Ermittlungen in alle Richtungen eingestellt

Staatsanwaltschaft lässt Fotografen, der einen Böller gezündet haben soll, in Ruhe – die Polizei auch.

Die Festnahme des Pressefotografen Björn Kietzmann am Rande einer Demonstration zur Erinnerung an den in Genua von der Polizei erschossenen Globalisierungskritiker Carlo Giuliani wird wohl kein juristisches Nachspiel haben. Sowohl die Ermittlungen gegen ihn als auch die gegen die Polizei wurden jetzt eingestellt.

Kietzmann, der als freier Fotograf arbeitet – auch für die taz -, war am 16. Juli kurz vor 23 Uhr von einen Trupp behelmter Polizisten an der Kreuzberger Waldemarstraße überwältigt und festgenommen worden. Ein Polizist warf ihm vor, einen Böller gezündet zu haben, der kurz zuvor unter einem Auto explodiert war.

Kietzmann trug einen Helm, der auf beiden Seiten mit der Aufschrift „Presse“ gekennzeichnet war und konnte sich mit seinem Presseausweis legitimieren. „Ich habe denen versucht zu erklären, dass ich nur meine Arbeit mache, aber man sagte mir, ich habe eine Straftat begangen. Dann wurde ich zu einem Polizeiwagen mitgenommen und dort rund zwei Stunden festgehalten“, schildert er den Vorfall.

Nicht nur die Ermittlungen wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion wurden vor wenigen Tagen von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Auch die Anzeige, die Kietzmann wegen seiner Festnahme und falscher Beschuldigung gegen die Polizei gestellt hat, wird nicht weiter verfolgt. Es seien nicht genügend ZeugInnen gefunden worden, lautet die Begründung.

Das findet Kietzmann merkwürdig: Er habe mehrere KollegInnen benannt, die seine Festnahme beobachtet hätten. Aber nur der Pressefotograf Ruben Neugebauer wurde von der Polizei vorgeladen. Er habe dabei berichtet, dass Kietzmann grundlos festgenommen wurde und die Nummer der zuständigen Polizeieinheit benannt, bestätigte er gegenüber der taz. Weil die Polizisten behelmt waren, habe er sie nicht identifizieren können. Die Deutsche Journalisten-Union in der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di sieht in solchen Schwierigkeiten bei Ermittlung gegen die Polizei ein Argument für die Kennzeichnungspflicht.

Kietzmann prüft mit seinem Anwalt, ob er Widerspruch gegen die Einstellung der Ermittlungen gegen die Polizei einlegt. Zudem wurde bei die Festnahme seine Kamera beschädigt. Den Schaden von über 1.200 Euro habe die Versicherung übernommen, sich aber Ansprüche gegenüber der Polizei offengehalten, so der Fotograf. Bei Polizei und Staatsanwalt wollte sich hierzu niemand äußern.

http://www.taz.de/Verfahren-beendet/!83474/
Peter Nowak


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