Soll man BP boykottieren?

Zu einem internationalen Boykott gegen den Ölkonzern BP und seine Tochterfirmen hat die »Stiftung für Ethik & Ökonomie« Ethecon aufgerufen. Dieser Boykott soll andauern, bis der Multi sich verpflichtet hat, für die materiellen Schäden und Folgewirkungen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko aufzukommen.

Na endlich, ist man versucht zu sagen. Schließlich sind mittlerweile mehr als 1000 Kilometer der US-Küste ölverseucht und ein Ende des Ölflusses ist nicht abzusehen. Doch während rund um die Welt der Ölaustritt am Meeresgrund per Webcam beobachtet werden kann, scheint die Umweltbewegung auf Tauchstation gegangen zu sein. Dabei war es Greenpeace Mitte der 90er Jahre gelungen, mittels einer internationalen Kampagne den Ölkonzern Shell unter Druck zu setzen, als er die Brent Spar, ein schwimmendes Erdöllager, am Grunde der Nordsee entsorgen wollte. Knapp 100 Tonnen Öl reichten damals für eine bundesweite Boykottkampagne.

Die Kampagne gegen Brent Spar wurde zum Symbol einer neuen Verbrauchermacht, zeigte aber auch schnell deren Grenzen. Denn es gibt eben nicht die vielen guten neben einzelnen besonders bösen Ölmultis. Sämtliche Ölkonzerne bohren nach Öl, wo sie können. Und eine sichere Ölbohrung gibt es so wenig wie sichere AKW. Doch solange Millionen Autos von diesem Öl abhängen, wird es kaum je einen Boykott gegen all diese Konzerne geben. Wäre dem Ethecon-Aufruf Erfolg beschieden, beschleunigte sich vielleicht der Abstieg von BP zum Übernahmekandidaten für einen der Konkurrenten. Doch das Problem riskanter Tiefseebohrungen bleibt. Bleiben also nur Lethargie und die Hoffnung auf technische Lösungen?

Nein, der Unfall müsste genutzt werden, um die Irrationalität des ölbasierten Verkehrssystems aufzuzeigen und Alternativen zu fördern. Dazu gehört in erster Linie ein preisgünstiger öffentlicher Nahverkehr, der vielen PKW-Nutzern den Umstieg attraktiv macht. Diesen Wandel würden die Ölkonzerne spüren. Und er brächte sozial gerechtere Mobilität.

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Peter Nowak