Naxalitenbewegung

In mehreren indischen Bundesstaaten hat sich in der letzten Zeit die Situation enorm verschärft. Die Zahl der ermordeten Bäuerinnen und Bauern wächst. Die indischen Behörden erklären offiziell, dass es sich um Naxaliten handele, eine bewaffnete kommunistische Bewegung mit maoistischen Wurzeln. Jetzt hat der Frankfurter Politologe Lutz Getzschmann eine umfangreiche Untersuchung über Geschichte und Praxis der Naxaliten vorgelegt. Ihr Name stammt von der indischen Provinz Naxalbari, wo 1967 ein Bauernaufstand ausbrach, der zu einem Weckruf für die indische Linke jenseits der damals schon sozialdemokratisierten kommunistischen Parteien wurde. Auch viele junge Linke aus den indischen Metropolen begannen sich für die Kämpfe auf dem Land zu interessieren. Die studentischen Linken und die bäuerlichen KämpferInnen sind noch heute die beiden Säulen, die die Naxalitenbewegung tragen. Dabei musste die Bewegung auch wegen gravierender politischer Fehler schmerzhafte Niederlagen verkraften. Das Buch zeichnet sich dadurch aus, dass es die Naxaliten weder verdammt noch heroisiert. Getzschmann skizziert den politischen Kontext, in dem sich die Bewegung entwickelte, und zeigt ihre Grenzen auf. So gelang es ihr nicht, sich auch in den Metropolen festzusetzen. In mehreren Provinzen, wo die Naxaliten stark sind, finden sich wichtige Bodenschätze, die sich profitabel verwerten lassen. Bei diesen Plänen stören BewohnerInnen und soziale Bewegungen, die sich gegen die kapitalistische Durchdringung dieser Provinzen wehren, weil die ihnen ihre Existenzgrundlagen raubt. Unter dem Deckmantel der Naxalitenverfolgung könnte die indische Aufstandsbekämpfung gegen die gesamte soziale Bewegung weiter zunehmen. Getzschmann hat damit zur richtigen Zeit die Naxalitenbewegung in den Fokus der deutschsprachigen Linken gerückt.

http://www.akweb.de//ak_s/ak563/17.htm

Peter Nowak

Lutz Getzschmann: Naxaliten – Agrarrevolution und kapitalistische Modernisierung. Neuer ISP-Verlag, Köln 2011. 415 Seiten, 32 EUR


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