik.org publizierten Akten wurde mittlerweile von Martin Steltner, dem Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, bestätigt. „Zu einzelnen Ermittlungsschritten werden wir uns aber nicht äußern.“ Ein Polizeisprecher sagte, Funkzellenabfragen seien laut Strafprozessordnung auch bei Autobränden „eine rechtlich zulässige Maßnahme“. Seien diese in Berlin erfolgt, habe es stets einen richterlichen Beschluss gegeben.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/151266

Peter Nowak