Rot-Grün in Berlin schon in der ersten Runde gescheitert

Rot-Grün in Berlin schon in der ersten Runde gescheitert Nur einige Kilometer Autobahn und schon das Ende der Blütenträume?

Zwei Wochen konnten die Freunde eines rot-grünen Regierungsbündnisses davon träumen, dass diese Variante von Berlin aus noch einmal die Republik erfassen könnte. Doch diese Blütenträume scheinen erst einmal ausgeträumt. Am Mittwoch wurde schon nach dem ersten Koalitionsgespräch das Scheitern vermeldet. Dabei wurde in den letzten Tagen immer wieder betont, dass sich SPD und Grüne doch in so vielen Fragen einig seien. Nur einige Kilometer Autobahn, die selbst innerhalb der SPD umstritten sind, wurden vordergründig zum Stolperstein. Mit Bundesmitteln soll ein 3,2 Kilometer langes Teilstück von Neuköln nach Treptow gebaut werden. Nicht nur Anwohner laufen dagegen Sturm. Nach den Wahlen schien es so, als würden die Grünen sich ihre Opposition gegen die A100 mit Gegenleistungen auf anderen Gebieten abkaufen lassen. Erste Anzeichen eines solchen Deals lösten bei der Linken Schadenfreude, aber auch in der eigenen Partei einen kleinen Aufstand aus. Der Grüne Kreuzberger Bürgermeister Franz Schulz drohte sogar mit einem Parteiaustritt, wenn sie die Autobahn durchwinke. Das führte dazu, dass die grünen Verhandlungsführer deutlich machten, dass sie sich nicht an das Votum des CSU-Verkehrsministeriums binden. Das Ministerium hatte schon betont, dass man die für die A100 bereit gestellten Bundesmittel nicht für andere Verkehrsprojekte verwenden könne. Die SPD erklärte sofort, dass dann das Autobahnteilstück gebaut werden müsse, die Grünen hingegen wollten alle juristischen und politischen Mittel ausschöpfen, um das Projekt doch noch zu verhindern.

Grüne zu selbstbewusst?

Hinter dem Streit um knapp 3 Kilometer Autobahn steht allerdings auch die Frage, ob die Grünen ein so pflegeleichter Koalitionspartner sein würde, wie es ein Jahrzehnt lang die PDS beziehungsweise die Linkspartei war. Die trug bis zur Selbstverleugnung und der Dezimierung ihrer Wählerbasis die Projekte der SPD mit. Die Grünen sahen das Verhalten der Linkspartei eher als abschreckendes Beispiel und verlangten eine Koalition auf Augenhöhe. Da ein rot-grünes Bündnis nur eine Stimme Mehrheit gehabt hätte, wären die Grünen auch in einer starken Verhandlungsposition gewesen. Daher ließ die SPD diese Koalitionsvariante schon in der ersten Verhandlungsrunde platzen. Nach den letzten Wahlen konnte die SPD auf die PDS zurückgreifen, die umso dankbarer war, weiter in der Regierung bleiben zu können, dass sie ihre Wahlversprechen gar nicht erst auf die Tagesordnung setzte. Für das Bündnis der beiden Sozialdemokraten fehlen nach den letzten Wahlen die Mandate. So muss Wowereit mit der CDU die Gespräche aufnehmen, die ebenfalls froh ist, wieder in Regierungsverantwortung zu stehen und einiges von ihrer Programmatik setzen kann. Zudem regieren CDU und Grüne in Berliner Bezirken wie Steglitz-Zehlendorf schon über mehrere Jahre. In der Autobahnfrage und auch bei der inneren Sicherheit dürften sich beide Parteien schnell einig werden. Auch die von dem SPD-Innensenator Körting favorisierte Ernennung eines Law-and Order-Mannes als neuem Polizeipräsidenten dürfte mit der Union leichter umzusetzen sein als mit den Grünen. Trotzdem ist diese Hinwendung zu den Konservativen für Wowereit nicht risikolos. Sein Klientel stand eher für rot-grüne Bündnisse, manche sahen ihn schon als SPD-Hoffnungsträger für eine solche Option. Solche Pläne dürften sich jetzt erledigt haben. Ein rot-schwarzes Bündnis in Berlin kann keine Opposition im Bundesrat betreiben und könnte eher die Indizien stärken, dass auch nach den nächsten Bundestagswahlen ein solches Bündnis von der SPD wieder angestrebt wird. Dafür stehen aber schon viele SPD-Bundespolitiker bereit, dafür braucht es nicht noch einen Woworeit. Zudem ist in Berlin die große Koalition nicht besonders beliebt. Sie wird dort mit politischem Stillstand, Postenschacher und unpopulären politischen Projekten assoziiert. Darüberhinaus könnte sich die Union als gar nicht so pflegeleichter Partner erwarten, wie von Wowereit erhofft. Der hat, nachdem er den Grünen einen Korb gegeben haben, keine Alternativen mehr, mit denen er drohen kann. Die Grünen, die sich schon zwei Wochen lang als Regierungspartner gesehen haben, werden ihre Ablehnung für ihr Klientel zu nutzen wissen und sich als knallharte Opposition gerieren. Eher eine gute Nachricht ist diese Entwicklung für die zahlreichen außerparlamentarischen Initiativen in Berlin. Die können gegen eine große Koalition viel einfacher mobilisieren, als gegen eine Regierung unter Beteiligung der Grünen. Es wäre schon ein Treppenwitz der Geschichte, wenn die A100 durch eine solche Opposition in Berlin noch verhindert würde, obwohl eine große Koalition regiert, während in Baden-Württemberg ein grüner Ministerpräsident ein von ihm nicht gewolltes Stuttgarter Bahnprojekt durchsetzen muss.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/150573

Peter Nowak