Schlechte Noten für Hartz IV

Zwei Studien nehmen die Absicherung von Arbeitslosen in Deutschland kritisch unter die Lupe
Mitten in die durch FDP-Chef Westerwelle ausgelöste Debatte um die Hartz IV-Sätze platzen zwei Studien, welche die Hartz IV-Politik in Deutschland kritisch unter die Lupe nehmen. So können sich durch die vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung vorgestellte Studie diejenigen bestätigt sehen, die schon seit Jahren propagieren, dass Hartz IV-Armut per Gesetz sei. Die Unterstützung könne kurzfristige soziale Probleme lindern, die Ursachen für die Armut aber nicht beseitigen, heißt es in der DIW-Studie.

Demnach leben rund 14 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Die Zahl hat sich im letzten Jahrzehnt um ein Drittel erhöht. Besonders bei kinderreichen Familien steige das Armutsrisiko. Die vieldiskutierte Altersarmut ist hingegen nach der DIW-Studie kein akutes Problem. Die vorgeschlagenen Lösungsansätze dürften bei vielen Betroffenen allerdings auf Widerspruch stoßen. So schlägt Joachim W. Frick, der für die Studie verantwortlich ist, statt einer Erhöhung der Hartz IV-Sätze eine gezielte Förderung beispielsweise von kinderreichen Familien vor. Eine solche Umstellung auf Sach- statt auf Geldleistungen wird von Erwerbslosenorganisationen als Versuch der Entmündigung kritisiert und ist auch in der Politik umstritten.

Jetzt hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ( OECD) in einer Studie Hartz IV auch im europäischen Vergleich schlechte Noten ausgestellt. „Die finanzielle Absicherung von Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren oder über längere Zeit arbeitslos sind, ist in Deutschland im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern durchschnittlich, im europäischen Vergleich jedoch eher gering“, heißt es dort.

Vor allem Langzeitarbeitslose kommen aus der Armutsfalle nicht heraus und müssen oft gering bezahle Beschäftigungen annehmen. Dadurch sei der Anreiz zur Aufnahme einer Beschäftigung auch nicht gerade groß. Das ist eine Kritik an dem in Deutschland wachsenden Bereich von Minijobs und ein Plädoyer für die Förderung von sozial abgesicherten Vollzeitarbeitsplätzen. Sollte die Diskussion in dieser Richtung weitergeführt werden, würde der Populismus von Westerwelle und Co ins Leere laufen.

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Peter Nowak