Linkspartei zum Mitregieren bereit

Linkspartei zum Mitregieren bereit

Die Stärkung der Linken in der Linken und die Bereitschaft zum Mitregieren, diese beiden auf den ersten Blick widersprüchlichen Signale gingen vom Rostocker Parteitag der Linken aus
Harmonie war angesagt am Parteitag der Linken am Wochenende in Rostock. Dabei war er gleich in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur. Mit Lothar Bisky und Oskar Lafontaine traten die zwei Politiker bundespolitisch in den Hintergrund, die die Partei in den letzten Jahren maßgeblich prägten und ohne die es die Vereinigung von PDS und WASG zur Linken wohl nicht gegeben hätte. Damit fällt dem Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi automatisch ein großes Gewicht zu, das er am Parteitag geschickt einsetzte.
   

So als er den scheitenden Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch, der in Intrigen um Lafontaine verstrickt war oder wurde, noch eine politische Karriere in der Linkspartei voraussagte. Damit dürfte er so falsch nicht liegen. Denn der ausgewiesene Pragmatiker Bartsch hatte immer auch das Ziel, die Partei auf allen Ebenen regierungsfähig zu machen.

Bisher wird inner- und außerhalb der Partei das Berliner Modell mit einer äußerst pragmatischen Regierungslinken je nach politischem Gusto als Ausnahme oder Betriebsunfall gesehen. Der Pragmatikerflügel ist hingegen immer bestrebt, das Berliner Modell zu verallgemeinern und durch Regierungsbeteiligungen in möglichst vielen Bundesländern den Weg für Regierungsbeteiligungen auch auf Bundesebene freizumachen.

 

Zwischendurch eine ernste Lage

Dabei gab es zwischendurch Situationen, wo die Kontroversen auf dem Parteitag aufbrachen, beispielsweise als die von Pragmatikern geprägte Frauenliste Ost im ersten Wahlgang mehrheitlich durchfiel.

Am Ende aber wurde das im Vorfeld ausgehandelte Personaltableau angenommen. Die Doppelspitze wurde sogar mit großen Mehrheiten gewählt. Bei der Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden schnitt die Parteilinke Sahra Wagenknecht mit 75,3 % der Stimmen am besten ab, obwohl sie vor einigen Wochen in die Schlagzeilen geriet, als sie bei einer Rede des israelischen Staatspräsidenten Kritik an der israelischen Staatspolitik für angebracht hielt. Darüber wurde aber in der außerparlamentarischen Linken mehr gestritten als in der Partei, wie das Wahlergebnis zeigt. Fiel auch die Positionierung der Linken zum Nahostkonflikt unter das Harmoniebedürfnis?

Auseinandersetzungen werden weiter gehen

Doch nach dem Parteitag werden die Auseinandersetzungen um die Regierungsbeteiligungen und die zu ziehenden roten Linien ebenso weitergehen, wie die zur Positionierung in außenpolitischen Fragen, ob im Nahen Osten, in Afghanistan oder bei den UN-Militäreinsätze. Es war denn auch Matthias Höhn aus Sachsen-Anhalt, der gerne erster Ministerpräsident seiner Partei nach den dortigen Landtagswahlen werden will und nach dem Parteitag mehr Mut zu Kontroversen einforderte. Die Parteilinke hingegen hält sich bedeckt.

Das weißt auf ein Dilemma hin, in dem sich die Linkspartei befindet und das in einem Streitgespräch zwischen der Parteilinken Ulla Jelpke und den Realo Klaus Lederer in der Taz deutlich wurde. Während Lederer das Berliner Modell des Mitregierens verteidigte, betonte Jelpke, dass die Zeit für Reformen im Kapitalismus vorbei seien. Allerdings wich sie der Konsequenz, der Ablehnung von Regierungsbeteiligungen, aus und forderte lediglich von ihren Genossen in Berlin mehr Konfliktbereitschaft. An anderer Stelle warnt auch Sahra Wagenknecht die Partei immer wieder vor einer Entwicklung wie bei den Grünen, vermeidet aber auch jede klare Positionierung gegen Regierungsbeteiligungen. So ging auch vom Parteitag das auf den ersten Blick widersprüchliche Signal aus, dass die Linke in der Linken gestärkt und gleichzeitig die Bereitschaft zum Mitregieren bekräftigt wurde.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32645/1.html

Peter Nowak

Angst vor einer Schavan-Show?

Die Bildungsministerin ruft zur Bolognakonferenz, die mit einem Gegengipfel beantwortet wird
Am kommenden Montag will Bildungsministerin Schavan mit Studierenden über deren Kritik am Bildungssystem konferieren. Weil sich der Unmut vieler Studierender am Bolognaprozess bzw. an dessen Umsetzung entzündet hat, wurde das Meeting auch Bolognakonferenz genannt. Das Treffen ist ein Resultat der Studierendenproteste der letzten Semester.

Neben Schavan sollen auch die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel, und der Chef der Kultusministerkonferenz, Ludwig Spaenle zu den Teilnehmern gehören. Von studentischer Seite werden der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften und der SDS.Die Linke Vertreter zu dem Treffen schicken.

Der der Linkspartei nahestehende Studierendenverband will den Gipfel allerdings kritisch begleiten und warnt vor einer Schavan-Show. Deshalb beteiligt er sich auch einen Gegengipfel, der am Montag in der Berliner Humboldtuniversität stattfinden soll. Die Organisatoren haben den Anspruch formuliert, gemeinsam mit Unterstützern aus dem Wissenschaftsapparat konkrete Alternativen zur aktuellen Bildungspolitik auszuarbeiten. Allerdings wird dort sicherlich auch die Perspektive der Bildungsproteste zur Sprache kommen. In den letzten Wochen war in der Taz eine kontroverse Debatte darüber entbrannt. Während der SDS.Die Linke in seiner Bildungsstreikagenda 2010 für eine inhaltliche Zuspitzung unter anderem durch Besetzungen der Hochschulen eintrat, warnten andere vor Aktionismus.

So empfahl der emeritierte Berliner Politologe Peter Grottian den Studierenden "mehr Zeit zum Nachdenken" und ein gesundes Misstrauen gegenüber den Politikern. Auch der langjährige Bildungsprotestorganisator Clemens Himperle innerhalb plädiert für stärkere inhaltliche Auseinandersetzungen der Protestbewegung. Aktivisten des SDS.Die Linke verweisen darauf, dass sich unabhängig von dieser Debatte in diesem Semester bereits neue Protestbündnisse gegründet haben. Der Ausgang der Perspektivdebatte dürfte für die Bildungsproteste entscheidender als die Konferenz am Montag sein. 
 http://www.heise.de/tp/blogs/8/147628

Peter Nowak

Gegen die Rezepte des Doktor Rösler

Die Bundesregierung zeigt sich noch unschlüssig über Umfang und Tempo der Umgestaltung des Gesundheitssystems. Sie befürchtet mit Recht Widerstand aus der Bevölkerung gegen die wirtschaftsliberalen Rezepte des Doktor Rösler. Dass allein der Begriff Kopfpauschale ein mobilisierendes Potenzial hat, können die Mitarbeiter des Online-Kampagnendienstes Campact bestätigen.
Deren auch von ver.di unterstützte Unterschriftenaktion gegen die Kopfpauschale ist auf eine sehr gute Resonanz gestoßen. Der DGB bereitet zurzeit auch eine Kampagne gegen die Kopfpauschale vor. Manche Kollegen an der Basis bedauern, dass die nicht schon am Laufen ist.
Die Geschäftsführerin des Vereins Demokratischer Ärztinnen und Ärzte Nadja Rakowitz wagt die Prognose, dass der Widerstand gegen die Gesundheitsreform ein größeres Mobilisierungspotential als die Proteste gegen die Agenda 2010 haben könnte. Denn von der Kopfpauschale fühlen sich mehr Menschen direkt betroffen, als von der Einführung von Hartz IV. Rakowitz, die in den letzten Wochen auf vielen Veranstaltungen gegen die Gesundheitsreform aufgetreten ist, rät allerdings davon ab, sich nur auf den Kampf gegen die Kopfpauschale zu beschränken. Dann bestünde die Gefahr, dass die von der Bundesregierung diskutierten Modelle einer stufenweisen Umgestaltung des Gesundheitswesens als kleines Übel akzeptiert und nicht gleichfalls als unsoziale Zurichtung wahrgenommen werden. Zum anderen dürften auch die ökonomischen Hintergründe nicht ausgeblendet werden, die Doktor Röslers Rezepten zugrunde liegen.
Es ist der Trend zur Ökonomisierung des Gesundheitswesens, der durch die Wirtschaftskrise beschleunigt wird, weil das anlagesuchende Geldkapitel im Gesundheitsmarkt Verwertungsmöglichkeiten sieht. Schließlich gibt es im
deutschen Gesundheitswesen noch große Bereiche, die nicht vollständig in das Kapitalverhältnis einbezogen sind.
Dass das Thema Gesundheit in vielerlei Hinsicht Potenzial für politischen Widerstand hat, zeigte sich auch Mitte April bei einem Treffen der AG Gesundheitspolitik des Berliner Bündnisses »Wir zahlen nicht für Eure Krise« in den Räumen von ver.di. Dort hatte sich ein Kreis von sozialen und gesundheitspolitischen Gruppen zusammengefunden, die bisher selten gemeinsam agiert haben.Ihre Anregungen sollten in eine mögliche Kampagne einfließen. So betont Ole Baumann vom Berliner Büro für medizinische Flüchtlingshilfe, die sich um die gesundheitliche Versorgung von Menschen ohne Papiere kümmert, bei den Warnungen vor einer Zweiklassenmedizin werde ausgeblendet,dass es heute im Flüchtlingsbereich in Deutschland bereits eine Drei- oder Vierklassenmedizin gebe. Die Vorsitzende der Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung Pro Familia Gisela Notz plädierte für die Einbeziehung der Forderung nach kostenfreiem Zugang zu Verhütungsmitteln in eine geplante Kampagne. Eine der wenig beachteten Nebenwirkungen von Hartz IV ist die Einschränkung, der vor allem Frauen mit geringen Einkommen aus finanziellen Gründen bei der Familienplanung unterworfen sind.
Weil eine große Mehrheit der Bevölkerung die ökonomische Zurichtung des Gesundheitswesens ablehnt, besteht hier ein guter Ausgangspunkt für Widerstand. Und es schließt sich unmittelbar die Frage an, warum andere Bereiche der Gesellschaft, von der Bildung bis zum Arbeitsmarkt, nach kapitalistischen Wirkungsmechanismen funktionieren müssen.
http://dju-berlinbb.verdi.de/publikationen/sprachrohr-ausgaben-2010/data/Sprachrohr-02_2010-als-PDF.pdf

Peter Nowak

Pazifisten an der Front

Pazifisten an der Front
ANTIMILITARISMUS Bei der Friedensgesellschaft wird scharf geschossen: Landesverband und Bundesvorstand streiten sich um den juristischen Umgang mit einem satirischen Flugblatt

Der Landesverband der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) wirft seinem Bundesvorstand Denunziation vor. Der Bundesvorsitzende der ältesten friedenspolitischen Organisation Deutschlands, Jürgen Grässlin, hat die Namen von drei Berliner DFG-VK-Mitgliedern sowie ein internes Schreiben an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, nachdem diese die Herausgabe der Daten verlangt hatte. „Die Übermittlung der Namen geschah in vollem Wissen, dass den Betroffenen nun mit hoher Wahrscheinlichkei Hausdurchsuchungen bevorstehen und ein Ermittlungsverfahren wegen ihrer politischen Aktivitäten droht“, so der Landesverband Berlin-Brandenburg in einer Stellungnahme.

Der Grund sind Ermittlungen wegen eines satirisch gemeinten Aufrufs der DFG-VK Berlin-Brandenburg, der unter dem doppeldeutigen Motto „Feste feiern, wenn sie fallen“ zum Schampus-Saufen aufruft, wenn ein Bundeswehrsoldat beim Afghanistan-Einsatz ums Leben kommt (siehe Interview unten). Die im April beendete Aktion hatte bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt und juristische Ermittlungen nach sich gezogen. Mehrere von Bundeswehrverbänden angestrengte Klagen wegen Beleidigung waren zwar bereits im vorigen Jahr eingestellt worden. Doch das Berliner Landeskriminalamt ermittelt weiter.

Im April waren in Berlin drei Buchläden, die Büroräume eines Internetproviders und Privatwohnungen auf der Suche nach den Verantwortlichen der Aufrufe durchsucht worden. Weil die Ermittlungsbehörden keinen Hinweis auf die Urheber der satirischen Aufrufe gefunden haben, wandten sie sich an den DFG-VK-Bundesvorsitzenden – mit Erfolg.

„Als BSK waren wir uns einig, dass wir den Ermittlungsbehörden keinen Vorwand für eine Hausdurchsuchung in der Bundesgeschäftsstelle mit der Beschlagnahme aller Computer und weiterer Unterlagen geben dürfen“, begründete der Bundessprecher Jürgen Grässlin gegenüber der taz die Datenweitergabe. „Die Personendaten unserer mehr als 4.000 Mitglieder sowie die weiteren Unterlagen, wie Brief- und Mailwechsel, Protokolle all unserer Aktivitäten, gehen die Staatsanwaltschaft absolut nichts an.“ Zudem verstehe sich die DFG-VK nicht als Untergrundorganisation, die mit subversiven Mitteln gegen die Staatsmacht angeht. „Wir bekennen uns bei all unseren Aktionen mit unserem Namen zu unseren Taten“, so Grässlin.

Hinter dem Streit stehen politische Gegensätze. Während sich viele DFG-VK-Mitglieder in der Friedensbewegung der 80er-Jahre politisierten und heute vor allem bei der Organisierung von Ostermärschen gegen Atomraketen und als Kritische AktionärInnen von Rüstungsbetrieben engagieren, sorgten im Landesverband Berlin-Brandenburg jüngere AntimilitaristInnen mit provokativen Aktionen auch verbandsintern öfter für Unmut. So wurde das Plakat „Schritt zur Abrüstung“ mit dem Sarg eines getöteten Soldaten auch von DFG-VK-Mitgliedern als menschenverachtend kritisiert.

Die Weiterleitung der Namen hat die Krise zugespitzt. Der Landesverband Berlin-Brandenburg will vorerst keine Informationen über geplante Aktivitäten mehr an die Bundesebene weiterleiten. Man plane aber keinen Austritt aus dem Verband, sagte ein Landesverbandsmitglied der taz.

 http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F05%2F14%2Fa0194&cHash=c53e000247

Peter Nowak

Antimilitaristen angeschwärzt?

DFG-VK-Bundessprecher gibt Namen an Staatsanwaltschaft weiter
Gegen Mitglieder der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) ermittelt die Staatsanwaltschaft. Wie jetzt bekannt wurde, hat ein Spitzenfunktionär der Organisation mit den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet.

 Bei der DFG-VK wird zur Zeit heftig gestritten. Der Landesverband Berlin-Brandenburg der ältesten deutschen Friedensorganisation wirft dem Bundessprecherkreis (BSK) Denunziation vor. Bundesvorstandsmitglied Jürgen Grässlin habe die Namen von drei Berliner DFG-VK-Mitgliedern sowie ein internes Schreiben an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, nachdem sie per Fax die Herausgabe dieser Daten verlangt hatte, so der Vorwurf.

Der Grund sind Ermittlungen wegen eines satirischen Aufrufs der DFG-VK Berlin-Brandenburg. Unter dem Motto »Feste feiern, wie sie fallen« hat der Landesverband zum Schampus-Saufen aufgerufen, wenn ein Bundeswehrsoldat beim Afghanistan-Einsatz ums Leben kommt. Die innerhalb der Organisation umstrittene, Ende April 2010 beendete Aktion sorgte bundesweit für große Aufmerksamkeit und zog juristische Ermittlungen nach sich. Mehrere angestrengte Klagen wegen Beleidigung und übler Nachrede wurden im vergangenen Jahr eingestellt. Doch das Berliner Landeskriminalamt ermittelt weiter, weil die Flyer zu der Aktion ihrer Ansicht nach geeignet seien, »den im Ausland stationierten Soldaten der Bundeswehr ein Lebensrecht abzusprechen«. Außerdem werde durch den Aufruf zum Feiern das Sicherheitsgefühl der Bundeswehrangehörigen und deren Familien stark beeinflusst.

Im April waren in Berlin mehrere Buchläden, die Büroräume eines Internetproviders und Privatwohnungen erfolglos nach Hinweisen auf die Verantwortlichen der inkriminierten Flyer durchsucht worden. Nachdem die Behörden nicht fündig geworden sind, wandten sie sich mit Erfolg an den DFG-VK-Bundessprecher.

»Als BSK waren wir uns einig, dass wir den Ermittlungsbehörden keinen Vorwand für eine Hausdurchsuchung in der Bundesgeschäftsstelle mit der Beschlagnahme aller Computer und weiterer Unterlagen geben dürfen«, begründet Jürgen Grässlin auf ND-Nachfrage die Datenweitergabe. Zudem verstehe sich die DFG-VK nicht als Untergrundorganisation, die mit subversiven Mitteln gegen die Staatsmacht angeht. »Wir bekennen uns bei all unseren Aktionen mit unserem Namen zu unseren Taten und stehen oft genug auch vor Gericht zu den sich für uns ergebenden Folgen«, so Grässlin.

Der politische Geschäftsführer der Organisation, Monty Schädel, der verbandsintern gegen die Weitergabe der Daten opponierte, kritisierte gegenüber ND seine Mitstreiter: »Ich bin entsetzt über dieses unsolidarische Vorgehen, auch wenn ich mir selbst vorwerfen muss, nicht in allen Phasen des Ablaufs energisch und aufmerksam genug gegen dieses Vorgehen eingeschritten zu sein.« Er wirft dem BSK vor, die Daten übergeben zu haben, obwohl lediglich ein Fax, aber kein rechtsverbindliches Anschreiben der Staatsanwaltschaft vorlag. Zudem sei ein Termin mit dem Landesverband Berlin-Brandenburg, auf dem über einen gemeinsamen Umgang mit den Ermittlungen beraten werden sollte, ignoriert worden.

Nach der Datenübergabe hat der Landesverband beschlossen, vorerst keine Informationen über geplante Aktivitäten mehr an die Bundesebene weiterzuleiten. Man sei allerdings weiterhin an einer handlungs- und bündnisfähigen DFG-VK interessiert und plane daher keinen Austritt aus dem Verband, so die Berliner Antimilitaristen. Viel werde jetzt von den Reaktionen des Bundessprecherkreises abhängen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/170885.antimilitaristen-angeschwaerzt.html

Peter Nowak

Universitäten besetzen?

Stefanie Graf über die Perspektiven der Uni-Proteste / Graf ist Geschäftsführerin des Studierendenverbandes »Die Linke.SDS«
 

ND: Der Studierendenverband der Linkspartei beteiligte sich kurz vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) in Düsseldorf an einer Demonstration gegen Studiengebühren. Ist das der Auftakt für die bundesweiten Bildungsproteste in diesem Semester?
Graf: Für diese Demonstration wurde vor allem in NRW mobilisiert. Damit sollte vor der Landtagswahl ein deutliches Zeichen für die Abschaffung von Studiengebühren gesetzt werden. Ein Wegfall der Studiengebühren in einem großen Land wie NRW hätte natürlich auch bundesweite Bedeutung und könnte einen Dominoeffekt in anderen Ländern auslösen. Zudem würde die Protestbewegung durch einen solchen Erfolg gestärkt.

Ihr Studentenverband hat für dieses Semester u.a. die Idee eines sogenannten Besetzungsstreiks entwickelt. Was würde sich dadurch gegenüber den bisherigen Protesten ändern?
Wir haben die Bildungsproteste der letzten Semester analysiert und die Stärken und Schwächen besprochen. Daraus haben wir den Schluss gezogen, dass der Druck verstärkt, die Bewegung verbreitert und die Proteste radikalisiert werden müssen. Daraus haben wir unseren Vorschlag eines Besetzungsstreiks entwickelt. Die Hochschulen würden während des Streiks besetzt und es würden keine Vorlesungen und Seminare stattfinden. Das hätte den Vorteil, dass die Studierenden, die die Forderungen des Bildungsstreiks unterstützen, sich aber am Streik wegen der Anforderungen des Studiums nicht beteiligen konnten, sich aktiv in die Proteste einbringen könnten. Im letzten Semester beteiligten sich viele Studierende an den Vollversammlungen des Bildungsstreiks und gingen danach wieder in ihre Vorlesungen.

Warum wären deren Probleme durch einen Besetzungsstreik behoben?
Bei solchen Streiks konnte in der Vergangenheit mit den Professoren und der Universitätsleitung eine Lösung gefunden werden, damit die beteiligten Studierenden keine Nachteile erleiden mussten. Das funktioniert allerdings nur bei einer großen Beteiligung.

Aber gerade daran haben Kritiker wie der langjährige Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren, Klemens Himperle, Zweifel. Er fordert inhaltliche Auseinandersetzungen statt Aktionismus und warnt vor dem Abbröckeln der Proteste.
Ich würde inhaltliche Arbeit und Aktionen nicht gegeneinander diskutieren. Wir haben unsere Vorschläge im Januar zur Diskussion gestellt und seitdem gibt es darüber eine Auseinandersetzung. Mittlerweile haben sich an verschiedenen Universitäten Bildungsstreikbündnisse wiedergegründet, die die Proteste fortsetzen wollen.

Gibt es konkrete Planungen?

Am 17. Mai findet die durch die Proteste durchgesetzte Bolognakonferenz mit Bundesbildungsministerin Schavan und Studierenden statt, die in die Hörsäle verschiedener Universitäten live übertragen werden soll. Anfang Juni ist eine dezentrale Aktionswoche der Bildungsproteste geplant, die am 9. Juni mit einem Aktionstag enden soll.

Der Besetzungsstreik ist wohl erst einmal verschoben?
Wir können und wollen ihn nicht alleine machen. Aber mit unserem Vorschlag haben wir eine mittelfristige Perspektive für den Bildungsstreik formuliert. Wir sehen darin eine Möglichkeit, den Prostest zu verbreitern und gleichzeitig zu radikalisieren. Das ist nötig, um den Druck zu erhöhen und eine wirkliche Verbesserung im Bildungssystem zu erreichen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/170889.universitaeten-besetzen.html

Gespräch: Peter Nowak

Schwarz-Gelb am Ende?

Nach den Ergebnissen der NRW-Landtagswahl wird sich der Konflikt zwischen FDP und Union zuspitzen
Die grünennahe Taz sieht nach der NRW-Wahl Das Ende von Schwarz-Gelb. Doch bisher ist nur eines sicher. In Düsseldorf wurde diese Farbkonstellation erwartungsgemäß abgewählt. Nicht einmal 42 % der Wähler votierten für diese beiden Parteien. Die Union hat über 10 % verloren und ist damit in NRW wieder auf ihr Normalmaß geschrumpft. Schließlich war es nach einem kurzen CDU-Intermezzo in der Nachkriegszeit lange Zeit fast ein sozialdemokratisches Stammland. Deshalb wurde in der Union auch der Wahlsieg von Rüttgers vor 4 Jahren mit so viel Aufmerksamkeit bedacht. Für die Schröder-SPD war die damalige Wahlniederlage in NRW der Grund für die vorgezogenen Neuwahlen 2005 und dem Ende von Rot-Grün.
   

Zweiter Wahlverlierer SPD

Doch die SPD hat eigentlich wenig Grund zur Schadenfreude, auch wenn sie jetzt in den Medien zur Gewinnerin stilisiert wird, weil sie mit der Union fast gleichauf liegt. Dabei konnte die SPD selbst in ihrem Stammland nicht von der Niederlag der CDU profitieren und rutschte von 37,1 % auf 34,5 %. Damit wiederholt sich in NRW, was schon in vielen Landtagswahlen der letzten Jahre zu verzeichnen war. Union und SPD laufen die Wähler weg und keine der beiden Parteien profitiert von der Schwäche der anderen.
 Union SPD Grüne FDP Linke Piraten Andere

Auch für die SPD ist das NRW- Ergebnis ein Desaster. Sie hat mit der Nominierung von Hannelore Kraft als Spitzenkandidatin vom Kurs der Schröder-Jahre abrücken wollen, der von der NRW-SPD unter Clement und Müntefering lange Zeit bis ins Detail mitgetragen wurde. Mit der Nominierung des DGB-Vorsitzenden von NRW Guntram Schneider zum designierten Arbeits- und Sozialminister sollte besonders das Klientel angesprochen werden, das die SPD in NRW jahrzehntelang unbesehen gewählt hat und erst durch die Politik der Schröder-Regierung, hier ist in erster Linie Hartz IV zu nennen, auf Distanz zur SPD ging.

 
 

Die Hoffnung, der SPD-Strategen, diese Kreise mit einem expliziten Pro-Rot-Grün Wahlkampf wieder anzusprechen, ist nicht aufgegangen. Daher ist es ihr auch nicht gelungen, die Linkspartei aus dem NRW-Landtag rauszuhalten, was auch ein Wahlziel der SPD war. So hat auch Rot-Grün keine eigene Mehrheit im Landtag. In den letzten Wochen wurde der NRW-Landesverband der Linken von der SPD und den Grünen als besonders radikal und regierungsunfähig und damit als ein Hindernis für einen Regierungswechsel bezeichnet. Dabei war schon aus vielen dieser Stellungnahmen deutlich herauszuhören, dass man gegen eine Linkspartei nach dem Vorbild Berlin, wo sie seit Jahren geräuschlos mitregiert und auch manche soziale Grausamkeit akzeptiert, als Regierungspartner nichts einzuwenden hätte.

Obwohl Hannelore Kraft zeitweilig eine Regierung mit der Linken ausgeschlossen hat, ist diese Option noch nicht völlig vom Tisch. An der Linkspartei ist bisher in keinem westlichen Bundestag eine Koalition mit der SPD und den Grünen gescheitert. Das würde auch für NRW gelten. Dass wäre aber das Worst-Case-Szenario für eine Partei, an deren Basis ehemalige und noch immer enttäuschte Sozialdemokraten den Ton angeben, die nicht sofort wieder zur Mehrheitsbeschafferin der SPD und den erstarkten Grünen werden wollen. Zu mehr aber würde die Linkspartei mit ihren 5,6 % nicht taugen.

Da die Partei das bescheidene Wahlziel, die 5%-Hürde zu überwinden, geschafft hat, kann sie sich jetzt als Wahlsiegerin sehen. Doch angesichts von Prognosen bis zu 8% vor einem Jahr ist das Wahlergebnis kein großer Erfolg. Allerdings hat sich die Partei damit bundesweit stabilisiert. Ein Scheitern an der 5%-Hürde hätte daran Zweifel geweckt. Innerparteilich wäre es eine Steilvorlage für die Realo-Fraktion geworden, die in dem NRW-Landesverband einen Hort der Linken vermutet. Wenn nun gerade dort die Partei zu einem Bündnis mit SPD und Grünen bereit wäre, hätte das auch innerparteilich eine Signalfunktion. Berlin wäre dann eben nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Einen solchen Beweis, den sich viele Parteirealos wünschen, könnte ein als links geltender Landesverband am besten antreten. Das war schon in der Geschichte der Grünen so, die erst dann völlig auf den Kurs des Mitregierens eingeschwenkt waren, als 1988 sogar die als radikal verschriene Westberliner Alternative Liste mit der SPD koalierte. Trotzdem dürfte der Kelch an der NRW-Linken dieses Mal noch vorübergehen, weil in der NRW-SPD die Aversionen gegen die Linke noch zu stark ist. Mag Wolfgang Clement auch mit seiner alten Partei gebrochen haben, so gibt es in den Ortsverbänden noch genügend von seinen geistigen Erben.

Gewinner des postfordistischen Wandels

Dass sich in NRW in den letzten Jahren einiges verändert hat, zeigt sich am besten am Wahlergebnis der Grünen, die mit 12,5 % auch in NRW im zweistelligen Bereich angekommen sind. Wenn die unvermeidliche Claudio Roth gleich vom knallgrünen Abend fantasiert, so kann das unter Streicheln der grünen Seele abgebucht werden. Doch dieses Ergebnis ist auch ein Seismograph für die ökonomischen Veränderungen im ehemaligen Herzen der deutschen Schwerindustrie.

Der postfordistische Wandel mit seinen oft prekären Arbeitsplätzen hat auch NRW erfasst. Die Grünen sind ein Gewinner, die SPD ein Verlierer und die Linkspartei ein Produkt dieses Wandels. Dass würde auch bei möglichen Koalitionsgesprächen schnell deutlich werden. Die Zeiten, wo sich die Grünen in der Ära Rau und Clement wie ungeliebte Schmuddelkinder am Koalitionstisch behandeln lassen mussten, sind vorbei. Längst ist hier eine selbstbewusste bürgerliche Partei entstanden, die für beide Seiten offen ist. In manchen Kommunen klappt die Zusammenarbeit mit der Union besser als mit der SPD.

Doch für das auch von Rüttgers und Merkel insgeheim favorisierte schwarz-grüne Bündnis gibt es in NRW keine Mehrheit, weil die CDU zu viel verloren hat. Deshalb haben die Grünen schon am Wahlabend ihre Kampagne zur Abwahl von Schwarz-Gelb auch im Bund eingeläutet. Damit ist eine spätere schwarz-grüne Liaison nicht ausgeschlossen.

Kein Aufstand in der CDU

Die Reaktionen der Parteien auf das NRW-Wahlergebnis waren berechenbar. So wiederholte FDP-Chef Westerwelle seine Mantra: „Wir haben den Warnschuss gehört“, ohne die daraus folgenden Konsequenzen zu benennen. Selbst die konservative FAZ sah keinen Trost darin, dass sich die FDP in NRW gegenüber den letzten Landtagswahlen sogar leicht verbessert hat. Sie sieht vielmehr das Problem, dass Westerwelle nicht mehr die öffentliche gegen die veröffentlichte Meinung ausspielen kann und auch die parteiinternen Kritiker nicht mehr schweigen werden. „Nun ist er unbeliebt und hat auch noch die Wahl verloren, heißt es in einem FAZ-Kommentar.

Auch in der Union werden die Kritiker sich nicht nur an Jürgen Rüttgers abarbeiten, der für das schlechte Wahlergebnis die Verantwortung übernahm. Es ist wahrscheinlich, dass in der NRW-Union das Stühlerücken bald beginnt und Rüttgers der erste Rücktrittskandidat ist. Doch dieses Mal wird auch unter Konservativen eine Ursache für das Wahldebakel in der Bundesregierung gesehen. Die Schonzeit für Merkel ist auch bei der FAZ vorbei, die der Bundeskanzlerin Beliebigkeit und Entscheidungsschwäche vorwirft: „Schwarz-Gelb hat die Chance, sich als Kraft der Krisenbewältigung zu präsentieren, vertan. Man wollte auf Nummer sicher gehen, keine Entscheidungen treffen, die Wähler in Nordrhein-Westfalen verschrecken könnten. Die Regierung Merkel hätte eine andere Tonlage wählen sollen.“

Wenn die Bundestagsabgeordnete Monika Grütters beteuert, es werde ganz sicher keinen Aufstand in der CDU geben, zeigt das den Ernst der Lage. Einen Aufstand gegen Merkel wird es in der Union wohl nicht geben. Nur der weitgehend isolierte Willy Wimmer forderte ihren Rücktritt.

Aber ein Aufstand gegen Westerwelle ist nicht unwahrscheinlich. Seit Wochen drängen Unionspolitiker darauf, in der Frage der Steuersenkungen den Konflikt mit der FDP zu suchen. Die Union müsse den Wählern ehrlich sagen, dass die FDP-Pläne aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu realisieren sind, lautet die Argumentation, die sich auch die Ergebnisse der jüngsten Steuerschätzung berufen kann. Nach der NRW-Wahl wird die Frage noch dringlicher. Weil nun Schwarz-Gelb keine Mehrheit im Bundesrat mehr hat, dürften neben der Steuerreform mit der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken und der Kopfpauschale, zwei weitere Lieblingsprojekte der FDP in der Schublade verschwinden.

Von der Reaktion der FDP dürfte abhängen, ob Schwarz-Gelb auch im Bund am Ende ist. Setzt sie ihren Kurs fort, werden sich vielleicht auch in der Union mehr Politiker der Meinung des dortigen Vorsitzenden der Arbeitnehmergruppe Peter Weiss anschließen, der in den Stuttgarter Nachrichten erklärte: „Entweder es gibt in der FDP diese Einsicht, oder es kommt zum Punkt, dass man sagen muss: In dieser Koalition lässt sich nicht regieren. Wenn da nichts passiert, muss man die Koalition in Frage stellen.“

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32606/1.html

Peter Nowak

Mehr als nur Lobbyismus

Kaum hat das Semester begonnen, mobilisieren Hessens Hochschulen zum Protest. Nicht nur Studierende, auch viele Professoren und Dekane sind dieses Mal dabei. In Marburg haben 300 Professoren in einem Offenen Brief an alle Landtagsabgeordneten vor einer ernsthaften Gefährdung von Lehre und Forschung gewarnt. Der Stein des Anstoßes trägt den Namen »Hochschulpakt 2011- 2015«. Damit will die schwarz-gelbe Landesregierung rund 30 Millionen Euro in der Bildung einsparen.

Die Folgen wären nach Ansicht neben der weiteren Verschlechterung der Studienbedingungen auch die weitere Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse im Wissenschaftsbetrieb. In verschiedenen Städten haben deshalb auch die Gewerkschaften zu Protesten aufgerufen. Ein erster Höhepunkt soll am 11. Mai eine Großdemonstration in Wiesbaden werden. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob es gelingt, an die Bildungsproteste der letzten Monate anzuknüpfen. Gerade in Hessen gab es in den letzten Jahren einen lang anhaltenden und erfolgreichen Protest gegen die Studiengebühren. Die Unimaut wurde von einer kurzzeitigen parlamentarischen Mehrheit aus SPD, Grünen und Linkspartei abgeschafft und auch von der aktuellen konservativ-liberalen Majorität nicht wieder eingeführt.

Angesichts der Kürzungswelle könnte das Bezahlstudium von wirtschaftsliberaler Seite wieder in die Diskussion gebracht werden. Schließlich geht es vielen, die jetzt protestieren, eher um Lobbyismus als um Widerstand. Die Gefahr, dass Hochschulen gegeneinander ausgespielt werden, ist daher real. Umso wichtiger, dass sich in den Protesten Stimmen artikulieren, denen es um mehr geht als um die Verteidigung von Hochschulstandorten. Die in den letzten Monaten öfter verwendete Parole »Wir zahlen nicht für Eure Krise« könnte hier ganz praktisch werden. Schließlich begründet die Landesregierung ihren Sparkurs mit den wirtschaftlich schwierigen Zeiten.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/170536.mehr-als-nur-lobbyismus.html

Peter Nowak

Alternativen sind nötig

Der Vorstand der Berliner IG Metall hat Ende April die Weichen für den Ausschluss von oppositionellen Mitgliedern bei Daimler in Berlin-Marienfelde gestellt. In den Augen des Vorstands haben sie sich gewerkschaftsschädlich verhalten, weil sie bei der Betriebsratswahl auf einer eigenen Liste mit dem Titel »Alternative Metaller« kandidiert haben. Sie haben fünf Sitze und die offizielle IG-Metall-Liste 15 Sitze bekommen. Damit wird erstmals auch im Betriebsrat deutlich, dass in dem Werk kämpferische Gewerkschafter agieren, die sich gegen zu viele Zugeständnisse an das Unternehmen wehren.

Eigentlich müsste die IG Metall über solche Mitglieder froh sein. Denn gerade die Alternativen Metaller haben schon einige Überzeugungsarbeit leisten müssen, um vom Kurs der Mehrheitsströmung frustrierte Kollegen vom Gewerkschaftsaustritt abzubringen. Außerdem ist es durchaus keine Seltenheit, dass in einem Betrieb Mitglieder einer Gewerkschaft auf verschiedenen Listen kandieren. Damit wurde auch immer die innergewerkschaftliche Diskussion über die Zukunft der Gewerkschaftspolitik angeregt.

Eine Gewerkschaft, in der über die Perspektiven gestritten wird, hat Chancen, gerade auch von jüngeren Beschäftigten als Interessenvertretung akzeptiert zu werden. Einige Gewerkschaften haben mit Organizing-Kampagnen und einer stärken Kooperation mit sozialen Bewegungen erste Konsequenzen aus dem von vielen Gewerkschaftsforschern bestätigten Befund gezogen. Die Einleitung der Ausschlussverfahren bei der IG Metall hingegen führen in eine völlig falsche Richtung. Die IG Metall, die bei der letzten Tarifrunde nicht einmal Forderungen gestellt hat, braucht Alternativen auch innerhalb der Organisation. Diese Überzeugung teilen viele Mitglieder an der Basis. In dem Solidaritätskreis, der sich gegen die Ausschlüsse wendet, sind zahlreiche Betriebsräte und Vertrauensleute vertreten. Ein Aufruf gegen die Verfahren wurde in wenigen Tagen von über 400 Kollegen unterschrieben, und die Unterschriftensammlungen gehen weiter. So könnten die Ausschlussdrohungen doch etwas Positives bewirken: die innergewerkschaftliche Opposition meldet sich zu Wort und sucht Möglichkeiten der besseren Kooperation.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/170544.alternativen-sind-noetig.html

Peter Nowak

Antifaschist im Visier von Polizei und Nazis

 

Die Polizei durchsuchte am 27. April die Wohnung eines aktiven Antifaschisten in Königs Wusterhausen bei Berlin. Dabei beschlagnahmten die Beamten ein Handy, zahlreiche linke Broschüren sowie verschiedene Plakate und Aufkleber mit antifaschistischen Motiven. Der Antifaschist wurde im November 2009 in der Nähe der von Rechten besuchten Kneipe »Zum Henker« in Berlin-Schöneweide von Neonazis zusammengeschlagen und schwer verletzt. Die Polizei wirft ihm vor, zusammen mit weiteren Unbekannten zuvor einen Angriff auf die Kneipe verübt zu haben und ermittelt wegen Landfriedensbruch. Ein weiterer Grund für die Hausdurchsuchung war das Verkleben eines antifaschistischen Aufklebers, in dem die Polizei einen Aufruf zu Straftaten sieht. Nach Angaben einer lokalen Antifagruppe steht der von der Hausdurchsuchung betroffene Antifaschist seit Monaten im Visier von Neonazis. So habe es mehrere Farbattacken auf sein Wohnhaus gegeben. Im März 2010 sei das Auto seiner Eltern demoliert worden.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/170381.bewegungsmelder.html

„Kopfpauschale löst Widerstand aus“

 Von der Gesundheitsreform sind viele betroffen. Deswegen könnten die Proteste größer werden als die gegen Hartz IV, sagt die Ärztin Nadja Rakowitz. “ Nadja Rakowitz ist Geschäftsführerin des Vereins Demokratischer Ärztinnen und Ärzte. Der Verband fördert Demokratie im Gesundheitswesen.

 In öffentlichen Krankenhäusern herrscht bisher noch keine Notwendigkeit, kapitalistische Profite zu machen“, sagt Rakowitz.

 Frau Rakowitz, könnte die Bewegung gegen die Kopfpauschale der Bundesregierung so groß werden wie die Proteste gegen Hartz IV? Nadja Rakowitz: Die Proteste könnten sogar noch größer werden. Denn von Hartz IV fühlten sich viele Menschen nicht betroffen und kümmerten sich nicht darum. Doch von der Kopfpauschale und anderen Formen der Gesundheitsreform sind viele betroffen. Das könnte mehr Potenzial zum Widerstand haben. Anzeige Aber Politiker der Koalition rücken doch schon längst von der Kopfpauschale à la FDP ab.

 

Sicherlich, es ist noch nicht klar, wer sich in der Koalition durchsetzt. Es wird vor der Landtagswahl in NRW verstärkt betont, dass es einen abrupten Systemwechsel in der Gesundheitspolitik nicht geben soll. Dabei liegt die Betonung auf abrupt. Doch auch eine stufenweise Hinführung zur Kopfpauschale ist abzulehnen, weil sie dazu beiträgt, dass das Gesundheitssystem unsozialer wird. Zudem sind wir Zeugen der Einführung einer kleinen Kopfpauschale, weil verschiedene Krankenkassen bereits einen pauschalen Zusatzbeitrag erheben.

Warum kämpfen Sie dann nur gegen die Kopfpauschale?

Es ist sicherlich das Projekt, an dem sich der größte Widerstand entzünden wird. Aber eine Bewegung gegen die Kopfpauschale reicht sicher nicht aus. Es muss darum gehen, den Fokus der Kritik auf die Unterwerfung der Gesundheitspolitik unter Kapitalinteressen zu richten.

Halten Sie die von Attac und anderen propagierte Parole „Gesundheit ist keine Ware“ für mobilisierungsfähig?

Sicherlich kann diese Parole dabei helfen, ein größeres Bündnis zu schmieden. Denn noch ist es in großen Teilen der Bevölkerung weitgehend Konsens, dass Gesundheit keine Ware werden darf. Doch aus einer emanzipatorischen Perspektive kann es nicht ausreichen, nur bestimmte Refugien wie Gesundheit und Bildung aus der Kapitalverwertung herauszuhalten.

Ist nicht auch Gesundheit in Deutschland schon eine Ware?

Nein, noch nicht flächendeckend. Zum Beispiel in öffentlichen Krankenhäusern herrscht bisher noch keine Notwendigkeit, kapitalistische Profite zu machen. Durch die Konkurrenz müssen heute aber auch öffentliche Krankenhäuser wirtschaften, als ob sie Unternehmen wären.

http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/kopfpauschale-loest-widerstand-aus/

INTERVIEW: PETER NOWAK

Sie kamen nur 500 Meter

 

Nach dem Modell von Dresden wurde auch in Berlin ein Neonaziaufmarsch ausgebremst

Am frühen Nachmittag war klar, dass es im Norden Berlins für einige Hundert Neonazis, die dort aufmarschieren wollten, kein Durchkommen gibt. Sie mussten schon nach wenigen hundert Metern umkehren. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass sich nicht nur linke Aktivisten oder Politprominenz wie Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse den Rechten in den Weg stellten. Es waren vor allem die Anwohner aus Prenzlauer Berg, darunter viele ältere Menschen, die auf der Straße, aus den Fenstern ihrer Wohnungen oder den Hausdächern ihren Unmut über den rechten Aufmarsch deutlich artikulierten.

Damit hat sich in Berlin das Dresdner Modell durchgesetzt. Weil die Blockade eine bestimmte Größe erreicht und auch einen Querschnitt der Bevölkerung erfasst hatte, war eine gewaltsame Auflösung in den Augen der Polizei unverhältnismäßig und die Rechten hatten das Nachsehen.

Das galt auch für den Teil jener Neonazis, die besonders schlau sein wollten und abseits der angemeldeten Route auf der Westberliner Renommiermeile Kurfürstendamm aufmarschieren wollten. Dieser Versuch endete mit der Festnahme von knapp 250 Rechten. Berlins Innensenator Erhart Körting hatte im Vorfeld des 1.Mai erklärt, dass er Blockaden im Kampf gegen Rechts nicht für den richtigen Weg hält, aber auch deutlich gemacht, dass sie effektiv sein können:

„Wenn es zu einer Gegendemonstration von, sagen wir mal, 50 000 Leuten kommt, kann es verhältnismäßig sein, die Route umzuleiten.“

Dieses Ziel wurde nun sogar mit geringeren Kräften erreicht. Der Sprecher des Bündnisses „1.Mai -Nazifrei“ war mit dem Ablauf zufrieden: „Wir haben heute gezeigt, dass es möglich ist, die Nazis mit entschlossenem zivilgesellschaftlichem Handeln zu stoppen.“

Dabei hatte es in den letzten Tagen von verschiedenen Seiten Störfeuer gegen das Bündnis gegeben. Höhepunkt war eine Fernsehsendung, die einen Teil des Bündnisses in die Chaotenecke stellen wollte. Auch die Bildzeitung versuchte Neonazis, die im Wald das Durchbrechen von Polizeiblockaden trainierten, und Antifaschisten, die bei einem Pressetermin ein öffentliches Blockadetraining in Berlin veranstalteten, auf eine Stufe zu stellen.

Dabei hatte sich schon bei der Mobilisierung zur Blockade des Neonaziaufmarsches in Dresden im Februar 2010 gezeigt, dass solche Störfeuer wenig Erfolg haben. Allerdings gab es am 1. Mai auch andere Beispiele. So konnten die Rechten in Zwickau trotz Blockadeversuche einen Aufmarsch durchsetzen.

Wie sich der erfolgreiche Antifaprotest in Berlin auf die Stimmung im am 1.Mai traditionell unruhigen Stadtteil Kreuzberg auswirkte, ist zur Stunde noch offen. Die verschiedenen Demonstrationen verliefen ohne Auseinandersetzungen mit der Polizei. Nach deren Ende kam es zu vereinzelten Auseinandersetzungen.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/147536

Peter Nowak